Im Gespräch mit Leana Wirth
Leana und ich sitzen an einem Tisch im ersten Stock der Zürcher Hochschule der Künste. Einen stillen Ort zu finden war nicht einfach. Während unserer Suche schwelgt Leana in Erinnerungen, diese sind noch frisch, denn sie hat ihr Studium in Knowledge Visualization erst vor zwei Jahren abgeschlossen.
Ich beginne das Gespräch mit der Frage, wo sie jetzt arbeite und ob es eine Lücke zwischen dem Abschluss ihres Studiums und dem Einstieg ins Berufsleben gab. Leana erzählt, dass sie Glück gehabt hätte: Ihre Praktikumsstelle beim Büro Quaint sei zu einer 60%-Festanstellung geworden, was in unserem Arbeitsfeld eher selten sei. Neben dieser Anstellung mache sie sich momentan selbstständig. Da Selbstständigkeit auch bedeutet, neue Aufträge zu akquirieren, frage ich sie, ob sie sich wohl dabei fühlt, sich selbst zu vermarkten.
Leana gibt zu, dass es manchmal schwierig sei, die Balance zu finden – ab wann Selbstbewusstsein in „zu viel“ übergeht. Das empfinde ich sehr ähnlich: Wie viele FINTA-Personen kennen wir beide das Gefühl, zu aufdringlich zu wirken oder zu viel Raum einzunehmen. Vielleicht ist dies ein Grund, warum selbstständige Büros in unserer Branche immer noch häufiger von Männern geführt werden?
«Was ich gut kann, sind Freundschaften knüpfen, Interesse zeigen, mal länger bleiben und ein Gespräch über alles Mögliche anfangen und durch das Bekanntschaften aufbauen. So ergibt sich manchmal irgendwann etwas.»
Leana erzählt, dass es ihr leichter falle, neue geschäftliche Beziehungen über persönliche Gespräche aufzubauen. Dennoch gäbe es Situationen, in denen eine gute Selbstdarstellung wichtig sei – eine Fähigkeit, die Studierende an der ZHdK mit höherer Priorität lernen würden als an vielen anderen Institutionen.
«Das Gute oder das Schlechte, es kann beides sein, ist das sie (die ZHdK) dir von allem ein bisschen geben «
An der ZHdK hat Leana von allem ein bisschen gelernt, was sowohl Vor- als auch Nachteile hat. Einerseits eröffnet diese breite Ausbildung viele Möglichkeiten, andererseits ist man in spezialisierten Bereichen oft den Fachleuten unterlegen.
«Ich war in Nantes im Austauschsemester, das hat mir sehr die Augen geöffnet,[…] dort wird man fürs Arbeiten bei grossen Studios wie Disney vorbereitet, man lernt extrem viel Technik. Man lernt es um einiges besser als hier. Du lernst es bis ins kleineste Detail.»
Leana interessiert sich besonders für Animation und hat ihr Studium durch einen Austausch an einer französischen Animationsschule vertieft. Dort lag der Fokus mehr auf technischem Know-how als auf Präsentation. Sie rät mir, bei Interesse an einem technisch anspruchsvollen Bereich wie Animation nach dem ZHdK-Studium unbedingt die spezifischen Fähigkeiten zu vertiefen.
Abb. 2 &3: beide Bilder sind Screenshots aus Leanas Animationen
«Ich habe schon von Leuten gehört, die gar nichts bekommen haben, oder unter 500 Franken. Es ist sehr unterschiedlich.»
Dann wenden wir uns dem wirklich wichtigen Thema zu: Geld. Leana erzählt, dass die Praktikumslöhne stark variieren würden. Sie selbst hätte in ihren Praktika während des Studiums etwa 1800-2000 und nach dem Studium zuerst 2800 und dann 3000 Schweizer Franken verdient, was im Vergleich mit anderen Praktikumslöhnen fair ist.
«…irgendwelche visuelle Metaphern suchen; für erste Entwürfe; für Animationsskripte; ChatGPT gib mir ein paar Inputs, wie könnte das aussehen? Dann bekomme ich zehn Ideen, die mir dann weiterhelfen, um selbst auf andere Ideen zu kommen.»
Zum Schluss sprechen wir über Leanas Meinung zu künstlicher Intelligenz. Wie kann man KI nutzen, und wie fühlt sie sich angesichts der Fortschritte, die KI immer näher an die Fähigkeiten von Illustrator*innen heranbringen? Leana findet, dass KI ein nützliches Tool sei, das gut im kreativen Prozess eingesetzt werden kann. Wenn man auf Pinterest nicht die passende Inspiration finde oder eine Skizze farbig ausprobieren möchte, bietet KI schnelle und effiziente Hilfe. Bis jetzt fühle sie sich von KI nicht bedroht. Was die Zukunft bringt, wenn die Technologie noch leistungsfähiger wird, bleibe jedoch abzuwarten.
Leana ermutigt mich, optimistisch zu bleiben. Obwohl die Joblage in unserem Bereich nicht einfach sei, haben alle ihre ehemaligen Mitstudierenden eine Arbeitssituation gefunden, die für sie passt.
Danke, Leana, dass du dir die Zeit für unser Gespräch genommen hast. Ich habe dich sehr gerne kennengelernt!
Leanas Website: https://www.leanawirth.com/about
Alle Bilder stammen von Leanas Instagram und wurden am 14. 01.2025 aufgenommen.