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Rekursivität
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Der Begriff der Rekursivität bezeichnet im ursprünglich mathematischen Wortgebrauch eine wiederholte Anwendung immer derselben und auf sich selbst bezogenen Funktion. Später auch von der Linguistik übernommen, bedeutet Rekursivität die Bildung einer unendlichen Menge von Sätzen aus einem endlichen Inventar von sprachlichen Elementen und Regeln. Ein rekursives Vorgehen zeichnet sich in diesem Sinne durch eine kreative Handhabung aus, die von einem beschränkten Set von Möglichkeiten ausgeht.
Im transdisziplinären Forschungsdiskurs findet der Begriff der Rekursivität in Bezug auf die Gestaltung des Forschungsprozesses Verwendung. Christian Pohl und Gertrude Hirsch Hadorn definieren das rekursive Vorgehen folgendermassen:
«Ein generelles Gestaltungsprinzip der transdisziplinären Forschung, welches sowohl für den ganzen Forschungsprozess als auch für jede der Phasen gilt. [Die drei Phasen nach Pohl und Hirsch Hadorn: Projektidentifikation und -strukturierung, Problembearbeitung, In-Wert-Setzung.] Damit ist gemeint, Forschungsprozesse so zu gestalten, dass die Angemessenheit des Vorgehens immer wieder überprüft wird, und dass auf die dafür getroffenen Voraussetzungen zurückgekommen wird, wenn sie sich nicht als geeignet erweisen» (Pohl, Hirsch Hadorn 2006: 39).
Ein rekursives Forschungsvorgehen hilft, vorläufige Ergebnisse durch kritisches Prüfen weiterzuentwickeln, geplante Vorgänge aufgrund der gewonnenen Erfahrungen zu korrigieren und schrittweise die Komplexität der Problemstellung zu reduzieren.
Im rekursiv gestalteten Forschungsprozess beeinflussen Erkenntnisse eines Arbeitsschrittes die Gestaltung der darauffolgenden Arbeitsschritte und haben so das Potenzial, den gesamten Projektverlauf zu verändern. Die Forschungsbeteiligten nähern «sich der Lösung eines Forschungsproblems schrittweise durch wiederholte Anwendung derselben Verfahrensvorschrift» an. Zusätzlich können in einem rekursiven Vorgehen «sowohl fachliche Beiträge als auch Beiträge aus der Praxis schrittweise einbezogen, aufeinander bezogen und angepasst werden, sodass ein integratives Gesamtbild entsteht» (Bergmann et al. 2010: 132-133). Ziel eines rekursiven Forschungsvorgehens ist es, ein umfassendes und konfliktlösendes Ergebnis mithilfe eines offenen Prozesses und unter Berücksichtigung möglichst vieler verschiedener Wissensformen zu generieren. In einem rekursiven Prozess schaffen sich alle Forschungsbeteiligten gemeinsam eine eigenverantwortliche Qualitätssicherung.
Im gegenwärtigen transdisziplinären Diskurs zwischen den Künsten sowie zwischen Kunst und Lebenswelt wird der Begriff der Rekursivität nicht verwendet. Es stellt sich die Frage, ob die künstlerische Praxis durch eine erhöhte Selbstreflexivität an sich schon eine Form der Rekursivität aufweist und diese deshalb nicht als neues und spezifisches Merkmal diskutiert wird.
Literatur
Pohl, Christian; Hirsch Hadorn, Gertrude: Gestaltungsprinzipien für die transdisziplinäre Forschung. München 2006.
Bergmann, Matthias; Jahn, Thomas; Knoblauch, Tobias; Krohn, Wolfgang; Pohl, Christian; Schramm, Engelbert: Methoden transdisziplinärer Forschung: Ein Überblick mit Anwendungsbeispielen. Frankfurt a. M. 2010.
(lt, vr)