Interview mit Luca Bermùdez

Auf dem Weg ins „Atelier Pikaia“, frägt mich Luca Bermùdez, Tätowierer und Mitgründer des Studios, ob ich etwas aus der Migros wolle, was mir sofort die Spannung nimmt. Das Interview findet in seinem liebevoll eingerichteten und einladenden Tattoo- Studio statt, wo wir uns zusammensetzen und erstmal übers Studium plaudern. 

Werdegang

Luca erzählt, dass seine Leidenschaft für das Zeichnen schon früh begann, vor allem mit dem abzeichnen von Tieren und Pflanzen aus wissenschaftlichen Büchern. Für ihn war schon immer klar, dass er etwas mit Zeichnen, Kunst und Illustration machen möchte. Auch das Tätowieren kam für ihn schon früh in Frage: Als er etwa 16 Jahre alt war, zeichnete er schon tätowierte Menschen und Designs, die er sich als Tattoos vorstellen könnte.

Vor dem Studium an der Zürcher Hochschule der Künste machte er noch einen kleinen Umweg; er absolvierte seinen Zivildienst in einer Primarschule und so stellte er sich die Frage, ob er einen pädagogischen Weg einschlagen soll, spezifisch im Kunstunterricht. Als es aber bei der Eignungsprüfung nicht klappte, sah er sich nach anderen Studiengängen um, die sein Interesse an der Wissenschaft, an Tieren und Pflanzen und an der Paläontologie besser repräsentieren. So wurde klar, dass der Studiengang Scientific Visualization die richtige Wahl war, weil er dort die richtigen Themen vorfand und gleichzeitig seine zeichnerischen Fähigkeiten erweitern konnte. 

Tattoo 

“Beim Tätowieren hatte ich das Gefühl, dass es eine geschlossene Welt ist. Ich hatte schon ein oder zwei Tattoos, bevor ich mit dem Studium anfing, aber ich wusste nicht, wie ich in diese Welt hineinkommen sollte. Deshalb war sie lange Zeit weit weg, irgendwie unzugänglich.” 

Während des Studiums entdeckte er das Zeichnen mit Tusche für sich und vertiefte seine Fähigkeiten damit, zum Beispiel mit Inktober. Diese Zeichnungen konnte man dann gut als Tattoo-Motive verwenden. Er stellte ein Portfolio mit solchen Zeichnungen zusammen und bewarb sich nach dem Studium bei den umliegenden Tattoo-Studios. 

Im “Giahi”-Studio hat er seine Ausbildung begonnen, dort hat er gelernt, wie man mit Hygiene umgeht und dort hat er auch seine ersten richtigen Tattoos gestochen. Doch Umstrukturierung des Studios und die damit verbundenen Personalentlassungen beendeten die Ausbildung vorzeitig. Um weiterhin zu üben bestellte er das benötigte Material und tätowierte zu Hause seine engsten Freunde. Im “Don’t Say No”- Studio wurde er als Tätowierer eingestellt und konnte dort seine Ausbildung fortsetzen. Im August 2021 machte er den Schritt zur Selbstständigkeit und gründete mit Sophie, die er in der Ausbildung kennengelernt hatte, das „Pikaia Atelier“. Die beiden hatten in den vorherigen Studios erlebt, wie problematisch es zugehen kann und deshalb war es ihnen sehr wichtig, ein Atelier zu haben, das ein „safe space“ für alle ist. 

Auf die Frage, welche weiteren Fähigkeiten ihm bei der Arbeit helfen, antwortet er;

“Lustigerweise habe ich Restaurant-Job, den ich gemacht habe, viel mitgenommen. Das Ganze Gastgebersein und mit Leuten umgehen, das ist etwas, was ich dort gelernt habe. Weil wenn jemand für ein Tattoo kommt, ist man wie ein Gastgeber.” 

Im Umgang ist es ihm auch wichtig, dass er sich viel Zeit für die Kunden nimmt, dass sie sich wohlfühlen und in ihren Entscheidungen nicht gedrängt werden. So macht er in der Regel nur ein Tattoo pro Tag. So bleibt genug Zeit, um das Design zusammen anzusehen, die Grösse anzupassen und sicherzustellen, dass das Tattoo perfekt passt. So gehört bei ihm auch das Retuschieren dazu, bei dem nach dem Abheilen des Tattoos noch etwas nachgebessert wird. 

Ratschläge

Als Ratschlag für angehende Tätowierer betont Luca, wie wichtig es ist, viel zu zeichnen und ein regelmässiges Instagram-Profil zu haben;      

“Das andere ist, ein Insta-Profil zu haben, wo man regelmässig postet. Beispielsweise wenn man sich bei Studios bewirbt, ist das oft auch das Erste, was angeschaut wird. Ich finde es ein wenig daneben, dass es in gewisse Studios fast wichtiger ist, wieviele Follower man hat als die künstlerischen Fähigkeiten.” 

Mit einem Instagram Profil kann man sich mit einem bestimmten Stil etablieren. Man kann also auch anderen Tätowierern folgen, um herauszufinden, in welche Richtung man selbst gehen möchte.

Ausserdem empfiehlt er, sich medizinisches Wissen über Tattoos über Youtube anzueignen. Wichtig für das Tätowieren, ist auch das regelmässige Üben, die Ausbildung ist eine Vollzeitbeschäftigung. In der Motivwahl bieten sich organische Motive eher an als geometrische Motive, da gerade Linien viel Übung brauchen. Mit einer Dickeren Nadel ist die Linienführung auch etwas einfacher.

Für die Zukunft plant er, ein grösseres Studio zu eröffnen, das dennoch familiär bleibt und die Möglichkeit bietet, Lehrlinge auszubilden.

Ich bedanke mich herzlich bei Luca, für den spannenden Einblick in die Welt des Tätowierens!

 

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