Portfoliopräsentation FS 2013

Portfoliopräsentation FS 2013

Am Dienstag, 19. Februar 2013 fand die Portfoliopräsentation der im Frühlingssemester Abschliessenden statt. Heinrich Lüber, Leiter des Studiengangs MA Art Education der ZHdK und zugleich Leiter der Vertiefung bilden & vermitteln wird dieses Semester erstmals eine Masterthesis in der Vertiefung ausstellen & vermitteln mentorieren. Grund genug, ihn nach seinen Eindrücken zu fragen.

Heinrich, dieses Semester wirst Du als Mentor einer Masterthesis der Vertiefung ausstellen & vermitteln den Arbeitsprozess eng begleiten. Am 19. Februar 2013 haben die angehenden Absolventinnen ihren Werdegang und ihre Masterthesenvorhaben an der traditionellen Portfoliopräsentation vorgestellt. Was fiel Dir auf?
Einerseits stellte ich fest, dass einige der Studierenden ihre Semesterprojekte während des Studiums in Teamarbeit machten. Das fand ich sehr schön. Die Fragestellungen und die Settings der Masterthesen selber lebten dann von den sehr verschiedenen Ausbildungsbiographien der Studierenden. Ich hoffe die Studierenden nutzen auch da den Austausch untereinander.

Das Entwickeln einer eigenen Fragestellung und das Verfolgen derselben durch verschiedene Disziplinen hindurch wäre ein Zeichen dafür, dass hier eine der Grundideen des Bologna Systems gelingt. Eine Mehrheit der Abschliessenden hat ihren Bachelor in unserem nördlichen Nachbarland erworben, oft mit kultur- oder geisteswissenschaftlichem Hintergrund. Siehst Du hier Konsequenzen, die sich durch den Wechsel an eine Kunsthochschule manifestieren?
Diese sind dann wohl in den Umsetzungen der Konzepte zu finden. Da könnten Mischformen oder mit dem etwas beladenen Wort: transdisziplinäre Formen zum Tragen kommen. 

Du bist als Performance Künstler, Fachdidaktiker und Kunstvermittler tätig. Du befasst Dich schon länger mit dem Thema „Sprechen in und über Kunst“. In Jasmin Glaabs Masterthesis, welche Du mentorierst, wird es um das Dasein der Sprache in der Kunst bzw. um Sprache als künstlerisches Material gehen. Welches Potential und welche Dringlichkeiten siehst Du in dieser Fragestellung?
Das Sprechen über/an/durch/mit Kunst interessiert mich natürlich sehr. Jasmin geht hoffentlich von einer sehr offenen und beweglichen Situation aus die sie da Kunst nennt. Das könnte ihr das Aufzeigen neuer Blickrichtungen durch diese schwebende „Architektur“: Werke / Kuratorin / Betrachtende / Kunstschaffende / Kunsträume, ermöglichen.

Einige der angehenden Absolventinnen hätten sich aus ihrem Werdegang heraus auch bei bilden & vermitteln bewerben können, bei Jasmin ist eine Zusammenarbeit mit Ladina Gerber, Absolventin von bilden & vermitteln zu Stande gekommen. Steigt die Durchlässigkeit der Vertiefungen mit den gemeinsamen Fragestellungen? Welche Querbezüge und Kombinationen würden sich aus Deiner Sicht anbieten?
Sicher wäre das ein grosses Potential. Dass Studierenden genügend Zeit bleibt, solche Zusammenarbeiten über die Vertiefungen hinaus zu suchen und zu finden, ist da aber eine zusätzliche Frage.

Eine andere Arbeit befasst sich mit einem Vermittlungskonzept für das Haus der elektronischen Künste. Michaela Englert reflektierte in ihrer Präsentation auch bewusst die bildliche Darstellung von „Vermittlung“.
Das fand ich auch einen Ansatz der es in sich hat. Ich wünsche mir, dass Sie diesen spezifischen Blick auch in ihrer Konzeption dann mit einbezieht.

Sarah Wirth hat sich vorgenommen zu untersuchen, wie sich Skandale und Tabubrüche in der Kunstrezeption manifestieren.
Da fragte ich mich, wie nahe sie sich wohl an diese Bruchstelle(n) traut? Ein historisch aufgearbeiteter Bruch ist ja an sich kein Bruch mehr.

Corinna Holbein interessiert sich für kollektive Kunstproduktion am Beispiel der Andy Warhol Factory und Olafur Eliassons Atelier.
Da wäre für mich die Herangehensweise ein wichtiger Entscheid. Was sehe/höre ich, wenn ich die Beteiligten befrage? Was sehe/höre ich dann eher nicht?

Ntomenika Chandra möchte analysieren, wie sich verschiedene Off-Spaces in Zürich organisieren und was für eine Rolle sie als Akteure im Kunstfeld spielen.
Auch hier ist dann wohl das Sichtbare mit schwerer Sichtbarem zu unterbauen.

Magdalena Ross geht der Frage nach, unter welchen Bedingungen Stadtmuseen als Möglichkeitsräume für gesellschaftliche Teilhabe operieren können.
Da erstaunte mich die Fragestellung. Aus meiner Sicht zielt diese Frage eigentlich in ein Feld ausserhalb dessen, was ich als ausstellen & vermitteln verstehe. – Zumal es ja um eine Analyse der Programme und wohl auch Strukturen vier bestehender Institutionen gehen soll. Da lasse ich mich gerne überraschen.

Auch dieses Semester also wieder ein Kaleidoskop von verschiedensten Themen und einigen Konstanten. Bezüglich Methodik und Aufbau scheint sich ein häufiges Vorgehen herauszukristallisieren: in einem theoretischen Teil werden gewisse Aspekte aufgrund vorhandener Referenzliteratur rekapituliert. Dann werden zwei bis drei Ausstellungen/Institutionen im Sinne von Fallstudien daraufhin analysiert, um in einem „praktisch“ genannten Teil ein eigenes Konzept zu entwickeln. Was fiel Dir zur Methodik und/oder dieser Strukturierung auf?
Wir kennen dies analog auch im bilden & vermitteln. Dort sind dann z.B. Positionen aus der Theorie oder bildenden Kunst neben einer eigenen künstlerischen Auseinandersetzung geplant. In der Umsetzung treten dann Fragen am Horizont  auf: Was haben diese Elemente nun miteinander zu tun? Was bekommen sie miteinander zu tun? Wenn da mit etwas Mut nach unkonventionellen Settings gesucht wird, zahlt sich dies oft aus. Ansonsten läuft man Gefahr lediglich ein Konzept in der eigenen Arbeit zu illustrieren.

Eine zentrale Frage in der Vertiefung bilden & vermitteln heisst: „Was soll morgen gelehrt werden?“ – Was für eine zentrale Frage würdest Du der Vertiefung ausstellen & vermitteln stellen?
Hm – das ist gar nicht so einfach grad mal aus dem Ärmel zu schütteln. Sicher ginge es mir dabei mit meinem Hang zum Träumen um das Potential das sich zeigen kann, wenn Akteure und Situationen vorzufinden sind, die sich eventuell nicht mehr so klar als „die Ausstellung“, „die Vermittlung“, „das Publikum“, „die Szenografie“, „das Exponat“ unterscheiden lassen. Also im weitesten Sinne um das Arbeiten an den Grenzen dieses Formates selber. Also da, wo es um transformatorische Kräfte geht.

 Heinrich Lüber und Françoise Krattinger