< Kathrin M. Amelung >

Fiktionale Evidenz?
Überlegungen zum eigenständigen epistemischen Potential wissenschaftlicher Illustrationen in der naturwissenschaftlichen (Labor)Praxis.

(1) Orobates pabsti (MNG 10181). In: Nyakatura JA, Allen VR, Lauströer J, Andikfar A, Danczak M, Ullrich H-J, et al. (2015) A Three-Dimensional Skeletal Reconstruction of the Stem Amniote Orobates pabsti (Diadectidae): Analyses of Body Mass, Centre of Mass Position, and Joint Mobility. PLoS ONE 10(9): e0137284. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0137284
(2)  Digital reconstruction of Orobates pabsti. Nykatura et al, 2015.
(3) Ebola-Virus, David S. Goodsell, RCSB Protein Data Bank

Abstract

Im Zentrum des Vortrags steht die These, dass die vermeintlich überholte Praxis der Gestaltung in den Naturwissenschaften im Sinne von Bildern, die aus einer Kooperation zwischen wissenschaftlichen IllustratorInnen und WissenschaftlerInnen hervorgegangen sind, erst jetzt, d.h. im Zuge der neuen, technischen Veränderungen der Bildgebung, ihr eigentliches Potential entfalten können. Dieses Potential ist dabei keineswegs mit den Möglichkeiten computertechnischer Bildgebung identisch, sondern allen wissenschaftlichen Illustrationen unterschiedlichster Herstellungstechniken wie z.B. Handzeichnungen, Kupferstichen, Holzschnitten und Lithographien, eigen.
Gleichwohl, so die auszuführende Überlegung, macht aber erst der neue Umgang mit bestimmten technischen Bildgebungsverfahren in der naturwissenschaftlichen Forschung, wie z.B. der 3D-Animation, aber auch die Einbindung wissenschaftlicher Illustrationen in eine virtuelle Umgebung, darauf aufmerksam, dass wissenschaftliche Illustrationen keine Abbilder vorangegangener Forschungsergebnisse sind, die „nur noch“ ins Bild gesetzt werden müssten, sondern ein eigenständiges Erkenntnispotential besitzen.
Dieses Potential besteht in der Eröffnung von Denk- und Vorstellungsräumen, die es den WissenschaftlerInnen ermöglichen, sich ihrem Untersuchungsobjekt aus unterschiedlichen Perspektiven heraus unbegrenzt anzunähern.
Anhand von Forschungsprojekten aus der Morphologie („Orobates pabsti“ – Bewegungsrekonstruktion eines frühen Landwirbeltiers) und aus der Molekularbiologie (Wissenschaftsillustrationen von David S. Goodsell) – werden diese Überlegungen näher erläutert.

Zur Person

M.A. Kathrin Mira Amelung ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der AG Morphologie und Formengeschichte des Exzellenzclusters Bild Wissen Gestaltung der Humboldt-Universität Berlin.
Sie ist sowohl studierte Medien- und Kulturwissenschaftlerin als auch Dipl. Illustratorin mit mehrjähriger Berufserfahrung.
Von 2011-2012 war sie Stipendiatin der Bauhaus-Universität Weimar. 2014 schloss sie ihr Studium der Medienkultur an der Bauhaus-Universität mit der Masterarbeit »Zum Begriff der wissenschaftlichen Illustration als Medienbegriff« mit Auszeichnung ab.
Im Zentrum ihrer Forschungen in der AG stehen besonders die Bedingungen, Grenzen und Möglichkeiten eines eigenständigen Erkenntnisgewinns durch wissenschaftliche Bilder / Illustrationen, innerhalb der naturwissenschaftlichen (Labor)Praxis der Morphologie. Diesem Themenkomplex nähert sie sich aus unterschiedlichen theoretischen Perspektiven wie Kultur- und Medienwissenschaft, Bildwissenschaft, aber auch Philosophie und Wissenschaftsgeschichte.
Seit 2015 ist Kathrin Mira Amelung assoziiertes Mitglied in dem von Horst Bredekamp und Jürgen Trabant geleiteten »Bildakt« der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie ist ebenfalls assoziiertes Mitglied am Kompetenzzentrum Medienanthropologie (KOMA) der Bauhaus-Universität Weimar.

Weitere Informationen zur Person sowie zur AG Morphologie und Formengeschichte unter:
http://nyakaturalab.com/kathrin-m-amelung
https://www.interdisciplinary-laboratory.hu-berlin.de/de/content/morphologie-und-formengeschichte/