Interview mit Julia Maria Imhoof

 

Julia Maria Imhoof, geboren 1984, ist ausgebildete Animationsfilmemacherin und Kirchenmusikerin. Seit 2009 arbeitet sie als Ausgräberin, Zeichnerin und Fotografin für die Archäologie – sowohl im Feld, als auch im Büro.

Am 17. Januar hatte ich die grosse Freude nach Aarau an ihren Arbeitsplatz zu fahren, um mich mit ihr über ihren Beruf als archäologische Zeichnerin zu unterhalten.

 

Nach der gestalterischen Matura (2004) und dem Vorkurs (2006/7), sowie der nebenamtlichen Ausbildung als Kirchenmusikerin (2004-2006), studierte Julia Animation an der Hochschule Luzern für Design & Kunst. Die Grundlage ihres Animationsstudiums war für sie immer das analoge Zeichnen.

Da ihre Arbeit für den Abschlussfilm an eine bestimmte Jahreszeit gebunden war, pausierte sie während des Frühlingssemesters 2009 und fand für drei Monate eine Anstellung als Zeichnerin und Ausgräberin auf einer archäologischen Ausgrabung in Vindonissa. Auf dem Areal des ehemaligen römischen Legionärslagers wurden die verschiedenen Flächen in regelmässigen Schritten abgetragen (Pickel, Schaufel) und geputzt (Langstielkratzer, Kelle) und die Profile mit den eingezeichneten Positionen und mit Hilfe eines Zeichengitters anhand des Grabungskoordinatennetzes auf Millimeterpapier übertragen.

 

Funde und Tierknochen wurden gemäss eines Farbcodes eingezeichnet und Profile teilweise mit Farbstift koloriert. Am Ende wurden Höhen genommen mit Hilfe des Nivelliergerätes und besondere Funde, vor allem Metallfunde (Fibeln, Münzen), eingemessen. Die Einarbeitung funktionierte nach dem Prinzip „Lernen durch Machen“ und über Nachfragen bei den Archäologen oder den erfahrenen ZeichnerInnen.

Die Freude am Arbeitsfeld Archäologie führte Julia nach dem Bachelorabschluss 2010 zu einer Vollzeitstelle in Basel als Zeichnerin, später auch Fotografin, wo sie bis 2013 tätig war. Danach fand diese Arbeit ihre Fortsetzung bei der Firma ProSpect GmbH, wo Julia sowohl für archäologische, wie auch für Bauforschungsprojekte zum Einsatz kam.

Die Firma ProSpect GmbH hat vor bald 15 Jahren eine Nische entdeckt und arbeitet seither im Auftrag öffentlicher Dienste (in deren Händen die gesamte Archäologie in der Schweiz liegt) in den Bereichen Archäologie, Bauforschung und Vermittlung sowie Auswertung, Beratung und Personalverleih.

Insbesondere kleinere Kantone ohne eigene Kantonsarchäologie greifen gerne auf die Dienste der ProSpect zurück. Dabei verwendet die Firma ihre bewährten Standards bezüglich der Dokumentation, aber immer unter Einbezug der Wünsche ihrer Auftraggeber.

 

Im Betrieb übernimmt Julia, besonders seit sie das Pensum mit der Familiengründung reduzierte, die gestalterischen Arbeiten im Büro. Planumsetzungen, Layout von Berichten und Publikationen, Herstellen von Werbe- und Infomaterial, Betreuung der Website gehören zu ihren Kernaufgaben. Vereinzelte Einsätze an verschiedenen Orten in der Schweiz zum Dokumentieren – Fotografieren, Zeichnen auf einer Ausgrabung oder analoge wissenschaftliche Illustration eines Fundes – kommen ebenfalls vor. Sie arbeitet mit Programmen der Adobe Suite, vor allem Photoshop, Adobe Illustrator und Indesign und mit BricsCAD sowie den Office-Programmen und WordPress.

 

Die Digitalisierung schreitet auch in der Archäologie voran. Das meistverwendete Zeichenmittel ist allerdings noch immer der Bleistift, der auch aus archivtechnischer Sicht schwer zu schlagen ist. Umzeichnungen hingegen erfolgen nur noch sehr selten mit Tusche, sondern fast immer digital. Auf dem Feld gilt für eine verlässliche Dokumentation noch immer ein Zusammenwirken von beschreibendem Text, Foto des Befundes und Zeichnung als Standart. Hinzu kommen Vermessungen, die je nach dem auch die Zeichnung ersetzen können. Neue Techniken wie GPS, 3D-Scanner, Drohnenaufnahmen oder auch Georadar-Methoden schaffen neue Ausgangslagen für die Dokumentation, meist ohne die Zeichnung vollständig zu ersetzen. Auch ProSpect investiert in solche neueren Methoden. 3D-Scanner und Drohne sind neu im Einsatz. 3D-Rekonstruktionen gehörten ebenfalls zum Angebot der ProSpect (nicht durch Julia).

Im Unterschied zur Arbeit im öffentlichen Dienst ist die Arbeit in der Privatwirtschaft oft mit mehr Zeitdruck verbunden, was effizientes Arbeiten voraussetzt. Die ProSpect ist eine kleine (aber stetig wachsende) Firma mit flacher Hierarchie, wo sich Leute mit verschiedenen Hintergründen und Ausbildungsstufen zusammenfinden und einbringen können. Durch die Vielfältigkeit der Einsatzorte und Disziplinen gestaltet sich die Arbeit für Julia bei ProSpect sehr spannend und abwechslungsreich.

 

Ich danke Julia vielmals für das interessante Gespräch und wünsche ihr weiter Erfolg auf ihrem Weg.