Autor: nschwarz

Interview mit Nadja Baltensweiler

Bei der wissenschaftliche Illustratorin und Grafikerin Nadja Baltensweilers treffen sich sorgfältige, liebevolle Zeichnungen mit klarem, modernem Grafikdesign. Zusätzlich ist sie spezialisiert auf medizinische Inhalte und setzt komplizierte anatomische Sachverhalte verständlich und sehr ästhetisch dar. Ihre High End Aquarelle beeindrucken durch ausgeprägte zeichnerische Fähigkeiten und einem Feingefühl für Details.

Nachdem Nadja das Gymnasium abgeschlossen hatte, war für sie überhaupt nicht klar, wohin ihr weiterer Weg führen sollte. Sie machte sich viele Gedanken über ihre Zukunft und hatte keine konkreten Pläne.

Ihre Eltern sind beide wissenschaftliche Illustratoren und schon als Kind wurde Nadja in gestalterischer Hinsicht gefördert. Den Vorkurs zu machen, war für sie daher sehr naheliegend und der einfachste Weg. Doch auch nach diesem intensiven Gestaltungsjahr war sie nicht sicher, was sie beruflich machen möchte.

Sie arbeitete eine Zeit lang auf Grabungen, um Geld zu verdienen und anschliessend auf Reisen gehen zu können. Nach einem Jahr Reisen, kehrte Nadja zurück in die Schweiz und begann das Studium zur wissenschaftlichen Illustratorin in Luzern. Das erste Jahr, das sogenannte Basismodul, empfand sie als nicht besonders motivierend. Die folgenden Studienjahre, in denen es wirklich um wissenschaftliche Illustration ging, gefielen ihr viel besser.

Nachdem sie den Bachelor abgeschlossen hatte, versuchte Nadja sich selbstständig zu machen. Sie nahm kleine Aufträge an, wurde jedoch immer wieder enttäuscht. Sie machte schlechte Erfahrungen mit Kunden, die nicht zahlten und war mit dem Geschäftsleben überfordert. Sie sagt, es habe ihr an Lockerheit und Selbstvertrauen gefehlt. Sie arbeitete anschliessend befristet als wissenschaftliche Illustratorin bei einer Innenarchitektin, bekam ein Stipendium für vier Monate in Paris und ging nach Italien, um zu malen und die Sprache zu lernen.

Weil ihr Berufsleben nicht den gewünschten Gang nahm und auch die Selbstständigkeit nicht gut funktionierte, entschloss sie sich eine Masterausbildung in visueller Kommunikation anzuhängen. Bei ihrer Arbeit stellte das Grafikdesign häufig eine Schwierigkeit dar. Da sie aber einen wichtigen Zusammenhang zwischen Grafik und Illustration sah, fand sie es sinvoll, sich in diesem Bereich weiterzubilden.

Während dem Master machte Nadja einen selbstorganisierten Austausch nach Holland, um sich dort ein Jahr auf das medizinische Zeichnen zu spezialisieren. Dabei ging es ihr vor allem um die Inhalte und nicht um technische Fortschritte. Während dieser Zeit beschäftigte sie sich ausschliesslich mit anatomischen und medizinischen Themen.

Nach dem Master wollte Nadja auf Grund ihrer schlechten Erfahrungen nicht mehr selbstständig arbeiten und bewarb sich für einige Stellen. Sie bekam eine Teilzeit-Festanstellung als wissenschaftliche Illustratorin und Grafikerin. Kaum hatte sie ihre neue Stelle angetreten, erhielt sie unerwartet Anfragen fürspannende Aufträge. Nadja entschloss sich, es nochmals zu versuchen und arbeitete Teilzeit angestellt und Teilzeit selbstständig. Ganz anders als einige Jahre zuvor, begann ihr selbstaufgebautes Geschäft zu funktionieren. Mit dem Geld, das sie durch die Festanstellung verdiente und den Erfahrungen, die sie dort machte, kam auch die nötige Entspanntheit und das Selbstvertrauen.

Nadja erklärt, dass sie eigentlich eine selbstbewusste Frau ist, die nicht mit Schüchternheit zu kämpfen hat. Im Geschäftsleben, kamen aber Faktoren wie Zeitdruck, Hierarchien und Geldfragen hinzu, die sie verunsicherten. Durch das Studium hatte sie in technischer und zeichnerischer Hinsicht sehr viel gelernt, jedoch nichts über marktorientiertes Arbeiten erfahren. Sie hatte keine Ahnung wie ein Betriebt funktioniert und wie die Realität wirklich aussieht.

Heute, nach eingen Jahren Erfahrung, ist Nadja erfolgreich selbstständig, arbeitet normalerweise fünf Tage die Woche in ihrem Atelier und bekommt ausreichend Projektanfragen. Sie schätzt es, ihre Arbeitszeiten selbst einteilen zu können. Da sie kein Morgenmensch ist, ziehen sich ihre Arbeitsschichten häufig bis um 21.00 h hin. Durch diese Flexibilität hat sie auch die Möglichkeit bei Arbeitsblockaden, Mal einen halben Tag zu entspannen und die liegengebliebene Arbeit am Wochenende nachzuholen.

Wenn möglich, organisiert isie hre Arbeit jeweils einen Monat im voraus mit einem genauen Plan für jeden einzelnen Tag. Das System der Monatsplanung gibt Nadja viel Struktur und ermöglicht ihr klare Zeiten der Entspannung einzuberechnen und diese dann auch zu geniessen. Natürlich kommt es trotzdem vor, dass eine dringende Offerte ihre Planung durcheinander bringt.

Als ich Nadja nach ihrer Lieblingsarbeit frage, lacht sie und sagt, dass ihr Partner diese Frage wahrscheinlich besser beantworten könnte als sie. Sie selber hat nicht all ihre Arbeiten im Kopf. Nachdem sie ihre eigene Webseite kurz durchforstet, entscheidet sie sich für die anatomische Abbildung eines Fusses. Bei dieser Arbeit kommen viele spannende Faktoren zusammen: Sie hat dabei sehr viel über Anatomie und Sezieren gelernt, ihre Fähigkeiten im Bereich des Aquarelles brauchen und die illustrative Arbeit mit ihrem Grafikdesignl verbinden. Es war eine grosse Herausforderung, sagt sie, all diese Faktoren in einem Projekt zu vereinen und sie musste sich vor sich selber beweisen.

Die grösste Herausforderung bis jetzt, ist das Projekt, an dem Nadja momentan arbeitet: Komplexe anatomische Illustrationen für ein Projekt von Universitäten aus Deutschland und den Niederlande, welches in Zukunft Medizinstudenten weltweit zuverlässige Bilder zur Verfügung stellen möchte. Alleine die Vertragsverhandlungen dauerten ein Jahr und es mussten viele Kompromisse eingegangen werden. Das Projekt ist inhaltlich und technisch sehr komplex. Dazu kommt, dass das Budget gering ist. Trotz all den Schwierigkeiten, ist dieses Projekt das, was sie immer machen wollte.

Fast alle Arbeiten von Nadja sind eine Kombination aus analogem und digitalem Arbeiten. Durch ihre intensive Auseinandersetzung mit der Technik Aquarell hat sie sehr viel über Lichtsituationen und genaue Beobachtung gelernt, was sie in anderen Arbeitstechniken ebenfalls anwenden kann. Sie hat im Arbeitsalltag nicht häufig die Möglichkeit High End Aquarelle zu machen. Dennoch hat sie dank ihren analogen Aquarellarbeiten schon Aufträge bekommen.

Nadja macht zur Zeit keine Werbung, um an Aufträge zu kommen. Ihre wichtigsten Strategien sind: die Kunden nett und zuvorkommend zu behandeln, ihre Webseite zu pflegen und sich so ein stabiles Netzwerk aufzubauen.

Nadja hat den Sprung in die Selbstständigkeit erfolgreich geschafft. Sie hat viele spannende Arbeiten und Projekte für die Zukunft geplant. Sie scheut sich nicht vor neuen Herausforderungen und ihr momentanes Hauptziel ist das Herausgeben „So sieht‘s aus bei der Frau“.

Nadjas sympathische, unbeschwerte und gleichzeitig seriöse und bescheidene Art hat mich neben ihren gestalterischen Fähigkeiten nachhaltig beeindruckt.

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