Richard Strauss – Salome (Theater St.Gallen)

Luxuriös

Man traute seinen Augen kaum beim Blick auf den Besetzungszettel der St.Galler Salome und wähnte sich viel mehr in einer Metropole als in der Ostschweiz. Der Herausforderung, die das Stück an ein kleineres Haus stellt, begegnete man hier mit der Verpflichtung einer Gästereihe, das aufmerken liess. Wohl auch auf Grund der Tatsache, dass die Platzkapazität im Graben nur die im Orchester reduzierte Fassung zulässt, hat sich ALEXANDRINA PENDATCHANSKA (die hier allerdings verkürzt als Alex Penda gelistet wird) eine Partie angeeignet, die eine Tür zur weiteren Karriereentwicklung öffnen könnte. Die Bulgarin verkörperte eine glühende, vibrierend-erotische und jugendliche Salome mit stupenden , berückenden piani und erschauern-lassenden Schroffheiten. Dass es (noch) eine Grenzpartie ist, liess sich aus dem Körpereinsatz, der sie Stimmproduktion verlangte, ablesen und manifestierte sich auch in einer leider sehr schwachen Textverständlichkeit. Um diese brauchte man sich bei den weiteren Hauptrollen nicht zu sorgen. Nichts Dröhnendes benötigt MARTIN GANTNER, um den Prophezeiungen des Jochanaan Gewicht zu verleihen: balsamisch-nobel strömte sein Bariton und jede Silbe erhielt intelligente Gewichtung. Auf gleichem Höchstniveau ist der agile und charaktervolle Herodes von ANDREAS CONRAD zu nennen und in Bezug auf die Stimm- und Bühnenpräsenz der Herodias von GABRIELE SCHNAUT können nur die bekannten Superlative bemüht werden. Zusammen bildeten sie ein Quartett von luxuriöser Qualität, von der sich die Ensemblekräfte in den weiteren Partien hörbar motivieren und anspornen liessen. MODESTAS PITRENAS  sorgte im Graben mit dem brillant aufgelegten Sinfonieorchester St.Gallen in erstaunlicher Transparenz für aus dem rhythmischen entwickelte Impulse und gewichtigen Rausch. Etwas irritierend wirkte die (wohl der erhöhten Bühnenkonstruktion anzulastende) verhinderte vollkommene Verschmelzung von Gesangsstimmen und Orchester.

In der Verpflichtung des Modeschöpfers CHRISTIAN LACROIX für das Kostümdesign und der Grosszügigkeit der hiesigen Stoffkreation Schläpfer/Bambola wurde nicht nur dem Ruf St.Gallens als führende Textilstadt Rechnung getragen, sondern auch der Produktion eine weitere Aura der Exklusivität und Noblesse verliehen. VINCENT LEMAIRE schuf dafür einen Bühnenraum, der trotz seiner Käfigartigkeit den Luxus der Palastumgebung vermuten liess. Wie durch eine Linse blickte man durch eine kreisrunde Öffnung auf den beengten Raum. Die Personen kamen sich dort deshalb ungewohnt nah, wobei es jedoch Regisseur VINCENT BOUSSARD nicht durchwegs gelang, die Spannungsverhältnisse zwischen den Figuren evident zu machen und aufrecht zu erhalten. Die unruhige und beliebige Lichtgestaltung von GUIDO LEVI fügte sich in den Eindruck des eher Dekorativen, der auch der Regie und Ausstattung angelastet werden kann.

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