Interview mit Raphael Volery

Raphael und seine Partnerin begrüssen uns äusserst herzlich in ihrem gemeinsamen Atelier im Kreis 3. Kaum das wir eingetreten sind, befinden wir uns auch schon Mitten in einem interessanten Gespräch über Illustrationen und Visualisierungen.

1984 schloss Raphael die Fachklasse für wissenschaftliche Illustration an der damals sogenannten „Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich“ ab. Für ihn stand immer fest, dass er sich nach absolviertem Studium selbständig machen möchte. Seine ersten Auftragsarbeiten als selbständigerwerbender waren archäologischer Natur. Danach folgten vermehrt Auftragsarbeiten für technische Illustrationen u. a. für ein Physiklehrmittel. Lachend erinnert sich Raphael an die spannenden physikalischen Experimente die eine Fachperson im Technorama ausführte und welche er fotografisch festhielt um diese anschliessend analog im DIN A4 Format abzuzeichnen.
Raphael hat den Sprung von einer rein analogen Arbeitsweise in die digitale problemlos gemeistert und sich autodidaktisch das Know-how für Programme wie Cinema 4D angeeignet. Heute sind 3D-Visualisierungen eine Kernkompetenz des Illustrators. Mit Begeisterung zeigt er uns an zwei Computerbildschirmen ein Projekt über die räumliche Entstehung und Besiedlung der Stadt Zürich, welches er in Eigenregie erarbeitet. In einer Abfolge von hundertjährigen Abständen visualisiert er chronologisch die Stadtentwicklung. Die erste Darstellung zeigt die Stadt zur Römerzeit und geht aktuell weiter bis 1800.

„Ich mag es etwas detailliert zu veranschaulichen, das es nicht mehr gibt, das es gegeben hat oder das es noch geben wird.“

Stress und Druck prägen seinen Arbeitsalltag. Auch das Privatleben und soziale Kontakte kommen gelegentlich aufgrund der Arbeit zu kurz. Langfristig planen sei eher schwierig, da er nie wissen könne wann er einen Auftrag erhalte. Auf die Frage ob man lerne könne mit dem Dauerstress umzugehen, antwortet Raphael achselzuckend, er glaube es gehöre einfach dazu. Trotz dem andauernden Kampf sich auf dem Arbeitsmarkt behaupten zu können, schätzt er seine abwechslungsreiche Tätigkeit sehr.

„Wenn du einen Auftrag kriegst, dann musst du zugreifen.“

Zukünftig würde er sehr gerne architektonische Visualisierungen umsetzen. Das Gebiet der Architektur fasziniert ihn sehr, jedoch fehlen ihm hierfür die nötigen Kontakte. Sich selber zu vermarkten findet er ein schwieriges Thema. Raphael berichtet, dass die Gewinnung von Neukunden grössten Teils durch Empfehlungen von bereits bestehenden Kunden zustande komme. Viele Auftragsarbeiten entstehen durch persönliche Beziehungen und Kontakte. Zuverlässigkeit und die Einhaltung von Abgabeterminen sei ein ganz wichtiger Punkt in der Zusammenarbeit mit Kunden.

„Oft ist dem Kunden die Qualität und der Detailreichtum weniger wichtig als die Einhaltung des vereinbarten Abgabetermins.“

Im weiteren Gespräch spricht Raphael das Thema Bildrecht an und informiert uns über ProLitteris. Dies ist eine schweizerische Urheberrechtsgesellschaft für Literatur und bildende Kunst. Er rät uns, dass wir uns bei dieser Gesellschaft ebenfalls registrieren sollen.

„Klaut dir jemand deine Bilder, kannst du dich bei der Rechtsabteilung von ProLitteris beraten lassen.“

Wir bedanken und ganz herzlich für das offene Gespräch und den Einblick, den uns Raphael in seinen Arbeitsalltag gewährte.

www.raphael-volery.ch
www.prolitteris.ch

by Jean und Katja

Interview mit Stephan Kuhn und Eloisa Aldomar

Im Dezember 2017 durfte ich mit zwei wunderbaren und sehr unterschiedlichen Illustratoren ein Interview führen und sie in ihrem Gestaltungsumfeld besuchen.Die Begeisterung war gross eine frisch gebackene wissenschaftliche Illustratorin und einen erfahrenen freien Illustrator über deren Erfahrungen und Meinungen zu befragen. Gerne stelle ich euch beide zuerst vor.

Stephan Kuhn-Selbstständiger freier Illustrator
                    

Stephan ist für mich der Inbegriff eines Illustrators. Er begrüsste mich mit seinen zusammengebundenen schulterlangen Haaren und einem Kaffee herzlichst in seinem Atelier in Eglisau. Die Begeisterung für Kunst ist förmlich im ganzen Raum zu spüren. Das Atelier ist nicht nur mit einem Büchergestell und aufgetürmten Büchertürmen geschmückt, sondern auch mit faszinieren Bildern an der Wand. Mit einem witzigen Grinsen meint er: „Die grossen Bilder seinen von ihm die kleinen von den guten Künstlern.“ Das bequeme Sofa lässt darauf schliessen, dass er das Illustrieren liebt und lebt bis spät in die Nacht hinein. Stephan hat schon seit Kindesbeinen an nur das Zeichnen im Kopf. Von Indianern und Cowboys bis zu Superhelden, Motorräder, Frauen. Über einen Vorkurs ist er zur gestalterischen Ausbildung als Retoucheur gekommen. Nach der Weltreise mit seiner jetzigen Frau Pascale hat er in seinem Beruf gearbeitet und sich wichtige Kontakte aufgebaut. Er machte sich selbstständig und eröffnete ein eigenes Atelier im Niederdorf in Zürich.

Eloisa Aldomar-Absolventin des Bachelors in Scientific Visualization
                           

Meine Hochachtung hat sich Eloisa nicht nur mit ihrer faszinierenden und interessanten Bachelorarbeit Post Mortem verdient mehr noch mit Ihrem strahlenden herzlichen Gemüt. Die gleichzeitig schockierende Dramatik und anmutende Ästhetik ihrer Bachelorarbeit lässt Eloisa den diesjährigen Förderpreis gewinnen. Die gelernte Informatikerin habe ich im Toni-Areal in der ZHDK getroffen wo sie ihren Neustart im Bereich Design vor 3 Jahren gewagt hat und ihn nun im Masterstudium Knowledge Visualization noch weiter ausbaut.

Stephan und Eloisa haben das Privileg ihren Arbeitstag selber zu gestalten. Nebenbei widmet sie sich ihren aufgeschobenen privaten Pendenzen als auch ihrer anderen Leidenschaft, dem Nähen. Stephan geniesst es selbständig seinen Alltag mit Fixterminen von Kunden oder „Zmittags-meetings“ zu bestimmen. Momentan arbeitet er an einer eigenen Schaufenstergestaltung und an einem Auftrag der Luzerner Kantonalbank. Frage bringt ein eigener Stil Vorteile? Stephan muss sich nicht über einen Stil definieren. Für ihn sind Handschrift und Flexibilität in seinem Beruf sehr wichtig. Eloisa ist der Meinung, dass ein eigener Stil sehr wichtig ist, wie zum Beispiel auf der eigenen Webseite. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass Kunden meist mit eigenen Vorstellungen kommen und sich mit der gesehenen Arbeit identifizieren möchten. Beide sind der Meinung, dass es nicht nur eine Frage des Talentes sondern auch Hingabe und Übung wichtige Faktoren sind. Ohne Fleiss kein Preis. Pure Faszination verspürte ich bei beiden, als ich sie nach Ihren Vorbildern oder Lieblings-Illustrationen befragte. Eloisa hat zwar keine Vorbilder, aber liebt die Studienblätter von dem Modul Analytisches Zeichnen. Sie bewundert heute noch, wie sehr man etwas so genau mit dem Werkzeug Zeichnen erkunden kann. Für Stefan gibt es nicht nur einen Illustrator. Es gibt immer wieder Bilder oder Illustratoren die ihn total „umhauen“. Es war wunderschön ihm dabei zu zuhören, mit welcher Begeisterung er von anderen Künstlern sprach. Er besuchte sogar nur auf Grund einer Ausstellung einen Künstler in San Franzisco. Das Einschneidenste beider Karrieren war ein Richtungswechsel. Bei Eloisa war es der neue Weg in die Welt des Designs und bei Stephan der Schritt zur beruflichen Selbstständigkeit. Zum Schluss habe ich sie noch beide um Tipps und Tricks für meinen weiteren Weg gebeten.

Eloisa: ,,Geniesse die drei Jahre Studium in vollen Zügen und lass dich nicht von Zukunftsperspektiven stressen.“

Stephan lacht und meint: „Wird auf keinen Fall Illustratorin! Als Illustrator gibt es keine Sicherheit: So früh wie ich begonnen habe zu zeichnen so spät werde ich auch damit aufhören. Nein, mach einfach genau DEIN Ding und hör nur auf DICH!“

 

Interview mit Sibylle Heusser

Das liebliche Atelier an der Magnusstrasse in Zürich bietet Raum für Sibylle Heusser und ihren Arbeitskollegen Marcus Moser. Die beiden teilen sich die Räumlichkeiten mit dem Atelier ‚Bunter Hund’ und mit Olivia Aloisi. Man könnte meinen es werde ein wenig eng, da sie nun auch noch zwei Mitarbeiter angestellt haben (Ursina Bärtschi und Gregor Forster), aber Sibylle erzählt mir von dem bereichernden Austausch, der zwischen den Menschen dort stattfindet und dabei hilft, die eigene Arbeit besser zu reflektieren. „Das ist auch bei der Zusammenarbeit mit Ursina und Gregor so“ erzählt sie mir „Damit wir die Aufträge gut untereinander aufteilen können, müssen wir formulieren können wie genau wir uns das Resultat vorstellen, und müssen uns so auch bewusst sein warum wir diese Vorstellung haben“. Es sei insgesamt eine grosse Entlastung noch mehr kreative, geschickte Hände an den Aufträgen von Oculus arbeiten zu lassen, jedoch braucht es auch mehr Vorbereitung und Koordination. Und natürlich muss man die speziellen Fähigkeiten und Vorlieben der anderen kennen.

Sibylle hat mit Marcus studiert und beide haben gleich anschliessend mit noch weiteren Ehemaligen ein gemeinsames Atelier belebt. Dort arbeiteten alle an Ihren eigenen Projekten aber auch schon an Aufträgen.

„Ich hatte das Glück, in der Zeit bei der Kantonsarchäologie angestellt zu sein, so konnte ich mir die Zeit nach dem Studium finanzieren“. Sie hatte 13 Jahre Teilzeit dort gearbeitet, aber jetzt ist sie schon seit 8 Jahren zu 100% selbstständig. Als ich sie frage, weshalb sie nicht mehr angestellt sei, antwortet sie mir „Die Anstellung hat mir gefallen und ich war sehr froh um ein festes Standbein in der Arbeitswelt. Aber nach so einer langen Zeit wollte ich wieder Neues kennenlernen und als das Atelier hier gut lief, entschied ich mich zu gehen.“

Jetzt arbeitet sie meist an 3 Projekten gleichzeitig. Der wöchentliche Auftrag der Coop-Zeitung, einige Arbeiten mit zeitnahen Abgabeterminen zwischendurch und dann noch die grossen Projekte.

Auf meine erstaunte Frage, ob das nicht sehr anstrengend sei, sich auf so vieles zu konzentrieren muss sie etwas lachen „Nein- ich finde es erholsam nicht immer das gleiche machen zu müssen! Wenn ich irgendwo nicht weiterkomme und eine Pause brauche, oder mehr Lust auf das andere Projekt habe wechsle ich- und meist klappt das sehr gut.“

Seit drei bis vier Jahren hat sie auch ein kleines eigenes Projekt am Laufen: sie macht jede Woche eine freie Skizze und eine davon ist das Titelbild dieses Eintrags geworden.

http://www.atelier-oculus.ch/index.html

 

 

Interview mit Nadja Baltensweiler

Bei der wissenschaftliche Illustratorin und Grafikerin Nadja Baltensweilers treffen sich sorgfältige, liebevolle Zeichnungen mit klarem, modernem Grafikdesign. Zusätzlich ist sie spezialisiert auf medizinische Inhalte und setzt komplizierte anatomische Sachverhalte verständlich und sehr ästhetisch dar. Ihre High End Aquarelle beeindrucken durch ausgeprägte zeichnerische Fähigkeiten und einem Feingefühl für Details.

Nachdem Nadja das Gymnasium abgeschlossen hatte, war für sie überhaupt nicht klar, wohin ihr weiterer Weg führen sollte. Sie machte sich viele Gedanken über ihre Zukunft und hatte keine konkreten Pläne.

Ihre Eltern sind beide wissenschaftliche Illustratoren und schon als Kind wurde Nadja in gestalterischer Hinsicht gefördert. Den Vorkurs zu machen, war für sie daher sehr naheliegend und der einfachste Weg. Doch auch nach diesem intensiven Gestaltungsjahr war sie nicht sicher, was sie beruflich machen möchte.

Sie arbeitete eine Zeit lang auf Grabungen, um Geld zu verdienen und anschliessend auf Reisen gehen zu können. Nach einem Jahr Reisen, kehrte Nadja zurück in die Schweiz und begann das Studium zur wissenschaftlichen Illustratorin in Luzern. Das erste Jahr, das sogenannte Basismodul, empfand sie als nicht besonders motivierend. Die folgenden Studienjahre, in denen es wirklich um wissenschaftliche Illustration ging, gefielen ihr viel besser.

Nachdem sie den Bachelor abgeschlossen hatte, versuchte Nadja sich selbstständig zu machen. Sie nahm kleine Aufträge an, wurde jedoch immer wieder enttäuscht. Sie machte schlechte Erfahrungen mit Kunden, die nicht zahlten und war mit dem Geschäftsleben überfordert. Sie sagt, es habe ihr an Lockerheit und Selbstvertrauen gefehlt. Sie arbeitete anschliessend befristet als wissenschaftliche Illustratorin bei einer Innenarchitektin, bekam ein Stipendium für vier Monate in Paris und ging nach Italien, um zu malen und die Sprache zu lernen.

Weil ihr Berufsleben nicht den gewünschten Gang nahm und auch die Selbstständigkeit nicht gut funktionierte, entschloss sie sich eine Masterausbildung in visueller Kommunikation anzuhängen. Bei ihrer Arbeit stellte das Grafikdesign häufig eine Schwierigkeit dar. Da sie aber einen wichtigen Zusammenhang zwischen Grafik und Illustration sah, fand sie es sinvoll, sich in diesem Bereich weiterzubilden.

Während dem Master machte Nadja einen selbstorganisierten Austausch nach Holland, um sich dort ein Jahr auf das medizinische Zeichnen zu spezialisieren. Dabei ging es ihr vor allem um die Inhalte und nicht um technische Fortschritte. Während dieser Zeit beschäftigte sie sich ausschliesslich mit anatomischen und medizinischen Themen.

Nach dem Master wollte Nadja auf Grund ihrer schlechten Erfahrungen nicht mehr selbstständig arbeiten und bewarb sich für einige Stellen. Sie bekam eine Teilzeit-Festanstellung als wissenschaftliche Illustratorin und Grafikerin. Kaum hatte sie ihre neue Stelle angetreten, erhielt sie unerwartet Anfragen fürspannende Aufträge. Nadja entschloss sich, es nochmals zu versuchen und arbeitete Teilzeit angestellt und Teilzeit selbstständig. Ganz anders als einige Jahre zuvor, begann ihr selbstaufgebautes Geschäft zu funktionieren. Mit dem Geld, das sie durch die Festanstellung verdiente und den Erfahrungen, die sie dort machte, kam auch die nötige Entspanntheit und das Selbstvertrauen.

Nadja erklärt, dass sie eigentlich eine selbstbewusste Frau ist, die nicht mit Schüchternheit zu kämpfen hat. Im Geschäftsleben, kamen aber Faktoren wie Zeitdruck, Hierarchien und Geldfragen hinzu, die sie verunsicherten. Durch das Studium hatte sie in technischer und zeichnerischer Hinsicht sehr viel gelernt, jedoch nichts über marktorientiertes Arbeiten erfahren. Sie hatte keine Ahnung wie ein Betriebt funktioniert und wie die Realität wirklich aussieht.

Heute, nach eingen Jahren Erfahrung, ist Nadja erfolgreich selbstständig, arbeitet normalerweise fünf Tage die Woche in ihrem Atelier und bekommt ausreichend Projektanfragen. Sie schätzt es, ihre Arbeitszeiten selbst einteilen zu können. Da sie kein Morgenmensch ist, ziehen sich ihre Arbeitsschichten häufig bis um 21.00 h hin. Durch diese Flexibilität hat sie auch die Möglichkeit bei Arbeitsblockaden, Mal einen halben Tag zu entspannen und die liegengebliebene Arbeit am Wochenende nachzuholen.

Wenn möglich, organisiert isie hre Arbeit jeweils einen Monat im voraus mit einem genauen Plan für jeden einzelnen Tag. Das System der Monatsplanung gibt Nadja viel Struktur und ermöglicht ihr klare Zeiten der Entspannung einzuberechnen und diese dann auch zu geniessen. Natürlich kommt es trotzdem vor, dass eine dringende Offerte ihre Planung durcheinander bringt.

Als ich Nadja nach ihrer Lieblingsarbeit frage, lacht sie und sagt, dass ihr Partner diese Frage wahrscheinlich besser beantworten könnte als sie. Sie selber hat nicht all ihre Arbeiten im Kopf. Nachdem sie ihre eigene Webseite kurz durchforstet, entscheidet sie sich für die anatomische Abbildung eines Fusses. Bei dieser Arbeit kommen viele spannende Faktoren zusammen: Sie hat dabei sehr viel über Anatomie und Sezieren gelernt, ihre Fähigkeiten im Bereich des Aquarelles brauchen und die illustrative Arbeit mit ihrem Grafikdesignl verbinden. Es war eine grosse Herausforderung, sagt sie, all diese Faktoren in einem Projekt zu vereinen und sie musste sich vor sich selber beweisen.

Die grösste Herausforderung bis jetzt, ist das Projekt, an dem Nadja momentan arbeitet: Komplexe anatomische Illustrationen für ein Projekt von Universitäten aus Deutschland und den Niederlande, welches in Zukunft Medizinstudenten weltweit zuverlässige Bilder zur Verfügung stellen möchte. Alleine die Vertragsverhandlungen dauerten ein Jahr und es mussten viele Kompromisse eingegangen werden. Das Projekt ist inhaltlich und technisch sehr komplex. Dazu kommt, dass das Budget gering ist. Trotz all den Schwierigkeiten, ist dieses Projekt das, was sie immer machen wollte.

Fast alle Arbeiten von Nadja sind eine Kombination aus analogem und digitalem Arbeiten. Durch ihre intensive Auseinandersetzung mit der Technik Aquarell hat sie sehr viel über Lichtsituationen und genaue Beobachtung gelernt, was sie in anderen Arbeitstechniken ebenfalls anwenden kann. Sie hat im Arbeitsalltag nicht häufig die Möglichkeit High End Aquarelle zu machen. Dennoch hat sie dank ihren analogen Aquarellarbeiten schon Aufträge bekommen.

Nadja macht zur Zeit keine Werbung, um an Aufträge zu kommen. Ihre wichtigsten Strategien sind: die Kunden nett und zuvorkommend zu behandeln, ihre Webseite zu pflegen und sich so ein stabiles Netzwerk aufzubauen.

Nadja hat den Sprung in die Selbstständigkeit erfolgreich geschafft. Sie hat viele spannende Arbeiten und Projekte für die Zukunft geplant. Sie scheut sich nicht vor neuen Herausforderungen und ihr momentanes Hauptziel ist das Herausgeben „So sieht‘s aus bei der Frau“.

Nadjas sympathische, unbeschwerte und gleichzeitig seriöse und bescheidene Art hat mich neben ihren gestalterischen Fähigkeiten nachhaltig beeindruckt.

http://www.nadjabaltensweiler.ch

http://www.nadjabaltensweiler.ch/shop/

INTERVIEW MIT GREGOR FORSTER

 

 

„Wer wot scho nöd bis is hohe Alter im eigete Atelier mit Sunneschy uf de Glaze und em Bleistift i die Hand sis Lebenswerk vollende?“

So, mehr oder weniger, tönt Gregor Forster’s Einstellung – er hat 2015 das Studium Scientific Visualization an der ZHdK abgeschlossen – mit der er sehr optimistisch und motiviert als Illustrator unterwegs ist.

„Du hast nie ausgelernt, kannst jeden Tag etwas Neues dazulernen und dich immer weiterentwickeln. Das ist das Tolle an unserem Beruf.“

Bereits während dem Studium und speziell danach hat Gregor sich immer weiter sein Portfolio zusammengestellt, welches seine Persönlichkeit und seine Interessen widerspiegelt. Ursprünglich kommt sein Drang zum Zeichnen aus der Welt der Animation. Der Look von Zeichentrickfilmen hat ihn schon immer fasziniert, besonders interessierten ihn Bildkompositionen und das Spiel zwischen Licht- und Farbwelten.

Nach dem Vorkurs in Luzern wollte Gregor Forster eigentlich auch Animation studieren.  Jedoch empfahlen ihm seine damaligen Dozenten die wissenschaftliche Illustration, weil er immer so genau und vor allem durch Beobachten gezeichnet hat. So ist er schliesslich zum VSV an der ZHdK gekommen. Gregor Forster merkte dann aber, dass die traditionelle wissenschaftliche Illustration nicht sein grösstes Interesse ist und hat darum mit Hilfe von Onlinekursen und Workshops aus der Animationsindustrie sein Wissen und Können erweitert.

Gleich nach dem Studium absolvierte er für fünf Monate Zivildienst als Archäologischer Ausgräber und Grabungszeichner im Aargau. Es war aber eher eine monotone Arbeit, vor allem viel messen und wenig zeichnen. Anschliessend machte er für vier Monate ein Praktikum bei Guido Köhler & Co. Dort bekam er Einblicke in die wissenschaftliche Illustration, Infografiken und Layouts.

Seit Mai 2016 hat er eine 20% Festanstellung bei Oculus Illustration GmbH als wissenschaftlicher Illustrator, wo es eine klare Arbeitsaufteilung gibt: Die Chefs generieren Aufträge, halten den Kontakt mit den Kunden und stellen die Konzepte auf. Gregor Forster ist für die Ausführung zuständig und arbeitet in dem Stil, der verlangt oder vorgegeben wird. Gleichzeitig begann er als selbständiger Illustrator in seinem eigenen Namen zu arbeiten und wird von einer englischen Illustration-Agentur international vertreten. So kommt er immer wieder zu sehr interessanten und abwechslungsreichen Aufträgen. Einige Beispiele sind: Illustrationen für Magazine, Menükarten, Getränkelabels und Illustrationen für ein Kinder-Sachbuch. Dabei wechselt er zwischen wissenschaftlicher Illustration und freier Illustration.

Da Gregor Forster noch relativ frisch vom Studium kommt, interessierten mich vor allem die Fragen, welches die grössten Hürden oder Schwierigkeiten nach dem Studium waren oder vielleicht immer noch sind. Und inwiefern uns das Studium auf die Berufswelt vorbereitet. Er erklärte mir, dass der grösste Unterschied zwischen Studium und der Berufswelt stressige Deadlines, der Zeit- und Gelddruck sind. Im Studium hast du Zeit zum Trödeln, kannst ausprobieren, Fehler machen und auch einmal bei einem Projekt versagen. Bei einem Auftrag kannst du das nicht. Passiert dir ein Fehler, kannst du nochmals von Neuem beginnen, darfst es dem Kunden aber nicht verrechnen. Du musst eine Offerte einhalten und wenn du es in dieser Zeit nicht schaffst, musst du entweder mit dem Kunden eine neue Offerte aushandeln oder dein Stundenlohn fällt. Zudem ist es schwierig abzuschätzen, wie viel Wert eine Illustration hat und wie viel man dafür verlangen darf/kann. Auf diese Dinge wirst du im Studium wenig vorbereitet. Fiktive Aufträge oder Übungen bringen wenig Projekterfahrungen mit. Du hast noch keinen Sinn für den Preis. Hilfreich wäre, wenn der Dozent sagen könnte, wie hoch seine Offerte ausfällt, würde es sich bei dem Projekt um einen richtigen Auftrag handeln. So hättest du eine Grundlage zum Vergleichen. Weitere Hürden nach dem Studium waren, herauszufinden wofür sich Kunden interessieren oder wie Kunden auf einen aufmerksam werden und wie man sich selber gut vermarkten kann.

Zum Abschluss einige Tipps von Gregor Forster:

„Mach schon während dem Studium deine eigenen Sachen und Projekte in deinem Stil, mit denen du dein Portfolio füllen kannst. So sieht es nicht aus wie jedes andere Studentenportfolio. Lege nur Arbeiten ins Portfolio, die dir Freude und Spass bereiteten und die du gerne nochmals machen würdest. Weiterbildungen sind sehr wichtig und sei offen für Neues, damit du in keiner Sackgasse endest. Projekte, bei welchen du anfangs Angst hast und denkst, dass du diese nicht meistern kannst, sind die Besten. Sie bringen dich weiter. Wenn du von Beginn an schon weisst, dass du das hinkriegst, gibt es keine Hürden zu überwinden und wenig persönliches Verbesserungspotential. Nach „Angstprojekten“ hast du immer etwas dazu gelernt.“

Ich bedanke mich aufrichtig bei Gregor Forster für das spannende Gespräch und seine Bereitschaft, mir Einblick in sein Berufsleben gegeben zu haben.

 

http://www.gregorforster.com

 

 

 

 

Interview mit Marina Bräm

Marina Bräm, geboren 1980, Ressortleiterin Infografik bei der Mediengruppe Tamedia und arbeitet für Titel, wie der Tages-Anzeiger, SonntagsZeitung, Der Bund, BernerZeitung, u.s.w.

 

Wie kamst du zur Infografik? 

Über viele Umwege. Früher wollte ich klassisch die Kunstgewerbeschule besuchen, doch zu dieser Zeit befand sich die Ausbildung im Umbruch und so absolvierte ich als Erstes den gestalterischen Vorkurs. Danach vier Jahre lang die Grafikfachklasse in Biel, wo ich eine vielseitige gestalterische Ausbildung mit auf den Weg bekam. Wir arbeiteten grafisch, fotografisch, konzeptionell, illustrierten sowohl fiktiv wie auch wissenschaftlich und erwarben uns sogar gewisse Kompetenzen in Infografik. Damals war mir aber noch nicht klar, dass es die Infografik als eigene Profession gab, zumal sich auch diese in den letzten Jahren stark weiterentwickelt hat. Während der 4-jährigen Grafikfachklasse wurde mir bewusst, dass ich möglichst schnell in die Berufswelt einsteigen möchte. Nach meiner Ausbildung zur Grafikerin arbeitete ich zuerst Vollzeit zwei Jahre lang für eine Werbeagentur. Dort lag der Schwerpunkt vorallem beim Corporate Design (Unternehmens-Erscheinungsbild), was mein vernetztes Denken gefördert hat. Doch das faktische Arbeiten fehlte mir in dieser Werbewelt. So reifte die Idee in mir das Grafikdesign mit dem Faktischen zu kombinieren und ich entschied mich für meine Zweitausbildung im Bachelorstudiengang „Scientific Visualization“ der ZHdK. Mein Ziel war es, Grafik und Visualiasierung zu verknüpfen. Trotzdem arbeitete ich nach der Zweitausbildung weiter in Werbeagenturen, weil ich noch nicht genau sah, in welche Richtung mein Weg gehen sollte. Nach einem weiteren Jahr ging ich wieder zurück an die ZHdK und absolvierte das Masterstudium in Erkenntnis -Visualisierung. Während dieser Zeit machte mich jemand darauf aufmerksam, dass meine Arbeitsweise in der Medienwelt gesucht sei. So wechselte ich zum „Beobachter“ und „Beobacher Natur“ und von der Arbeit war ich dort von Beginn an gefesselt und begeistert und konnte viele grosse Arbeiten realisieren. Zwei Jahre später erhielt ich die Anfrage der „NZZ am Sonntag“, um die Disziplin grosser Inforgrafiken in der Redaktion aufzubauen und zu etablieren. Durch meine Publikationen bekam ich zudem immer mehr Anfragen für private Aufträge und die ZHdK bot mir zeitgleich auch noch eine Unterrichtsassistenz an. Im Nu war ich fasziniert von allen Seiten auf drei Schienen unterwegs. Nach drei Jahren musste ich dann die Unterrichtsassistenz einstellen, da die privaten Aufträge stetig zunahmen. Drei Jahre später erhielt ich dann das Angebot von Tamedia und ich musste die Kundenaufträge dafür einstellen. Meine bisherige Laufbahn war nicht geplant oder voraussehbar. Richtungsweisend war nur mein grosses Interesse an der faktischen und kreativen Arbeit und der Verbindung zwischen Reduktion und Ausführlichem, hin zu einer eigenständigen Vermittlungssprache.

Was zählt zu deinen Aufgaben als Leiterin eines Infografikteams ?

Vernetztes Denken und die Überlegung, wie man etwas erzählen könnte in unterschiedlichen Kanälen und in unterschiedlichen Komplexitätsstufen und mit spezifischen Qualitäten. Enthusiasmus und Beweglichkeit sind meine Basis, um die richtigen Leute an Bord holen um an befruchtende Schnittstellen zu gelangen und Ideen voranzutreiben. Meine Aufgabe ist es, stets im Austausch zu sein, Positionen zu wechseln, die Fühler auszustrecken und herauszufinden, wie wir spezifische Themen aufgleisen können und gleichzeitig das Ziel visionieren: inhaltlich, planerisch, strategisch, visuell. Die Gestaltungssprache sollte sich von der Konkurrenz abheben und eine eigene Linie prägen. Zum Beispiel wurden unsere Infografiken während meiner Anstellung grafischer und populärer. Aber auch die Position unserer Arbeit innerhalb der Redaktion und innerhalb der Schweizer Medienwelt gilt es immer wieder zu verorten und zu positionieren. Neben den einzelnen Arbeiten und den vielen Sitzungen ist es wichtig, mit meinem Team in einer guten Verdindung zu stehen, die eigenen Leute gut zu spüren, sie am richtigen Ort abzuholen, die Stärken der einzelnen Personen miteinander zu verbinden und zu fördern. Auch das Planen von grossen Projekten neben dem Tagesgeschäft erfordert Ausdauer und Beharrlichkeit und trotzdem ist man stets im Fluss und muss offen sein für die vielen Zufälle der redaktionellen Arbeit und deren Kompromisse. Es ist ein Wechselspiel zwischen Marathon und Tanz. Es braucht Variation, aber auch eine gute Kondition und eine klare Linie.

 

Arbeitest du alleine an einer Infografik oder entsteht die Gestaltung eher im Team ? 

Das ist unterschiedlich. Es gibt Arbeiten, die jeder im Team alleine von A bis Z durchführt und es gibt Arbeiten, die alleine zeitlich nicht umsetzbar wären, aufgrund der Teilzeitarbeiten oder der Grösse und Komplexität eines Projekts. Bei mir kommt es vor, dass ich ein Projekt aufgleise, vorskizziere und dann eine andere Person oder mehrere Personen realisieren für den Print und das Online. Dies geschieht vor allem bei grossen Themen, wie z.B. „Paradise Papers“, wo man eine gewisse Linie im Kopf hat, wie die Print- mit der Onlineversion verbunden werden kann bezüglich dem Zusammenspiel der Farbigkeit, Abstraktionsgrad und visueller Sprache. Dadurch entsteht eine Art Duktus, den das Team aufnimmt und gemeinsam vorantreibt. Eine anfängliche Idee entwickelt sich, wird vertieft und ausgestaltet und man begleitet sie auf verschiedenen Ebenen. Dieser Prozess ist extrem faszinierend. Man sieht, wie die Arbeit ihre Gestalt annimmt, sich verflechtet, persönliche Stärken eines tollen Teams sich vereinen und über jeden einzelnen von uns herauswächst. Das ist ein grosser Motor des Teamworks, welchen ich bis vor dieser Leitungs-Tätigkeit nie so erleben durfte. Dies lässt mich immer wieder staunen darüber, wie wichtig der Austausch ist, das Loslassen und das gegenseitige Vertrauen. Aber auch die Zurückbesinnung und das Fokussieren der anfänglichen Ziele ist sehr wichtig und die konstruktive Leitung im gesamten Zusammenspiel.

 

Was schätzst du am meisten an deiner Arbeit und was machst du weniger gerne ? 

Hmmm, eigentlich mache ich alles gerne. Mit dem Team zusammenarbeiten, sich weiterentwickeln und natürlich die Arbeit an sich. Auch die Redaktionsschaffenden sind unglaublich bereichernd und bescheren mir ein vielseitiges und lebhaftes Umfeld. Ich fühle mich in diesem Umfeld sehr wohl, weil es sehr locker und doch auch sehr ambitioniert ist. Durch die Grösse der Redaktion, gibt es sehr viele Schnittstellen und Abläufe. Man muss immer viele Facetten der Arbeit im Fokus haben und informiert sein. Das Orchestrieren funktioniert nicht immer reibungslos, was oftmals auch sehr anstrengend ist. Aber in dieser Hinsicht hat sich schon sehr viel verbessert, verglichen zu meinen Anfängen hier und baut auf. Man muss resistent sein, vorallem stressresistent im hektischen Alltag und Freude haben an diesem spontanen, zum Teil improvisiertem Arbeiten haben. Auch den Drang verspüren, konstruktiv den Sachen nachzugehen, die Geduld zu bewahren und trotzdem sehr hartnäckig zu sein, ist wichtig. Ich habe innert kurzer Zeit extrem viel dazu gelernt und viel Wertschätzung erfahren. Das bedeutet mir sehr viel.

 

Skizzierst du analog oder digital ? Mit welchem Programm arbeitest du ?

Ich mache das meiste im Programm Illustrator, was aber völlig freigestellt ist. Während den Besprechungen entstehen zum Teil schnelle Skizzen oder  Dummies, die in der Gruppe diskutiert werden und helfen, sehr konkret zu arbeiten. Wichtig ist stets, eine pragmatische und flinke Vorgehensweise zu finden – egal wie. Bezüglich Programmen habe ich letzten Sommer im Rahmen meiner Anstellung eine Weiterbildung an der Columbia University in NYC absolviert, wo ich Basis-Skills in der Programmierung erlernte und mich stark mit Datenjournalismus beschäftigen durfte. Das beinhaltete die Datenanalyse und damit auch die Entwicklung neuer Ansätze für das Visuelle Storytelling. Spannend waren die Einblicke bei den Graphic Designern der New York Times, welche auf unglaublich hohem Niveau die Arbeiten sehr konvergent entwickeln – analog wie digital. Diese dosieren ihr Können sehr virtuos und subtil. Das hat Stil und Eleganz.

 

Welche Fähigkeiten, die du heute brauchst, konntest du aus dem Studium mitnehmen ?

Das, was jetzt an nötigen Fähigkeiten zusammen kommt, sind Bausteine aus verschiedenen Gebieten. Im Studium „Scientific Visualization“ hat mich die Zusammenarbeit mit den Spezialisten sehr bereichert, vor allem das Befragen und sich dabei Klarheit über ein Thema verschaffen. Das ist auch in der Infografik elementar: Nachhaken, bis man den Inhalt erfasst hat und der Sache auf den Grund gehen kann. Ich habe im Studium gelernt, Berührungsängste vor komplexen Sachverhalten zu verlieren.

Es gibt wenige Grafiker, welche diese inhaltliche und handwerkliche Form der Knochenarbeit kontinuierlich und hartnäckig leisten und widerum wenige wissenschaftliche Illustratoren, die das grosse Ganze der visuellen Kommunikation erfassen. Vom Faktischen her muss ich mir stets im Klaren sein, wo die Kernbotschaft der Aussage liegt, nur so kann ich zu einer präzisen Form gelangen. Das ist für mich heute nach wie vor der springende Punkt – sowohl im Berufsalltag, wie auch in der Wissenschaftlichen Visualisierung. Im Studium habe ich aber auch stark von der Förderung meiner eigenen Vermittlungssprache profitiert. Meine Gestaltungs-Ansätze fanden Anklang, was mir Mut machte auf meinem Weg.

 

Könnt ihr die Themen der Infografiken selber wählen ?

Die Themen sind stark von der latenten Berichterstattung abhängig. Im Moment dominiert beispielsweise das Thema „No Billag“. Wir überlegen, wie man die Thematik angehen kann und unterschiedliche Blickwinkel vereint, so dass der Leser einen neuen Erkenntnisgewinn generieren kann. Dieser Aspekt ist sehr wichtig. Die Themen sollten stets einen aktuellen Bezug haben und trotzdem hintergründige Qualitäten hervorbringen. Es ist wichtig, Freude und Interesse an einem grossen Spektrum von Themen zu haben, und diese erfrischend zu verknüpfen. Wir arbeiten für alle Ressorts – ob Sport, Ausland, Inland, Wissen oder Wirtschaft – überall sind Themen verborgen, die durch Kontrast und Kreativität in ihrer verschlossenen Grundstruktur aufgebrochen werden können.

 

Du hast ja auch selbstständig gearbeitet. Wie hast du diese Zeit erlebt ?

Das war eine tolle Zeit und ich könnte mir sie je nach Situation auch wieder als Option vorstellen. Die Selbstständigkeit aufzugeben war auch mit Wehmut verbunden, da ich sich gute Kundenkontakte entwickelt hatten und meine Handschrift etabliert war. Es war nicht einfach, diese Vertrauensbasis aufzulösen und spannende Jobs im Netzwerk weiter zu vergeben. Dennoch war es für mich die richtige Entscheidung, zugunsten der neuen Herausforderung. In die Selbstständigkeit zurückzukehren – mit einem grösseren Netzwerk und mit einer viel breiteren Erfahrung – bleibt mir als Option erhalten. Als ich 50% selbstständig arbeitete, konnte ich die ganz grossen Aufträge nicht annehmen aufgrund des begrenzten Zeithorizonts und gleichzeitig hatte ich durch die 50%-Anstellung auch viel Koordinationsaufwand mit meinen selbstständigen Terminen und deren Planung. Somit stand über kurz oder lang ein Entscheid an, um mich für die eine oder andere Richtung zu entscheiden. Durch die Anfrage von Tamedia stellte sich für mich dann somit eine erwartete Weiche. In der heutigen Leitungsposition stehe ich am Puls der Aktualität und mit beiden Füssen in einem grossen Umbruch des Journalismus. Ich darf Verantwortung übernehmen und das ist ein Privileg. Die Selbstvermarktung steht nicht mehr an erster Stelle, man kämpft für einen kollektiven Grundgedanken und den Anspruch einer gehaltvollen Informationsaufbereitung. Man stellt sich bewusst in den Dienst der Werterhaltung. Durch die Tätigkeit in einem grossen Konzern ist man eher nach innen gekehrt, optimiert die internen Vorgänge, anstelle der persönlichen Repräsentation. Doch beide Seiten sind enorm wichtig und da unsere Branche in einem grossen Wandel ist, gilt es beide Facetten im Bewusstsein zu verankern und wachsam zu sein.

 

Wie bist du an Aufträge gekommen, als du selbstständig warst ? 

Eine stets aktualisierte Webseite war damals meine Basis und die persönliche konstante Handschrift. Nur wer laufend gute Referenzen zeigt, signalisiert Beständigkeit und Professionalität. Durch die Publikationen im Beobachter, später bei der NZZ am Sonntag, wurden Personen auf mich aufmerksam. In den Anfangszeiten war es ernüchternd zu realisieren, wie wenig Ahnung gewisse Kunden vom enormen zeitlichen Aufwand einer Infografik hatten. Doch für meine Glaubwürdigkeit und dem Aufbau einer eigenen Lobby war es essentiell, sich seiner Sache im Klaren zu sein und Haltung zu bewahren. Es war wichtig Aufträge abzuweisen oder hin und wieder zu akzeptieren, dass sich Kunden aufgrund der Offerte abwendeten.  Das formt im Endeffekt die Eigenständigkeit und ist langfristig effektiver.

 

Du hast auch noch als Unterrichtsassistentin an der ZHdK gearbeitet. Wie hast du diese Zeit erlebt ? 

Die ZHdK suchte gezielt Studienabgänger, welche den Bachelor- und das Masterstudium absolviert hatten. Ich arbeitete nach meinem Abschluss in einer 20%-Anstellung als Unterrichtsassistentin im Masterstudiengang „Erkenntnis-Visualisierung“. In dieser Tätigkeit war ich für die Koordination verantwortlich zwischen Studierenden und Dozierenden und direkte Ansprechperson für die Studierenden und deren Fragen zu den Masterprojekten. Es war auch wichtig vernetzende und prasixbezogene Inputs einzubringen, mitzuhelfen den jungen Studiengang zu etablieren. Später kamen auch Projektmentorate hinzu. Der Austausch mit den anderen Masterassistenzen zu anderen Studienvertiefungen war sehr bereichernd. Rückblickend war auch dies eine wichtige Schulung für meine Zukunft. Nach der Beendigung meiner Assistenz, unterrichtete ich in einem spezifischen Modul zum Thema Infografik. An den Schulen für Gestaltung in St. Gallen und Bern habe ich noch heute einen kleinen Lehrauftrag im Fach „Visual Storytelling“ und musste umfänglichere Anfragen aufgrund der starken beruflichen Auslastung abweisen.

 

Hattest du schon während dem Studium Aufträge ?  Findest du das wichtig ? 

Dadurch, dass ich zuvor in der Grafik arbeitete, hatte ich dazu die Möglichkeit. Doch irgendwann kam der Zeitpunkt, wo die Aufträge zu belastend wurden und die Auftragsarbeit zuviel Zeit beanspruchte. Aus diesem Grund suchte ich mir einen gewöhnlichen Studenten-Nebenjob. Hier verdiente ich zwar wenig, konnte mich jedoch zugunsten des Studiums klarer abgrenzen. Ich empfehle den Studierenden sich während des Studiums ernsthaft mit der Zukunftsvision auseinanderzusetzen, sich jedoch nicht voreilig in Aufträge zu verrennen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich noch zuwenig fokussiert und gewissermassen auch noch zu unreif war, um gezielte Kundenaufträge zu betreuen und ihnen standzuhalten. Es ist wertvoller, die Zeit während und direkt nach dem Studium für Praktikas zu nutzen, oder an Teilprojekten von Dozierenden mitzuwirken und von ihrem Support zu profitieren. Es ist wichtig, Optionen auf sich wirken zu lassen, bevor man sich entschlossen mit einer Handschrift positioniert. Manche Chancen kommen nur einmal und es ist schade, wenn man sie halbherzig verfolgt. Fehler und unprofessionelles Auftreten können kontraproduktiv sein. Das Studium ist eine einmalige Gelegenheit um zu experimentieren, zu variieren, Stärken und Schwächen der eigenen Arbeit auszuloten und die Flughöhe zu finden, bevor man sich später in der Arbeitswelt mit Systematik, Kontinuität und Disziplin unter Beweis stellt. Im Studium gehören Fehler bewusst zum Lernprozess und haben ihren Platz – beim bezahlenden Kunden leider oftmals nicht. Diese Realität erfordert ein klares Commitment und Ernsthaftigkeit.

 

Was würdest du uns Studierenden als Tipp oder Ratschlag für den Einstieg in den Beruf geben ?

Wichtig finde ich es, sehr gute (digitale) Skills aufzubauen, offen zu denken, sich gut zu vernetzen, gute Referenzen und ein starkes Portfolio aufzubauen. Die Konkurrenz ist gross. Was zählt in meinen Augen, ist es zu verstehen, wie man seine grosse Leidenschaft mit einer unternehmerischen Idee, Originalität und Freude in Szene setzt. Wo gibt es Bedarf ? Mit welcher Spezialisierung hebe ich mich von der Masse ab? Wo liegen meine einschlägigen Stärken? In welchen Gebieten kann ich mich auf Augenhöhe zu einem wertvollen Geschäftspartner entwickeln? Eine hohe Professionialität und gute Kommunikationsfähigkeit finde ich persönlich die edelsten Kernstücke. Kombiniert mit einem guten Gespür für Kontakte, um ein vielseitiges Netzwerk aufzubauen, das einem trägt und wo sich Türen immer wieder öffnen und spannende Personen auftauchen, welche als Schlüsselstellen agieren, ein gesunder Messgrad für die persönliche Laufbahnfähigkeit. Das meine ich nicht berechnend, sondernd als fördernde Strategie in einer komplexen Berufswelt.

 

 

Ich danke Marina Bräm ganz herzlich für dieses Interview und wünsche Ihr weiterhin viel Erfolg.

 

http://www.marinabraem.com

https://interaktiv.tagesanzeiger.ch

https://interaktiv.tagesanzeiger.ch/2017/genug-vom-mutterland/?openincontroller

 

 

 

 

Interview mit Patrick Graf

Patrick Graf arbeitet als Animator, Illustrator und Director in Zürich. Er animierte unteranderem die Graubünden Steinböcke sowie den sprechenden Uhu „Uhu-Schuhe“ aus dem Film „Das kleine Gespenst“.

Nach der Oberstufe besuchte er den Vorkurs an der damaligen Hochschule der Gestaltung und Kunst. 1997 schloss er die Ausbildung als Wissenschaftlicher Zeichner in Zürich ab. Er wollte im Studium vor allem die Basis-Techniken erlernen. Seinen Focus setzte er auf die menschliche Anatomie und die Bildkomposition. Dieses Basiswissen ist ihm heute noch für die meisten seiner Arbeiten behilflich. Anders sah es damals im Digitalbereich aus. Obwohl ein Computer an der HGKZ vorhanden war, musste er sich jegliches Wissen und Können im Verlaufe der Jahre selbst aneignen.

Nach seiner ersten Stelle als Illustrator bei Bioengineering und Habegger, bewarb er sich bei der Postproduktion „Treibhaus AG“. Dort arbeitete er sieben Jahre lang als General Artist. Über die Jahre hinweg eignete er sich Wissen über Pre- und Postproduktion in Werbung und Film an. Anschliessend gründete er mit zehn weiteren CG-Artist „Elefant Studios AG“. Ursprünglich ein Gemeinschaftsatelier, welches sich vom Label zu einer Firma mit internationalem Ansehen entwickelte. Heute arbeitet er in einem CG-Artist-Colective, „PULK“ bestehend aus zehn freischaffenden Freelancern, welche hauptsächlich in Werbung und Film tätig sind.

Um sich ein Standbein in der schweizerischen Werbe- und Kulturszene zu verschaffen empfiehlt er die Akquise mit Agenturen und Produktionen. Viele seiner heutigen Kunden kennen ihn aus früherer Zusammenarbeit. Ergänzt werden diese durch Auftraggeber die über sein Netzwerk oder Webseite Kontakt zu ihm finden/suchen.

Die Vielfalt seiner Tätigkeit begründet er dadurch, dass er als Character-Animator alleine nicht überleben könnte. Der schweizerische Werbe- und Film-Markt bietet zu wenig Aufträge um als Character-Animator zu existieren. Die Abwechslung zwischen Illustration und Animation bietet ein breiteres Spektrum.

Patrick hat sich über die Jahre hinweg einen total digitalen Workflow angeeignet. Seine Arbeiten kreiert er vom Konzept bis hin zur Umsetzung an einem Wacom Tablet. Mit analogen Medien arbeitet er kaum noch. Für die Bildbearbeitung seiner Illustrationen verwendet er Adobe Photoshop. Tools wie Photoshop oder ToonBoom Harmony benützt er für die traditionelle 2D Animation. In der 3D-Animation arbeitet er mit Autodesk Maya.

Projekte an denen er von A bis Z mitarbeitet und viele Entscheidungen selber fällen darf, gefallen ihm am besten. Der Werbefilm für das „Film- und Medienförderungsgesetz“ gehört zu seinen vorzeige Projekten. Filme sind aber langlebiger als Werbungaufträge. Deswegen schaut er auch gerne auf die Mitarbeit am Film „Das kleine Gespenst“ zurück.

Aktuell arbeitet er neben Kunden Aufträgen auch an einem eigenen Projekt. Die Comicserie „The Galactic Senate“ ist in Bearbeitung. Für seine berufliche Zukunft wünscht er sich eine grössere Auswahl an kompletten Animations-Aufträgen von Konzept bis hin zur Umsetzung.

Berufseinsteigern empfiehlt er bereits während dem Studium: „Üben, Üben, Üben, auf Akquise gehen und viel Eigeninitiative.“

www.patrickgraf.ch

http://www.pulk.co/

http://www.the-galactic-senate.com/

Interview mit Eva Kläui

„Gälled Sie, Sie chönnd no vo Hand zeichne?“

Bereits als Kind hat Eva Kläuis Schwester ihre Zeichnungen verkauft. Als sie dann mit 17 Jahren die Abschlussausstellung der Fachklasse für Wissenschaftliche Illustration besuchte, wusste sie: „Das esch min Bruef.“ Einen Plan B gab es nicht.
Im Studium hat sie ihre handwerklichen Fertigkeiten erlernt. Nach dem Studium waren diese gefestigt und sie konnte sich bei Aufträgen schnell einarbeiten. Jedoch fühlte sie sich noch nicht wirklich bereit für den Berufsalltag. Ihr wurde nicht beigebracht, wie man Aufträge akquiriert und erfolgreich abwickelt. Die administrativen Aufgaben waren ihr fremd. Doch ist sie in dieser Zeit noch mit einer Lockerheit an die Arbeit heran getreten, die sie sich heute nicht mehr erlauben würde. Seit 19 Jahren arbeitet Eva Kläui jetzt schon mit Leidenschaft als Illustratorin. Trotzdem ist es harte Arbeit und finanziell gibt es immer wieder Schwankungen. Um sich darin etwas Sicherheit zu schaffen, empfiehlt sie eine Kombination aus Festanstellung und selbständigem Arbeiten.
Das Internet ist etwas, das viel verändert hat. Sie erzählt, wie sie anfangs noch mit ihrer Illustration zur NZZ gegangen ist, um sie dort in analoger Form abzugeben. Das Internet habe ihren Job vereinfacht. Auch wenn es um administrative oder rechtliche Angelegenheiten geht, helfe Google weiter. Digitales Arbeiten war im Studium kein grosses Thema gewesen und wurde in etwa drei Wochen Photoshop abgehandelt. Die Programme hat sie sich selbst beigebracht. Zeichnungen macht sie heute noch analog und färbt sie dann digital ein. Das digitale Arbeiten bringt, insbesondere im Bereich Korrekturen, Vorteile mit sich. Seit zwei Jahren führt sie eine Webseite, die ihr Arbeit erspart und Anerkennung einbringt. Es ist ein Portfolio, in dem sie bewusst eine schlichte Auswahl trifft. Mit dem, was man den Auftraggebern zeigt, kann man auch Einfluss nehmen, welche Art von Aufträgen man bekommt. Davor hat sie für jeden Kunden ein PDF zusammengestellt. Sie tat das zwar gerne, einen Link angeben zu können, ist jedoch einfacher. Aufträge bekommt sie über ihre Webseite nur selten. Das läuft bei Eva Kläui über Empfehlungen ihrer Kontakte. Als sich die digitalen Techniken durchzusetzen begannen, wünschten sich das nicht alle Kunden und so bekam sie einmal einen Anruf einer Agentur, die fragte: „ Gälled Sie, Sie chönd no vo Hand zeichne?“ Ja, das kann sie und auch malen. Im Atelier steht eine Staffelei mit einem Bild von verschiedenen Süssigkeiten, ein eigenes Projekt. Es ist eine alte Technik mit Ölfarbe, die sie anwendet. Es sei sozusagen das Umgekehrte des Aquarells. Man beginnt mit einer Lasur, dann arbeitet man mit Weisshöhen und verschiedenen Schichten. Auch wenn einem im Berufsalltag niemand mehr zahlen würde, die analogen Techniken in ihrer Perfektion auszuführen, sei es doch ein gewisser Berufsstolz, das noch zu können. Zudem hilft es, ein Objekt zu verstehen und das Auge zu schulen.

Noch heute ist Eva Kläui sehr gerne Illustratorin und empfindet es als ein Privileg mit dem, was sie am besten kann, ihr Geld verdienen zu dürfen. Das gestalterische Arbeiten, das Handwerk und auch die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern schätzt sie sehr. Es sei immer wieder spannend, als Laie in ein Fachgebiet Einblick zu bekommen. Auch die Reaktionen von Leuten, die ihre Illustrationen sehen, sind teils sehr rührend. So habe eine Frau, vor lauter Glück, Tränen in den Augen gehabt, als sie eine persönlich gestaltete Karte zum Abschied aus der Firma bekam. Wenn man Eva Kläui jetzt fragen würde, welche Bilder ihr selbst gefallen und zuhause an der Wand hängen, würde sie bestimmt gerne über die Zeichnungen ihrer eigenen Kinder erzählen.

www.evaklaeui.ch

Interview mit Bernadette Rawyler

B.R. hat jung angefangen mit dem Studium, über den Weg Schule, Matura und dann das Studium begonnen an der ZHdK. Nach der ZHdK hat sie begonnen Geschichte zu studieren und nebenbei an der zmk Bern zu arbeiten. Dies mit der Absicht danach den Kunstgeschichte Bachelor in Bern an der HKB zu machen. Stattdessen hat sie dann Geschichte nur bis zum kleinen Bachelor studiert, und hat dann direkt zu ihrer jetzigen Festanstellung an der zmk Bern gefunden. Der Plan, Kunstgeschichte Bachelor und dazu noch den Lehrer zu machen hat sich mit dem Fund der Festanstellung für sie erübrigt.

Der Auslöser für ihren Entscheid, war das Vorstellen des ihr bis zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannten Studiengangs, Scientific Visualisation an der ZHdK. Sie war sofort hin und weg und wusste, dass genau das der richtige Weg für sie sein würde.

In der zmk Bern ist B.R. die Zeichnerin und Grafikerin des Hauses und zuständig für alle Infografiken für Lehrveranstaltungen für die Auszubildenden. Sie wird auch oft angefragt von den Mitarbeitern privat, für Einladungen, Visitenkarten, Geburtstagsgeschenke und so weiter.

B.R. Liebt Bilderbücher und Geschichten und wie ich beim Gespräch mit ihr heraushören konnte, wäre genau das ihr Ding. Doch warum nicht? Mehr dazu kann im Interview gelesen werden.

Autorin: Smilla Berger