INTERVIEW MIT RAPHAEL GSCHWIND UND DOMINIQUE BERREL
Ein kalter Montagnachmittag im Dezember. Ich mache mich auf den Weg nach Basel. Dort darf ich heute Abend zusammen mit Giovanna das Büro Berrel Gschwind besuchen und mir einen Einblick in ihr Arbeiten und ihren Werdegang in die Selbstständigkeit verschaffen. Raphael hat 2008 seinen Bachelor in wissenschaftlicher Illustration abgeschlossen und Dominique studierte Grafik an der F+F in Zürich. Heute führen sie zusammen das Büro und arbeiten in den Bereichen Grafik, Illustration und Animation.
Bereits während dem Studium hat Raphael in einem kleinen Trickfilmstudio gearbeitet und somit sein Interesse für Animation mit der Illustration verbinden können. Die beiden arbeiteten selbstständig und begegneten sich in einem Gemeinschaftsatelier. Sie verstanden sich persönlich sehr gut und durch einige Kooperationsarbeiten wurde klar, dass sie gut zusammenarbeiten können. „Und denne het de Dominique mir e Ahtrag gmacht.“ Sie gründeten also 2015 zusammen das Büro Berrel Gschwind.
Viele handwerkliche Fähigkeiten konnte Raphael aus dem Studium mitnehmen. Was die Buchhaltung oder sonstige administrative Bereiche der Selbstständigkeit betrifft, musste er sich noch einiges aneignen und lernen. Es gibt nur sehr wenige festangestellte Illustratoren, weshalb die meistens als Freelancer tätig sind. Für sie war es der richtige Weg – die Selbstständigkeit. Als Tipp für Studierende, die sich in Zukunft selbstständig machen möchten, sagen sie: “Eifach mache!“ Man soll sich von anfänglichen Stolpersteinen nicht den Mut nehmen lassen. Denn Dominique und Raphael sehen in der Selbstständigkeit einen grossen Vorteil gegenüber einer Festanstellung. Sich die Arbeit selber einteilen zu können, ist ihnen wichtiger als ein fixer Monatslohn. Mehr Risiko – dafür viel mehr Freiheit.
Mittlerweile besteht ihr Team aus vier bis maximal sieben Gestaltern und Gestalterinnen und wenn nötig, arbeiten sie zusätzlich mit Freelancern zusammen. Die verschiedenen gemeinsamen Skills führen zu einem breiten Kundenspektrum. Von Künstlern und kleinen Kulturinstitutionen bis hin zu grossen Wirtschaftsunternehmen wie die UBS oder Lindt. Diese Breite sehen die beiden als grosse Stärke. So bestehe kein Klumpenrisiko, was bei einer Spezialisierung auf ein einzelnes Segment eher passieren kann.
Das Netzwerk ist etwas vom wichtigsten. Gerade am Anfang wenn man wenig Referenzen vorzuzeigen hat, ist es sehr wichtig, Leute zu kennen, die wieder jemanden kennen, um Aufträge zu bekommen und sich so ein Portfolio aufzubauen. Ein offenes Denken, ein breites Interesse sowie ein eigener, wiedererkennbarer Stil sind weitere wichtige Punkte. Auch die aktive persönliche Akquise ist enorm wichtig. In den Augen von Raphael und Dominique sogar fast der bedeutendste Faktor. Persönlich bei potenziellen Kunden vorbeizugehen und die eigene Arbeit aufzuzeigen, ist bei ihnen meistens sehr erfolgreich. Manchmal muss man etwas hartnäckig sein, aber keinesfalls zu aufdringlich. All das hilft einem, einen Kundenstamm aufzubauen, von denen einige immer wieder neue Projekte in Auftrag geben. Was sie bis jetzt nicht haben, ist ein Dauerauftrag. Über ein Magazin zum Beispiel, für das sie in regelmässigem Abstand Gestaltungen realisieren können, würden sie sich freuen. Das würde nämlich für ein Festeinkommen sorgen.
Um uns einen genaueren Einblick in ihre Arbeit zu geben, zeigen sie uns diverse Ausführungen ihrer Gestaltungen. Zum Beispiel die Kulturstadtpläne der Stadt Basel, eine Animationsarbeit für das Unispital und einen Auftrag zur Gewaltprävention bei Jugendlichen für die Stadtpolizei Basel. Wer sich nun selbst ein Bild verschaffen möchte, demjenigen empfehle ich, einmal ihre Webseite zu durchstöbern – berrelgschwind.ch.
Abschliessend möchte ich mich ganz herzlich bei Dominique und Raphael dafür bedanken, dass sie sich Zeit genommen haben, unsere Fragen zu beantworten. Und auch vielen Dank für den wärmenden Kaffee.