Transposable Elements sind natürlich vorhandene Abschnitte des Erbguts. Das Spezielle an ihnen ist, dass sie ihre Position ändern und/oder Kopien von sich ins Genom einfügen können. So haben sie das Potential Mutationen herbeizuführen. Die Länge eines TE kann zwischen 80 und mehreren 10‘000 Basenpaaren variieren. Der gesamte dargestellte DNA-Strang könnte ein einzelnes TE sein. Um den Überblick zu behalten, wird die Länge in Visualisierungen gekürzt.

Wo kommen TEs vor?

Transposable Elements hat man bei allen untersuchten Eukaryoten und auch bei manchen Bakterien und besonders komplexen Viren gefunden. Es gibt unterschiedliche TEs und sie verändern sich im Laufe der Evolution. Wie gross ihr Anteil im Genom ist, kann stark variieren.

Mensch
Mais
Hefe (Pilz)
Mehltau (Pilz)

Mensch

Für ein Säugetier hat das menschliche Genom einen hohen Anteil an TEs. Nur noch zwei TE Familien sind aktiv, während die meisten Elemente nicht mehr funktionell sind.¹

Mengenunterschiede

Es ist nicht geklärt, was es für ein Lebewesen bedeutet, wenn ein Genom viel, wie der Mais² oder wenig TE beinhaltet. Man kann beobachten, dass die Anzahl von TE stillgelegt, aber nur selten abgebaut wird. So nimmt die Anzahl an TEs grundsätzlich zu. Manche TEs kann man nicht mehr erkennen, weil sie selbst stark mutiert sind.

Ausbreitung

Der Anteil an TE variiert auch bei nahen Verwandten. Es kann zu einer kurzfristigen explosionsartigen Ausbreitung von TEs kommen.

Was beeinflusst ihre Aktivität?

Im Normalfall sind TEs inaktiv, das ist wichtig für eine stabile Funktion des Erbguts. Äussere Einflüsse, die Lebewesen oder Zellen unter Stress setzen, begünstigen die Aktivierung der Transposable Elements.

Umwelteinflüsse
Krankheiten
Domestizierung
Pestizide

Wie entsteht ein neuer Phänotyp durch TEs?

Erbsen – Ausserkraftsetzen eines Gens

ohne TE – runde Erbsen

mit TE – faltige Erbse

Bei der Erbse mit Dellen ist ein DNA Transposon hAT in ein Gen eingefügt, das für ein Enzym codiert, welches unter anderem beim Aufbau von Stärke notwendig ist. Das Gen verliert dadurch seine Funktionalität, die Expression ist verhindert, es wird keine Stärke produziert. Aufgrund einer veränderten Zusammensetzung an Stärke und Zucker nehmen diese Erbsen mehr Wasser während ihrer Entwicklung auf. Wenn sie heranreifen verlieren sie stärker an Volumen, was zu ihrem faltigen Phänotypen führt.³

Die Mutation ist weiter vererbbar. Die faltige Ausprägung der Erbse ist rezessiv, weil ein intaktes Allel des Gens ausreicht um das Enzym zu produzieren.

Orange – Regulierung der Expression

Blondorange
Blutorange

Bei Blutorangen hat sich ein Retrotransposon vor einem Gen eingefügt, welches für die Aktivierung der Produktion von Ruby, rotem Pflanzenfarbstoff verantwortlich ist. Das TE wirkt als regulierendes Element auf dieses Gen. Die Regulierung ist jedoch Kälteabhängig. Nur falls die Temperaturen während der Entwicklung der Blutorange niedrig sind, erscheint die rote Ausprägung. Zudem sind Blutorangen besser an kalte Temperaturen angepasst. Blutorangen haben sich mehrmals unabhängig mit dem Einfügen von unterschiedlichen Retrotransposons entwickelt. Bei einer Sorte ist der grösste Teil des TEs sogar gelöscht, doch der Einfluss bleibt derselbe.⁴

Wie kommen TEs an eine neue Position im Genom?

Abhängig von der Klasse gibt es verschiedene Möglichkeiten wie ein TE an eine neue Stelle im Genom kommt.⁵ Die DNA Transposons verschieben sich. Sie werden an der ursprünglichen Stelle ausgeschnitten und an einer beliebigen Stelle wieder eingefügt. LTR Retrotransposons stellen eine Kopie von sich her, die dann in einer neuen Stelle eingefügt wird. Wie genau die Mechanismen ablaufen erfahrt ihr in den Animationen. Es gibt neben den dargestellten Mechanismen noch weitere Varianten, wie ein TE Kopien von sich erstellen kann.⁶

LTR Retrotransposon | Class I
(copy-paste-mechanism)

DNA Transposon | Class II
Termial inverted repeat (cut and paste mechanism)

Was bedeutet eine Mutation für ein Lebewesen?

Eine erfolgreiche Mutation trägt zu genetischer Diversität bei, kann somit der entscheidende Faktor für das Überleben einer Population sein. Das kann auch Resistenzbildung bedeuten, wenn es sich bei den Lebewesen um Pathogene handelt. Eine Mutation stellt jedoch immer ein Risiko dar.

nicht lebensfahig
kein Einfluss
Vorteil
Nachteil
Mensch übernimmt Selektion

Birkenspanner (Biston betularia)

Die Mutationen wirken sich situationsbedingt auf die Fitness eines Lebewesens aus. Ein klassisches Beispiel ist die Adaption der Birkenspanner (Biston betularia). Sie sind durch ihre Farbe auf Baumrinden von Birken und Eichen gut vor Fressfeinden getarnt. Durch eine Mutation von TEs verursacht, gibt es auch dunkle Falter dieser Art.⁷ Sie sind normalerweise schlechter getarnt. In stark von der Industrialisierung beeinflussten Gebieten, haben sich die Rinden mit Russ verfärbt. Die hellen Flechten sind zurückgegangen. Unter diesen Bedingungen waren die dunklen Birkenspanner besser getarnt. In den Populationen gab es vermehrt dunkle Birkenspanner. Mit verbesserter Luftqualität durch Filter hat sich der Lebensraum wieder erholt, und die hellen Phänotypen haben sich erneut durchgesetzt.⁸

Bachelorarbeit ZHdK DDE KVis
Tina Schwendener

Kooperation mit Ursula Oggenfuss, PhD Studentin, Laboratory of Evolutionary Genomics, University of Neuchâtel

Mentorat: Alessandro Holler

Vielen Dank an die Assistenzprofessoren Daniel Croll und Alexander Sang-Jae Suh wie auch an das gesammte VSV-Team

Quellen:

1: Belancio VP, Deininger PL, Roy-Engel AM2009. LINE dancing in the human genome: Transposable elements and disease. Genome Medicine1: 1–8.

2: Stitzer, Michelle C. et al. 2019. The Genomic Ecosystem of Transposable Elements in Maize. Bio Rxiv

3: Bhattacharyya MK, Smith AM, Ellis THN, Hedley C, Martin C1990. The wrinkled-seed character of pea described by Mendel is caused by a transposon-like insertion in a gene encoding starch-branching enzyme. Cell60: 115–122.

4: Butelli E, Licciardello C, Zhang Y, Liu J, Mackay S, Bailey P, Reforgiato-Recupero G, Martin C2012. Retrotransposons control fruit-specific, cold-dependent accumulation of anthocyanins in blood oranges. Plant Cell24: 1242–1255.

5: Wicker T, Sabot F, Hua-Van A, Bennetzen JL, Capy P, Chalhoub B, Flavell A, Leroy P, Morgante M, Panaud O, et al.2007. A unified classification system for eukaryotic transposable elements. Nature Reviews Genetics8: 973–982.

6: Sultana T, Zamborlini A, Cristofari G, Lesage P2017. Integration site selection by retroviruses and transposable elements in eukaryotes. Nat Rev Genet18: 292–308.

7: van’t Hof AE, Campagne P, Rigden DJ, Yung CJ, Lingley J, Quail MA, Hall N, Darby AC, Saccheri IJ2016. The industrial melanism mutation in British peppered moths is a transposable element. Nature534: 102–105.

8: Beyer, Irmtraud et al. 2013. Natura 3. Biologie für die gymnasiale Oberstufe. Zug, Klett und Balmer Verlag. 384-385.