Sonneck Gartenschere „Klassik“

Steckbrief

Produktname             Gartenschere „Klassik“
Marke                   Sonneck
Preis                   21.90 (Galaxus)
Dimensionen             220 x 52 x 21 mm
Gewicht                 287g
Max. Astdicke           15mm gem. Angaben Hersteller



Produktbeschreibung

Verpackung 
Das Produkt wird mit einer einfachen Kartonplatte welche Hinter den Klingen mit zwei dünnen Drähten angebracht ist, geliefert. Die Kartonplatte deckt dabei nur die Klingen ab, die Griffe liegen frei. Eine Gebrauchsanleitung gibt es nicht und nur wenig lässt sich von der Kartonplatte entnehmen. Ein kurzer Produktbeschrieb ist auf der Rückseite abgedruckt. Herstellungsort sowie Materialdeklarationen sucht man dabei vergebens. Der Name ist simpel und sehr zurückhaltend gewählt. 

Erster Eindruck vs. Detailbetrachtung
Bei der Betrachtung der Schere muss man eine Differenzierung zwischen 2 verschiedenen Perspektiven machen, denn dieser Umstand ändert die Betrachtungsweise enorm. Ich möchte dabei einmal die Entfernung von ca. einem Meter und einmal die Entfernung zum Auge auf etwa ellenlänge reduzieren.

Erster Eindruck
Die für Rebscheren eher selten in Kombination eingesetzten Materialien wie Stahl und Holz dominieren hier über das ganze Produkt hinweg. Die Schere sieht dank dieser Materialien sehr edel und wertig aus, alte Handarbeitskunst in Perfektion. Die Holzgriffe sind mit drei Nieten an den Stahl geankert. Die Griffe ragen gerade und fast parallel zueinander vom Drehpunkt weg. Die geraden Griffe wirken elegant und ruhig. Die Ausbuchtungen welche zwischen Drehachse und Holzgriffen bietet einen Leerraum, welcher von einer Springfeder ausgefüllt ist. Diese ist an zwei Metallzähnen angebracht und wird von Noppen an Vorder- und Rückseite in Position gehalten.


Detailbetrachtung.
Nimmt man die Schere in die Hand und schaut sie von Nahem an, erkennt man viele weitere Details, welche bis anhin nicht aufgefallen sind. Die Fuge zwischen den Holzgriffen und dem dazwischen liegenden Metall wurde unpräzise mit einem Spachtel ausgefüllt. Die Holzgriffe sind uneben abgeschliffen und man erkennt Unsauberkeiten beim Übergang von Metall und Holz. Flächen, welche nicht nach Aussen zeigen sind nicht poliert und weisen diverse Fabrikationsnachweise, wie Kerbungen welche vom Umformungsprozess stammen, auf. Was ebenfalls auffällt ist der Geruch. Die Schere riecht stark nach Öl, und tatsächlich tritt aus dem Holzgriff die fettige Substanz aus, wenn man zum Beispiel mit dem Fingernagel dagegen drückt. 



Anzeichen

Die Gartenschere „Klassik“ von Sonneck besteht aus zwei chiralen Schneiden, welche sich beim zusammendrücken der Hebel aneinander vorbei schieben. Dieses Scherenprinzip heisst Bypass und hat, im Unterschied zum ebenfalls häufig vertretenen Ambossprinzip, zwei statt eine Schneide.   Dabei ist jedoch die eine Schneide um einen Grossteil stärker abgeflacht und somit viel schärfer. 



Arretierung und Federung
Die Arretierung im geschlossenen Zustand erfolgt durch einen kleinen metallenen Bügel, welcher unter der Springfeder sitzt. an der Gegenseite des Bügels ist ein L-förmiger Hacken im Gussteil, welcher den Bügel hält. Der Arretierungsmechanismus wirkt insgesamt im Vergleich zu den massiven Stahlgussteilen sehr fragil. Öffnen lässt sich die Schere zwar erstaunlich leicht mit nur einer Hand, jedoch wird es schwieriger, sobald der Benutzer Schutzhandschuhe trägt. Dies liegt daran, dass der Bügel sehr klein ausgefallen ist. Wenn man die Schere wieder schliessen möchte ist es einhändig relativ schwierig, da es den Nutzer zu einer unnatürlichen Daumenbewegung zwingt. 

Der Sicherheitsverschluss mit dem fragilen Bügel

Die Springfeder, welche die Schere öffnet, drückt die Hebel der Schere weit auseinander. Löst man die Arretierung unvorsichtig, so kann es vorkommen, dass die Feder auf einer der Seiten an der sie befestigt ist, hinaus spickt. Die noppenartige Ausbuchtungen an den zwei Stahlzähnen, über diese die Feder gestülpt ist, sollten ein solches hinaus spicken verhindern, jedoch sitzt die Springfeder wegen der ungenauen Verarbeitung nicht fest genug darauf. Die Feder kann jedoch wieder leicht an ihren eigentlichen Platz zurück gesetzt werden.


Griff
Wir gehen davon aus, dass jeder, der eine Schere benutzt, weiss wo der Griff liegt. Bei der Schere „Klassik“ von Sonneck wurden die Hebel nicht an die Hand oder Fingerformen angepasst, es ist also möglich, dass die Schere auf verschiedene Arten gehalten werden kann. Es gibt keine speziellen Einbuchtungen für den Daumen oder andere Finger, die Hebel ragen einfach gerade vom Drehpunkt weg. Es entsteht eine gewisse Unsicherheit, wie weit hinten oder eben vorne am Griff, man die Schere halten soll. Im geöffneten Zustand sind die hinteren Enden des Griffes sehr weit auseinander gelegen, was einer effiziente Kraftübertragung im Weg steht. 


Bei den meisten Gartenscheren gibt es klare Ausbuchtungen an den Enden der Griffe nahe dem Drehpunkt, welche ein Rutschen der Hände in Richtung der Schneiden verhindern. Solche Ausbuchtungen findet man bei der Sonneck „Klassik“ nur leicht angedeutet und sehr nahe an der Drehachse. 
Die Lebensdauer des Holzgriffs ist vermutlich nicht sehr lange, denn schon jetzt beginnt sich der Spachtel zwischen Holz und Metall zu lösen, und hinterlässt eine Lücke zwischen den Materialien.

Die Fuge mit dem schon heraus gefallenen Spachtel


Schneide
Die wichtigste Funktion einer Gartenschere ist wohl das Schneiden. Auf der Verpackung wird eine maximale Astdicke von 15mm angegeben, was im Vergleich zu allen anderen von unserem Jahrgang getesteten Scheren klar im untersten Bereich anzusiedeln ist. Tatsächlich Schneidet die Schere dünnere Äste befriedigend, sobald aber eine Astdicke von 10mm erreicht ist, muss viel mehr Kraft aufgewendet werden. Weshalb die Schere wortwörtlich schlechter abschneidet, lässt sich vor allem mit der Kraftübertragung erklären, denn die Schneide ist scharf und kann auch Papier ohne Mühe schneiden. Zum einen lässt die Form der Schneide keine dicken Äste nahe an den Drehpunkt, was den Hebeleffekt stark verkleinert. Zum anderen lassen sich die Griffe nicht optimal weit hinten halten, und die Hebel stechen unangenehm in die Hand. Was die Langlebigkeit aufweist ist es schwierig nach einer Woche Testen ein Fazit zu ziehen. Jedoch gibt es Merkmale welche nicht auf eine hohe Lebensdauer des Produkts schliessen lassen. Nach der Testwoche gibt es schon leichte Rostanzeichen an der Schneide. Diese waren vor dem Test noch nicht zu sehen. Zudem nehme ich an, dass die Schere nicht sehr lange scharf bleibt. Schneide und Hebel sind wie schon erwähnt aus einem Stück geschmiedet. Bei vielen Konkurrenzprodukten ist die Schneide aus einem separaten Stück, welches eine grössere Härte aufweisen kann, gemacht. Zwar gibt es Nach japanischer Art geschmiedete Scheren, bei denen auch Griff und Schneide eins ist, dabei werden aber die Schneiden aufwendigen Härteprozeduren unterzogen. 

Die Felco 5 neben der „Klassik“



Symbole

Markencharakter
Wenn man das Produkt anschaut, lässt sich nicht leicht eine Markenzugehörigkeit feststellen. Die Produktpalette der Firma Sonneck ist jedoch vor allem durch die Farbgebung von bordeauxrotem Glanzlack vereinheitlicht. Die Holzelemente des Griffs der Schere sind aber nicht lackiert sondern geölt. Zwar hat der Produzent einen ähnlichen Farbton gewählt, jedoch kommt der Farbton auf der unregelmässigen matten Oberfläche des Holzes nicht gleich zu tragen wie eine glatt und glänzend lackierte Metallfläche.

Assoziationen
Das Typische Bild einer Gartenschere erfüllt die Sonneck "Klassik" nur teilweise. Die Schneiden sehen zwar ähnlich wie viele aus, aber vor allem der Griff ruft bei mir andere Assoziationen hervor. Mir kommen eher andere Geräte in den Sinn wie Geflügelscheren oder Küchenbesteck. Bei meiner Recherche habe ich zudem ein ähnliches Produkt gefunden, an welches die Sonneck Schere vermutlich angeleht ist. Man erkennt aber auf einen Blick, dass es grosse Unterschiede in der Verarbeitung gibt. Der Feder- und  der Arretiermechanismus sind um einiges schöner verarbeitet und der Holzgriff weist eine klare Formsprache auf. Mit einem Preis von 119.00 CHF ist sie aber auch ungefähr 5-6 mal so teuer. 


Zielgruppe
Bei dieser Schere drängt sich die Frage nach der Zielgruppe stark auf, denn wie schon erwähnt versucht die Rebschere etwas zu sein, was sie rein von den Voraussetzungen gar nicht sein kann. Das grosse Stichwort hier ist wohl Nostalgie. Wer einen perfekt eingerichteten Balkon mit alten Holzmöbeln und schön gealterten Pflanzentöpfen hat, der wird wohl kaum eine leuchtend rote Rebschere haben. Wenn eine Umgebung, in der diese Bypass Schere hineinpassen würde, assoziiert werden soll, sehe ich eine Urbane Gartenwelt, wo Ästhetik höher gewichtet wird als Funktionalität, Qualität oder Effizienz. Das Objekt ist eher Statussymbol als ein einfaches Werkzeug. Der emotionale Aspekt überwiegt, denn der Besitzer identifiziert sich mehr mit einem klassischen Retro-Stil als mit einem modernen Arbeitsgerät.

Ob die Zielgruppe eher männlich oder weiblich bezogen ist, lässt sich schwer beantworten. Es gibt keine starken Gender-typische Merkmale bei der Sonneck „Klassik“ wie Farbe. Man könnte argumentieren, dass das Gewicht, welches doch erheblich ist, eher auf einen männlichen Benutzer schliessen lässt. Wiederum kann aber die glänzende Oberfläche des Stahls mit Schmuck assoziiert werden, was auf eine weibliche Benutzergruppe schliessen liesse. 

Wie schon bei den praktischen Funktionen erwähnt bilden sich schnell Gebrauchsspuren auf der Schere. Dies kann durchaus auch Gewollt sein, so, dass schneller der Eindruck von einem alten Gegenstand, den schon die eigene Grossmutter benutzt hat, entsteht. Die Schere wurde vielleicht absichtlich so gestaltet, dass sehr schnell Patina entsteht.

Fazit
Meine persönliche Meinung zur Sonneck "Klassik" fällt zwiespältig aus. Im Grunde Habe ich das Gefühl sie will etwas sein, das sie schlicht nicht ist. Der erste Eindruck fällt zwar positiv aus, jedoch wirkt sie bei genauerer Betrachtung billig und ist als solides Werkzeug nicht wirklich geeignet. Wer aber eine schöne Gartenschere auf seinem im Retro-Stil eingerichteten Balkon ausstellen und ab und an eine kleine Topfpflanze zuschneiden will, für den kann sie durchaus eine Option sein.