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Unterwegs mit dem Mikronauten Martin Oeggerli – Das Interview

Werke:
– Oben links: Lavendel
– Oben rechts: Rosmarin
– Unten links: Zitronenmelisse
– Unten rechts: Salbei
© M. Oeggerli, supported by Pathology, University Hospital Basel and School of Life Sciences, FHNW and/or C-CINA, Biozentrum, University Basel.

 

 

Es ist Freitagabend. Ich sitze im vollen Zug von Zürich nach Solothurn und lese mein Lieblingsmagazin. Es ist das National Geographic, die englische Ausgabe vom September 2019. Das Magazin ist spannend wie immer, doch ein Artikel im Speziellen hat meine volle Aufmerksamkeit für sich beansprucht. Es ist der Artikel Tiny Sources Of Big Tastes, indem es um die Bildwelten von Martin Oeggerli geht. Es sind Bilder, von denen ich nicht verstehen kann, wie sie entstanden sind, so eindrucksvoll, dass sie mir nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Im Rahmen meines Studiums bekam ich die Chance ein Interview mit Martin zu führen und ihm all jene Fragen zu stellen, die seine Bilder in mir aufgeworfen haben.

Martin Oeggerli hat «slalomartig» zu dem Beruf gefunden, den er heute ausübt. Begonnen hat es mit dem Wirtschaftsgymnasium, gefolgt von einem Studium in klassischer Biologie. Von da ging es weiter über ein Praktikum in Molekularbiologie und schliesslich zur Krebsforschung, wo er zum Doktor promoviert hat. Als Hobby hat er nebenbei gezeichnet und später auch fotografiert, denn Bildwelten haben ihn schon immer sehr interessiert. Per Zufall ist er dann durch seine Arbeit zum Rasterelektronenmikroskop ¬(REM) gekommen, wo er auch geblieben ist.
Seinen «slalomartigen» Werdegang sieht er als nichts Negatives, denn ohne ihn wäre Martin wohl nicht dort wo er heute ist. Durch sein Biologiestudium hat er mitbekommen, wie wichtig Bilder in diesem Bereich sind und dank seinem «Insiderwissen» weiss er z.B. in welchen Bereichen es noch viel Potential für Bilder und Visualisierungen gibt.
Sein prägendstes Arbeitsinstrument ist das REM, ohne welches seine Arbeit nicht möglich wäre. Das REM macht schwarzweisse Topografieaufnahmen, die schwarz-weiss Fotografien sehr ähnlich sehen, aber auf eine sehr unterschiedliche Weise aufgenommen werden. Bei der Fotografie geht der Verschluss auf, dann wird der ganze Sensor bzw. der ganze Film auf einmal belichtet und die Aufnahme ist fertig, sobald sich der Verschluss wieder schliesst. Das REM funktioniert da anders. Zum Einsatz kommt ein Elektronenstrahl, dessen Wellenlänge viel enger ist als beim Licht, weshalb auch viel kleinere Objekte aufgenommen werden können als bei einem herkömmlichen Lichtmikroskop. Das zuvor getrocknete, goldbedampfte und vakuumierte Präparat wird dann vom Elektronenstrahl Pixel für Pixel, also einem Raster entlang gescannt. Die Elektronen aus dem Elektronenstrahl spicken entweder als sogenannte «Backscatter» zurück oder dringen ins Objekt ein, und treffen auf Sekundärelektronen, die nicht aus dem Elektronenstrahl stammen. Diese energiearmen Sekundärelektronen spicken aus dem Präparat raus und werden dann von Detektoren angesogen. Anschliessend wird ausgemessen, wie viele Sekundärelektronen aus einem Pixel herausgespickt sind. Bei dem Detektor zugewandten Pixeln können mehr Sekundärelektronen gemessen werden weshalb sie heller sind als die dem Detektor abgewandten Pixel, welche dunkler sind. Bei diesen Aufnahmen kann vieles falsch laufen, das Präparat kann verrutschen oder es kann eine schlecht leitfähige Stelle haben und es brennt ein Loch ins Präparat. Bei «Belichtungszeiten» von über einer halben Stunde ist dies mühsam und verlangsamt den Arbeitsprozess. Jedoch ist die Arbeit am REM die kürzere, denn der zeitaufwendigere zweite Arbeitsschritt steht noch an, die Kolorierung in Photoshop.

Obwohl das REM das prägendste Arbeitsinstrument ist, liegt die Kunst erst im Kolorieren der Bilder. Dies geschieht bei Martin mit dem Touchpad auf dem Laptop, da er so durch die vielen Jahre Erfahrung flinker ist als mit jedem Grafik Tablet. Der Prozess des Kolorierens kann gut und gerne einen Monat pro Bild dauern, zumal diese Bilder oftmals über einen Quadratmeter gross sind. So erstaunt es auch nicht, dass die Dateien mit duzenden Layers um die 15 GB gross werden können.

Mit seiner Arbeit bewegt sich Martin auf einer Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Kunst, was viel Feingefühl erfordert. «So schaffe ich, schon beim Sample muss alles perfekt sein, dann am Mikroskop und bei der Bearbeitung sowieso. Jede Drüse ist perfekt ausgeschnitten mit Verläufen, so dass es nicht aussieht wie ein Scherenschnitt. Denn an den Kanten erkennt man den Meister bei so kolorierten Bildern.»

Ein Bild muss für sich stehen können, ohne Text, es muss also visuell ansprechend sein. Zudem will Martin wenn möglich immer auch Wissen in seine Bilder einfliessen lassen. Gerade Objekte, von denen jeder denkt, er wisse wie sie aussehen, machen Martin doppelt Spass. Denn «jeder isst seine Pizza Prosciutto mit einem Blatt Basilikum drauf. Wenn du dann fragst, wie sieht ein Blatt Basilikum aus, dann meint jeder, er wisse es, aber eigentlich weiss es keiner.» Die Farben wählt er so naturgetreu wie möglich, nimmt sich aber auch die Freiheit, gewisse Details hervorzuheben um Informationen zu vermitteln, indem er ihnen eine den Blick anziehende Farbe gibt. Martin versucht die ganze Farbpalette auszunutzen. Auch Details sind bei ihm nicht «nur grün» sondern komponiert aus vielen verschiedenen Untertönen, damit das Bild nicht einen unnatürlichen Farbstich bekommt. Er macht sich die Farbperspektive zu Nutze, indem er Nahes und Lebendiges in warmen Tönen hält während er die Umgebung und Fernes in kühle Töne taucht. Mit dieser Technik kann er dem Problem entgegenwirken, dass bei einer REM Aufnahme von vorne bis hinten alles scharf ist. Aufgrund der fehlenden Unschärfe weiss das Auge nicht, was von Bedeutung ist, da zu viele Informationen vorhanden sind. Durch die Kolorierung an sich und die angewandte Farbperspektive macht Martin diese Bilder also erst richtig lesbar.

Mit seinen Bildern hat Martin schon grosse Erfolge gefeiert und seine Arbeit wurde unter anderem von BBC, Nature, Cell, Vogue und National Geographic publiziert. Auf meine Aussage, dass ich durch das National Geographic Magazin auf ihn aufmerksam wurde weil mir seine Bilder sofort ins Auge gestochen sind, meinte Martin: «Dann habe ich gute Arbeit geleistet. Ich kenne und lese dieses Heft seit ich klein bin und irgendwann um 1996 bin ich auch Member geworden bei National Geographic. Bei den Bildern und Bildserien die ich mache habe ich eigentlich immer einen National Geographic Artikel im Hinterkopf.» Obwohl eine Publikation in einem namhaften Magazin wie dem National Geographic natürlich eine Ehre ist, hat es auch negative Aspekte. Zum einen arbeitet Martin sehr gross. Seine Bilder sind nicht «nur» schwarzweisse REM Aufnahmen, wie man sie vielleicht kennt. Es sind Kunstbilder, die für den maximalen Effekt auch in ihrer vorgesehenen Grösse betrachtet werden müssen. Dies ist in einem Magazin fast nicht möglich, ausser man druckt die Bilder auf eine Doppelseite, wenn möglich auch noch beidseitig ausklappbar. Es ist schade um die Arbeit und den Effekt, wenn mehrere Bilder verkleinert auf eine Seite gequetscht werden. Ein anderes Dilemma beschreibt Martin wie folgt: «Für so einen Artikel arbeite ich aber im Schnitt eineinhalb Jahre. Und das ist dann oft eine Frage der Finanzierung. Wenn ich so lange an einem Projekt arbeite und sie es dann nicht nehmen, dann habe ich natürlich ein Problem. Aber wenn ich ihnen etwas zeige, das noch nicht fertig ist, und sie geben mir noch 3 Monate um fertig zu werden, dann kann ich 3 Monate durchgehend Arbeiten und hoffen, dass ich zumindest die Hälfte des Potenzials dieser Arbeit ausschöpfen kann. Es ist natürlich schön wenn sie etwas nehmen, denn es ist bezahlt, aber man könnte etwas Tolles draus machen. Das werdet ihr alle auch noch merken mit den Kunden; Wenn du sie überzeugt hast, dann wollen sie alles sofort haben.»

Natürlich ist Martin nicht eineinhalb Jahre Vollzeit mit einem Projekt beschäftigt, sondern arbeitet oftmals an mehreren Projekten gleichzeitig. Ausser wenn er gerade sehr in ein Bild vertieft ist, dann kann es schon auch vorkommen, dass er bis nachts um 2 Uhr an einem Bild weiterkoloriert. Abschliessend ist mir vor allem eine Aussage zu diesem Thema geblieben. «Wenn man Pausenlos an einer Arbeit ist und keine Abwechslung hat, dann wird sie nicht gut.»

Ich möchte mich an dieser Stelle nochmals recht herzlich bei Martin Oeggerli dafür bedanken, dass er sich die Zeit genommen hat, all meine Fragen zu beantworten. Ich freue mich auch in Zukunft auf Martins atemberaubende Bilder zu stossen, wenn ich das National Geographic Magazin am Lesen bin. (Zurzeit sind Martins Aufnahmen von Mikroorganismen im Bericht «Der Zoo in uns» in der National Geographic Ausgabe vom Januar 2020 zu finden.)

 

Martin Oeggerli an seinem Arbeitsplatz
© M. Oeggerli, supported by Pathology, University Hospital Basel and School of Life Sciences, FHNW and/or C-CINA, Biozentrum, University Basel.

 

 

Links:

micronaut.ch

oeggerli.com

 

 

 

Interview mit Nadja Baltensweiler

Nadja Baltensweiler arbeitet heute als selbstständige Illustratorin und Grafikerin mit besonderem Interesse für medizinische Illustration.

Für das Interview begebe ich mich nach Emmenbrücke Luzern in ihr Atelier, welches sie mit anderen Grafiker_innen und Illustrator_innen teilt. Nach einer kurzen Tour durchs Atelier setzen wir uns auf die Couch und beginnen auch sogleich mit dem Interview.

Sie erzählt mir, dass sie den Beruf schon seit klein auf kenne, da beide Elternteile Wissenschaftliche Illustratoren sind und sie dementsprechend gefördert wurde. Nach dem Gymnasium war sie sich noch im Unklaren, in welche Richtung sie gehen wollte, doch wusste sie, dass Gestalten ihre Stärke war und machte deshalb den Vorkurs. Darauffolgend fing sie das Studium zur wissenschaftlichen Illustratorin in Luzern an.

2010 schloss sie den Bachelor ab und arbeitete zuerst selbständig, jedoch hatte sie Mühe sich als selbständige Illustratorin zurecht zu finden. Sie arbeitete auch temporär angestellt an verschiedenen Orten und bewarb sich für ein Atelierstipendium in Paris, welches sie prompt bekam.

Nach der spannenden Zeit in Paris als sie zurückkam, entschloss sie sich einen Master in Graphic Design anzuhängen und machte währenddessen zusätzlich noch einen Austausch in Maastricht, um sich dort auf das medizinische Zeichnen zu spezialisieren.

 

Für Nadja war der Fokus früher eher auf Tiere und Pflanzen gerichtet, was vielleicht noch von einem kindlichen Interesse dafür stammte, erzählt sie mir. Heute interessiere sie sich jedoch am meisten für die medizinische Illustration, weil es die grössten Herausforderungen sind und sie sich mit viel Zeit und Hingabe der Spezialisierung in diese Richtung gewidmet hat und endlich regelmässig Aufträge aus dieser Branche reinkommen. Deshalb freue sie sich auch sehr über diese Themen, da es sich endlich für sie auszahlt. In der medizinischen Illustration kommt es vor, dass es sich um sehr schwierige komplexe Sachverhalte handelt, bei denen man viel überlegen und recherchieren muss, wie man sie richtig Umsetzen will. Es ist ein besonders großartiges Erfolgserlebnis, wenn man nicht einfach etwas abzeichnet, sondern wenn man mit seiner Expertise als Wissenschaftliche Illustratorin auch helfen kann etwas zu vermitteln.

 

Ihr Master in Graphic Design hat ihr in vielerlei Hinsichten weitergeholfen. Wenn sie mit einem Grafiker oder einer Grafikerin zusammenarbeitet, kennt sie seine_ihre Situation und hat eine Ahnung, was seine_ihre Aufgaben und Herausforderungen sind. Zudem ist es praktisch, dass sie alles auch gleich selbst machen kann, was ihr mehr Freiheiten gibt. Wobei es sich wirklich gelohnt hat war ihr Selbstvertrauen. Sie habe diese Ausbildung gemacht, in ihrem CV steht sie sei Grafikerin und das gibt ihr das Selbstvertrauen, dass sie das professionell macht. Lustigerweise habe sie in dieser Ausbildung in anderen Themen fast mehr profitieren können als nur in der Grafik. Zum Beispiel Projektmanagement. Im Master musste sie eine Wissenschaftliche Arbeit schreiben, wobei sie gemerkt hat, was das alles beinhaltet.

 

Auf die Frage was sie bei Blockaden macht und ob es schonmal vorkam das sie den Inhalt eines Auftrages gar nicht verstanden hatte antwortet sie, dass es bei medizinischen Sachverhalten schon einige Male vorgekommen sei. Das Schwierige ist, dass es je nach Thema keine korrekten Vorlagebilder und eindeutige Beschreibungen davon gibt und der Kunde es nicht immer sehr verständlich erklären kann. „Manchmal ist es als würde dir jemand eine Fantasieblume erklären und du müsstest sie zeichnen. Du kannst sie gar nicht genau so zeichnen.“ Es gab mal einen Fall, da kriegte sie eine Zeichnung einfach nicht richtig hin, trotz mehrfacher mündlicher Erklärung und einigen schlechten Referenzbildern aus Büchern. Da bot ihr der Anatome schlussendlich an den Sachverhalt an einem Präparat zu zeigen, dies half ihr sehr. Seither weiss sie, dass in verzweifelten Situationen das Betrachten eines Präparats mit dem _ der Auftragsgeber_in oder ein Foto, welches der_ die Auftraggeber_in selbst gemacht hat, sehr hilfreich ist, um einen Sachverhalt besser verstehen zu können. Es ist allerdings eine Ausnahme, dass man Zugang zu Präparaten erhält. Sie muss sich selbst immer daran erinnern, „Ich bin Zeichnerin und nicht Anatomin, es ist die Aufgabe der Auftragsgeberin bei den Sachen, die nicht Standard in Büchern sind, mir diese so zu erklären, dass ich sie verstehen und zeichnen kann.“

Bis vor einem halben Jahr arbeitete sie neben der Selbständigkeit Teilzeit an der Universität Zürich. In dieser Periode hatte sie absolut keine Zeit, um an privaten Projekten zu arbeiten, weil es sehr anstrengend war zwei Jobs zu haben. Das habe sie so ausgelastet, dass sie sich in ihrer Freizeit nur noch ausruhen konnte. Als sie dort aufhörte, nutzte sie die neu gewonnene Freiheit, um ein eigenes Projekt in Form von Aquarellen umzusetzen. Die Ergebnisse konnte sie auch gleich als Weihnachtskarte für Ihre Kunden brauchen.

Ansonsten habe sie in ihrer Freizeit auch wieder angefangen eigene Projekte zu machen, die nichts mit dem Beruf zu tun haben. „Ich sticke (lacht), ich weiss es klingt ungewohnt, aber es ist eine gute Kombination zur wissenschaftlichen Illustration, weil man beim Sticken nicht so viel planen kann“. Da sie eine grosse Perfektionistin ist, täte es ihr zur Auflockerung sehr gut mal nicht planen zu müssen. Ansonsten liest und wandert sie gerne.

 

Zuletzt frage ich sie ob es noch einen bestimmten Wunschauftrag oder Idealauftrag gibt, den sie in Zukunft gerne einmal illustrieren möchte. Sie erzählt mir, dass sie als Masterarbeit eine kleine Publikation über die weiblichen Geschlechtsorgane gemacht hatte und sie schon lange davon das Äquivalent für die männlichen Geschlechtsorgane machen wolle, doch käme sie nicht dazu, da es viel Zeitaufwand ist alle Spezialistinnen zusammen zu trommeln und viel Energie kostet. Wenn Ihr jemand nun den Auftrag geben könnte und sie dafür zusätzlich noch bezahlt wird, wäre das natürlich „Mega cool, weil ich dann das, was ich schon seit Jahren machen möchte endlich realisieren könnte. Und vielleicht wird das dieses Jahr so sein (lacht).“

 

Interview mit Thorsten Möhle von Pixelmolkerei AG

Dankbar, dem strömenden Regen zu entfliehen, finde ich meinen Weg durch eine versteckte Gasse inmitten Churs in ein altes, verwinkeltes Gebäude. Am oberen Ende der steinernen Wendeltreppe werde ich wärmstens von Laraine Redmond und Thorsten Möhle in Empfang genommen. Zusammen haben sie 2009 die Pixelmolkerei AG gegründet und leiten hier ein Team von rund 14 Kreativen — ausserdem sind sie ein Ehepaar.

Wir laufen quer durch das tiefdeckige Atelier, vorbei an verschiedensten Werkbänken, 2D- und 3D-Druckern, Fotografieeinrichtungen und Serveranlagen; im Büro mache ich es mir gemütlich, während man mich mit Kaffee und Übermengen an Weihnachtsschokolade beglückt.

Als allererstes bekomme ich die diesjährige Festtagskarte in die Hand gedrückt. Darauf ist das Team als Star Trek-Crew zu sehen, die in einem kurzen Comic nicht nur internationalen, sondern gleich intergalaktischen Kunden ein frohes neues Jahr und gute Zusammenarbeit wünscht.

Thorsten kommt ursprünglich aus dem Maschinenbau und ist seit gut 25 Jahren 3D-Artist. Seinen Arbeitsbereich schätzt er ungefähr als 80% medizinischen Nutzens und 20% kommerziell ein. Laraine ist für die Geschäftsführung zuständig, scheut sich aber nicht vor handwerklicher Arbeit.

Seit eineinhalb Jahren hat die Pixelmolkerei in Montreal einen kleinen Ableger, wo überwiegend Programmierer tätig sind. In der Schweiz leide man eben an Fachkräftemangel, erfahre ich.

Obwohl die Endprodukte oftmals digital sind, ist man hier bestens fürs physische Basteln ausgestattet. Für Mixed Reality-Projekte müsse man Prototypen erstellen; mit Sensoren arbeiten, verkabeln, löten. Auch Storyboards würden gern von Hand umgesetzt. Und als Beobachter im OP mache man zwar viele Fotos, aber die Handzeichnungen blieben unersetzlich.

Bei den didaktischen 3D-Visualisierungen der Pixelmolkerei steht das Produkt des Kunden in direktem Bezug zum Anwendungsbereich der medizinischen Prozedur. Das Bildmaterial wird aus Perspektive des Chirurgen dargestellt. Die 3D-Artisten haben stets die Endfunktion vor Augen; sie reduzieren gezielt auf das Wesentliche und beziehen sich auf den Sichtpunkt der Fachexperten.

In der Pixelmolkerei werden also vollständige VR-Trainingssimulationen für Ärzte konstruiert; nur selten erstelle man hier einzelne Assets. “Kunden kommen zu uns, weil sie alles aus einem Guss bekommen”, erklärt Thorsten. Tatsächlich werden in der Firma auch eigene Plugins, teils sogar ganze Programme entwickelt und vertrieben. Es sei essenziell, die eigenen Werkzeuge durch und durch zu verstehen. “Die Software ist wie ein Bleistift. Sie macht dich nicht zu einem besseren Künstler, du machst es. Und wenn du nicht weisst, wie ein Spitzer funktioniert, hast du irgendwann ein Problem.” Fair enough.

Das Team besteht also aus Generalisten. Ich erkunde mich: woher kommen die Mitarbeiter? Sind sie Quereinsteiger, Autodidakten? Studierte? Auf Werdegang und Diplome werde hier nicht so stark geachtet, meint Thorsten. Man wolle eher wissen, wo die Leute jetzt sind. Im aktuellen Team befinden sich Personen aus dem Bootsbau, Game Design, Concept Art und der Patisserie. Heutzutage könne zwar jedermann 3D-Programme und dergleichen nutzen; aber: “egal, welches Programm du benutzt: ohne Inspiration kriegst du nix raus.”

Thorsten hat den Aufstieg der digitalen Gestaltung aktiv miterlebt. Zukunftsprognosen und Programmempfehlungen fallen ihm aber schwierig; die gefragten Software- und Workflowkenntnisse würden sich rasch ändern. Zudem seien sie je nach Industrie und Land sehr unterschiedlich. Was man aber feststellen könne, sei, dass Fotografie nicht mehr so präsent sei und aufgrund immer engerer Zeitvorgaben digitale 3D-Arbeiten bevorzugt würden.

Der Wechsel von Anstellung zu Selbständigkeit war nicht unbedingt bewusst; es habe sich der Umstände halber einfach so ergeben. Das Risiko, ohne Kunden dazustehen, bleibe plusminus gleich – aber die Verantwortung steige. “Selbständig arbeitest du statt acht Stunden zwölf.”

Home Office sei kein grosses Thema, da man hier oft mit vertraulichen Daten arbeite. Ausserdem sei der konstante Austausch, der im Atelier stattfinde, unglaublich wertvoll.

Bezüglich Kundschaft wähnt sich Thorsten im Glück. Er habe viele langjährige Rapporte sichern können und werde auch gerne mal von bestehenden Kunden weiterempfohlen. Hilfreich seien auch der Austausch auf fachspezifischen Veranstaltungen und eine Teamplayer-Mentalität bezüglich interdisziplinärer Kollaborationen.

Die Pixelmolkerei ist international tätig. Dadurch müsse man auch mit internationaler Konkurrenz kämpfen. Die globale Kommunikation sei aber ein Mehraufwand, der sich lohne.

Ich erinnere mich an die Postkarte zurück. Meine Frage, ob seine Arbeit im Gegenzug auch so wertgeschätzt wird, bejaht Thorsten geruhsam.

“Grundsätzlich ja, aber viel wichtiger: du musst wissen, was deine Arbeit wert ist.”

Andererseits: “Wüssten die Kunden, was es braucht, um zu diesem Produkt zu kommen, könnten sie es ja selber.”

Ich frage Thorsten, ob er eher ein Produkt oder eine Dienstleistung anbietet.

Er habe sich schon immer als Dienstleister gesehen, beschwichtigt er. Er erklärt: Ein Künstler macht Kunst und der Endpreis wird von den Interessenten genannt. Ein Schreiner beispielsweise setzt den Preis seiner Arbeit hingegen selbst und nimmt Aufträge entgegen.

Zum Abschluss frage ich Thorsten und Laraine, wie es denn sei, mit dem Ehepartner zu arbeiten. Nonchalant bekomme ich unabhängig zweimal dieselbe Antwort: Arbeit und Privatleben seien klar getrennt, und solange die Kommunikation und das Vertrauen da seien, gäbe es absolut keine Nachteile.

Und weshalb der Name Pixelmolkerei?

“Das war eine Bieridee. Aber es kommt international gut an, trotz – oder gerade wegen – der Verspieltheit.

Wir können dahinter stehen, und das ist das Wichtigste.”


www.pixelmolkerei.ch

 

Interview mit Miriam Winteregg

Ich habe mich Ende November 2019 mit der wissenschaftlichen Zeichnerin Miriam Winteregg getroffen und durfte ihr zu ihrem Beruf einige Fragen stellen.

Miriam Winteregg ist eine wissenschaftliche Illustratorin aus dem Kanton Basel. Sie ist im Moment vor allem im Bereich der Archäologie als Zeichnerin und Ausgräberin tätig und arbeitet nebenbei auch selbständig als Illustratorin.

Als Kind hat Miriam Winteregg bereits gerne gezeichnet und hat sich schon damals sehr für das, was sie umgab, interessiert. Sie hatte bereits Zeichnungen anhand von Bestimmungsbüchern gemacht, die ihr eine Nachbarin gezeigt hat. So wurde sie auch auf den Beruf der wissenschaftlichen Zeichnerin aufmerksam.

Nach der Matura hat Miriam in Basel den gestalterischen Vorkurs gemacht und hat dann das damals noch vierjährige Studium für Wissenschaftliche Illustration angetreten.

Der Studiengang war damals etwas anders aufgebaut als heute. Miriam erzählte mir, dass sie im Studium viel handwerklich gearbeitet und verschiedene Techniken gelernt haben. Dafür haben sie, im Vergleich zu heute, recht wenig mit dem Computer gearbeitet. Der Unterricht bestand sehr viel aus selbständigem Arbeiten und war nicht so durchstrukturiert wie es heute der Fall ist.

Miriam sagte mir, dass, obwohl diese Art von Unterricht auch seine Vorteile hat, sie gerne ein etwas mehr strukturiertes Studium gehabt hätte.

Auf die Frage, ob sie es schwierig fand, ins Berufsleben umzusteigen, sagte sie, dass sie anfangs recht wenig Ahnung hatte, wie es im Berufsleben so läuft, obwohl sie bereits Praktika gemacht hatte.

«Man wird recht ins kalte Wasser geworfen»

Es gibt nicht viele Festanstellungen und die meisten wissenschaftlichen Zeichner machen sich selbständig.

 

In den letzten zwei bis drei Jahren hat Miriam selbst auch angefangen, nebenbei als Selbständige zu arbeiten. Sie sammelt dabei mit jedem Auftrag neue Erfahrungen. Aber anfangs fand sie es recht schwierig, da sie während dem Studium nicht sehr auf das Berufsleben als Selbständige vorbereitet wurde.

Nach der Ausbildung hat sie sich zuerst mit diversen Blindbewerbungen bei verschiedenen Institutionen beworben und so nach einer Arbeit gefragt. Unter anderem auch beim Zoo Zürich, wo sie dann einen Auftrag bekam. Dort arbeitete sie etwa zwei Monate lang an einem Projekt und danach hat sie wieder angefangen, Bewerbungen zu schreiben. Unter anderem hat sie sich auch bei der Archäologie gemeldet. Im Aargau fing damals gerade ein grosses Grabungs-Projekt an, bei dem sie dann mitarbeitete.

Auch beim Arbeiten auf der Ausgrabung war anfangs alles neu, da sie noch nie zuvor auf einer Ausgrabung gearbeitet hatte. «Es ist ‘learning by doing’», man sammelt einfach mit der Zeit Erfahrungen.

Bei diesem Projekt war Miriam vom Anfang bis zum Schluss mit dabei und hatte da auch gemerkt, dass ihr das Arbeiten auf Ausgrabungen sehr gut gefällt. Das körperliche Arbeiten sei sehr anstrengend, erzählte Miriam, ‘’es ist nicht so wie im Fernsehen, mit dem Pinsel arbeitet man eigentlich nie’’.

Sie hat gemerkt, dass sie das Freilegen von Befunden und die Spuren von vergangen Kulturen sehr fasziniert. Auch die Verbindung zwischen Ausgraben und Dokumentieren fand sie toll.

Danach ging sie zum nächsten Ausgrabungsprojekt und ist so in die Archäologie eingestiegen. Die letzten Jahre ist sie immer hauptsächlich auf den Ausgrabungen gewesen. Dadurch, dass sie in verschiedenen Kantonen und Projekten gearbeitet hat, hat sie auch viele Leute kennengelernt.

Irgendwann hat sie dann angefangen, 80 Prozent zu arbeiten, sodass sie auch ein bisschen Zeit hat, um noch eigene Arbeiten zu machen.

 

Dann bekam sie das Angebot, in Luzern in der Illustration einen Kurs zu leiten. Dort Unterrichtete sie ein paar Jahre lang naturwissenschaftliches Zeichnen. Nach einer Weile gab sie diese Aufgabe wieder ab, weil sie merkte, dass sie sich beim Unterrichten nicht richtig wohl fühlte. Dafür hat sie danach angefangen, sich als Selbständige etwas aufzubauen, wofür sie zuvor keine Zeit hatte.

Sie fing damit an, einzelne Arbeiten für Leute, die sie aus der Archäologie kannte, zu machen. Ab und zu arbeitet sie auch mit einer Grafikerin zusammen, die sie vom Basketballspielen kennt.

Miriam arbeitet zwar heute viel in der Archäologie. Während der Ausbildung hatte sie sich jedoch mehr mit Tieren und Pflanzen beschäftigt. Ihre Abschlussarbeit machte sie über den Fetzenfisch, ein Fisch, der aussieht wie eine Alge.

Als ich Miriam fragte, ob sie heute viel mit dem Computer arbeite, erzählte sie mir, dass bei ihren persönlichen Arbeiten der erste Schritt immer analog sei. Bei Fundzeichnungen in der Archäologie wird die Vorzeichnung meistens in Bleistift und die Reinzeichnung dann mit Illustrator oder in Tusche gemacht, je nach Wunsch der Auftraggeber.

Oft haben Kunden eine Vorstellung wie das Resultat aussehen soll, aber manchmal kann man sie auch ein bisschen von dem überzeugen, was man selbst gut findet. Teilweise wissen die sie auch nicht genau, welche gestalterische Möglichkeiten es gibt.

Manchmal haben die Auftraggeber auch sehr genaue Vorstellungen und man hat nicht so viel Freiraum, um selbst noch etwas einzubringen.

In der Archäologie gibt es für die Fundzeichnungen verschiedene Konventionen, welche man einhalten sollte. Also die Darstellungsweise der Funde ist vorgegeben. Die Konventionen dienen der allgemeinen Verständlichkeit

Teilweise gibt es Unterschiede an den verschiedenen Orten. Es kommt auch darauf an, wie viel Zeit zur Verfügung steht; gewisse Umsetzungen brauchen mehr Zeit als andere.

Die Möglichkeiten in der Gestaltung sind dabei in einem kleinen Rahmen. Es geht bei Fundzeichnungen mehr darum, präzise, objektiv und nüchtern möglichst viele Informationen zu vermitteln und zum Beispiel weniger um Bildkomposition, Emotion oder Aktion.

Miriam sagte, es wäre wahrscheinlich eher störend und würde der Verständlichkeit schaden, wenn man Sachen in eine Zeichnung einbauen würde, die es gar nicht braucht.

Auf die Frage, ob sie in der Archäologie oft mit anderen Zeichnern in Kontakt kommt, sagte Miriam, dass es in der Archäologie eigentlich immer Zeichner gibt, die Teil vom Team sind. Als Zeichner auf einer Grabung zeichnet man aber nicht nur. Man macht immer beides – Zeichnen und Ausgraben.

Ansonsten, erzählte mir Miriam, hätte sie noch mit Zeichnern Kontakt, die sie aus der Ausbildung kenne.

Wenn es um Aufträge mit Archäologischen Funden geht, arbeitet Miriam als Zeichnerin meistens allein. Aber bei anderen Sachen arbeitet sie manchmal mit einer Kollegin, die sie aus der Ausbildung kennt oder mit der Grafikerin.  Es gefällt ihr im Team zu arbeiten, weil es einen Austausch gibt und man so auf neue Ideen kommt.

Ich habe Miriam auch gefragt, wie schwierig sie es findet, Arbeit und Aufträge zu finden. Sie meinte, es sei sehr schwierig, Festanstellungen zu finden, da es davon nicht sehr viele gäbe.

Als selbständig arbeitende Person sind Kontakte extrem wichtig. Ausserdem sei es gut, wenn man etwas anbieten könne, das einem vom Rest abhebe.

Am Anfang muss man viele Bewerbungen schreiben, sagte Miriam. Wenn die Auftraggeber zufrieden seien, spräche sich das irgendwann rum.

Heute muss Miriam für ein Grabungs-Projekt keine Bewerbungen mehr schreiben, da die Auftraggeber auf sie zukommen. Sie geht eigentlich immer nahtlos von einem Projekt zum anderen, ohne dass sie viel Aufwand betreiben muss, um sich zu bewerben.

Miriam arbeitet schon recht lange in der Archäologie und es gefällt ihr nach wie vor sehr. Es ist ein sehr abwechslungsreiches Gebiet.

Um auf Ausgrabungen arbeiten zu können, muss man körperlich fit sein. Das ist auch ein Risiko. Umso wichtiger ist der Versuch, sich mit der Selbständigkeit ein zweites Standbein aufzubauen. Die Selbständigkeit ist zudem eine Herausforderung. Man lernt ständig dazu und versucht gute Lösungen zu finden. In selbständigen Aufträgen besteht ebenso die Möglichkeit in verschiedenste Themenbereiche Einblick zu bekommen.

Motivierend und inspirierend findet es Miriam, neue Kombinationen von Techniken und Werkzeugen auszuprobieren, die gut zusammen funktionieren. Generell findet sie es gut, neue Sachen auszuprobieren, damit man nicht immer beim gleichen bleibt. Ausserdem beobachtet sie gerne. Beispielsweise Tiere, Pflanzen oder Alltagssituationen.

Zum Schluss habe ich Miriam noch nach Ratschlägen/Tipps für angehende wissenschaftliche Illustrator/innen gefragt. Sie sagte, man solle neugierig sein und das machen, was einem Freude macht. Man kann nicht immer das machen, das einem super Spass macht. Manchmal gibt es Phasen, wo es nicht so gut läuft, da muss man dann auch durch. Es ist wichtig, dass man diese Erfahrungen macht.

Aber allgemein sollte man das machen, was man gerne macht, neues ausprobieren und keine Angst haben.

Ich bedanke mich herzlich bei Miriam Winteregg für das interessante Gespräch.

 

www.miriamwinteregg.ch

Interview mit Lucille Solomon und Sabine Timmann

LUCILLE SOLOMON/ Medical & Scientific Illustration

Ich habe die Möglichkeit Lucille Solomon, Gründerin von „Medical & Scientific Illustration“, in ihrem Atelier direkt am Bahnhof Olten Hammer zu besuchen. Sie ist gelernte Polygrafin, hat jedoch auch eine große Leidenchaft für Illustration, weshalb sie „Scientific Visualization“ an der ZHdK studiert hat. 

Direkt nach dem Bachelorstudium machte sie sich selbstständig. Sie hat seitdem immer teilweise angestellt und eigenständig als Illustratorin und/oder Grafikerin gearbeitet. Für ein paar Jahre war sie als Kinderbuchillustratorin in einer amerikanischen Agentur tätig. Zur Zeit arbeitet sie 50% als angestellte Grafikerin, 20% bei einem plastischen Chirurgen als Designerin unter anderem für Implantate und führt in der restlichen Zeit Aufträge als selbstständige Illustratorin aus. 

Für eigene Projekte nimmt sie sich nebenher auch noch Zeit, wie ein Kinderbuch mit einem Axolotl als Hauptfigur, welches nächstes Jahr erscheinen wird. Mit dem Axolotl hat sie sich auch in ihrer Bachelorarbeit in Form einer Animation auseinandergesetzt. 

Die Entscheidung, sich auf medizinische Illustration zu spezalisieren, hat sich aus ihrem Interesse für medizinische Themen während dem Studium und ihrem ersten großen Auftrag in diesem Gebiet ergeben. Lucille arbeitet fast ausschließlich digital mit ihrem Wacom Tablet mit integriertem Display in Programmen wie Photoshop und Cinema 4D. Sie erreicht mit ihrer englischsprachigen, gut strukturierten Website auch international Kunden, schätzt die Kontakte aus der Studienzeit jedoch auch sehr und kann über diese auch einige Kooperationen und Aufträge wahrnehmen.

„Die Website isch Nummer Eis und au d Lüt wo me kännt, au die vom Studium. Ich glaub es isch sehr wichtig, dass me sich nöd nur ufs Internet verlaht. Die ächte Mänscheverbindige sind scho au mega wichtig. Die coolste gröschte Ufträg, sind scho dur Lüt cho, die me irgendwie kennt het.“ 

Wenn sie für Projekte Offerten schreibt, hat es sich bewährt, eine Preisspanne anzugeben, die je nach Anzahl der im Laufe des Projektes verlangten Änderungen, variiert. 

Auf die Frage, was Lucille als größte Herausforderung des Jobs empfindet, nennt sie mir zwei Punkte. 

„Das me nöd allzu perfektionistisch unterwägs isch. Das heißt, dass me lernt z entscheide, wenn öppis fertig isch und wenn öppis guet gnueg isch.“ 

Als zweite Herausforderung nennt sie mir die Schwierigkeit konstant Aufträge zu bekommen. 

„(…) Wenns mengmol ganz viel Zügs isch, ischs chli ä Herusforderig, das z entscheide. Me muess balanciere, was me mache wett und was me ablehne muess. Und nachher isch halt viellicht länger gar nüt.“

Studierenden kann sie nur ans Herz legen, die Zeit an der ZHdK zu genießen, aber auch Kontakte mit anderen Fachrichtungen zu knüpfen.

 

http://www.medizinische-illustration.ch

 

 

 

SABINE TIMMANN/ Infografik Hamburg

Ich bin in Niendorf, einem Stadtteil von Hamburg und betrete die Wohnung von Sabine Timmann, Gründerin von „Infografik Hamburg“. Bei Tee und Plätzchen erzählt sie mir von ihrer beruflichen Laufbahn.

Zu Zeiten ihres Grafikdesignstudiums existierte der Beruf des „Infografikers“ noch gar nicht. Sie erstellte zu Beginn ihrer Karriere Infografiken für „Höchst“ in Frankfurt und visualiserte Daten für Geschäftsberichte verschiedener Banken. Damals ging es um Statistiken, die mit Blöcken in 3D-Optik umgesetzt wurden. Nach einer Karriere als Art Direktorin in der Werbung machte sich Sabine 2000 selbstständig und seit 2008 spezialisiert sie sich auf Infografiken. Seitdem arbeitet sie Zuhause und genießt die Flexibilität und Lebensqualität, die das „home office“ mit sich bringt.

Ihre Aufträge sind digitaler Art. Doch das war nicht immer so. Sabine erzählt mir, dass sie damals noch gelernt hat mit Fotosatz und der Ziehfeder umzugehen und zu arbeiten. Sie hat jeden Wandel mitverfolgt und sich der Digitalisierung angepasst.

„Die Technik wandelt sich ständig, man muss immer flexibel und aufgeschlossen für Neues bleiben (…) wenn man stehen bleibt, hat man keine Arbeit mehr“.

Sie hat auch schon Pläne für die Zukunft; will sich mehr mit dem Thema „Animierter Film“ auseinandersetzen, arbeitet gerade an einer neuen Website und würde gerne mehr Gutes für die Gesellschaft tun. Während ich den „Heartwarming“ Tee trinke, erzählt sie mir:

„Ich kann Dinge visualisieren, die andere sich nicht vorstellen können. Das könnte ich nutzen, um mehr Vorgänge in der Welt zu erklären, die sonst nicht einsehbar sind.“

Vor einem Jahr hat die Infografikerin einen Auftrag von der „Desy“ bekommen, bei dem sie dunkle Materie visualisieren sollte. Auf die Frage hin, wie man so etwas schwer Vorstellbares wie dunkle Materie darstellen kann, erklärt sie mir:

„ Je länger man in diesem Beruf ist, umso schneller findet man für jedes Problem ein Bild. (…) Das geht automatisch“.

Wenn man sich bei der Lösung genau solcher Probleme in der Mitte trifft, ist es für die Infografikerin das Spannendste.

“(…) weil die Kunden ja total im Thema sind, versucht man selbst zuerst auf den Nullpunkt zu gehen. Was würde jemand denken, der die Fakten nicht kennt (…) es ist wichtig, die Perspektive zu wechseln.“

Im Anschluss zeigt sie mir noch ihr Arbeitszimmer und den Entwurf ihrer neuen Website.

http://www.infografik-hamburg.de

by Helena Klein

Arbeitsräume

 

 

 

 

Ich treffe Jasmin Huber bei ihr zu Hause – wir setzen uns an ihren grossen Bürotisch, von wo aus sie arbeitet. Ein Kalender von Maria Sybilla Merian steht, an die Wand gelehnt, auf dem Tisch und auf der anderen Seite des Zimmers ragt ein grosses Büchergestell bis an die Decke. Wir beginnen unser Gespräch.

Jasmin hat zuerst eine Lehre als Textilentwerferin gemacht, bevor sie das Bachelorstudium Scientific Visualization begonnen hat. Sie erzählt, vor allem die botanischen Aquarelle haben sie schon während der Zeit als Textilentwerferin sehr fasziniert – sie wollte das auch lernen: ‹‹Ich ha s`Studium doh eigentlich vor allem gmacht weg em Aquarelliere.››

Ihre Bachelorarbeit entstand in Zusammenarbeit mit dem Institut für Systematische Botanik der Universität Zürich. Für eine Ausstellung im Botanischen Garten entstand Jasmins erstes richtiges Aquarell, welches die Bestäubungsstrategie der einheimischen Orchidee Ophrys sphegodes zeigt. 

Der Kontakt zum Institut entstand schon während der Studienzeit über ein Praktikum. Im Praktikum wurde Jasmin damals ein regelmässiges Auftragsvolumen auch für die Zukunft versprochen – nach dem Studium konnte sie jedoch nur einen Auftrag für das Institut realisieren, danach brach der Kontakt ab. 

Der Schritt aus dem Studium in die Selbstständigkeit ist schwer. Um Aufträge zu erhalten, schrieb Jasmin viele Institute und Museen in der Schweiz an und schickte ihnen Flyer mit ihren Arbeiten. Daraus resultierte dann ein Auftrag für das Naturmuseum in St. Gallen, eine Rekonstruktion des Urhais Cretoxyrhina. Kleine Aufträge aus dem Familien- und Freundeskreis kamen dazu, aber das reichte finanziell nicht aus.

Jasmin suchte eine Anstellung – und fand sie in der Kantonsarchäologie Aargau. Sie arbeitete in der Archäologie für zweieinhalb Jahre.
Als sie über die Fachrichtung eine Anfrage für die Illustration eines Buches über Kirschen erhielt, wusste sie, dass das genau ihr Thema ist. Der einzige Haken war, für das Projekt gab es nur ein kleines Budget, welches nicht ausgereicht hätte, die Stunden für die Herstellung eines herkömmlichen Aquarells abzudecken. So entschied sich Jasmin, zurück an die ZHdK zu gehen und die Kirschenaquarelle zu ihrem Masterprojekt zu machen. Dabei entwickelte sie eine Technik, bei der sie digitale Vorzeichnungen auf Aquarellpapier drucken und später analog verfeinern konnte. Dabei bleibt die Qualität und Langlebigkeit des Aquarells bestehen, das Verfahren wird jedoch etwas beschleunigt. 

Diese Technik nutzt Jasmin heute regelmässig. Auch wenn ihre Arbeiten hauptsächlich analog umgesetzt sind, entstehen die linearen Vorzeichnungen immer digital im Photoshop und werden dann auf Aquarellpapier gedruckt. 

Kunden finden Jasmin vor allem über ihre Website oder über Aufträge, die sie für andere Kunden gemacht hat. Viele Kunden kommen zu ihr für die Aquarellumsetzungen – sie wünscht sich jedoch manchmal, zur Abwechslung andere Techniken für die Arbeiten verwenden zu können. Wenn sie genug Zeit hat, schickt sie den Kunden zum Teil zwei Entwürfe in verschiedenen Techniken oder Stilen; oft entscheidet sich die Kundschaft schlussendlich dann jedoch trotzdem für das Aquarell. 

‹‹S`wär scho schön, zwüsched dure mal öppis anders z`mache… Wobi ich scho sehr gern aquarelliere!››  

Jasmin erzählt, dass sie auch nach dem Studium immer einen Fuss in der Fachrichtung Knowledge Visualization behalten hat – neben der Selbstständigkeit war Jasmin fünf Jahre lang Unterrichtsassistentin bei Knowledge Visualization. Danach wechselte sie als Leitungsassistentin ans Institut für Designforschung, unterstützt die Fachrichtung jedoch immer noch mit einem kleinen Pensum.

‹‹Knowledge Visualization isch für mi au immer es Stuck Heimat gsi, es Stuck Familie.›› 

Zwar arbeitet Jasmin in ihrer Selbstständigkeit alleine, für sie ist es aber sehr wichtig, den Kontakt mit verschiedenen IllustratorInnen zu pflegen. Jasmin ist im Vorstand von ‹Illustratorinnen und Illustratoren Schweiz›, sowie bei ‹aeims› dabei, und hat auch über die ZHdK und das Studium viel Kontakt zu anderen GestalterInnen, mit denen sie, von Gestaltungsideen bis zu Offerten für Kunden, vieles besprechen kann. 

Jasmin hat nun auch eine Ausbildung für Hochschulpädagogik gemacht und gibt jeweils im Herbst an sechs Samstagen einen Zeichnungskurs für Jugendliche. Sie möchte sich in Zukunft ein zweites Standbein in der Lehre aufbauen. 

Nach dem Interview zeigt Jasmin mir noch ihr Lieblingsbuch, ein Buch über zeitgenössisches botanisches Aquarell, und die Originale der Aquarellzeichnungen ihrer Masterarbeit – die mich wirklich faszinieren. Den Bus verpasse ich, aber das hat sich gelohnt! Jasmin fährt mich zum Bahnhof. 

Ich möchte mich ganz herzlich bei Jasmin Huber für das Gespräch und die ausführlichen Antworten auf meine Fragen bedanken! 

Es war spannend, einen kleinen Einblick in ihr Arbeiten erhalten zu dürfen. Ich nehme viele neue Eindrücke mit und ihren Ratschlag, dass man seine Erfahrungen zwar selber machen muss, aber der Austausch mit anderen immer sehr wichtig ist und man unbedingt immer fragen sollte – das hilft.

www.jasminhuber.ch

 

Das Atelier C in Lanzarote

Freitagnachmittag – ein Telefon nach El Golfo, Lanzarote. Am anderen Ende der Leitung sitzt Claudine Etter in ihrem umgebauten, weissen Van mit Blick aufs Meer. Hier, auf acht Quadratmetern arbeitet und wohnt sie als freischaffende Illustratorin.

Claudine erfüllt sich mit dieser Art des Lebens einen Traum. Sie ist seit 10 Jahren selbstständig und hat bis vor drei Monaten in Bern gearbeitet. Zuerst sieben Jahre alleine, dann drei im Effinger Co-Working Space, wo sie sich den Arbeitsplatz mit Leuten den unterschiedlichsten Branchen teilte. ‹‹Selbstständigkeit isch es herts Pflaster››, gibt sie zu. Da sei es wichtig, dass man sich austauschen und – von der Buchhaltung bis zu schwierigen Kundengesprächen – alles besprechen kann. 

Das einzige, was sie mit dem Leben als ‹digital nomad› etwas vermisst, ist dieser Austausch. Sonst bietet ihr das Leben im Van bis jetzt nur Vorteile; durch die vielen neuen Eindrücke jeden Tag ist sie sehr inspiriert und effizient. Ihr Ideenpool versiegt bestimmt nicht!

Es ist Claudine wichtig, dass der Kundenkontakt gut erhalten bleibt trotz der Distanz. Sie hat verschiedene Kunden, mit denen sie schon lange zusammenarbeitet. Da läuft die Kommunikation (auch in der Schweiz) vor allem über E-Mails, da sie schon eingespielt sind, und Bildsprache, Inhalt und Spezialisierung schon geklärt. Bei Aufträgen wo noch mehr Absprache nötig ist, hat sie Meetings über Skype – Entwürfe und Skizzen kann Claudine während dem Gespräch über die Chatfunktion verschicken. ‹‹Das funktioniert gut!››

Ihr erster grosser Auftrag war ein Plakat für einen Chor. Mit diesem Plakat kam ihre Karriere als Illustratorin ins Rollen – das Plakat wurde gesehen und es folgten weitere Aufträge. Damals studierte sie noch an der Kunsthochschule in Berlin. Das Studium brach sie jedoch bald ab, da es für sie zu theoretisch war. Es interessierte sie, wie die Realität aussieht, ob und wie sie als selbstständige Illustratorin arbeiten könnte. Zurück in der Schweiz wagte sie dann diesen Schritt.

Anfangs waren die Aufträge spärlich und sie musste, wie sie sagte, einfach Vertrauen haben, dass es läuft. Zur Sicherheit arbeitete sie zwischendurch immer wieder als Lehrerin. 

Nun finden die meisten Kunden über ihre Website, oder über publizierte Illustrationen zu Claudine. Es freut sie immer wieder, wenn Kunden genau ihren persönlichen Stil für die Zeichnungen wünschen. Jedoch, meint sie, ist es wichtig, immer zu spüren, was der Kunde wünscht, was passt, und je nachdem den Stil anzupassen – viele Bildsprachen zu sprechen. Das bietet immer neue, spannende Herausforderungen. 

‹‹Es isch d’Kunst, sich selber z’sii aber sich nid z’verlüüre.››

Die Arbeiten für Kunden zeichnet Claudine fast immer digital – so kann der Kunde sich gut einbringen, wenn noch kleine Änderungen gemacht werden sollen und du als Illustratorin sparst Zeit. Neben allen Aufträgen auch Pausen zu machen und eigene Arbeiten zu verwirklichen ist für Claudine wichtig: ‹‹Es isch unglaublich wichtig, das mer em eigene Kreative Moment, de eigene Idee und sich selber Sorg hebt.››

Zum Schluss zeigt mir Claudine noch ihren Arbeitsplatz und den Van. Sie klappt ein kleines Regal an der Seite des Autos auf: ‹‹Das isch mis Atelier››. 

Dann zeigt sie mir übers Handy die wunderschöne Vulkanlandschaft der Insel Lanzarote.

Die eigene Arbeit zu reflektieren, sich immer wieder neu zu erfinden und mutig zu sein – diese Ratschläge nehme ich aus dem Gespräch mit Claudine mit, zusammen mit vielen neuen Eindrücken und Einblicken. 

Ich bedanke mich herzlich bei Claudine Etter vom Atelier C für das spannende Gespräch!

 

atelier-c.ch

 

 

Interview mit Livia Enderli

Es ist viertel nach 6 abends ich sitze in einem Café in Winterthur, mir gegenüber am Tisch sitzt Livia Enderli, meine Interviewpartnerin.

 

Es ist kalt draussen und wir sitzen erst einige Minuten drinnen – etwas Warmes muss her! Darum bestellen wir einen Tee, ich starte die Aufnahmefunktion auf meinem Handy und wir beginnen mit dem Interview.

 

 

Zuerst frage ich sie, wie sie zur wissenschaftlichen Illustration gekommen sei und was sie vorher gemacht habe. Sie ist in der Kantonsschule gewesen, erzählt sie, und hat dort besonderes Interesse an Kunst und Biologie gehabt. Da das Biologiestudium leider sehr mathelastig ist und ihr ebendies nicht besonders liegt, entscheidet Livia sich für ein Kunststudium – und zwar in Venedig. Leider ist die freie Kunst nicht das, was sie sich vorgestellt hat, sie bricht ab und geht auf Rat einer Freundin in den gestalterischen Vorkurs. Dort lernt sie den Studiengang «Scientific Visualization» kennen. Er verbindet Ihre Interessen und Talente und sie weiss sofort, dass es das ist, was sie will.

 

Abgeschlossen hat Livia Ihr Studium 2013 und arbeitet seither als Illustratorin. Eine sofortige Anstellung nach dem Studium ist schwierig zu finden, erzählt sie mir, und so macht sie zuerst 2 Praktiken, welche Ihr dann zu ihrer ersten Stelle in der Medizinaltechnik verhalfen. Einmal in der Woche ist Sie damals noch für eine Klinik für Schönheitschirurgie im Einsatz und modellierte Vorlagen für Brustimplantate, die dann im 3D-Drucker ausgedruckt werden.

 

Etwa 2 Jahr später ist eine Stelle im Amt für Archäologie Thurgau in Frauenfeld ausgeschrieben und Livia bewirbt sich – und bekommt die Stelle. Vielleicht auch, weil Sie dort nicht ganz unbekannt ist; in der Zeit zwischen Vorkurs und Studium hatte sie dort schon mal ein Praktikum gemacht.

 

An Ihrem neuen Arbeitsplatz musste Sie die Stelle ein bisschen ummodellierten. Die Arbeit war bis vor kurzem noch sehr analog und das Kompetenzenfeld nicht sehr breit. Das ändert sich mit Livia. Sie setzt auf mehr digitale Medien und beteiligt sich an den Vermessungen, lernt GIS und CAD kennen. Im Museum kann Sie sich dafür kreativ ausleben und zum Beispiel Infographiken gestalten.

 

Das Amt für Archäologie Frauenfeld verfügt über ein Grossraumbüro, dort sind, zusammen mit Archäologen, Grabungstechniker, vielen Temporär- und andere Angestellten des Amtes auch Livia und die zweite Zeichnerin untergebracht. Dort schätzt sie vor allem auch den Austausch mit der anderen Illustratorin. «Dadurch sieht man plötzlich andere Ansätze und kommt dadurch weiter», sagt sie. Auch durch das Gespräch mit den anderen Mitarbeitern lernt Sie viel Neues über die verschiedenen Berufe im Amt.

 

«Geniesst die Abschlussarbeit, auch wenn es die meiste Zeit ziemlich stressig werden wird.»

 

Durch Ihr Abschlussprojekt, eine Rekonstruktion eines Neandertalerschädels, hat Livia auch international Preise gewonnen und in der NZZ wurde ihr ein Artikel gewidmet. Dies habe ihr sehr geholfen, meint sie. Die Bekanntheit und die Verwandtschaft zur Archäologie hätten sie in der Arbeitswelt weitergebracht.

Die Abschlussarbeit sei wohl auch die letzte grosse Arbeit, der man so ein grosses Ausmass widmen kann, denn in der Arbeitswelt fehle dafür die Zeit. Geniess die Abschlussarbeit, rät sie mir, auch wenn es meistens ziemlich stressig wird.

 

Ich frage sie, ob sie das Studium nochmals machen würde. «Ja sicher, es ist ein super Studium und ich würde es auf jeden Fall nochmals machen. Vor allem der Zeichnungsunterricht mit Bleistift hat viel gebracht. Auch wenn ich mich damals einige Male gefragt habe warum ich 3 Tage lang einen Apfelschnitz oder sonst was abzeichne. (lacht) Gerade für das räumliche Zeichnen und das Vorstellungsvermögen sind diese Erfahrungen echt wertvoll.

Genau diese Skills brauche ich nämlich auch heute noch im Digitalen. Man muss das Objekt verstehen können und wissen, wie es im Raum steht».

 

«Die Digitalisierung bringt grosse Chancen für unseren Beruf, gleichzeitig muss man aber auch à jour bleiben»

 

Bei der Frage, welche Chancen aber auch Risiken unser Beruf mit sich bringt, meint sie, dass die rasante digitale Entwicklung grosse Chancen für unseren Beruf bringe. Gleichzeitig muss man aber immer «à jour» bleiben um den Anschluss nicht zu verpassen. Eine weitere Chance sei, dass wir eine sehr breite Ausbildung geniessen und daher vielseitig einsetzbar sind.

 

«Unseren Beruf finde ich super. Es ist meine volle Leidenschaft.»

 

Auf die Frage hin, ob ihr jeder Auftrag Spass macht antwortet sie mit Nein. Nicht jeder Job mache Spass. Manchmal sei es frustrierend von gestalterischen Laien Anweisungen für Ihre Darstellung zu bekommen. «Aber», meint sie, «ich finde unseren Beruf super. Es ist meine volle Leidenschaft»

 

 

 

 

https://www.liviaenderli.com

Interview mit Karin Widmer

Wir befinden uns in Wabern, Bern. Das Atelier von Karin ist genauso wie man sich eins vorstellt. An den Wänden hängen zahlreiche Illustrationen und Notizen, auf dem Pult liegen angefangene Arbeiten und ein Glas mit grünverfärbtem Wasser. Es sei klein aber fein hier meint sie zu Beginn.

Angefangen habe sie mit einer Ausbildung als Grafikerin an der Schule für Gestaltung in Bern und arbeitete danach beim Zytglogge-Verlag, ebenfalls in Bern.

„Die Stelle bekam ich durch einen guten Zufall. Ich habe Franz Hohlers Kurzgeschichten «Die Rückeroberung» illustriert und habe daraus eine Art Graphic Novel gemacht. Diese habe ich dann dem Verlag gezeigt und die hatten Freude daran.“

Nach 5 Jahren machte sie sich dann selbständig. Anfangs habe sie noch nicht viele Aufträge bekommen, aber das kam dann mit der Zeit. Zu Beginn hat sie Arbeiten an verschiedene Zeitungen und Verlage verschickt und wenn sie Glück hatte, kamen ein paar Anrufe zurück. Irgendwann hat man sein Netz aufgebaut, da sei ein aktives Anfragen nicht mehr nötig.

„Jetzt gibt es immer was zu tun. Da muss man sich keine Sorgen machen.“

Ihre Aufträge reichen von CD-Covers und Zeitungsillustrationen bis hin zu Gerichtszeichnungen und Kinderbüchern. Bevorzugt benutzt sie dafür eine Mischtechnik aus analogem und digitalem Arbeiten. Zeichnungen werden gescannt, freigestellt und dann auf Photoshop in verschiedenen Ebenen eingeteilt. So sei sie bezüglich Kundenwünsche flexibler.

Auf die Frage wie sie mit den Kunden im Kontakt stehe antwortet sie, dass es ganz unterschiedlich sei. Die einen wollen immer auf dem Laufenden sein. Andere hingegen meinen „Mach eifach mol“ und wollen erst am Schluss das Resultat ansehen. Berechnen tue sie dann grundsätzlich nach Stunden. Durch Erfahrung weiss sie nun mehr oder weniger wie lange ein Auftrag braucht. Sie schreibt dann eine Offerte und fügt noch hinzu, dass Änderungswünsche nach Stundenlohn obendrauf berechnet werden. Manchmal müsse man aber eine andere Lösung finden und Dinge streichen oder pauschal berechnen.

Ob es einen Aspekt in der Illustratorenszene hier in der Schweiz gäbe, bei der sie finde: „Da gibt’s noch Luft nach oben“?

Hmmm. Sie stelle nur fest, dass die Schweiz momentan einen bestimmten Stil an Kinderbuchillustrationen bevorzugt. Ihrer Meinung nach ist der ein bisschen Französisch, comicmässig.

Ich selber bewege mich eher im englischen Bereich, so wie man dort vor 100 Jahren noch illustriert hat. Vielleicht sogar schon eher antimodisch. Die Kunsthochschule in Luzern hat einen bestimmten Stil, der sehr gefragt ist und den man sofort erkennt. Gerade bei den Kinderbüchern ist das so.“

Sie finde es fehle aber an Bilderbüchern für Erwachsene in der Schweiz. Da sind andere Länder wie z.B England schon viel weiter.

Und die letzte Frage:

Bist du zufrieden mit deinem Beruf?

Also wenn du mich jetzt so fragst, merke ich gerade, dass ich wahnsinnig zufrieden bin (lacht). Manchmal braucht es einfach jemanden der zu mir kommt und mich fragt. Im Alltag vergesse ich noch schnell was für ein riesen Glück ich habe und motze mal hie und da.

Nochmals einen Herzlichen Dank an Karin Widmer für dieses freundliche und interessante Gespräch!

http://www.hookillus.ch/karin_widmer.html