Willst du dein Genmaterial für künftige Generationen konservieren?
28.9.19, Wann kommt meine Haltestelle?
Aggressive Menschen. Im Bus. Doppelt unangenehm, es gibt keine Ausweichmöglichkeit (ausser man will nachts eine halbe Stunde im Regen auf den Nächsten warten). Peinlich berührt starrt jede/r andere ins Handy, gibt vor, ignorant zu sein. Einschliesslich Busfahrer, einfach ohne Natel.
Die Stimmung so angespannt, ein geriebener Ballon würde alles in die Luft jagen.
Provokativ will sie sich im dreiviertelleeren Bus neben einen mittfünfziger Teddybären setzen, der erschrocken gleich beide Sitze freigibt. Böser Fehler. Ihre Augen glühen: Bin ich dir etwa zu nahe gekommen? Fass‘ mich nicht an! – Ich habe dich nicht angefasst. Du hast mir in meinen Schritt gegriffen… – Pussy! Pädophiler! Lass mich in Ruhe! – sitzt so tief im Sitz eins weiter vorn wies nur geht – Schlappschwanz! Die Eier sollte man dir abzwacken! Ich meins ernst, hörst du mich? Hau ab, du hässlicher Lustmolch!
(Ja, die Ausrufezeichen sind nötig.)
Sie steht auf, stampft mit den Füssen, rennt auf ihn zu. Hast du jetzt Angst Schlappschwanz?! Geh weg!
Seine Augen starr geradeaus, Schock und Schmerz im Gesicht. Wer ist das? Was habe ich getan, was will sie von mir? Warum wirft sie keiner raus?Wann kommt meine Haltestelle?
27.9.19, Pfefferminzkombucha
26.9.19, Schwesternsymmetrie
25.9.19, Holunderblütenjoghurt
Gross, schlank, schlaksiger Typ, Stadtarchitekt. Hellwach und konzentriert sitzt er inmitten allen Zwischenschläfern in der S11, 8 Uhr früh.
Löffel aus der Tasche, schüttel den Becher! Vorsichtig zieht er den Deckel ab, Zunge drüber. Mit viel Sorgfalt leert sich das Holunderblütenjoghurt. Löffelchen für Löffelchen. Gestrichen, nicht gehäuft.
Währenddessen läuft Anime auf seinem Smartphone, Multitasking.
Becher leer, Deckel rein, Löffel in den Mund. Bist du schon satt? Nach hundertachzig Gramm probiotischer Creme? Mir wäre gerade erst der Hunger angeregt worden, mehr!
In aller Seelenruhe wird am Löffel genuckelt, auf dem Schoss hat er fein säuberlich gefaltet eine Arbeit über vertikale Gärten, Pflanzen an Fassaden. Inklusive Wärmebilder, die zeigen, dass Grünzeug im Hitzesommer die Stadt und bewachsenen Gebäude kühlen.
Eine Seite nach der anderen liest der Stadtarchitekt sorgfältig auf Fehler durch (ich nehme an nicht zum ersten Mal), fast liebevoll faltet er den ungehefteten Stapel A3-Papier in der Mitte von Neuem, um auch ja zwei exakte Hälften zu haben.
Ich bin fasziniert von der Hingabe und Ruhe des jungen Herrn, unbeeindruckt vom Rundherum…
Kurz bevor die S11 im Bahnhof Hardbrücke einfährt und ich aussteigen muss, packt Mister Stadtarchitekt die zweite Runde aus. Bio mit Fruchtkompott. Die Sorte Joghurt, die den Geschmack separiert hat, am Boden des Bechers, für Mensch „Vormischen“ und Mensch „Ich-arbeite-mich-zum-geilen-Zeug-durch“. Natürlich ist der Schüttler einer der ersteren.
Ich bin froh gibts für ihn ein zweites Frühstück, zweite Portion Darmfloraaufbau mit Zucker!