Schlagwort: scientific visualization

Interview mit der Designerin und wissenschaftlichen Illustratorin Tamara Aepli

Für mein Interview habe ich mich mit der Designerin und wissenschaftlichen Illustratorin Tamara Aepli via Zoom verabredet. An diesem Tag war sie noch in Sizilien gewesen. Ich habe mich besonders gefreut Tamara Aepli zu interviewen, da Sie eine Inspiration für mich ist und einen Beitrag zu der Herstellung von medizinischen Illustrationen und Wissenschaftliche Visualisierung leistet.

Wir haben uns zuerst unterhalten, wie sie zum jetzigen Zeitpunkt in Ihrer Karriere gekommen ist und wie sich Ihr Weg für sie entfaltet hat. Sie erzählte mir, es hätte sich Vieles gerade so ergeben. Jedoch waren wichtige Kontakte zur richtigen Zeit schlussendlich der entscheidendste Faktor ihres Werdeganges. Nach dem Bachelor habe sie eine Anfrage von der Kantonsarchäologie bekommen, eine Stellvertretung zu übernehmen. Ausschlaggebend war an dieser Stelle insbesondere das bereits bei ihnen absolvierte Praktikum während des Studiums an der ZHdK. Das war ihr erster Job gewesen sagte mir Tamara. Sie habe später aber eine Stelle als medizinische Illustratorin bei einer internationalen Forschungsorganisation erhalten. Diese absolvierte sie zunächst zur Arbeit in der Kantonsarchäologie. Kontakte aus diesen ersten Jahren im Berufssleben haben die Verbindung zum Atelier Oculus Illustration geschaffen für die sie mehrmals Freelanceeinsätze leistete. Nachdem sie berufsbegleitend ihr Masterstudium in Design absolvierte kündigte sie ihre Festanstellung in der Forschungsorganisation, wechselte zu einer Teilzeitanstellung bei Oculus Illustration und baut seither ihre Tätigkeit als selbstständige Designerin weiter aus.

«Dir bechumet vielleicht o mit es git dä Bruef wo de lehrsch sowie nid. Es git kenni Bruefbezeichnig, (…) aso isches sehr selte das eini gnau so usgschribä wird (…) wenn gnau das wotsch mache, de muesch selbstständig si (…)»


Herausforderungen in Bezug auf interdisziplinäre Arbeit

«… us Designer isch me eigentlich immer interdisziplinär involviert und ds finde
i o spanned, aber es isch klar herausfordernd.»

Tamara Aepli berichtete davon nicht immer in direkter Zusammenarbeit mit anderen Menschen gearbeitet zu haben. Wenn sie als Freelancerin oder für die Agentur arbeitet bekommt sie Auftrage zum Teil mit klar definiertem Briefing und wird nicht immer von Anfang an in den Entstehungsprozess eines Projekts miteinbezogen.

Etwas anders sieht es bei interdisziplinärer Arbeit aus. Dies beinhaltet unter anderem die Zusammenarbeit innerhalb eines Teams.Hier ist es wichtig ein Projekt auch ganzheitlich zu betrachten und den Kontext, in der eine Visualisierung gebraucht wird, zu verstehen. Relevante Informationen (Inhalt, Zielgruppen, Zweck usw.) müssen in dieser Zusammenarbeit zuerst erarbeitet werden.

Eine weitere Herausforderung war es als junge Designerin sich in den ersten Berufsjahren Gehör zu verschaffen, erzählte Tamara Aepli. Zum Beispiel in der medizinischen Forschungsorganisation befanden sich sich oftmals Männer in Führungs- und Expertenpositionen, was auf eine junge Frau einschüchternd wirken kann. Tamara Aepli erzählte, dass sie ihre Position als Expertin verteidigen musste, wenn sie zum Beispiel angewiesen wurde in Meetings Kaffee zuzubereiten. Ausserdem musste sie zu Beginn lernen, ihre Zurückhaltung zu überwinden und viele Fragen zu stellen, welche für den Visualisierungsprozess von Relevanz waren.

 

AO Sports Principles Course Poster, Tamara AepliAO Sports Principles Course Poster, Tamara Aepli

 


Kreativität vs. Kostendruck: Die Herausforderungen von
Selbständigen in der Bildproduktion

«Es isch ä gwüssi Schwierigkeit a die Lüüt herezcho wo de Wert i dem gseh…»

Tamara Aepli hat mir erzählt, dass die Herausforderung für sie als selbstständige Designerin ist, sich im Markt dort zu positionieren, wo man nicht mit billig produzierten Bildern konkurriert. Gerade in der Forschung oder der akademischen Lehre sind die Mittel teilweise begrenzt und es werden Bilder bevorzugt, welche geringe Kosten verursachen. In diesen Fällen geht es meist darum, wer den Wert an massgeschneiderten Illustrationen erkennt und die finanziellen Mittel besitzt, um damit in eine qualitativ hochwertige Lösung zu investieren.

Ausserdem ist es von Bedeutung sich selbst klarzumachen für welche Werte man einstehen möchte, um auf diese Weise mit Personen zusammen arbeiten zu können, welche ähnliche Ansätze und Ziele verfolgen. Auf diese Weise kann man sich etwas vom Konkurrenzdruck befreien und hat gleichzeitig mehr Freude an der eigenen Arbeit.


Abschliessende Tipps für Studierende im
Knowledge Visualization von Tamara Aepli

  • Netzwerke bilden: Kontakte aus dem Studium pflegen und neue knüpfen.
  • Viel ausprobieren: Durch Ausprobieren entdeckt man seine Talente und was einem wirklich Freude macht. Es gibt nicht nur einen Weg also sollte man mutig sein und verschiedene Ansätze ausprobieren.
  • Portfolio regelmäßig aktualisieren: Als Designer:in ist ein Portfolio zwingend. Wenn man sich weiterentwickelt, sollte man dieses aktualisieren und anpassen.
  • Feedback einholen: Es ist wichtig, Feedback zu erhalten, von anderen Designer:innen aber auch Kund:innen oder Personen aus dem Zielpublikum, um die eigene Arbeit aus einer anderen Perspektive zu sehen. Man arbeitet nicht nur für sich selbst, sondern für einen bestimmten Zweck und als Dienstleister für andere.
  • Selbstmarketing und Verkaufen: Erfolgreich zu sein hängt zu einem großen Teil davon ab, wie gut man sich selbst und seine Arbeit verkaufen kann. Wirtschaftliche Fähigkeiten sind genauso wichtig wie gestalterische Fähigkeiten.

Ich bedanke mich Herzlich bei Tamara Aepli dafür, dass ich eine Einsicht in Ihr Berufsleben haben konnte und wertvolle Tipps für meinen Werdegang erhalten konnte.

Für eine Einsicht in Tamara Aeplis Werke

«Am wichtigsten ist es zu wissen, dass DIE beste Lösung nicht existiert…»

Interview mit Chi Lui Wong

Übersetzt aus dem Englischen

Im Rahmen des Praxismodul 1, suchte ich mir eine Interviewpartnerin, die mir etwas über den Berufsalltag einer wissenschaftlichen Illustratorin erzählen konnte. Mein erster Gedanke galt Chi Lui Wong, die auch an der ZHdK Scientific Visualization studiert hat und deren Arbeiten mir bereits während dem Stöbern durch die ZHdK Website positiv aufgefallen sind. 

06.12.2022 17:00

An der Türe begrüsst mich freundlich Lui und ihr Büsi Mochi. Ich komme rein und fühle mich direkt willkommen, bekomme einen Drink in die Hand und freundete mich erst mal mit der Katze an. Lui, Mochi und ich setzten uns ins Home Office, das Lui mit Ihrem Ehemann Dominique Schmitz teilt. Die Stimmung ist familiär und die Aufregung vom Anfang hat sich langsam in Freude über den gemütlichen und sehr interessanten Abend mit Lui verwandelt.

Lui hat 2011 einen Abschluss in Visueller Kommunikation an der Hong Kong Polytechnic University gemacht. Im zweiten Jahr hat sie ein drei monatiges Praktikum bei der hesign GmbH in Hangzhou absolviert und nach ihrem Abschluss ein Jahr bei hesign Berlin gearbeitet, wo sie auch Ihren Mann kennengelernt hat. Sie ging zurück nach Hong Kong und arbeitete ein Jahr in einer Werbeagentur, wo sie Layouts im Bereich Schmuck gestaltete. «Hier habe ich viel darüber gelernt mit Details zu arbeiten.» Danach kam sie in die Schweiz und heiratete Ihren Mann Dominique Schmitz. Zehn Jahre war sie danach Selbstständig und hat mit verschiedenen Publikationen und Unternehmen im Kunst- und Kulturbereich gearbeitet.

«Über die ZHdK bin ich gestolpert, weil ich etwas neues lernen wollte und der Begriff ‹Scientific Visualization› hat mein Interesse geweckt. Ich finde den Bereich der Visualisierung von Wissen faszinierend und es war eine Gelegenheit für mich, Leute in einem anderen Bereich kennenzulernen.» Vom Studium an der ZHdK erzählt sie, konnte sie einiges mitnehmen. Vieles aus dem Unterricht hatte Einfluss in ihre Illustrationen, wie zum Beispiel die Perspektive aus dem Unterricht bei Joe, hell/dunkel Werte von Fabienne, Farbenlehre von Anita, Liebe zum Detail von Armin und Führung von Karin. «Ich nähere mich einem Thema aus einer anderen Perspektive, ich beobachte auf einer anderen Ebene.»

Im Juli 2022 hat sie begonnen im Technorama als Illustratorin zu arbeiten. «Mein Arbeitsbereich ist aber viel facettenreicher, da ich nicht nur für Ausstellungen illustriere und grafische Arbeiten anfertige, sondern auch in der Beratung und Entwicklung von Ausstellungsflächen tätig bin.» Ich möchte genaueres über die Arbeit im Technorama erfahren weshalb ich da nochmals genauer nachhake. Sie erzählt mir, dass sie die Arbeit vor Ort liebt, vor allem mit ihrem Team. «Als Freelancerin habe ich die Arbeit im Team sehr vermisst, was auch mit ein Grund war vom Freelancen zu‹In House› zu switchen.» Sie habe es zwar früher auch sehr genossen selbstständig zu arbeiten und nennt es einen «Ego-Feeder», wenn man zum Beispiel seinen eigenen Namen im Magazin liest.

Ich: «Wenn er denn richtig geschrieben wird.» Lui: «Haha ja genau, wenn er richtig geschrieben wird!»

Sie sagt, dass im Team größere Projekte möglich sind und man viel voneinander lernt. Man geht neue sehr interessante Wege und erbaut etwas gemeinsam, was einem einen neuen Eindruck gibt. Ehrgeizig wie Lui ist, hat sie sich mit Ihren Aufgaben nicht zufrieden gegeben. «Nach drei Monaten bei Technorama fragte ich meinem Chef bei einer Teambesprechung, ob ich mein eigenes Exponat machen dürfe. Er sagte ‹Ja auf jeden Fall!›.» Seiner Meinung nach sollte jeder ein Exponat entwerfen. Er sei aufgeschlossen und sieht Potenzial in ihr. «Ich dachte, wow, das ist großartig! Ich habe das Gefühl, dass es jetzt los geht. So macht es Spaß!»

Ich wollte wissen, ob sie schon wüsste wie das Exponat aussehen soll. Sie sagt mir nein, erst muss sie ein Thema finden, das sie interessiert und darüber nachdenken, wie der Besucher mit dem Exponat interagieren soll. Man gehe nie davon aus, wie es aussehen soll, sondern welches Phänomen man im didaktischen Sinne zeigen möchte und dann Form und volle Funktion. Das weil danach noch viele Schritte während dem Prozess dazu kommen.

«…wie ergonomische Typologie, Materialsicherheit (sehr wichtig bei Ausstellungen) und die Frage, ob sich dieses Phänomen in diesen 365 Tagen im Technorama Täglich mehrmals reproduzieren lässt. Es muss eine wiederholbare Erfahrung sein. Viele Faktoren beeinflussen also, wie das Exponat am Ende aussehen wird.» Einer der Gründe, weshalb sie gerne bei Technorama arbeite sei, dass es ein grossartiger Ort ist um Prototypen herzustellen und sofort zu testen. «Wir bekommen nach bestandener Sicherheitskontrolle direktes Feedback von unseren vielen Besuchern und Gastgebern. Ich habe das Gefühl, dass alles sehr solide und sehr bodenständig ist. Wenn es funktioniert, funktioniert es, wenn es nicht funktioniert, funktioniert es nicht. Es gibt keine richtige Antwort, aber ich kann direkt überprüfen, ob die Antwort falsch ist. Das gefällt mir wirklich daran, weil alles einen Sinn für Integrität hat. Man testet etwas und es ist echt und man erhaltet sehr wertvolles Feedback.»

Darüber, wie ein typischer Arbeitstag bei ihr aussieht, erzählt sie mir: «Im Gegensatz zu vielen Anderen kreativ Tätigen, bin ich ein Morgen Mensch. Morgens ist mein Gehirn frisch und der ganze ‹Hirn Dreck› vom Schlaf ist weggespült. Andere arbeiten gerne Abends und schlafen dafür wenig. Ich brauche mindestens acht Stunden Schlaf um nicht als Zombie aufzuwachen.» Nach ihrem Arbeitsbeginn um sechs Uhr Morgens versucht sie so viel kreative Arbeit wie möglich zu erledigen, wie skizzieren, layouten, und «bastlä». Dieser Teil vom Tag ist für sie vergleichbar mit einem HIIT Work-out. «Weisst du? Diese Übungen bei denen man wie verrückt fünfzehn Wiederholungen an Hampelmännern macht und davon müde wird? Genauso eine Person bin ich. Ich kann keine 5 Stunden am Stück kreativ sein, weshalb ich mich Nachmittags der physischen Ausführung der Arbeit widme.» Dazu gehören unter Anderem das Reinzeichnen, Prototypen erstellen, und Ihren Arbeitsbereich aufzuräumen. Ihr Arbeitstag endet dann meist um vier Uhr Nachmittags, dann beginnt ihre «After hour»«Ich überlege mir was ich zu Abendessen kochen möchte, spiele mit Mochi, mache mir einen Drink und schaue Youtube Videos. Einfach Dinge die mir Spass machen.»

Bei einem Arbeitsauftrag beginnt sie normalerweise mit einem Kick-Start-Meeting, um das Briefing zu besprechen. Fragen sind zum Beispiel, was das Ergebnis sein soll, was die Erwartungen sind und wie viele Korrekturrunden gemacht werden. Erst dann macht sie ein detailliertes Angebot. «Übrigens ist es immer am besten, wenn der Kunde sein Budget transparent macht, damit du vorschlagen kannst, was innerhalb dieses Budgets möglich ist.» In der zweiten Stufe macht sie erste Entwürfe und präsentiert normalerweise drei Optionen mit unterschiedlich möglichen Routen. Die Ausführung ist die letzte Phase. Dafür nutzt sie Procreate auf ihrem IPad am häufigsten. «Ich arbeite jetzt hauptsächlich digital – manchmal arbeite ich immer noch analog, wenn ich mir über den Zeitaufwand sehr sicher bin und den Kunden und seine Bedürfnisse kenne.» Die Korrektur im analogen dauert viel länger als im digitalen und da sie die Bedürfnisse und den damit verbundenen Zeitaufwand noch nicht abschätzen kann, arbeitet sie bei neuen Kunden lieber digital. Natürlich arbeitet sie auch mit Adobe cc (Photoshop, After Effects für Animationen etc.) Manchmal bastelt sie auch und beobachtet mittels einem Papiermodell, wie eine Zeichnung aussehen könnte.

Mich interessiert, wie sie in so einer Situation mit einer Blockade umgeht. «Ich kategorisiere meine Blockaden in zwei Arten: Die eine nenne ich den ‹Frozen Laptop› und die andere die ‹empty Toolbox›. Also wenn der Laptop eingefroren ist, startest du ihn neu, oder? Dein Körper ist der Laptop, um ihn neu zu starten esse ich etwas, trinke ich, behandle meine Leber oder gehe duschen. Andere Male versuche ich mich an Design Methoden zu erinnern und lasse mich zum Beispiel durch ‹IDEO Method Cards› inspirieren. Was mehr Spass macht, ist auf Youtube anderen zuzusehen wie Sie Ihre Probleme lösen. Einige meiner Lieblingskanäle sind ‹Numberphile›, ‹Veritasium›, ‹SerpaDesign› und ‹Alex Frenchguycooking›. Zuzusehen, wie andere Menschen ihre Probleme lösen, erinnert mich daran, dass scheitern der einzige Weg ist um zu lernen und, dass man Fehler machen muss. Aber am wichtigsten ist zu wissen, dass DIE beste Lösung nicht existiert. Es gibt aber viele passende Lösungen, du musst nur eine davon finden. Und auch wenn du dir selbst sagst: ‹Oh das hätte ich anders machen sollen!› und bereust gewisse Entscheidungen, hättest du es mit den Fähigkeiten und Werkzeugen, die du in diesem Moment zur Verfügung hattest, nicht anders gemacht. Man kann dann an etwas weiterarbeiten und es das nächste Mal anders machen.»

Zum Schluss möchte ich mich herzlichst bei Lui für das interessante Gespräch, Ihre Offenheit und die Möglichkeit, das Interview mit Ihr machen zu dürfen bedanken. Ich nehme einiges an neuem Wissen mit, das mich in meinem Studium und im Berufsalltag begleiten wird.

 

Lui in ihrem Home Office

 

Eine Auswahl an Analogen Werken

 

Ein Besuch lohnt sich: