Autor: lsommer

Interview mit Lucille Solomon

An einem kalten Mittwochnachmittag Anfangs Januar, wartete ich am Bahnhof in Olten auf Lucille Solomon. Gespannt las ich meine Fragen nochmals durch, dann kam mir Lucille bereits entgegen. Ich hatte vor ein paar Jahren ein Interview mit ihr für meine Maturaarbeit geführt und freute mich, sie wieder zu sehen.

Wir gingen in den Starbucks, holten uns ein Getränk und begannen dann mit dem Interview.

Lucille beendete ihr Studium an der ZHdK 2013 und arbeitet seitdem als wissenschaftliche Illustratorin mit dem Fokus auf medizinische Visualisierungen. Sie empfindet ihre Anstellung als stark spezialisiert, da sie einen wiederkehrenden Bereich von Kunden aus der Neurochirurgie und der Orthopädie hat. Diese Spezialisierung ergab sich mit der Zeit, da sich ihre Arbeit in den Kreisen der Kunden herumgesprochen hatte und ist für Lucille von grosser Wichtigkeit.

„Bei jedem Auftrag erweitert sich mein Wissen über den jeweiligen spezifischen Bereich, was für den nächsten Auftrag sehr hilfreich ist. Einerseits für den Kunden, anderseits auch für mich selbst.“

Da ich mich sehr für die medizinische Illustration interessiere, war es für mich sehr spannend Einblicke in ihren Berufsalltag zu bekommen. Lucille arbeitet nicht hauptsächlich selbstständig. Seit 8 Jahren ist sie in einem 20% Pensum bei einem plastischen Chirurgen angestellt, wo sie unteranderem die Operationsplanung und -simulation von Implantate visualisiert. Zudem arbeitet sie noch als Grafikerin. Die Kombination von Teilzeitanstellung und Selbstständigkeit bedeutet für sie mehr Sicherheit und eine freiere Auswahl bei Aufträgen.

Wir haben uns ausserdem über die Herausforderungen unterhalten, welche einem als wissenschaftlicher Illustrator begegnen können. Ich fragte bei Lucille nach, was für sie die grössten Herausforderungen waren. Für sie stellten hauptsächlich die Verhandlungen mit den Kunden oder auch Zeit- und Kosteneinschätzungen eine Herausforderung dar. Das Einhalten von Deadlines ist dabei weniger ein Problem, da die Aufträge meistens über eine längere Zeitspanne dauern und nicht von heute auf morgen fertiggestellt werden müssen. Direkt nach dem Studium stellte sich ihr die Schwierigkeit herauszufinden, wie viel Zeit ein Auftrag beansprucht.

 „Damit meine ich auch Zeiten, welche man sich selbst setzt, … nicht, dass man am Ende plötzlich 3x so lange für einen Auftrag braucht, wie man berechnet hat. Das sind aber alles Sachen, welche man mit der Zeit lernt.“

Gerade in der aktuellen Post-Corona Zeit, hört man immer noch häufig, wie die Pandemie gewissen Berufsbranchen geschadet hat und dass sich manche immer noch nicht davon erholt haben. Ich habe mich gefragt, ob die Auswirkungen der Pandemie auch für Lucille spürbar waren. Ihre Antwort darauf war positiv.

Veränderungen habe sie keine gespürt, im Gegenteil sogar. Sie sieht die Nachfrage nach wissenschaftlichen Illustrationen als stetig wachsend an. Was ihr jedoch Bedenken gibt, ist die Entwicklung der künstlichen Intelligenz und wie diese die Zukunft verändern wird.

„…was die Bildgeneration anbelangt, so ist es für alles medizinische/wissenschaftliche noch nicht gut genug, unvollständig und nicht korrekt, was für uns gut ist. Es bleibt aber ein Fragezeichen, was sein wird, wenn die Darstellung mal korrekt sein wird…“

Ganz optimistisch blickt sie der Zukunft von KI nicht entgegen, da sie nicht aufhaltbar ist. Es gibt aber digitale Anwendungen und Softwares, welche für sie von grosser Wichtigkeit sind. Lucille arbeitet häufig in Kombination mit Photoshop und 3D Programmen wie Cinema 4d, Blender oder ZBrush. Wie ihr Arbeitsprozess hier aussieht, hat sie mir näher erklärt.

„Ich verwende es sehr gerne bei organischen Strukturen, welche ich in Cinema, Blender oder ZBrush modelliere und beleuchte und dann als Grundlage weiterverwende. Ich weiss nicht, ob du das einte Bild gesehen hast wo ein Hirnstamm abgebildet ist mit einem Tumor und einer Hand. Das ist ein gutes Beispiel, wo der Stamm in ZBrush modelliert wurde. {} Diese Arbeitsweise ist für mich auch zeiteffizienter, als wenn ich alles versuchen würde zu illustrieren.“

Lucille erzählte mir weitere Details über den Entstehungsprozess der einzelnen Elemente der Visualisierung, was mich sehr faszinierte. Das Werk, auf welches sie sich bezog, gehört nämlich zu meinen Lieblingswerken von ihr und es war äusserst spannend zu erfahren, wie der Entstehungsprozess abläuft.

Langsam neigte sich das Interview dem Ende zu und ich hatte noch zwei ungestellte Fragen. Da Lucille bereits viel Erfahrung sammeln konnte, wollte ich sie unbedingt nach ihrer Meinung fragen, wovon Studierende von Knowledge Visualization während dem Studium am meisten profitieren können.

Lucille betrachtet das Erlernen neuer Softwares als eine der wichtigsten Möglichkeit während dem Studium. Im Berufsalltag fehle es einem oft an Zeit nebst den Aufträgen noch eine neue Software zu erlernen und damit zu experimentieren. Für sie war es besonders hilfreich, dass sie Cinema 4d im Studium erlernt hatte. Aber auch andere Z-Module wie die Darstellung und eigene Präsentation auf der Webseite war für sie sehr hilfreich.

Als Abschluss fragte ich Lucille wie ihr Traumprojekt aussehen würde.

„Das wäre wahrscheinlich eine Art Anatomieatlas. Ein gedrucktes Buch, welches ich hauptsächlich illustrieren dürfte.“

Ihr Traum, einen Anatomieatlas zu illustrieren, finde ich sehr spannend und ich hätte bei dieser Frage vermutlich gleich geantwortet.

Nach dem Ende des Interviews blieben wir noch kurz im Starbucks, tranken unser Getränk und sprachen über weitere Aspekte der medizinischen Illustration, wie auch meinen bisherigen Erfahrungen im Studium. Für mich war es sehr schön, Lucille wiederzusehen und mich mit ihr austauschen zu können. Leider neigte sich dann langsam die Zeit dem Ende zu und wir begaben uns auf den Heimweg.

An dieser Stelle bedanke ich mich vielmals bei Lucille Solomon für die Durchführung des Interviews, ihre Offenheit und den Einblicken in ihre Arbeit. Ich habe viel neues gelernt, was ich während dem Studium und auch später im Berufsalltag mit auf meinen Weg nehmen werde.

Webseite: https://www.medizinische-illustration.ch

Instagram: https://www.instagram.com/lucille.solomon/?hl=de

Quellen:

Abb. 1: Portfolio Neurochirurgie  (https://www.medizinische-illustration.ch/neurosurgery

Abb. 2: Illustration des Hirnstamms   (https://www.instagram.com/p/CaaICeWMEGr/?hl=de)