Pastille

Sessel Pastille, Eero Aarnio, 1967; Ausführung: Asko, Helsinki, 1968; Polyester glasfaserverstärkt; KGM Berlin, Inv. Nr.: W-1979. 122 / Geschenk des Herstellers

Hannah Spillmann

Die Pastille

Die Pastille, auch als ‘Gyro’ bekannt, wurde 1967 für den finnischen Hersteller Asko entworfen. 1968 erhielt Eero Aarnio den American Industrial Award für die einzigartige Ästhetik und die komfortable Form seiner Neuinterpretation eines Schaukelstuhls. Aarnio gelang es, ein Möbelstück zu entwerfen, welches dank der Verwendung von Glasfasern sowohl für die Nutzung in Innenräumen als auch für draußen geeignet ist. Das Design pendelt dabei zwischen Funktion und Spaß. So erlaubt es der Sessel, aufgrund der hohlen Glasfaserkonstruktion im Wasser zu schwimmen.

Eero Aarnio wandte sich bereits zu Beginn seiner Karriere Werkstoffen wie Plastik, Fiberglas und Acryl zu. Sie erlaubten ihm alle Freiheiten in der Form- und Farbgebung. Den ersten Prototypen der Pastille fertigte er aus Polystyrol, was ihm verhalf, die Masse, die Ergonomie und das Schaukelverhalten zu prüfen und zu studieren. Hergestellt wurde der Pastil Chair schließlich aus glasfaserverstärktem Polyester. Der Sessel, an eine kleine Süßigkeit erinnernd, war dabei in diversen Farben erhältlich, von sonnigem Gelb über knalliges Orange bis hin zu Froschgrün. Mit den futuristischen Formen spiegelten Aarnios Sitzmöbel den optimistischen Zeitgeist der Pop-Ära in den 1960er Jahren wider. Jahrzehntelang feierten seine Entwürfe zudem Erfolge in Spielfilmen und Reklamen.

Mit der Ölkrise von 1973 nahm die Produktion ein jähes Ende. In den 1990er Jahren wurden die frühen Entwürfe der 1960er Jahre von der Firma Adelta wieder aufgenommen und neu produziert. Seit 2016 werden die Kunststoffikonen über die Firma Eero Aarnio Originals verkauft.

Fantastic Plastic

Für die Geschichte der Kunststoffe spielt der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs eine wichtige Rolle. Durch die kriegsbedingte Intensivierung der Forschung im Bereich synthetischer Materialien kam es in kürzester Zeit zu zahlreichen Entdeckungen, Neuentwicklungen und Innovationen. Diese beeinflussten stark das Design der Nachkriegszeit und ermöglichten Form- und Farbexperimente, welche zuvor unmöglich erschienen. 

Während in der Nachkriegszeit noch Grau vorherrschend war, brachten die Kunststoffe in den 1960er Jahren Farbe in den Alltag. Anregungen und Impulse kamen zum einen aus dem Bereich der Popkultur, die sich gegen traditionelle Verhaltensweisen und ästhetische Normen auflehnte. Zum anderen holte man mit dem Sprung ins All den Weltraum ins Wohnzimmer. Dabei durchdrangen die spielerisch-organischen Formen des visionären Space-Age-Designs der 1960er Jahre nahezu alle Lebensbereiche vom Kino über die Mode bis hin zur Inneneinrichtung. Nicht zuletzt eroberten die Kunststoffe auch den Haushaltsmarkt und wurden zum Symbol für preisgünstigen Wohlstand und einen neuen Lebensstil. Mit der Ölkrise von 1973 erhielt die Kunststoffeuphorie jedoch einen erheblichen Dämpfer.

Die enorm gestiegenen Rohstoffpreise verursachten in vielen Bereichen der kunststoffverarbeitenden Industrie erhebliche Produktionsrückgänge. Damit einher ging ein allgemeiner Geschmackswandel. Die Käufer*innen bevorzugten nun ein Design, das zu traditionellen Materialien und weniger üppigen Formen zurückkehrte. Während in den 1960er Jahren Plastik noch als schick, sauber und modern galt, kamen die Kunststoffe in den 1970er Jahren in den Ruch des Billigen, Geschmacklosen und galten mit wachsendem Umweltbewusstsein als ökologisch problematisch – „The Future was Plastic!“

Plastifiziert

Plastik ist allgegenwärtig, und ein Alltag ohne Kunststoffe ist kaum noch vorstellbar. Laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland wurden zwischen 1950 und 2015 bereits 8,3 Milliarden Tonnen Plastik produziert. Hauptsächlich hergestellt und konsumiert werden die Kunststoffe in China, Nordamerika und Westeuropa.

Ein Drittel des weltweit produzierten Plastiks wird für Verpackungen verarbeitet. Für die Verwendung von Kunststoffen sprechen dabei Qualitäten wie verminderte Bruchgefahr, Konservierung, Transparenz sowie das geringe Gewicht der Kunststoffverpackungen. Speziell über längere Distanzen bewirken diese Kriterien eine Einsparung bei der CO2-Bilanz und den Transportkosten. Die Eigenschaften des Materials sind dabei Segen und Fluch zugleich: So besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen der Kurzlebigkeit des Produkts und der Langlebigkeit der Produktverpackung. Laut einer Studie der University of California wurden seit 1950 weltweit nur neun Prozent des Plastiks verwertet und recycelt. Zwölf Prozent wurden verbrannt. Die verbleibenden 79 Prozent befinden sich auf Deponien oder zirkulieren weiter in der Umwelt.

Jährlich gelangen bis zu 13 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle in die Ozeane. Unter den zehn häufigsten Schwemmgutobjekten sind unter anderem Plastikflaschen, Plastiktüten und Lebensmittelverpackungen anzutreffen. Durch Windbewegungen gelenkt, bilden sich oberflächliche Meeresströmungen zu großen, kreisförmig rotierenden Wasserwirbeln, welche in fünf Bereichen der Weltmeere anzutreffen sind. In den sogenannten stillen Zonen dieser Wirbel, auch als „Garbage Patches“ bekannt, dreht das Schwemmgut oft über Jahrzehnte seine Runden. Durch Reibung und Lichteinwirkung zersetzt sich der Plastikmüll in immer kleinere Stücke, sogenanntes Mikroplastik. Nicht mehr vom Plankton unterscheidbar, gelangt das Mikroplastik schließlich in die Nahrungskette.

Plastikikonen des Alltags

Plastiktüte

Die aus Polyethylen oder Polypropylen bestehende Plastiktüte steht seit den 1960er Jahren als das Symbol für unsere Konsum- und Wegwerfgesellschaft. Nach Angaben des Europaparlaments werden jährlich etwa 100 Milliarden Plastiktüten verwendet, wovon rund acht Milliarden in die Weltmeere gelangen, was verheerende Folgen mit sich bringt. In Ländern wie Frankreich, Indien, China oder Kenia sind Plastiktüten inzwischen verboten. Oder es wurden zumindest Teilverbote erlassen,welche Anforderungen an die Dicke oder Zusammensetzung der Tüten beinhalten. So gilt auch in Deutschland seit 2020 ein Teilverbot. Zudem werden zur Reduktion des Verbrauchs von Plastiktüten Strategien über Steuern, Gebühren, Recycling oder Bioplastik erprobt. 

PET-Flasche

1978 führte Coca-Cola die Einweg-PET-Flasche als Ersatz für die Kultflasche aus Glas ein. Für die Verbraucher*innen sind PET-Flaschen komfortabel in der Handhabung, da sie ein geringes Gewicht aufweisen und nicht bruchanfällig sind. Seit Einführung der Pfandpflicht im Jahr 2003 werden in Deutschland pfandpflichtige PET-Verpackungen beim Handel gesammelt. Dank des Pfandsystems werden 98% der PET-Flaschen zurückgebracht, und das wertvolle Material kann wiederverwertet werden. Zum einen werden sie zu neuen Getränkeflaschen verarbeitet, zum anderen werden sie als Verpackungsmaterialien oder in der Textilindustrie wiederverwendet. 

Tupperware

Es ist unzerbrechlich, leicht, beliebig einzufärben, sowie weitgehend geschmacks- und geruchsneutral – perfekt für den Einsatz in der Küche. Polyethylen erfüllt alle Kriterien für die Aufbewahrungsbehälter des 1938 gegründeten Unternehmens Earl S. Tupper Company. An hygienische Verpackungen und Möglichkeiten zur Aufbewahrung haben wir uns gewöhnt, dennoch steht Kunststoff hier sowohl unter dem Gesundheits- als auch Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekt stark in der Kritik. Es werden Kunststoffe benötigt, welche nicht mit den verschiedenen Lebensmitteln reagieren und keine Schadstoffe an das Essen und die Umwelt abgeben. Insbesondere der Weichmacher Bisphenol A (kurz: BPA) steht schon seit längerer Zeit im Verdacht, durch Eingriff in den menschlichen Hormonhaushalt schädlich für die Gesundheit zu sein. So sind in Deutschland seit dem Jahr 2013 alle von Tupperware verkauften Produkte BPA-frei.