Interview mit Till Lauer

Herzlich werde ich von Till in seiner WG-Wohnung willkommen geheissen. Mit Sturmfrisur und einem Lächeln wird mir sofort ein Kaffee angeboten. Es ist eine grosse Altbauwohnung mit hohen Decken, mit schlichtem Fries. Der Boden knarzt melodisch bei jedem Schritt. In einem der Zimmer befindet sich sein Atelier – ein grosszügiger und heller Raum, vorbereitet mit zwei Sitzen, einem niedrigen Couchtischlein und Naschereien. Der Blick aus dem Fenster erlaubte einem den Ausblick an eine belebte Strasse mit dem in Wolken gehüllten Pilatus im Hintergrund.

Der Kaffee erfüllt den Raum mit seinem Aroma und die Spannung steigt.

Wie bei so vielen auch, beginnt bei Till alles mit der Leidenschaft zu Zeichnen. Von vielen Arten und Techniken mit welchen er sich auseinandersetzte, kristallisierte sich bei ihm recht früh eine bestimmte Art Dinge darzustellen heraus – die Reduktion. Auch im Illustrator-Studiengang in Luzern wird bei ihm schnell klar – die Ästhetik der einfachen Formen, der Stilisierung und der Grafik sind sein Ding. Schon während dem Studium hatte sich Till an Aufträge wie Flyer und Plakate gewagt. Kontakte hatte er über Freunde und Bekannte. Mit dem Hintergedanken; Funktioniert die selbstständige Arbeit schon so weit für ihn, auch zum Beispiel schon so weit, finanziell unabhängig zu sein?
In seiner Herangehensweise überwiegt vor allem das Konzept im Vergleich zur Beobachtung. Am Spannendsten findet er die kreative Auseinandersetzung oder das kreative Reagieren mit dem Vorgegebenen – also mit der Realität. Seien es politische Themen, aber auch nur ganz einfache, private Themen, wie ein Familienhaushalt, eine Beziehung, eine Emotion. Er sieht darin eine Bereicherung für den Geist und wächst mit jedem Thema und dessen Umsetzung an Erkenntnis. Spätestens als wir seine Arbeit „Silent Letters“ thematisieren, wird mir klar wie sorgfältig und respektvoll man mit dem Vorgegebenen hantieren muss. Der Schwerpunkt in einer solchen Arbeit liegt vor allem in der Balance wie und was gezeigt werden darf und was nicht, um den Ernst der Arbeit nicht zu gefährden. Dass die Arbeit – aus meiner Sicht – so gut gelungen ist zeigt mir wie viel Einfühlungsvermögen und Respekt Till in die Arbeit steckte. Die Idee für die ursprüngliche Abschlussarbeit für seinen Bachelor kam ihm während dem joggen im Wald an einem düsteren Herbsttag.

Zeit für einen Snack! -mampf-

Die Lichtseiten in seinem Beruf sind gleichzeitig die Schattenseiten. Die Selbstständigkeit bietet enorm viele Freiheiten. Das ist die hellste Lichtseite und gleichzeitig auch die finsterste Schattenseite. Sei es das fehlen einer vorgegebener Arbeitsstruktur, flexible Arbeitszeiten, der eigene Entscheid des Bezahlens der Pensionskasse oder Entscheidungen im Allgemeinen. Man ist mit einer Unregelmässigkeit und Ungewissheit konfrontiert mit welcher man klar kommen sollte und auch klar kommen wird mit der Zeit. Man ist in dem Sinne zu nichts verpflichtet und sollte sich zumindest ein wenig in gesundem Masse in Selbstdisziplin üben. Nach dem Trial-and-Error-Prinzip meistere man sich so den Alltag. Zudem wiederholt sich Till, sich zu trauen Andere um Rat und Feedback zu fragen und nicht nur im eigenen Brei zu kochen. Dazu gehört zum Beispiel auch das Zuspielen eines Auftrags an seine Kollegen. Kommunikation scheint ihm viel zu bedeuten. À propos Kommunikation – Kunden kommen nicht immer von alleine, dabei sei es wichtig beständig, unbekümmert und auch ein wenig beharrlich zu bleiben wenn man einen potenziellen Kunden anschreibt. Mails, Visitenkarten, Portfolios und noch mehr Mails, man sollte „Präsenz“ und natürlich ein Interesse zeigen. Ebenso sind Kunden „über Umwege“ zu ihm gekommen – über Bekannte aus dem privaten Umfeld oder solche die sich nach ein paar Mails und einer unbestimmten Zeit dann doch noch melden. Lachend meint Till sei das meistverwendete Programm das Mail. Viele Mails bleiben unbeantwortet. Und man sollte sich davor nicht kleinkriegen lassen und sollte die Frustrationstoleranz nach obenschrauben und entwickeln. Die Adobe-Programme stehen ebenso hoch im Kurs. Photoshop für die Reinskizzen und Illustrator für die Endfassungen.

Der Boden knarzt.

Der Einblick in die Skizzenbücher von Till zeigen ein Bild voller Notizen, Elemente grafischer- und konzeptorientierter Natur. Viele der Skizzen enthalten schon eine Vorahnung der Endfassungen. Man sieht in seiner Arbeit, dass sie ihm enorm viel Spass macht, er schätzt und respektiert seinen Beruf und er schätzt die Vielfalt an Wissen welche ihm durch den Beruf bereitet wird.
Abschliessend rät der Grafiker und Illustrator man sollte jede Aufgabe und jeden Auftrag auf seine eigene und intuitive Art angehen, in jeder Thematik den „eigenen“ Kern entdecken und es zu seinem „Eigen“ machen und darauf aufbauen. Denn so gelingen einem die Dinge meistens auf die ganz individuelle Weise gut und man hebt sich von der Masse ab. Man soll Lustvoll, Frisch und Mutig sein und über seinen eigenen Schatten springen.

An der Türe klingelte es und es wurde Zeit für mich zu gehen.

 

https://till-lauer.ch/

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