Interview mit Jeanne Peter

„Jetzt bin ich wieder normale Zeichnerin und bin total happy.“

Als ich Jeanne Peter per Mail für ein mögliches Interview kontaktierte, kam eine Stunde später schon eine Antwort. Mit einer so schnellen Reaktion habe ich überhaupt nicht gerechnet, dies hat mich überrascht und gefreut.

Am Mittwoch, dem 29.11.2023 werde ich beim Tierspital Zürich von Jeanne herzlich in Empfang genommen. Sie führt mich an dem Büro der IT vorbei zu ihrem Arbeitsplatz, welchen sie aktuell mit einer Grafikerin teilt.

Ihr Arbeitsplatz ist mit den unterschiedlichsten und spannendsten Dingen belegt, kleinere Arbeiten, Prototypen aus dem 3D-Drucker, Schleichfiguren, Tierschädel, zwei Bildschirme und einem 3D-Drucker. Es ist ein Atelierplatz wie ich ihn mir von einer wissenschaftlichen Zeichnerin vorstelle. Unter ihrem Arbeitstisch kommt ihr Hund Philip kurz hervor, begrüsst mich und legt sich wieder in sein Körbchen.

 

In einem Nebenzimmer haben wir etwas mehr Ruhe und sie erzählt mir von ihrem Werdegang als wissenschaftliche Illustratorin, wie sie zum Tierspital kam und was für Arbeiten im Alltag auf sie warten.

Jeanne arbeitet nun seit mehr als 35 Jahren am Tierspital als wissenschaftliche Illustratorin. Dass sie diese Stelle bekam, war ein reiner Zufall und schätzt sie bis heute sehr. Damals wurde für ein Buch eine Illustratorin gesucht und an die ZHdK eine Anfrage für eine 50%-Stelle am Tierspital, gesendet. Jeanne hatte zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon einen Auftrag gehabt, der aufgrund ihrer Abschlussarbeit zustande kam. Doch der Auftraggeber sprang kurzfristig ab und Jeanne war die Einzige, die nach dem Studium keinen Auftrag in Sicht hatte.

Das Angebot dieser 50%-Stelle klang sehr verlockend, doch auch sehr einschüchternd. Die damals 22-jährige Jeanne traute sich trotzdem zu bewerben und setzte sich schlussendlich gegen ihre älteren, berufserfahrenen Mitstreiter*innen durch. Um den Lebensunterhalt finanzieren zu können nahm sie neben der 50%-Stelle am Tierspital zusätzlich externe Aufträge an, gab Zeichnungskurse und war als Dozentin an der ZHdK tätig.

Sie arbeitete zuerst als Zeichnerin in der Anatomie-Abteilung und wechselte dann mit einem 80%-Pensum in die Grafikabteilung, wo sie dann auch die Leitung übernahm.

Seit kürzerem hat sie die Leitungsfunktion wieder abgegeben. „Jetzt bin ich wieder normale Zeichnerin und bin total happy“, erzählt sie mir. So bleibt ihr jetzt wieder mehr Zeit für andere Dinge. Gerne würde sie wieder ein Zeichnungskurs für Kinder und Erwachsene anbieten, wie sie dies schon einmal tat.

Auf die Frage, ob es ihr nach 35 Jahren am Tierspital vielleicht nicht langweilig werde, verneint sie. „Die Medizin lebt ja davon, dass sie immer wieder Grenzen schiebt und neue Methoden entwickelt, die heute aktuell erscheinen und in paar Jahren, durch neue Erkenntnisse schon wieder veraltet sind“.

Als wissenschaftliche Illustratorin zieht man immer mit dem Erkenntnisgewinn der Forschung mit. Dadurch wird die Arbeit für Jeanne nie eintönig oder uninteressant.

Die Vielfalt an Tierarten, die Zusammenarbeit mit den Tierärzten und die unterschiedlichen Themengebiete, die erforscht werden können, ermöglichen es immer wieder etwas Neues zu lernen. Das Einzige, was es manchmal schwierig macht, ist der Austausch mit Kollegen, der einem fehlt. Den müsse man sich nach dem Studium selbst organisieren, erzählt sie mir.

„Unser Job ist es einzuladen und hinzuschauen … dies kann durch Schärfe, Unschärfe, durch warm, kalt, weglassen, konzertieren … gesteuert und für den Betrachter ansprechbar und interessant gemacht werden. Die wissenschaftliche Illustration kann viel weitergetrieben werden als eine Fotografie.“

Dass eine Veterinäre Fakultät eine eigene Grafikabteilung und fixe Stellen hat, ist sehr ungewöhnlich. Trotzdem ist es manchmal schwierig, sich in diesem Beruf, gerade am Tierspital, Sichtbarkeit zu verschaffen. Um diese muss immer noch gekämpft werden, erklärt mir Jeanne.

Da kam mir gleich die Situation in den Sinn, als ich in meinem Team am Tierspital Zürich nachfragte, wo das Büro von Jeanne Peter sei. Obwohl die Notfall-Abteilung, in der ich als TPA arbeite, nur ein Gebäude entfernt liegt, wusste niemand wo das Grafikbüro ist, geschweige denn wer Jeanne Peter sei. Und da zeigt sich schon, dass selbst intern um Sichtbarkeit gekämpft werden muss.

Es war eine spannende und eindrückliche Begegnung, ein offenes, lebendiges Gespräch. Auch das Tierspital aus einem anderen Blickwinkel erleben zu dürfen hat mich beeindruckt. Ich erhoffe mir, dass dieser Beruf, ob im Tierspital oder auch anderswo, mehr Wertschätzung und Sichtbarkeit erhält.

Danke Jeanne, dass ich einen Einblick in deine Welt erhalten durfte!

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