Forschungsprojekt

Chirurginnen und Chirurgen müssen in der Praxis möglichst viel Erfahrung sammeln um erfolgreich zu operieren. Insbesondere in der Spaltchirurgie, einer Fachdisziplin der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie, besteht diesbezüglich ein Handlungsbedarf. Aufgrund des seltenen Vorkommens der angeborenen Lippen-Kiefer-Gaumenspalte können die angehenden Fachärztinnen und Ärzte nicht ausreichend an derartig spezifischen Operationen teilnehmen.
Mit der Applikation Closing the Cleft soll der Kompetenzaufbau angehender Chirurginnen und Chirurgen unterstützt werden. Obwohl die Nutzung von 3D-Visualisierungen in der chirurgischen Praxis bereits allgegenwärtig ist, existieren bisher kaum anwendungsorientierte Lehrmittel, die das aktuelle Niveau der digitalen Technologien nutzen und auch bezüglich Design und Didaktik zu überzeugen vermögen.

Closing the Cleft soll diese Lücke in der gesichtschirurgischen Lehre schliessen. Es handelt sich dabei um ein interaktives 3D-Modell, welches die verschiedenen Ausprägungen der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte anatomisch korrekt, realitätsnah und didaktisch überzeugend darstellt. Mit der Einbindung der Modelle in ein interaktives didaktisches System entsteht erstmalig ein Lern- und Planungswerkzeug, welches der Zielgruppe der angehende Chirurginnen und Chirurgen ermöglicht, die Operationsabläufe eines Lippen-Kiefer-Gaumen-Spaltverschlusses einzuüben und zu vertiefen.

Neben der generellen Neuartigkeit des geplanten Lehrmittels liegt der innovative Charakter in der Individualisierung der Patientenbeispiele. Durch neueste Entwicklungen im Bereich der Tablet-Computer stehen in naher Zukunft integrierte 3D Scanning-Kamera kostengünstig und dadurch sehr breit einsetzbar zur Verfügung. Über die im Tablet integrierte 3D Scanning-Kamera oder die Integration von vorhandenen Scan-Daten, können die individuellen Merkmale eines betroffenen Kindes auf das Modell übertragen werden. Die Lernenden spielen damit praktische Überlegungen anhand realitätsnaher Patientenbeispiele durch. Durch die Übertragung der personenbezogenen Daten in ein abstrahiertes Modell verbleiben die Patientendaten durchgehend geschützt. So ist beispielsweise ist die didaktische Verwertung und direkte Einbeziehung von personenspezifischen Daten in bildgebende Verfahren weder im Design noch in der chirurgischen Lehre vertieft untersucht und genutzt worden

Weiterführend ermöglicht das Visualisierungstool den wissenschaftlichen Austausch und Fachdiskurs innerhalb der internationalen gesichtschirurgischen Community und unterstützt einerseits das fallbezogene Lernen und  andererseits Vergleiche verschiedener chirurgischer Herangehensweisen. Auf einer Webplattform können die Ergebnisse der personalisierten Übungen validiert und ausgetauscht werden. Mittelfristig können nicht nur Lernende sondern auch in der in der Praxis erfahrene Chirurginnen und Chirurgen über Closing the Cleft als Visualisierungs- und Vermittlungs-Plattform von einem anwendungsnahen intradisziplinären Wissensaustausch profitieren.