Wohnen im Westen der Stadt
Visuelle und literarische Ethnografie in Zürich-West: Das Magazin SMACK präsentiert unterschiedliche Blicke auf das Quartier rund ums Toni-Areal. ZHdK-Studierende der Fachbereiche Fotografie, Kulturpublizistik und Visuelle Kommunikation haben für die erste Ausgabe über Monate hinweg beobachtet, wie hier gewohnt wird.
SMACK erzählt auf ungewohnte Weise: Beobachtungen, Gehörtes und Gesprochenes reihen sich scheinbar zufällig aneinander. Erst auf den zweiten Blick erschliessen sich Zusammenhänge, denn das Magazin verfolgt einen fragmentarischen Ansatz. Auszüge aus Bild- und Textbeiträgen ergeben ein nie ganz vollständiges, dafür umso dichteres Bild. Das Zusammenspiel von Grafik, Bild und Text geht seinen eigenen Weg – und bietet dem Leser auf diese Weise einen ungewohnten Einblick in das Wohngebiet Zürich-West.
Eine Klingel und ein Briefkasten
Kompetenzen übers Ausprobieren und Experimentieren erwerben statt durch klassische Unterrichtsmethoden – so lautet das wesentliche Ziel des interdisziplinären Lerngefässes „Z-Lab“. Dazu gehörte im letzten Halbjahr auch das Modul „The Making of a Magazine“. Die teilnehmenden Studierenden hatten einzig folgende Vorgaben: Der methodische Zugriff sollte mit visueller Ethnografie erfolgen, als Vermittlungsmedium ein Magazin entstehen und Thema das Umfeld des Toni-Areals sein. Doch wieso ausgerechnet dieses überentwickelte Wohlstandsquartier in den Fokus der Studierenden rücken? Der Umzug der ZHdK ins Toni-Areal ist nun bereits zwei Jahre her. „Zu Beginn war man stark nach Innen fokussiert, denn schliesslich ging es darum, den riesigen Komplex in Beschlag zu nehmen und zu beleben“, sagt Franziska Nyffenegger, Ethnologin und Projektleiterin. „SMACK geht vor die eigene Haustüre und nimmt die nähere Umgebung unter die Lupe. Denn nur wenn sie nach Aussen blickt, kann eine Kunsthochschule einen Einfluss auf die Gesellschaft haben.“
So war der Ansatz des einwöchigen Einführungsworkshops, der im Februar 2016 stattfand, klar: Beobachten, den Blick schärfen, seiner eigenen Sichtweise bewusst werden und die Exotik des Alltags erkunden. Diese Entdeckungstouren weckten in den Studierenden das Bedürfnis, hinter die Beton- und Glasfassaden zu blicken. Die Nullnummer des ethnografischen Magazins SMACK befasst sich deshalb mit dem Thema „Wohnen“. Sie widmet sich nicht dem Arbeits- und Transitviertel Zürich-West, sondern Menschen mit Türklingel, Briefkasten und Fussmatte.
Fragmente als Form
Im Laufe des Semesters erforschten die Studierenden in Wort und Bild, wie rund ums Toni-Areal gewohnt wird. Sie besuchten Neubauwohnungen, befragten Alteingesessene, beobachteten Freiflächen und betrachteten das Quartier von oben. Als Reportagen, Bildessays, Features und Kolumnen, wie wir sie aus gewöhnlichen Magazinen kennen, vorlagen, entschied sich das Redaktionsteam für einen anderen Weg: für die totale Fragmentierung. Als Form spiegelt das Fragment die Wirklichkeit in ihrer Unabgeschlossenheit und Unverständlichkeit; als Methode lässt es dem Leser die Möglichkeit einer eigenen Deutung. „Das Projekt SMACK simuliert interdisziplinäre und teamorientierte Arbeitsprozesse,“ meint Franziska Nyffenegger. „Und das Ergebnis spielt auf das, was den Kern von Kunst und Design ausmacht: Der Gesellschaft zu zeigen, dass Dinge nicht selbstverständlich sind, und nicht als selbstverständlich hingenommen werden müssen.“