Hugo Ball

Hugo Ball war ein Pionier der Dada-Bewegung. Aber nicht nur das. Beruflich war er Theatermacher, Dichter und radikaldemokratischer Publizist. Seine Ideologien waren Mystik, Anarchie und Katholizismus. 1915 emigrierte er mit Emmy Hennings in die Schweiz und eröffnete mit vier anderen Dadaisten am 5. Februar 1916 das Cabaret Voltaire im Niederdorf. Er gilt als Erfinder der Lautgedichte. „Gadji Beri Bimba“ ist das bekannteste in seiner Literatur. Ball war Mitgründer des Cabaret Voltaires in Zürich und wurde von vielen in seinem Umfeld als dadaistischer Schamanen oder als magischer Bischof bezeichnet.  Seine Ideen und Ansichten galten als radikal und rebellisch.

Geboren 1886 und aufgewachsen in der Pfalz in Deutschland, ist sein Denken sehr von der katholischen Kirche geprägt.  Seine Kirchenfrömmigkeit war jedoch anderen DadaistInnen nicht so geheuer. Hugo Ball war selbst eine Zeit lang spöttisch gegenüber der Kirche. Das Gedicht „der Henker“ ist ein Beispiel, wie er Blasphemie verübte.  Dafür wurde er fast von der Staatsanwaltschaft angezeigt. Er konnte aber nie ganz den heiligen Schein ablegen.

Hilf, heilige Maria! Dir sprang die Frucht aus dem Leibe.

Mir rinnt geiler Brand an den Beinen herunter.

Mein Haar ein Sturm, mein Gehirn ein Zunder

meine Finger zehn gierige Zimmermannsnägel

die schlage ich in der Christenheit Götzenplunder.

(Ausschnitt Gedicht „der Henker“, Hugo Ball)

Hugo Ball wuchs in einer bürgerlichen, katholischen Familie auf.  Er besuchte sechs Jahre lang das Gymnasium. Er machte aber kein Abitur. Sein Vater war Schuhmacher. Von ihm sollte er das Geschäft übernehmen. Seine Eltern schickten in die Lehre eines Lederhändlers. Ball brach aus Erschöpfung zusammen und brach die Lehre ab. Sein Wunsch war ein Studium. Deshalb besuchte er nochmals das Gymnasium um sein Abitur nachzuholen. 1906 begann er das Studium von Germanistik, Geschichte und Philosophie in München und in Heidelberg. 1910 brach er sein Studium ab. Ball zog nach Berlin und absolvierte eine Ausbildung als Regieassistent an der Schauspielschule.

In den folgenden Jahren 1911 -1914 veröffentlichte er seine Tragikkomödie „die Nase des Michelangelo“, diverse Artikel in Zeitschriften und arbeitet als Dramaturg in verschiedenen Theatern.

Als 1914 der Krieg ausbrach, meldete er sich freiwillig beim Militär. Er wurde jedoch als untauglich erklärt. Als er später einen Freund im Lazarett an der Kriegsfront besuchte, bekam er erste Eindrücke von den Kriegsereignissen. Er schrieb darüber in Zeitungsartikeln und begann darauf sich für Anarchismus zu interessieren.

1915 wanderte er mit seiner Partnerin Emmy Hennings, welche er in München kennengelernt hatte, in die Schweiz aus. Zuerst war er dort Varieté-Künstler und tourte durch die ganze Schweiz. 1916 war er an der Cabaret Voltaire-Gründung beteiligt und hielt an Dada-Abenden Lautgedichte und Manifeste.

Hugo Ball war ein disziplinierter Tagebuchschreiber. „Die Flucht aus der Zeit“ ist sein grosses, veröffentlichtes, autobiografische Werk.

(…)Ein undefinierbarer Rausch hat sich aller bemächtigt. Das kleine Kabarett droht aus den Fugen zu gehen und wird zum Tummelplatz verrückter Emotionen.

(„Die Flucht aus der Zeit“, Hugo Ball)

Fotografie des verschollenen Ölbildes Cabaret Voltaire, Zürich 1916

Fotografie des verschollenen Ölbildes Cabaret Voltaire, Zürich 1916

1917 wandte er sich von der aktiven Dada-Bewegung ab. Geldsorgen und Organisationsprobleme in der Dada-Gruppe werden dafür verantwortlich gemacht. Die Kirche und der Katholizismus rückten mehr in sein Interesse.

1920 heiratete er Emmy Hennings, kurz darauf zogen sie zusammen ins Tessin.

Auf zufällige Weise lernte er dort Hermann Hesse kennen und sie wurden gute Freunde. Er wurde sogar von ihm beauftragt eine Hesse-Biografie zu verfassen.

1927 verstarb Hugo Ball mit 41 Jahren an Magenkrebs. Er wurde auf einem Tessiner Friedhof begraben, wo 21 Jahre später auch seine Ehefrau Emmy Ball-Hennings beigesetzt wurde.

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Emmy Hennings

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1885 wurde Emma Maria Cordsen in der Stadt Flensburg in Deutschland geboren. Die Volksschule brach sie mit 14 Jahren ab. Darauf arbeitete sie als Dienstmädchen, was ihr nicht so gefiehl. So wollte lieber professionelle Schauspielerin werden.

Mit 18 Jahren heiratete sie einen Laienschauspieler und wurde schwanger. Sie gebar eine Tochter, welche für die ersten Lebensjahren bei ihren Grosseltern aufwuchs. Sie behielt den Namen Hennings, obwohl sie sich ein Jahr später, 1904, von ihrem Ehemann scheiden liess.

In den folgenden Jahren tourte sie quer durch Deutschland als Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin. Sie war bekannt dafür ein wildes Leben geführt zu haben. Man sagte ihr nach, dass sie viele Affairen hatte und Drogen konsumierte. Es gab Gerüchte, dass sie stahl und  sich prostituierte.

1912 konvertierte sie zum Katholizismus in der Münchner Ludwigskirche. Glaube und Religion waren Themen, die sie interessierten. 1915 emigrierte sie, als die Münchner Kammerspiele (Schauspielhaus) wegen Kriegsbeginn 1914 geschlossen wurden, mit ihrem neuen Partner Hugo Ball in die  kriegsneutrale Schweiz. 1920 heiratete sie ein zweites und letztes Mal. Mit Hugo Ball blieb sie zusammen bis er krank wurde und 1927 verstarb.

Im Cabaret Voltaire arbeitete sie als Kabarettistin. Es wird angenommen, dass ohne sie die Unterhaltung im Kabarett gleich null gewesen wäre. Die Nächte in der Künstlerkneipe gingen lange und waren wild. Doch bald zerrte das Leben, welches sie und Hugo Ball in Zürich führten an ihren Kräften. Genug Geld hatten sie auch nicht mehr. Das waren unter anderem Gründe, wieso Hennings mit Ball zusammen Zürich den Rücken zukehrte und 1920 im Tessin einen neuen Wohnort suchte.

 

Als 1916 Emmy Hennings viel Zeit mit Hugo Ball im Tessin verbrachte, schrieb sie ihren Roman „Gefängnis“ nieder, welcher dann 1919 in Berlin von einem Verlag publiziert wurde. Dieses Buch gilt als autobiografisch, da sie 1914 in Deutschland wegen Diebstahl und Beihilfe zur Desertion von Franz Jung für mehrere Monate inhaftiert wurde. Sie führte zu jener Zeit einen starken Briefwechsel mit Hugo Ball, wodurch sie sich besser kennenlernten.

Sie verstarb verarmt in der Nähe von Lugano 1948. Ihr Leichnam wurde im gleichen Grab ihres Ehemannes Hugo Balls beigesetzt.

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Dada und 1.Weltkrieg

Aufstand der Ungläubigen gegen die Irrgläubigen

(Hans Arp)

 

Im Jahr 1916 während des ersten Weltkrieges war das Nest des „Ur-Eis“ Dada das Niederdorf im Herzen der Altstadt Zürich. Zu jener Zeit herrschte Wohnungsnot und wegen der anhaltenden Finanzkrise stiegen die Preise der Lebensmittel immens in die Höhe. Der Dadaismus war  nicht überall willkommen: Ihr Lebensstil wurde als sittenlos bezeichnet und sie standen, vor allem weil sie Ausländer waren, tagtäglich unter Beobachtung der Polizei.  Für viele Aussenstehenden galten sie als ein Gesindel aus  Zuhältern, Strassenkünstlern und Kommunisten.

Die politische Haltung der Dada-Gründer gegenüber dem Krieg ist schwer verifizierbar. Auch ist die Tatsache umstritten, ob Dada eine Protest-Bewegung gegen den 1.Weltkrieg war oder nur ein zufälliges Geschehnis neben dem Krieg. Die politische Orientierung innerhalb der Gruppierung war unterschiedlich, während die einen früher oder später sich einer kommunistischen Partei anschlossen ( zB Franz Jung und Hans Richter), waren andere eher dem Nihilismus (zB Tristan Tzara und Richard Huelsenbeck) zugeneigt. Sowohl Huelsebeck als auch Ball schlossen sich Anti-Kriegsprotestbewegungen in Berlin an.

Das europaweite Klima war zu jener Zeit durch Nationalismen und Chauvinismen vergiftet. In welchem Masse DadaistInnen infiziert waren, ist  ungewiss. Was dagegen spricht, ist ihre internationale Ausbreitung und ihre kosmopolitische Gemeinschaft.

Doch fehlen klare und überlieferte politische Stellungsnahmen. Sprich schriftlich – öffentlich oder privat -wurde nichts Eindeutiges verfasst. Durch die ständige Überwachung der Polizei und durch das Problem der Zensur wurde nichts darüber von DadaistInnen niedergeschrieben. Eine falsche Aussage oder Dokument und sie wären aus der Schweiz ausgewiesen worden.

Das einzige, was man halbwegs vermuten kann, ist das Emmy Hennings zum Pazifismus tendierte und ihr Mann Hugo Ball interessierte sich für Anarchismus.

Viele DadaistInnen waren aber in ihren jungen Jahren, wie die meisten von ihren Zeitgenossen, Patrioten und meldeten sich teils freiwillig als Soldaten für die Front. Erst im Nachhinein wurden sie kritischer und waren schockiert von der Gewalt, zur welcher der Mensch fähig war. Ausserdem zeichnete sich ab, dass er Krieg kein schnelles Ende fand. 1916 gab es viele Stimmen, die gegen den Krieg waren.

Doch in der Dada-Kunst sieht man wenige Anzeichen des Krieges. Als wäre es ein Kosmos gewesen, welcher parallel zu den Kriegsereignissen und seinen Folgen, sich ausdehnte.

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Dada

Dada, oder auch der Dadaismus, ist eine  jüngere Kunstrichtung aus dem 20.Jahrhundert. Ihr Ursprungsort ist die „Meierei“ an der Speigelgasse 1 im Niederdorf in Zürich. Dort wurde an einem Samstag, den 5.Februar 1916, die Künstlerkneipe Voltaire eröffnet.  Später bekam sie den Namen „Cabaret Voltaire“.

Die Urdadaisten, sprich die Gründer des Cabaret Voltaires in der ehemaligen „Meierei“  waren die fünf Freunde Hans Arp (aus dem Elsass), Hugo Ball (aus der Pfalz), Tristan Tzara (aus Bacău), Richard Huelsenbeck (aus Hessen) und Marcel Janco (aus Bucureşti).

Nach der Schliessung des Cabaret Voltaire im Juni 1916, fanden Dada-Abende im Zunfthaus zur Waage statt: Am ersten dieser Abende, am 14. Juli 1916 trug Hugo Ball ein Eröffnungs-Manifest vor. In diesem Manifest wird erläutert, dass sie das Wort Dada im Lexikon gefunden hätten. Es sei ein französisches Wort und bedeutet übersetzt: Holzpferdchen.

Bevor Dada da war, war Dada da…
(Hans Arp, 15.01.1966)

Bis zur jener Zeit ausgelebte Konventionen insbesondere in der Kunst wollte man brechen. Dada schrieb Geschichte und wird auch als beeinflussendende Kunstform anderer moderner Kunst wie Surréalismus, Nouveau Réalisme, Pop-Art, Mail-Art und Punk gesehen.  Zürich galt anscheinend als idealer Ort, wo im Kultur- und Kunstfeld ein internationaler Austausch stattfand und kosmopolitisch gesinnte Künstler zusammenfanden.

165 Persönlichkeiten werden rückblickend mit Dada in Verbindung gebracht. Sei es auch nur, dass sie für die Urdadaisten Inspiration waren. Dazu gehört die Filmikone Charlie Chaplin, welche an den Dada-Soireen in Paris erwartet wurde.

Eine der grossen folgenden Dada-Ereignisse in Zürich war die Eröffnung der Galerie Dada an der Bahnhofstrasse. Sehr günstig konnten die Räume dort gemietet werden.  Dada-Werke wurden im Wert von über 100sfr. verkauft. Ab 1920 verschob sich das Dada-Treiben mit Tristan Tzara nach Paris. Die Dada-Künstlergruppe löste sich in Zürich auf und ihre Wege trennten sich. Tristan Tzara brachte das „Pferdchen“ nach Paris. Dort entstanden neue Dada-Abende und sogar ein „Festival Dada“. Die Gründe der Auflösung in der Schweiz sind nicht genau bekannt. Neben der Verarmung durch den Krieg, trieb auch die spanische Grippe zu jener Zeit ihr Unwesen in Europa, was die Dada-Künstler wahrscheinlich nicht, nicht tangierte.

Auch in Berlin begann 1920 die Dada-Bewegung zu wirken: Die „Erste Internationale Dada-Messe“ jener Grossstadt war der Höhepunkt des Erfolges von Dada in Deutschland.

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