SONNECK | premium | Bypass-Schere Alu Klassik

Produktanalyse

Bypass-Scheren gibt es en masse/wie Sand am Meer aber was zeichnet eine gute Gartenschere aus?
Die „Sonneck premium Alu Klassik“ ist eine von vielen im Produktdschungel und wird im folgenden einer Analyse unterzogen. Ziel dabei ist, Knackpunkte und Qualitätsmerkmale herauszukristallisieren.

Technik

Die „Sonneck Premium Alu Klassik“ ist ein Produkt aus der Premiumsparte der österreichischen Firma Sonneck (seit 1875).
Jeweils zwei verzinkte Stahl Imbusschrauben verbinden in zweifacher Ausführung einen Druckguss gefertigten Aluminium Griff mit einer lackierten Stahlklinge, bzw. verzinkten Gegenklinge. Zusammengehalten werden diese zwei Baugruppen (im optischen Zentrum) von einer M8 Gewindeschraube, M8 Mutter, M8 Senkkopfscheibe und einer Standard M8 Unterlegscheibe, allesamt verzinkt. Eine Aluminium Spezialunterlegscheibe, ebenfalls durch die M8 Schraube befestigt, dient als Gleitfläche für einen lackierten Stahl Arretierungspinöppel. Dieser ist, in einem Durchbruch der Gegenklinge, welche als Führung dient, linear verschiebbar. Er ermöglicht bzw. verhindert das ent-/sichern der Klingen, indem er in die Aussparung am unteren Rand des Klingenbauteils ein- oder ausrastet. Im entsicherten Zustand erzeugt eine, an zwei Puffern mit konvexer Sicke befestigte, lackierte Stahlfeder Spannung zwischen den beiden Griffen. Ein kleiner Gumminippel, auf einem der Puffer, dient hierbei zusätzlich als Stossdämpfer. Durch ein Zueinanderdrücken der beiden Griffe wird die Feder komprimiert und gleichzeitig gleiten Klinge und Gegenklinge mit ihren Schneiden aneinander vorbei. Dieser Vorgang gibt der Schere ihren Namen: Bypass-Schere (deutsch: vorbeifliessen, vorbeiführen). Insgesamt wiegt die „Premium Alu Klassik“ Bypass-Schere von Sonneck 246 g, misst 210 ml und ist mit 24,28 Chf im mittleren Preissegment zu finden.

Abb. 7.

Form

Überblick

Das optische Gesamterscheinungsbild ist stark geprägt von einem Zusammenspiel von geometrischen und organischen Formen. Hexagone, Kreise und eine Spirale stehen hier eher geschwungenen mondsichel- und sensenähnlichen Formen gegenüber. Wie durch die Linienzeichnung (Abbildung 8.) erkennbar wird, hätte das Objekt eigentlich eher einen technischen Charakter, doch durch die Farbgebung in die grob betrachtet drei Farben Weinrot, Schwarz und Silbergrau werden die weichen Formen hervorgehoben und dominieren somit das Erscheinungsbild. Vor allem das Silbergrau lässt die Schrauben mit dem Griff und der Gegenklinge verschmelzen und dadurch in den Hintergrund rücken. Durch die Farbgebung der einzelnen Elemente werden ausserdem Beziehungen hergestellt. Was dazu führt, dass eine optische Dreiteiligkeit entsteht und zusätzlich die Materialität der Griffe, der Spirale die der Klinge verloren geht. Die beschriebene Wechselwirkung, welche durch den starken Kontrast von bunten und unbunten Farben und die stark variierenden Formen entsteht, wird noch durch die Balance von matten und glänzenden Oberflächen verstärkt. Wobei jeweils eine Klinge und ein Griff matte und die Gegenstücke glänzende Oberflächen aufweisen, mit glatter und kühler Haptik.

Detail

Betrachtet man die chiral angeordneten Griffe genauer, so fällt auf, dass der rote Griff auf der Aussenseite eine konvexe und auf Innenseite eine konkave Krümmung hat. Der silberne Griff ist auf der Innenseite konkav gekrümmt und auf der Aussenfläche unregelmässig onduliert. Dabei sind alle Kanten mit Radien versehen, mit Ausnahme der Auflageflächen der Aussparungen im dicken Endstück. Hier liegen die zwei flachen Klingen auf. Diese sind viel dünner als die Griffe, wodurch ein starker Absatz entsteht. Welcher allerdings, durch die hochstehenden Linsenköpfe der Imbusschrauben, wieder abgeschwächt wird. Im geöffneten Zustand besteht zwischen den vier kreisförmigen Schrauben, die auf beiden Seiten sichtbar sind, ausserdem eine Art Spiegelsymmetrie mit vertikaler Verschiebung mit der M8 Schraube auf der Spiegelachse. Arretiert liegen die zwei Klingen nahezu flächen- und kantenbündig aufeinander auf. Ausnahme ist hier die Absatzfläche auf der Aussenfläche der Gegenklinge. Die Oberfläche der Klinge besitzt ausserdem eine breite Fase, welche wiederum in eine steilere Fase läuft. Unten hat die Klinge eine runde Aussparung, bündig mit der Skelletierung der Gegenklinge und der Spzeialunterlegscheibe. Auf dieser liegt ein abgerundeter Pyramidenstumpf mit drei horizontal verlaufenden Rillen auf, welcher auf der Rückseite die genannte Aussparung der Klinge ausfüllt. In der optischen Mitte liegt die Spirale, beidseitig über einen mit Radien versehen Zylinderstumpf gestülpt. Wobei einer der beiden einen kuppelartigen Aufsatz aufweist.

Produktgrafik

Die Produktgrafik steht mit der Farbe Silber im Kontrast zum Weinrot und ist auf der Aussenfläche des Griffs eingemittet. Es besteht aus dem Firmenlogo „SONNECK„, komplett in Grossbuchstaben gehalten, und dem Wort „premium„, durchgehend klein geschrieben. Sie stehen im Grössenverhältnis von ca. 1:2. Die zwei unterschiedlichen Sans Serifen Fonts sind ausserdem kursiv ausgerichtet.

Assoziation

Tritt man nun wieder Schritt zurück und betrachtet das Objekt abschliessend aus einiger Entfernung, so suggeriert einem die Form der Klingen einen Schnabel und die M8 Schraube ein Auge, wodurch einem der Bezug zu einem Vogelkopf nahegelegt wird.

 

Abb. 8.

 

Sound

In zwei Situationen macht die Schere Geräusche:

1. Arretierung

 

2. Schneiden

 

Usability

Die grundsätzliche Funktion der Bypass-Schere ist das Schneiden. Sonneck selber schreibt auf der Produktverpackung: „Super scharfe Allzweckschere“. In folgenden Videos wurde die Schnittfähigkeit getestet:

Der Schnit von feinen Ästen funktioniert einwandfrei.

Beim groben Schnitt tritt ein Problem auf. Obwohl der Holzstab im Beispiel festgehalten wird, rutscht er zwischen den Schneiden immer weiter nach vorne, bevor die Schere zu schneiden beginnt.

Das Schnittbild bei gröberen Ästen ist zu zwei dritteln sauber, danach kommt es zu Quetschungen und Ausriss vom Holz.

Handling

Weiter schreibt die Firma: „…mit leichtem Aluminiumgriff“. Im Vergleich zu anderen Gartenscheren ist die „Premium Alu Klassik“ tatsächlich bis zu 50 g leichter. Nimmt man sie in die Hand ist es auch deutlich spürbar, dass die Klingen schwerer sind als die Griffe und der Schwerpunkt ungefähr auf Höhe der Feder liegt. Durch die ergonomische Form der Griffe liegt die Schere gut in kleinen und grossen Händen. Indem man den Abstand beider Griffe im arretierten Zustand etwas vergrössern würde, könnte man das Handling noch optimieren. Ist die „Alu Klassik“ erstmal entsichert, lässt sie sich mit geringem Kraftaufwand zusammendrücken.

Arretierung

Wie man in den beiden folgenden Videos sieht, hat man Probleme überhaupt herauszufinden wie man die Schere entsichert. Ausserdem ist ein relativ grosser Kraftaufwand notwendig um den Arretierungspinöppel zu verschieben. Der Trick dabei ist, erst die Griffe stark zusammenzudrücken und dann den Pinöppel zu verschieben.

 

Nachhaltigkeit

Theoretisch wäre die „Sonneck Premium“ ohne Probleme mit einem 4er Imbus und einem 13 Schlüssel demontier- und reparierbar. So könnte man am Ende ihres Lebenszyklusses auch jedes Bauteil einzeln entsorgen. Allerdings verkauft Sonneck keine Ersatzteile. Gleichzeitig ist zweifelhaft, ob jemand sich die Mühe macht und die einzelnen Komponenten vor der Entsorgung voneinander trennt, statt sie einfach direkt weg zu werfen. Die Zinkbeschichtung und die Farblackierungen erschweren zusätzlich noch den Wiederverwertungsprozess der einzelnen Materialien.

Abb. 9.

Fazit

Optisch wirkt die „Sonneck Premium“ ausgewogen. Wobei die Farbgebung Geschmackssache ist, ins besondere das Weinrot, welches dem Corporate Design von Sonneck entstammt. Innovativ ist sie definitiv nicht. Technik und Erscheinungsbild heben sich nicht wirklich von denen der Konkurrenz ab. Auch dem „Premium“- Aspekt wird die Schere nicht gerecht. Das enorme Problem der Selbstverständlichkeit und der grosse Kraftaufwand der beim Entsichern benötigt wird und auch die Verarbeitung, insbesondere die Lackierung der Einzelteile, hinterlassen eher einen minderwertigen Eindruck. Die Produktgrafik mit ihren zwei simplen Schriftarten, welche meiner Meinung nach nicht zueinander passen, unterstreicht diesen Eindruck noch. Das Handling ingesamt ist allerdings nicht schlecht und die Schnittfähigkeit, vor allem bei dünnem Pflanzenmaterial sehr zufriedenstellend. Bei groben Ästen greifen die Schneiden allerdings nicht sofort, wie bereits erwähnt und das Schnittbild lässt zu wünschen übrig. Alles in allem besitzt die „Sonneck Premium Gartenschere Alu Klassik“ kein wirkliches Alleinstellungsmerkmal und ist nicht sehr überzeugend vom Preis-Leistung-Verhältnis.

Abb. 10.

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