Forschung in den Künsten – Transformation der Theorie

Projektbeschreibung

Forschung in den Künsten und die Transformation der Theorie

Abstract

Das Projekt widmet sich der Forschung in den Künsten in ihren unterschiedlichen Ausprägungen und interdisziplinären Verschränkungen. Ziel ist die Konturierung und Analyse divergenter künstlerisch-wissenschaftlicher Wissensformen, deren Forschungsmethoden sich weder den klassischen Künsten noch den etablierten Wissenschaften eindeutig zuordnen lassen. In den Künsten, so die These, haben sich zunehmend hybride Weisen der Wissensbildung entwickelt, die sich mit neuen Formaten der Wissenschaften, dem so genannten »Mode 2 Research«, in dem Punkt treffen, dass sie projektorientiert und transdisziplinär verfahren und sich nicht dem tradierten Modell akademisch disziplinärer Wissenschaftlichkeit fügen. Das Projekt will diese neuartigen künstlerisch-wissenschaftlichen Mischformen in den Grenzbereichen zwischen Bildender Kunst, Performance, Design und Philosophie herausarbeiten, untersuchen und erproben.

Die leitende Annahme lautet, dass sich solcherart hybride Wissensformen und ihre Methoden weder umfassend abbilden noch disziplinär organisieren lassen, sondern sich vielmehr in »Mikrologien« oder pluralen Ordnungen des Wissens etablieren. Aus diesem Grund ist das Forschungsprojekt in vier Teilprojekte untergliedert. Das erste widmet sich der Malerei als ästhetischer Erkenntnisform und untersucht die künstlerische Bildfindung und -gestaltung im Hinblick auf die ihr inhärente Wissensbildung. Das zweite Teilprojekt fokussiert die Performance als Forschungsmethode. Mit dem performative turn und infolge der so genannten Krise der Repräsentation wird der Erkenntnisbildung qua Darstellung oder Aufführung und dem Vollzugscharakter von Forschung zunehmend Beachtung geschenkt. Investigation und Präsentation sind untrennbar verbunden. Im dritten Teilprojekt wird an diese Überlegungen anknüpfend nach der Inszenierung des begrifflichen Denkens gefragt. Leitend ist hier die Idee, dass sich in der Bewegung des Begriffes, will sagen: in Reformulierungen, Weitergaben und Übersetzungen, neues Wissen generiert. Hier rücken die ästhetischen Bedingungen der begrifflichen Erkenntnis in den Blick. Schliesslich zielt das letzte Teilprojekt auf die Designforschung. Ausgehend von der Annahme, dass sich unter ästhetischen Bedingungen eine anders geartete Erkenntnis bildet als unter den Voraussetzung begrifflicher Arbeit, wird das implizite Wissen des Designs untersucht.

In allen vier Teilprojekten arbeiten Künstler und Wissenschaftler zusammen. Es ist also nicht nur eine wissenschaftliche Erforschung der Kunst, sondern im Gegenzug auch eine künstlerische Kommentierung der Wissenschaften intendiert. Die Befragung der gängigen Trennung von Kunst und Wissenschaft wird demnach von zwei Seiten aus betrieben: zum einen ausgehend vom impliziten Wissen der Kunst und zum anderen ausgehend von der Bedeutung des Ästhetischen für die Theoriebildung. Resultat ist ein Feld der Überschneidungen von Künsten und Theoriebildung, die man als neue Wissensform zu reflektieren hat. Bislang ist man in den Kunstwissenschaften von einer asymmetrischen Bezugnahme auf den Gegenstand ausgegangen. Unter dem wissenschaftlichen Blick wird die Kunst zum Objekt der Forschung gemacht. Diese hierarchische Verteilung von forschenden und beforschten Positionen wird angesichts der Künstlerischen Forschung jedoch zunehmend fragwürdig. Die Teilhabe der Künste an den sie betreffenden Wissenschaften – sowie an der Genese der heutigen Kulturwissenschaften – ist unübersehbar. Zudem lässt sich feststellen, dass man sich nicht nur in den Künsten partiell wissenschaftliche Erkenntnisse und Recherche-Verfahren aneignet, sondern dass sich im Gegenzug auch die neueren Kulturwissenschaften und die Philosophie an künstlerischen Darstellungsverfahren orientieren. Es liegt daher der Schluss nahe, für ein symmetrisches Verhältnis von Kunst und Theorie zu argumentieren. Um diesem Erfordernis Rechnung zu tragen, werden im Forschungsprojekt so genannte Tandems gebildet, in denen Wissenschaftler und Künstler sich gemeinsam einem Thema widmen, in dessen Erforschung kooperieren und sich wechselseitig in den Blick nehmen. Die damit intendierte Durchdringung von Praxis und Theorie macht experimentelle Theorieformate erforderlich, welche die Wissensproduktion als eine ästhetische Praxis exponieren. Der mit der symmetrischen Erforschung einhergehende Perspektivwechsel, der zur Revision tradierter Methoden führt, soll sowohl der Wissensbildung in den Künsten wie der ästhetisch fundierten Theoriebildung gerecht werden.

Die symmetrische Anordnung der Tandems wird partiell geöffnet, indem die Projektleiterinnen in die Forschung einbezogen werden. Sie fungieren als Figur des Dritten und schaffen eine triadische Struktur. Absicht dieser Konstellation ist es, eine Metaebene einzuführen und damit weitere Reflexionen zu ermöglichen. Zudem sollen durch die Integration der Leitenden in die einzelnen Felder die Zusammenführung der Einzelergebnisse und deren Verschränkung gewährleistet sein.

Ziel des Projekts ist es, die vollzogenen Forschungen in eine Publikation zu überführen, die die Funktion einer systematischen Einführung in die künstlerische Forschung hat. Die Einzelprojekte sollen gebündelt werden, die Verfahren, Anliegen und Kontexte hybrider Wissensbildung werden vorgestellt und die Ansätze Künstlerischer Forschung sichtbar gemacht. Mit einer solchen Einführung wird nicht nur ein Desiderat kunstwissenschaftlicher Theoriebildung erfüllt, sondern auch ein Beitrag zur Eigenständigkeit der Forschung in den Künsten geleistet. Die Publikation stellt insofern ein Novum und eine Herausforderung dar, da es nicht nur thematisch-inhaltlich, sondern auch in ihrer Form und Gestaltung das Modell der Grenzüberschreitung aufnehmen soll, dafür ist die Zusammenarbeit mit dem diaphanes-Verlag vorgesehen, der an der Entwicklung und Umsetzung entsprechend neuartiger Darstellungsformen mitzuwirken.

Projektleitung

Prof. Dr. Elke Bippus, Zürcher Hochschule der Künste, Kunstgeschichte, Kunstphilosophie

Co-Leitung / Praxispartner

Prof. Dr. Kathrin Busch, Merz Akademie Stuttgart, Philosophie, Kulturtheorie

Antragstext (ausführliche Darstellung des gesamten Projekts)