Felco 5 – ein günstiger Klassiker oder bloss eine Gartenschere mit vielen Abstrichen?

Mit dem Preis von 29 CHF ist die Felco 5 die günstigste Felco Gartenschere in deren Produktsortiment. Doch muss man sich bei diesem Klassiker mit vielen Abstrichen begnügen oder woher stammt der Preisunterschied im Vergleich zu den anderen Modellen?

In meiner folgenden Produktanalyse habe ich die Gartenschere optisch unter die Lupe genommen und dabei auf Verarbeitung, Qualität und Design bewertet. Zudem wurde das Produkt auch in der Praxis getestet, damit ich herausfinden konnte, wie sich diese Schere im Alltag verhält und für welchen Anwendertypen sie geeignet ist.

 

Der Steckbrief

Nach den Angaben des Herstellers, hat die Felco 5 eine Länge von 225mm und wiegt 310g. Einzuordnen ist sie in der Produktefamilie der Einhand- Baum-, Reb-  und Gartenscheren. Durch die robusten Griffe aus Stahl, sowie der Klinge und Gegenklinge aus hochwertigem gehärtetem Stahl, soll ein sauberer, präziser und zuverlässiger Schnitt möglich sein. Wobei Äste und Sträucher mit einem Durchmesser von bis zu 25mm geschnitten werden können. Zudem sind alle Teile austauschbar was auch eine Reparatur bei Defekt ermöglicht. Weiter Vorteile der Gartenschere sind die einfache Schnitteinstellung, sowie die Ergonomie durch die rutschfeste Beschichtung.

Die Gartenschere ist in der Grösse S, sowie L erhältlich. Wobei S für kleine und L für grosse Hände steht. Eine Definition, was jedoch grosse oder kleine Hände sind, gibt es nicht.

 

Der erste Eindruck

Auf den ersten Blick wirkt die Gartenschere hochwertig. Durch die Komponenten aus Stahl macht die Schere einen stabilen und robusten Eindruck. Jedoch schlägt der Stahl auch aufs Gewicht. Trotzdem liegt die Felco 5 immer noch angenehm in der Hand. Der Entsicherungsmechanismus funktioniert zuverlässig und ohne grossen Wiederstand. Einzig der grosse Winkel, beziehungsweise der Abstand zwischen den beiden Griffen im geöffnetem Zustand empfinde ich eher als unangenehm. Obwohl ich weder grosse noch kleine Hände habe, sind die Griffe eindeutig zu weit auseinander. Nach mehrfachem betätigen der Schere merkt man bereits, dass die Hände sich leicht verkrampfen, was sich möglicherweise in der Praxis als grosser Nachteil herausstellen könnte.

Des weiteren fällt auf, dass die Schere aus wenigen einzelnen Teilen besteht. Dies bestätigt sich auch nachdem ich die Felco 5 sorgfältig auseinandergenommen habe.

Gerade einmal fünf Teile weisst sie auf. Dies ermöglicht einen unkomplizierten Austausch der einzelnen Komponenten und ein Einfaches zusammensetzten. Zudem vermindert es die Wahrscheinlichkeit einer Fehlmontage. Des Weiteren Fällt auf, dass die Schneide der Felco 5 und deren beiden Griffe an den Reibstellen viel Schmierfett, beziehungsweise Öl aufweisen. In der Betriebsanleitung wird empfohlen, die Gartenschere regelmässig zu Ölen. Gerade wegen den wenigen Teilen, braucht die Schere wohl mehr Wartung als andere.

Alles in allem macht die Gartenschere jedoch einen guten ersten Eindruck. Ob meine Eindrücke von meinen Mitstudenten bestätigt werden, wird sich dann in der Gegenüberstellung der anderen Felco Modellen im Abschnitt „Der Vergleich“ zeigen.

 

Die ersten Schönheitsfehler in der Ästhetik

Nun ist es Zeit die Gartenschere etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Schliesslich wollen wir auch herausfinden, wodurch die Preisunterschiede zu den teuren Modellen entstehen. Beim genaueren Betrachten fallen uns auch schnell kleinere Unschönheiten auf, welche auf eine Einsparung der Kosten beim Herstellungsverfahren hinweist. Folgende drei Unschönheiten wurden sofort entdeckt:

1. Nach den Angaben des Herstellers werden die Kunststoffgriffe durch eintauchen aufgetragen. Dadurch entsteht ein Absatz von ungefähr 2mm. Überlappungen wurden leider im Nachhinein nicht bearbeitet, was dazu führte, dass der Übergang nicht fliessend ist. Zudem kann der Kunststoff angehoben werden. Kann dies dazu führen, dass der Kunststoff ausleiert?

2. Die Ecken des Griffes wurden nur hastig abgezogen. Dadurch wirkt es ein wenig so als wäre die Schere schon vor dem Verkauf auf den Boden gefallen.

3. Beim Biegen/ Tiefziehen kam es zu unschönen Verformungen, welche auf ein nicht so hochwertiges Bearbeitungsverfahren hinweisen. Der Verzug der Oberfläche ist auf der reflektierenden Beschichtung gut sichtbar und ist eindeutig nicht das, was wir als ästhetisch definieren würden. Dafür konnte der Hersteller Produktionskosten einsparen.

 

Die Form

Im offenen Zustand sieht die Schere aus wie ein lachender Vogel. Wobei die Klinge der Schnabel ist und die Mutter das Auge darstellt. Der Stift, mit welchem die Klinge auf dem Griff ausgerichtet wird, sieht zudem aus wie das Nasenloch. Durch das Lachen wirkt die Gartenschere so als ob sie glücklich wäre. Es wird einem auch intuitiv klar, wie die Schere zu bedienen ist. Der rote Kunststoffüberzug beim Griff signalisiert klar die Grifffläche. Materialität, Struktur und Form des Überzugs unterstützen die Ergonomie und Komfort des Griffes. Die Aufwölbung in der Mitte des Überzugs ergibt das Negativ unserer Handfläche, was dazu führt, dass die Ergonomie an unsere Hand angepasst ist. Die Struktur und Materialität sind zusätzliche Indikatoren, welche den Komfort erhöhen und gleichzeitig der Schere den nötigen halt in der Hand geben.

Die Feder sieht aus wie eine Panzerung, welcher in der Mitte am breitesten ist. Dadurch wirkt die Feder stabil und kraftvoll. Die Klingen sind aussen am schmalsten und werden gegen innen immer dicker. Die Formsprache gibt dem Benutzer zu verstehen, dass gegen innen die Klinge immer stabiler wird. Das wiederum gibt einem zu verstehen, dass es Sinn macht breite Hölzer möglichst weit innen an der Schnittfläche zu schneiden. Allein durch die Formgebung wird dem Kunden vermittelt, wie er die Schere optimal nutzen kann. Die Formsprache hat also auch einen grossen Einfluss, ob der Anwender die Gartenschere richtig oder falsch nutzt.

 

Der Vergleich

Zusammen mit den Mitstudenten Fabio, Nicola, Timo und Simon habe ich die verschiedenen Felco Modelle miteinander verglichen. Dazu haben wir Kriterien definiert und die Gartenscheren anhand dieser mit einer Note von 1 bis 10 bewertet.

Von links nach rechts: Felco 5, Felco6, Felco 13, Felco 17, Felco 32

Beim Test schneidet die Felco 5 am schlechtesten ab, was zudem die Qualitativen unterschiede aufzeigt. Nicht umsonst ist sie mit Abstand die günstigste Felco Gartenschere. Verarbeitung, Handhabung und Gripp sind weniger hochwertig als die der anderen Testmodellen. Einzig bei der Arretierung konnte sie sich gegenüber den anderen Modelen durchsetzen.

Beim Praxistest mit dem Buchenholz schnitt sie nur beim 6mm dicken Holz ohne Probleme. Ein Holzstück mit dem Durchmesser von 10mm kann zwar immer noch gut durchschnitten werden, jedoch ist dies nur mit einem grossen Kraftaufwand möglich. Bei einem Druchmesser von 15mm ist dies dann nur noch nach einem halbminütigen Kampf mit dem Holz möglich. Aber es ist möglich.

 

Der Praxistest

Natürlich wollte ich auch herausfinden wie sich die Schere in ihrer gewohnten Umgebung verhält. Dazu ging ich auf die Dachterrasse der ZHdK und brachte den Garten der Dachterrasse wieder auf vordermann. Im Gegensatz zum Test beim Vergleich, schnitt ich dieses Mal kein getrocknetes Buchenholz, sondern Äste welche sich auf unser Dachterrasse befanden durch. Die Äste hatten einen kleineren Schnittwiederstand als diejenigen des Buchenstabes. Dies liegt vor allem daher, dass die Buche härter ist und getrocknet war. Dadurch war es mir möglich auch Äste mit einem dickeren Durchmesser ohne grösseren Kraftaufwand zu durchschneiden. Ob es jedoch auch möglich wäre einen Ast mit 25mm ohne viel Aufwand durchzuschneiden, bezweifle ich jedoch sehr. Leider konnte ich dies nicht ausprobieren, da ich ja schliesslicht nicht einen halben Baum fällen wollte.

 

Das Fazit

Die Preis Leistung der Felco 5 ist super. Trotz ein paar Abstrichen in der Verarbeitung funktioniert sie in der Praxis gut. Sie ist sicherlich keine Profi Gartenschere erfüllt aber ihren Zweck für jeden hobby oder urban Gärtner. Auch das die Ergonomie im Vergleich zu den anderen Felco Gartenscheren nicht gleich gut bewertet wurde, fällt bei der Bewertung nicht so schwer ins Gewicht. Schliesslich arbeitet eine Person, für welche dieses Produkt entwickelt wurde, maximal ein paar Stunden mit dieser Schere im Garten. Alles in allem kann also gesagt werden, dass die Felco 5 nicht die Designschere schlechthin ist, jedoch ihren Nutzen erfüllt und eine gute Preis/ Leistung hat. Somit ist sie für jeden Hobbygärtner ohne grosse Ansprüche geeignet.

 

One reply on “Felco 5 – ein günstiger Klassiker oder bloss eine Gartenschere mit vielen Abstrichen?”

  1. Franziska Nyffenegger on

    Gut, hast du die Schere auch noch in einem Garten getestet! Damit Holzstäbe zu schneiden, finde ich nicht ganz fair 🙂 – Die formale Analyse gefällt mir, weil du deine Interpretationen immer begründest (warum wirkt etwas so und so? warum versteht der Nutzer die Anwendung?). Schade allerdings, dass du die Fachbegriffe nicht verwendest – aber vielleicht macht genau das deine Analyse verständlich …