Die Gebrauchsgeschichte der Transdisziplinarität ist eng mit dem Begriff der Interdisziplinarität verbunden. Die Begriffssemantik der beiden Termini ist unübersichtlich und wird sehr unterschiedlich ausgelegt. Zum einen wird Transdisziplinarität als Bestandteil der Interdisziplinarität, zum anderen als sich von ihr Abgrenzender Begriff ausgelegt. Eine klare und einheitliche Begriffsdefinition der Transdisziplinarität ist nie erfolgt.

In den letzten Jahren haben sich, neben dem Begriff der Transdisziplinarität, aus dem Kernbegriff der Interdisziplinarität eine Vielzahl von sich abgrenzenden Termini herausgebildet (Balsiger 2005). Aus mangelhafter terminologischer Schärfe konnten sich diese Begriffe nicht selten nur für kurze Zeit als wissenschaftliche Fachtermini halten. Harald Völker bezieht diese schnelle Abnutzung auf ungenauen Bezüge einzelner Termini auf die zeitlich unmittelbar vor diesen liegenden (Brand et al. 2004). Dies hat Unübersichtlichkeit zur Folge und die Begriffe drohen semantisch auszufransen.

Anbei findet sich eine Liste von Wortneuschöpfungen, die eine Beschreibung des Diskurses jenseits von Disziplingrenzen vornehmen, sich jedoch nicht wirklich als wissenschaftliche Fachtermini behaupten konnten. Die Liste ist alphabetisch geordnet und hat keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.

Dedisziplinierung
Dedisziplinierung ist eine Wortneuschöpfung in der Nullnummer der Zeitschrift «Plurale. Zeitschrift für Denkversionen» (2001). Die Herausgeber, aus verschiedenen Fachrichtungen stammend, bevorzugen den von ihnen geschaffenen Begriff der Dedisziplinarisierung gegenüber inhaltlich bereits besetzten Termini wie Inter- und Transdisziplinarität, von welchen sie sich klar distanzieren wollen. Bis zum Jahr 2008 wurden 7 Ausgaben dieser Zeitschrift publiziert. Der Begriff der Dedisziplinierung fand danach im Fachdiskurs keine weitere Erwähnung mehr.

Multidisziplinarität
Multidisziplinarität bezeichnet das Nebeneinander von mehreren wissenschaftlichen Disziplinen. In der Zusammenarbeit verändern sich dabei weder die Methoden noch die Ziele der einzelnen Disziplinen. Aus dem Wunsch nach engerer Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen sind ausgehend von der Diskussion um die Multidisziplinarität die Inter- und Transdisziplinarität entstanden. (Hirsch Hadorn et al. 2008: 24)

Pluridisziplinarität
Siehe Multidisziplinarität

Postdisziplinarität
Der Begriff Postdisziplinarität stammt aus den Gender Studies und findet mehrheitlich auch in diesem Fachbereich Verwendung. Die Postdisziplinarität löst sich als Wissensform von allen diszipinären Einschränkungen. Weder Ausgangspunkt noch Ergebnisse der postdisziplinären Forschung können einer Disziplin zugeordnet werden (Maihofer 2005).

Supradisziplinarität
Die Verwendung des Begriffs Supradisziplinarität wurde von Andrea Albrecht und Susanne Friede angeregt. Supradisziplinarität steht für einen Diskurs, der oberhalb unterschiedlicher Disziplinen stattfindet. Die Supradisziplinarität ist an der disziplinären Grenze festzumachen und wird von den Autorinnen als Vorstufe einer neuen, fächerübergreifende, inklusiven Disziplin betrachtet (Brand et al. 2004).

 

Literatur

Balsiger, Philipp: Transdisziplinarität: Systematisch-vergleichende Untersuchung disziplinenübergreifender Wissenschaftspraxis. München 2005.

Brand, Frank; Schaller, Franz; Völker, Harald (Hg.): Transdisziplinarität. Bestandsaufnahme und Perspektiven. Göttingen 2004.

Hirsch Hadorn, Gertrude; Hoffmann-Riem, Holger; Biber-Klemm, Susette; Joye, Dominique; Pohl, Christian; Wiesmannn, Urs; Zemp, Elisabeth (Hg.): Handbook of Transdisciplinary Research. Dordrecht 2008.

Maihofer, Andera: Inter-, Trans-und Postdisziplinarität. Ein Plädoyer wider die Ernüchterung. In: Heike Kahlert, Barbara Thiessen, Ines Weller (Hg.): Quer denken – Strukturen verändern. Gender Studies zwischen den Disziplinen. Wiesbaden 2005.

(vr)

 


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