These 5 | Re-Lektüren

Die Re-Lektüre eines Ortes oder Objekts ist Resultat von Erkundungstouren durch eigene und fremde Wissensarchive. Die transportierten Referenzmaterialien profilieren Ausgangsorte überraschend neu oder anders. So ermöglichen sie ein verändertes Lesen und Verstehen der Ausgangssituation.

Wir möchten Orte intellektuell und emotional durchdringen. Wir statten sie mit eigenem und fremdem Wissen aus und schmücken sie damit. Das in Wissensarchiven Gefundene verweben wir mit dem Ort, verleiben es ihm ein und schaffen somit die Voraussetzungen für mögliche Lektüren, Identifikationen und Erzählungen, damit auch andere sehen, was wir sehen, und verstehen, was wir  verstehen. Re-Lektüren sind eigensinnig: unvorhersehbare Reaktionen an Ort und Stelle. Die ‚Geister’, die man gerufen hat, sind nun anwesend und wirken. Sie spiegeln sich in unserem Blick auf das Geschehen. Uns interessiert, wie die – real oder fiktiv – vorgenommenen Ergänzungen, Verknüpfungen, Überhöhungen, Reduktionen, Verkomplizierungen wirken: Sie mögen einem Ort neuen Glanz verleihen oder ihn entwerten, ihn aufladen oder entmachten, vielleicht gar erotisieren. Auf jeden Fall werden sie ihn welthaltiger machen. Hier sind Beispiele aus unseren Videointerviews:

Einarbeiten, verweben
Denken gegen Zaubertricks | Daniele Marques | Stadionprojekt Allmend Oben Wolken, unten Schatten | Irma Ineichen | Nationalquai *Säkulare Analogie | Roger Diener | Migrosbau Hertensteinstrasse *Wenn ich Gästen etwas in Luzern zeigen möchte | Das Provisorische, das Leichte | Vorbehalte ausser Kraft gesetzt | Magie des Ortes | *Keine klassische Fassade | *Negation eines Volumens | Stanislaus von Moos | KKL *Heimatklänge Ein Freund, er ist Tontechnikingenieur, hat mir einmal erzählt, dass er als Engländer in Saudi Arabien angefangen habe zu bauen und zu leben. Und dass die Frauen, die zu Hause blieben, während die Männer draussen bei irgendwelchen Projekten gearbeitet haben, enormes Heimweh nach England hatten. Die Häuser waren zwar wie englische Bungalows gebaut, aber draussen sah es nicht nach England aus. Und er hat gutes Geld dadurch verdient, dass er denen den Sound englischer Atmosphären – Landschaften, Kühe usw. – auf Endlostapes geliefert hat. Die haben das dann immer in den Wohnzimmern ganz leise laufen lassen, und schon haben sie sich zu Hause gefühlt. Man kann das vielleicht so machen, dass man seine Herkunft sozusagen akustisch bei sich hat. Oder dass man bei der Hotelrezeption Tonbänder zur Auswahl hat: heute abend mal ein bisschen Shanghai, aber gedämpftes Shanghai. Das wäre eine Möglichkeit, nur als Anregung… | Fred van der Kooij | The Hotel

Die Lust, sich die Welt zu erklären
Älpleridentität und Weltniveau | Eine Atmosphäre, die eine andere vergessen lässt | Jürg Stadelmann | Hotel Schweizerhof Karikatur, Abstraktion | Andy Raeber | Reusswehr Das Dreckige, das Ungeschönte | Ästhetik der Dekadenz | Mario Gerteis | Gaswerkareal Über den Umweg von Metaphern | * Unverzichtbare Assoziationen | Unter dem Dach des KKL ein magischer Ort Mit dem KKL hat Luzern etwas bekommen, wo man die Landschaft und die Stadt zusammen in einem Schwenk oder in einem Traveling mit dem Kopf einmal um die Körperachse gedreht sehen kann, die ganze Stadt als Bild. Die Stadt hat ein Panoramaerlebnis bekommen. | ‚Machine à émouvoir’ | *Geniale Manipulation | Stanislaus von Moos | KKL *Ort eines intensiven Schauspiels | *Espace indicible, unsagbarer Raum | Stanislaus von Moos | Reusswehr *Nie nur Auge Atmosphäre ist etwas, das mit dem Körper des Betrachters zu tun hat. Wir sind nie nur Auge, und das kann man bei einer Badeanstalt ganz schön klarmachen: Man ist in einer Badeanstalt, weil man sich bestimmten freundlichen körperlichen Reizen auf kontrollierte Art und Weise aussetzen möchte. Eine Atmosphäre der richtigen Abstände der Körper zueinander. | *Kern des Atmosphärischen | *Mitaufgeführtes Bühnenstück | Valentin Groebner | Seebad Sehmaschine | Ohne Ausgang | Valentin Groebner | Bourbaki-Panorama Selbstvervielfältigung | Gegenstandswolken | Haufenbildung | *In Schwärmen | Zärtliche Hand Die ideale Form des Hinausgehens ist natürlich, mit einem Gegenstand hinauszugehen, der hier, ohne dass der Gegenstand und der Tourist das vorher schon gewusst haben, geduldig auf diese fürsorgliche und zärtliche Hand gewartet hat. | Valentin Groebner | Giftshop Casagrande *Terms under Construction: Affect, Effect, Reflection | Regime of the Visual | An Architecture of Dialogue? | Marc Angélil | Sarah Graham | The Hotel *Assoziationsgeschehen | *Imagination | Paolo Bianchi | The Hotel *Wie im Stundenhotel | *Damen im Fenster | Ironie des Scheins Wenn man die Aussenfassade betrachtet, sieht man, dass die Inszenierung der Warenästhetik folgt, die zwischen Angebot und Nachfrage pendelt. Angebot eines Stundenhotels, das es nicht bedient. | Montage und Architektur | *Die Erzeuger von Atmosphären | *Kontrastwirkungen wie im Barock | *Liebe als Installation | *Räume wie Gefühle? | *Tag- und Nachteindrücke | Fred van der Kooij | The Hotel

Bilder, die uns an die Realität erinnern
Filme erinnern uns an die Realität | Jonas Raeber | Reusswehr Bilder, die an Objekten haften Es gibt ja Bilder, die an Objekten haften bleiben – das berühmte Vogelnest in Peking. Oder das Seelensilo – bei vielen Kirchen aus den zwanziger und fünfziger Jahren. Begriffe, wenn sie plausibel sind, bleiben an Dingen haften, und so funktioniert Kommunikation über Artefakte. | Assoziative Brücken | Stanislaus von Moos | KKL *Schwindelgefühle Wenn man so etwas erlebt wie jetzt hier, dann kommt mir Richard Serra in den Sinn: seine Raummanipulationen mittels Stahlplatten, die zerdehnt und gewölbt sind. Er bringt es fertig, einem den Magen durcheinanderzubringen. Das sind Dinge, wo ich mich als Kunsthistoriker frage: Ist das ein Phänomen rein physiologischer, rein psychologischer Art? Ist das ein Phänomen, das eigentlich in erster Linie im Wissenschaftsmuseum, im Palais de la Découverte seinen Ort hat? Oder ist das wirklich Kunst? Fragen, die man sich wirklich stellen kann. Auf jeden Fall sind es Manipulationen der Wahrnehmung. Artefakte, die die Wahrnehmung in einer sehr unintellektuellen und sehr physischen Weise betreffen. | Aufgebaut wie für eine Operette | Stanislaus von Moos | Reusswehr *Realitätserzeugend Ein wunderbarer Pleonasmus: ‚historische Altstadt’! Wenn etwas wirklich historisch ist, müsste es ja nicht extra als historisch bezeichnet werden. Der Tourismus verdoppelt aber alles. Und der Tourismus ist eben auch in der Lage, grosse Schlachtereignisse oder, wie in diesem Fall, die für die Schweiz siegreiche, triumphale Nicht-Schlacht in ein Schauerlebnis zweiter Güte zu verwandeln. Man schaut mit anderen zusammen auf eine Simulation, die dadurch richtig wird. Richtig und wichtig und prominent und Realität erzeugend. Das ist ein Stück weit auch das Prinzip des Kinos, des Historienfilms. Deswegen diese merkwürdige Fremdheiterfahrung, die sich einstellt, wenn man allein im Kino sitzt. | Valentin Groebner | Bourbaki-Panorama *Filmarchitektur als Stimmungsraum | *Wenn die Atmosphäre eines filmischen Raumes auf uns übergreift | *Theatralische Positionen: Die Decke im Blick | Fred van der Kooij | The Hotel

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