Paul Thagard von der University of Waterloo arbeitet im Bereich Computational Epistemology. In diesem Forschungsfeld geht es in etwa darum, wie man aus tatsächlich gemachten (positiven) Beobachtungen allgemeine Regeln ableiten kann (Induktion), um diese allgemeinen Regeln dann mit Hilfe von Computern weiter zu verwenden. Am Institut von Paul Thagard entstand eine Software, die dabei helfen soll, schwierige oder komplexe Sachverhalte transparent zu stellen. Wenn wir vor schwierigen technologischen Entscheidungen stehen (und das ist bei all unseren Themen ja der Fall), dann wäre es günstig, wenn wir die positiven und negativen Einfluss Faktoren genauer kennen und verstehen lernen.
Monat: September 2016
Wittgenstein
I Die Welt ist alles, was der Fall ist.
I.I Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.
Aus: Wittgenstein, L.v. (1922 / 1998) Logisch-philosophische Abhandlung. Tractatus logico-philosophicus. Frankfurt am Main: Suhrkamp. S. 4
Die Vier Ursachen bei Aristoteles
Das Werk des Aristoteles bedenkt sämtliche Gebiete der Erkenntnis: Moral, Politik, Poetik, Logik, Naturgeschichte, Physik und Metaphysik. Sein vorherrschendes Thema dabei ist die Theologie der „Vier Ursachen“, die beim Werden eines Gegenstandes zusammentreffen.
- causa materialis, das Material;
- causa efficiens, der Arbeiter oder Handwerker, der auf dieses Material einwirkt;
- causa formalis, die Form, die der Gegenstand erhält;
- causa finalis, der Verwendungszweck, für den das Artefakt vorgesehen ist;
Alle Substanzen, die aus Materie und Form bestehen, sind Veränderungen (Transformationen) jeder Art unterworfen. Wenn wir uns über Innovationsprojekte Gedanken machen, die Art und Weise ihres Gelingens verstehen wollen, dann müssen wir fragen:
- Verfügen wir über alles notwendige Material?
- Welches Material braucht es ? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein?
- Patente, Techniken und Technologien, Ressourcen u.a.
- Infrastrukturen, Regeln und Normen, Einstellungen, Ethiken;
- Welches Material braucht es ? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein?
- Haben wir (allein) die Kompetenz, die Materialien zu bearbeiten?
- Brauchen Partnerschaften?
- Mensch, Technik, Gesellschaft, Unternehmen;
- Kann das Projekt formal überhaupt definiert werden?
- Archetypus, Artefakt, Idee;
- Fiktion;
- Produkt, Service;
- Welchen Zwecken (Plural) soll das Projekt genügen?
- Bedarfe, Interessen, Widersprüche, Folgen, Wirkungen?
Reversibles Blackboxing
Bruno Latour entwickelte diese Skizze zur Darstellung eines alternativen Modells über die Wirkungsweise sog. technischer Vermittlungen. Er sagte dazu in einem Gespräch mit Albert Kümmel-Schnur: „In einer Erzählung weichen alle Dinge von der geraden Linie ab.“
Siehe auch: Kassung, Chr. & Kümmel-Schnur, A. (2008). Wissensgeschichte als Malerarbeit. Ein Trialog über das Weisseln schwarzer Kisten. In: Kneer, G.; Schroer, M. & Schüttpelz, E. (2008). Bruno Latours Kollektive. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag. S. 163f.
Quote: Daniel Defoe
„Projekte, die , von denen ich handle, sind zweifelos im Allgemeinen von öffentlichem Nutzen, da sie die Vervollkommnung des Handelsverkehrs, Beschäftigung der Armen, Umsatz und Vermehrung des Staatsvermögens bezwekken … “
In: Defoe, D. (1890 / 1975). Über Projektemacherei. Wiesbaden: B. Heymann.
Weltprojekte
Weltprojekte
Eine aussergewöhnliche Häufung sog. Weltprojekte verzeichnen wir erstmals um 1900, dann an der Wende zum 20. Jahrhundert und nun zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Als Weltprojekt bezeichnen wir Projekte, die einen Anspruch auf globale Reichweite haben. Viele sog. Weltprojekte in der Geschichte waren obskur und mussten scheitern, andere gelangen und haben die Welt zum Guten oder Schlechten verändert. Anders als herkömmliche Projekte, die einer strengen Zweck-Mittel-Relation unterliegen, spekulieren Weltprojekte mit einer bedingungslosen, selbstverständlichen und restlosen (Krajewski) Verfügbarkeit aller Mittel. Nutzen und Risiken werden nicht hinterfragt. Weltprojekte gleichen in ihrer masslosen und überschiessenden Disposition jenen Erzählungen, die wir aus dem Genre der Science Fiktion oder der Utopie kennen. Die Grenzen zwischen Unterhaltungsstoff und gesellschaftlicher Vision werden fliessend.
Betrachten wir die Themen und Visionen prominenter Zukunftserzählungen (Genome Editing und die DNA aus dem Baukasten, Terraforming und die Erschliessung neuer Lebensräume, Singularität, Roboter und Intelligenzverstärker, Circular Economy und folgenloser Konsum), ihre Helden, Helfer und Schurken (Projektemacher, Nerds, Erfinder, Aventurier, Designer, Literaten, Autoren, Business Angels, Wissenschaftler), Abenteuerund Ausstattungen (Sprache, Bilder, Narration, Formeln, Prozesse, Algorithmen) und Vermarktungstechniken oder Prüfungen (Drehbücher, Business Modells, Brands, ökonomische Anreizsysteme) dann zeigt sich, dass die Entwicklung und Umsetzung gesellschaftspolitischer Zukunftsprojekte und Fiktionen ähnlichen Mustern folgen.
Das Phantastische Laboratorium befasst sich mit Zukunftserzählungen und unterscheidet dabei nicht zwischen Literatur und Wirklichkeit, sondern nur zwischenhingebungsvoll und schlecht gemachten Inszenierungen.
- 1901, World System, Nikola Tesla
- 1961, World Game, Richard Buckminster Fuller
- 1968, Waste Management, Wayne Huizenga, Dean Buntrock
- 1989, Circular Economy, David W. Pearce
- 2002, SpaceX, Elon Musk
- 2003, Facebook, Mark Zuckerberg
- 2013, Humanlongevity, Craig Venter
- 2013, CRISPR Therapeutics, Rodger Novak, Emmanuelle Charpentier, Shaun Foy
SIEMENS – Smarte Mobilität
TeilnehmerInnen und Themen
· Extraterrestrisches Leben: Judith und Hannah · Technologische Singularität: Elio und Ilaria · Autonomes Fahren: Jannic und Adrien · Energie: Jeremy und Maurus · Megacities: Eloy · Cyborg und Posthumanismus: Celine · Autonomes Fliegen: David und Thomas ·
DAIMLER – Autonomes Fahren
Innovatoren gab es schon immer …
Defoe, D. (1890 / 1975). Über Projektemacherei. Wiesbaden: B. Heymann.