In den Texten «Gebrauchsweisen und Taktiken: Etwas benutzen» und «Kunst des Handelns» spricht Michel de Certeau von Taktik und Strategie. Er behandelt das Handeln im Bezug auf Konsum. Wir, die Gesellschaft, ausgeliefert im Ort der Strategie, bestummen von Eigentümer, Unternehmen, Stadt, usw. sind der Gefahr ausgeliefert, passiv und unkontrolliert der Strategie zu folgen und zu handeln, wie es sich die Strategie wünscht. Ein Apparat bestimmt wie wir funktionieren, wie wir ihn zu bedienen und einzusetzen haben. Ein Apparat bestimmt die Umgebung, die es gebraucht. Wir werden zum Diener dieses Apparates, denn ohne uns läuft er nicht. Wir müssen die Umgebung herstellen, die der Apparat benötigt. Ich versuche dies anhand des Mähroboters aufzuzeigen. Er verlangt, dass die Fläche, wo er mähen soll, abgesteckt ist. Er verlangt, dass es innerhalb dieser Fläche keine Absätze hat. Er verlangt, dass es möglichst wenig Bäume/Hindernisse gibt. Also was machen wir als Konsument dieses Apparates. Wir stellen sicher, dass das Umfeld, welcher der Mähroboter benötigt um zu «arbeiten», stimmt. Wir sind also sein Diener. Apparate organisieren insgeheim die Funktionsweise der Macht um. Nun zurück zur Strategie. Die Produzenten von Apparaten berechnen ihre Produkte genau so, wie sie sich in der Gesellschaft auswirken sollen. Die Strategie bestimmt also die Logik der Gesellschaft. Uns, der Gesellschaft, welche nicht mit etwas Eigenem rechnen kann, fällt es schwer, sich davon zu distanzieren, vom passiven, unbewusstem Konsum. Wir laufen Gefahr, einem Strom zu folgen, wessen Konsequenzen wir uns nicht bewusst sind. Konsum ist nicht schlecht, es gehört zu uns, ist ein gesellschaftliches Urbedürfnis, wir sind also ein stückweit dem Konsum verschrieben. Wichtig ist aber, dass sich jeder Gedanken dazu macht, in welchem Mass er konsumiert und wie er konsumiert und somit handelt. Wir müssen bewusst Entscheidungen treffen und aktiv mitbestimmen. Denn wir als Konsumenten sind auch Produzenten.

Nun haben wir die Strategie, welche Dinge herstellt, die zum Konsumenten gelangen, welche entsprechend handeln. Ich frage mich nun, was steht zwischen dem Produzenten (Strategie) und dem Konsumenten (Taktik), wie kommen die Produkte, Apparate, Güter zum Konsument. Wie erfährt die Gesellschaft, dass diese Dinge überhaupt existieren? Die Strategie benutz dafür die Werbung, welche fast ausschliesslich unsere menschlichen Instinkte ausnutzt. Sie verkauft uns nicht die Produkte, sondern Gefühle, Atmosphären, Stimmungen und Folgerungen, die aus dem Besitz des Guts entstehten. Doch dies ist nicht seit immer so, die Technik und das Wissen über wie wir funktionieren haben bestimmt auch einen Teil dazu beigetragen. Zum Thema Atmosphären habe ich in den Text von Böhme «Atmosphäre» gelesen. Eine Atmosphäre ist etwas Unbestimmtes, Diffuses, welches beliebige Charakter haben kann. Solche Charaktere können sein; Heiter, melancholisch, bedrückend, erhebend, einladend, erotisch, usw. Die Atmosphäre steht zwischen dem Produzent/dem Ding und dem Konsumenten.
In den folgenden Beispielen möchte ich die verschiedenen Atmosphären kategorisch aufzeigen. Ich werde auf die Stimmungen (Familien-)Glück, Sicherheit (Schutz), Sexismus und Angst, als negativer Gegensatz eingehen.

Betrachten wir nun die rechten Abbildungen, sehen wir deutlich, dass es sich hier um Atmosphären handelt. Spezifische Werbeplakate konnte ich nicht finden, doch wie es die Technik zulässt, gibt es heute auch mehr digitale Werbung, deshalb hier zwei Abbildungen aus Werbespots.
Diese Bilder verkaufen eindeutig eine Atmosphäre, wie unbeschwert, gemütlich, mehr Zeit füreinander, …, also im weiten Sinne das Familienglück. Sie versprechen also, wenn ich diesen Apparat kaufe, habe ich ein glückliches Leben, dass ist doch genau das, was ich schon immer wollte? Der Apparat stellt also die Lösung eines persönlichen Bedürfnisses dar, sagen sie zumindest.
Atmosphären werden aber auch gebraucht, um nicht-materielles zu verkaufen, wie zum Beispiel Versicherungen. Hier haben die Unternehmen keinen Gegenstand, den sie inszenieren können (ausser die Atmosphäre respektive den Raum worin sich das Objekt befindet), deshalb greifen sie hier auch zu den Atmosphären und verkaufen in erster Linie die Sicherheit.

Versicherungen haben grundlegend das Problem, dass die Zielgruppe alte Menschen ist, welche jedoch jetzt noch jung sind, und die jungen sich nicht angesprochen fühlen. Deshalb versuchen sie, mit Atmosphären auch das junge Publikum zu erreichen. Doch die Versicherungen können mies sein, wenn die Atmosphären, die sie in ihren Werbungen verkaufen, stimmt, dann funktionieren sie. Die Gesellschaft funktioniert aber gerade auch umgekehrt; Die Versicherung kann kompetent und gut sein, doch wird sich niemand bei ihr versichern lassen, wenn die Werbekampagne nicht stimmig ist.
Diese Atmosphären arbeiten bereits mit unserem menschlichen Instinkt, es werden Stimmungen hergestellt, die wir auf natürliche Weise ansprechend finden. Noch viel schlimmer wird es, wenn Unternehmen mit sexuellen und erotischen Bildern/Atmosphären versuchen, irgend ein Produkt, welches absolut nichts damit zu tun hat, zu verkaufen versuchen. In diesem Sinne Sex sells. Für diese Kategorie gibt es mit Abstand am meisten Beispiele, die ich hier zeigen könnte. Diese kommen in Kategorien wie Fashion, Food, Kosmetik, Handwerk, Zigaretten, und unzähligen mehr, vor. Ich möchte hier auf ein Beispiel aus der Kategorie Food eingehen. Untenstehend ein Werbefenster aus dem Hause Burger King:

Dieses Beispiel ist ziemlich selbstsprechend. Denn genau das wollte nämlich das Unternehmen; kein Spielraum zur Interpretation! Die sexuelle Sprache ist eine universelle. Und sie ist natürlich. Es ist unser Instinkt, dass wir uns Personen oder Situationen hingezogen fühlen. Ist auch richtig so. Aber was nicht korrekt ist, wenn die Unternehmen dies ausnutzen! Sie bedienen sich an unsern menschlichen Vorlieben und benutzen sie, um ihre Dinge zu bewerben. Dies passiert nicht nur auf bildlicher, visueller Ebene (Atmosphären), sondern auch auf verbaler. Dieses Zusammenspiel zwischen Bild- und Textebene puscht sich gegenseitig und wird zu einer extrem starken Aussage.
Nun möchte ich als letztes Beispiel, ein negatives zeigen, welches sich an der Atmosphäre der Angst bedient. In der Kategorie der negativen Stimmungen ist es eindeutig schwerer Beispiele zu finden, da in der Regel nur positives «verkauft» werden will. Doch hier wird kein Gegenstand oder keine Dienstleistung verkauft.

Bei diesem Beispiel, welches eindeutig eine Gefahr darstellt, versucht die SVP das Volk einzuschüchtern, um die Betrachter zu verängstigen, damit sie auf ihre Seite, ihre Einstellung springen. Bei der Bildsprache bedienen sie sich eindeutig an dem Stil der Karikaturen aus der Zeitung «Der Stürmer», welches absolut nicht verwunderlich. Doch das schlimme ist eigentlich, es funktioniert!
Ja es funktioniert! Die Manipulation in der Kommunikation ist ein gängiges Mittel, mit welchem Unternehmen/Organisationen versuchen, die Gesellschaft in eine Richtung zu drängen. Durch die Manipulation haben sie die Macht, die Handlung der Gesellschaft zu steuern und zu kontrollieren. Deshalb möchte ich hier sagen, dass es wirklich wichtig ist, sich von all diesen Einflüsse zu distanzieren und wenn man konsumiert, was überhaupt nicht falsch oder schlecht ist, aktiv und bewusst handelt und sich das Ganze reflektieren lässt. Dazu ist die Taktik das richtige Werkzeug dazu.
Samira Schnellwly