Jahr: 2014

  • n°9_Wer hört wie ich und zu welchen gehöre ich? Zum Begriff kultureller Identität im Kontext einer (interkulturellen) Musikpädagogik

    Dorothee Barth

    Wer hört wie ich und zu welchen gehöre ich?

    Zum Begriff kultureller Identität im Kontext einer (interkulturellen) Musikpädagogik

    Die Autorin dieses Textes stellt die Frage, welchen Beitrag die «Interkulturelle Musikpädagogik» zu dem leisten kann, was sie als Ausbildung einer «stabilen, ausbalancierten kulturellen Identität» bezeichnet. Sie bezieht sich für den Begriff der Identität auf einen (post-)modernen Ansatz, bei dem diese als relationales Konstrukt gesehen wird, welches Momente der Reflexion und der Situierung im sozialen Raum beinhaltet. Kultur wird im Sinne eines bedeutungsorientierten Kulturbegriffes nach Reckwitz (2000) als geteilte Sinndeutungen verstanden. Dieses Verständnis zwingt weder Migrant_innen sich an traditioneller Musik ihres Herkunftslandes orientieren zu müssen, noch fordert es von Kindern und Jugendlichen der Mehrheitsgesellschaft, ihre eigene musikkulturellen Wurzeln in der «abendländischen Kunstmusik» zu suchen. Schliesslich führt die Autorin aus, wie die referierten Theorien im Unterricht ihrer Meinung nach berücksichtigt werden müssten, um die Schüler_innen zu einer offenen Identitätsbildung mit mehreren musikalisch-kulturellen Zugehörigkeitsgefühlen heranzuführen und dabei zudem zu einem respektvollen Umgang mit anderen Identitäten beizutragen.

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    Dorothee Barth

    Who hears as I do and to whom do I belong?

    About the notion of cultural identity in the context of an (intercultural) music education

    This paper discusses the question, how the «Intercultural Music Education» can contribute to develop what the author calls a «stable, balanced cultural identity». The term identity, by reference of a (post-)modern approach, is seen as a relational construct and contains moments of reflections and the location in a social context. Culture is understood in the sense of shared interpretations of meaning according to a meaning-based concept of culture (Reckwitz 2000). This understanding neither forces migrant children to orientate themselves on traditional music of their country of origin, nor demands from children and youths of the majority society to seek for their music cultural roots in the works of the «Occidental Art Music». The paper ends with the authors considerations how these concepts should be taken account in music classes to introduce students to an open identity creation with multiple music cultural senses of belonging and to a respectful interaction with other identities.

  • n°9_Zwischen Kanon und Soziokultur. Erkundungen auf dem Feld der Deutschschweizer Schulmusik

    Olivier Blanchard und Jürg Huber

    Zwischen Kanon und Soziokultur

    Erkundungen auf dem Feld der Deutschschweizer Schulmusik

    In diesem Beitrag wird eine explorative Studie über den Musikunterricht an Sekundarschulen und Gymnasien der Deutschschweiz vorgestellt. Es ging bei dieser Arbeit darum, einen Einblick in das Denken von Lehrpersonen bezüglich ihres Unterrichts zu erhalten und Fragen für weiterführende Forschungsprojekte zu entwickeln. Dabei wurden Lehrpersonen, mit ihren Lehrplänen als Befragungsgrundlage, online zu ihrem Musikunterricht befragt. Es zeigte sich, dass Lehrpersonen auf der Sekundarstufe I eine hohe Sensibilität für die Ansprüche, Fähigkeiten und Interessen ihrer Schüler_innen haben und den Unterricht entsprechend nach den Rahmenbedingungen ausrichten. Auf der Sekundarstufe II wird der Unterricht mehr auf die Ziele des Lehrplans ausgerichtet. Dennoch lassen sich auf dieser Stufe kontrastierende Typen von Lehrpersonen beschreiben, die verschiedene methodisch-didaktische Haltungen im Musikunterricht vertreten.

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    Olivier Blanchard and Jürg Huber

    Between canon an socio-culture

    Explorations on the field of school music in the German speaking part of Switzerland

    This paper presents an explorative study about music classes in «Sekundarschulen» and «Gymnasien» in the German speaking part of Switzerland. The intention of this work was to gain insight into the thinking of music teachers about their teaching and to develop research questions for future projects. Therefore the authors interviewed music teachers online with their respective curricula as the basis of the survey. It emerged that teachers of the «Sekundarschule» have a high sensitivity of the claims, abilities and interests of their students and orient their teaching towards these frame conditions. On the «Gymnasien», music classes agree more strongly with the curricular goals. However, different types of music teachers can be described which represent different didactical and methodological concepts.

  • n°9_Individualkonzepte von Musiklehrenden. Eine qualitative Studie als Beitrag zur musikpädagogischen Grundlagenforschung

    Anne Niessen

    Individualkonzepte von Musiklehrenden

    Eine qualitative Studie als Beitrag zur musikpädagogischen Grundlagenforschung

    Dieser Text gibt einen Einblick in eine qualitativ-empirische Studie zu Individualkonzepten von Musiklehrpersonen. Interviews zur Planung von Musikunterricht wurden mit den biographischen Hintergründen der befragten Personen in Beziehung gesetzt. Es zeigt sich, dass einerseits die Individualkonzepte nur im Kontext der jeweiligen Biographie zu verstehen sind und andererseits die Individualkonzepte für die Konstruktion der eigenen Biographie die Funktionen des Strukturierens und Fruchtbarmachens der eigenen Erfahrungen erfüllen. Angesichts der Ergebnisse ihrer Studie formuliert die Autorin die Anliegen, dass in der Ausbildung zur Musiklehrperson biographische Einflussfaktoren stärker und spätere Arbeitsbedingungen früher thematisiert werden sollen, und Probleme, auf die Lehrer_innen beim Unterrichten stossen, in Lerndiskrepanzen umgedeutet werden sollten.

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    Anne Niessen

    Individual concepts of music teachers

    An empirical study as a contribution to basic research in music education

    This paper gives an insight into an empirical study about individual concepts of music teachers. Interviews about the preparation of music lessons were put in relation with the biographical backgrounds of the interviewees. It is revealed that on the one part individual concepts can only be understood in the context of the respective biography and on the other part individual concepts take an important function in the construction of each biography. On the basis of the results of the study, the author expresses the request that in the training of future music teachers, biographical influences should have a greater significance and working conditions should be given attention to earlier. Furthermore she pleads that the problems teachers encounter at their work should be reinterpreted as learning discrepancies.

  • n°9_Musikpädagogik als kritische Kulturwissenschaft – noch einmal

    Jürgen Vogt

    Musikpädagogik als kritische Kulturwissenschaft – noch einmal

    Diese metatheoretischen Überlegungen über den Status der Musikpädagogischen Forschung behandeln die Frage, was für eine Art von Wissenschaft Musikpädagogik sei. Es wird festgestellt, dass sie sich – zumindest in Deutschland – vermehrt auf empirische Bildungsforschung konzentriert und dabei auf das Methodenrepertoire der empirischen Sozialwissenschaften zugreift. Demgegenüber werden Überlegungen zur Möglichkeit angestellt, Musikpädagogik als kritische Kulturwissenschaft zu sehen. Diese werden anhand des kulturwissenschaftlichen «Umbrella Terms» der «Performanz» erläutert und es wird dabei aufgezeigt, wie gerade die Kunsthochschule, die Performanzexpert_innen aller Art versammelt ein prädestinierter Ort zur interdisziplinären Erforschung der Schulmusik als Performativität eigener Art sein kann.

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    Jürgen Vogt

    Music education as critical cultural sciences – revisited

    This paper contains meta-theoretical considerations about the status of the research in music education. The author states, that music education – at least in Germany – concentrates on «Empirical Education Research» and works with the repertoire of methods oft the empirical social sciences. This is contrasted by reflections on the possibility to see music education as cultural sciences. These are explained on the basis of «performance» as an «umbrella term» of the cultural sciences. It is shown that an university of art, which unifies performance experts of all kinds, can be a predestined place for interdisciplinary research on music classes as a special kind of performativity.

  • n°9_Ästhetischer Streit als Medium des Musikunterrichts. Zur Bedeutung des argumentierenden Sprechens über Musik für ästhetische Bildung

    Christian Rolle

    Ästhetischer Streit als Medium des Musikunterrichts

    Zur Bedeutung des argumentierenden Sprechens über Musik für ästhetische Bildung

    In diesem Text wird das Bildungspotential des ästhetischen Streits im Musikunterricht entfaltet. Die Beschreibung der Charakteristika des ästhetischen Streits wird dafür verknüpft mit Überlegungen zu (angemessenen) Arten des Sprechens über Musik. Die Erörterung der grundsätzlichen Frage, inwiefern musikalische Erfahrungen etwas zur Bildung – verstanden als Transformationsprozess – beitragen können, bietet die Grundlage, um die Voraussetzungen fassen zu können, unter denen ästhetisches Streiten im Musikunterricht sein Bildungspotential entfaltet. Abschliessend wird danach gefragt, wie ästhetischer Streit im Unterricht initiiert werden kann.

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    Christian Rolle

    Aesthetic arguments as a medium of music classes

    About the significance of the argument-based speech about music for aesthetic education

    This paper discusses the educational potential of aesthetic arguments in music classes. The description of the characteristics of an aesthetic argument is linked with reflections on (appropriate) ways of speaking about music. The discussion of the fundamental question how music can contribute to education, which is seen in this context as a transformation process, provides the basics to obtain the preconditions under which aesthetic arguments in music classes can be seen as educational. In conclusion it is discussed how aesthetic arguments in music classes can be initiated.

  • n°9_Musik hat für mich Bedeutung. Bedeutungskonstruktion im Musikunterricht als Dimension musikbezogener Bildung

    Martina Krause-Benz

    «Musik hat für mich Bedeutung»

    Bedeutungskonstruktion im Musikunterricht als Dimension musikbezogener Bildung

    Dieser Text befasst sich mit dem Bildungspotential eines Musikunterrichts, in dem musikbezogene Bedeutung konstruiert wird. Der Begriff «Bedeutung» wird dabei konstruktivistisch fundiert. Der «gemässigte Konstruktivismus» nach Siegfried J. Schmidt (1994) berücksichtigt bei der Bedeutungskonstruktion den sozialen Rahmen, in den das Individuum eingebunden ist. In diesem Zusammenhang muss eine Begründung einer Bedeutungszuweisung immer intersubjektiv nachvollziehbar sein. Damit wird der schulische Musikunterricht gemäss der Autorin zu einem prädestinierten Ort für die Konstruktion von Bedeutung, da Individuen mit unterschiedlichen, bereits erzeugten Bedeutungen von Musik aufeinandertreffen, welche die Bedeutungen der anderen jeweils perturbieren. So können ihr zufolge bestehende Konstrukte erweitert oder verändert und somit Bildungsprozesse angebahnt werden.

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    Martina Krause-Benz

    «Music has a meaning to me»

    Meaning construction in music classes as a dimension of music related education

    This paper discusses the educational potential of music classes in which music-related meaning is constructed. The term «meaning» is based on a constructivist approach. The «moderate constructivism» according to Siegfried J. Schmidt (1994) takes account of the social context, in which each individual is integrated. In this context, a justification of an assignment of meaning needs to be intersubjectively traceable. Music classes in schools become, according to the author, a predestined place to construct meaning, as individuals with different, already constructed meanings of music meet, which may cause a perturbation of the meanings of others. In this way, existing constructs can be broadened or changed and educational processes can be initiated.

  • Art Education Research °9

    Musikpädagogische Forschung: Positionen und Arbeiten aus dem deutschsprachigen Raum

    Herausgeber_innen: Olivier Blanchard und Carmen Mörsch

    Die vorliegenden Ausgabe des e-Journal Art Education Research gibt einen Überblick über das wissenschaftliche Feld der Musikpädagogik im deutschsprachigen Raum mit Fokus auf die für das Institute for Art Education (IAE) der Zürcher Hochschule der Künste interessanten Positionen und Arbeiten.
    Anders als auf der bildungspolitischen Ebene, wo im Rahmen der Entstehung des für alle deutschsprachigen Kantone einheitlichen Lehrplans 21 zurzeit rege diskutiert wird, verzeichnet die Musikpädagogik als wissenschaftliche Disziplin und als Forschungsfeld in der Schweiz bislang wenig Aktivität. Deshalb wurde am Forschungslabor für Künste an Schulen (FLAKS) des IAE zwischen Sommer 2012 und Dezember 2014 das bestehende internationale wissenschaftliche Feld der Musikpädagogik sondiert.
    In diesem Kontext wurde in Kooperation mit dem Master Musikpädagogik der Zürcher Hochschule der Künste die Vortragsreihe «Musikpädagogische Forschung zu Gast an der ZHdK» ins Leben gerufen, bei welcher Forschende aus dem deutschsprachigen Raum ihre Ansätze vorstellen und diskutieren.
    Ebenfalls im Zusammenhang mit dieser Stelle wurde von Olivier Blanchard und Jürg Huber in Zusammenarbeit mit Andreas Bürgisser eine explorative Studie zum schulmusikalischen Praxisfeld in der Deutschschweiz durchgeführt. Ziel dieser Studie war es, sich dem von den Lehrpersonen intendierten Musikunterricht an Deutschschweizer Sekundarschulen und Gymnasien anzunähern und damit den Diskurs um eine Position zu ergänzen, die bislang unberücksichtigt blieb. Die Arbeit wird in der vorliegenden Ausgabe im Beitrag «Zwischen Kanon und Soziokultur» vorgestellt. Dieser gibt Einblicke in persönlichen Haltungen, Zielsetzungen, Fachbegründungen, Fachstrukturen, Methoden, Rahmenbedingungen des Unterrichts und Kulturkonzepte der Lehrpersonen. Auch zeigt sich, dass einige Lehrpersonen eine hohe Sensibilität für die Diversität und die fachliche Heterogenität der Schüler_innen haben und ihren Unterricht teilweise fast ausschliesslich gemäss diesen Faktoren konzipieren.

    Die weiteren Texte dieser Ausgabe zeigen eine Auswahl aus den Positionen, die im Rahmen der Vortragsreihe «Musikpädagogische Forschung zu Gast an der ZHdK» vorgestellt wurden. Sie sollen einen Einblick in die musikpädagogische Forschung im deutschsprachigen Raum geben. Bei der Auswahl war es uns wichtig Arbeiten zu berücksichtigen, die mit Fragestellungen, die am IAE in anderen Bereichen bearbeitet werden, korrespondieren. Dies betrifft Überlegungen, die Musikpädagogik an Fragen und Paradigmen der Kulturwissenschaften anzubinden (Vogt); Überlegungen, konstruktivistische Ansätze für den Musikunterricht fruchtbar zu machen, was eine Kritik am Bildungsverständnis im Sinne von Wissensanhäufung, die in sequentiell organisierten Lernschritten organisiert werden kann, impliziert (Rolle, Krause-Benz); Überlegungen zum Umgang mit der (musik-)
    kulturellen Vielfalt im Unterricht, die damit verbundene Identitätskonstruktion der Schüler_innen und damit eine Kritik am normativen und holistischen Verständnis von «Kultur» (Barth) und schliesslich Überlegungen, die Diversität der Musiklehrer_innen, anstatt durch normative Setzungen in Fachdidaktiken minimieren zu wollen, für den Unterricht produktiv zu nutzen (Niessen).

    Jürgen Vogt steuert in seinem Text metatheoretische Überlegungen über den Status der Musikpädagogischen Forschung bei. Er fragt, was für eine Art von Wissenschaft Musikpädagogik sei und stellt fest, dass sie sich – zumindest in Deutschland – vermehrt auf empirische Bildungsforschung konzentriert und dabei auf das Methodenrepertoire der empirischen Sozialwissenschaften zugreift. Demgegenüber stellt Jürgen Vogt Überlegungen zur Möglichkeit an, Musikpädagogik als kritische Kulturwissenschaft zu sehen. Diese Überlegungen erläutert er anhand des kulturwissenschaftlichen «Umbrella Terms» der «Performanz» und zeigt dabei auf, wie gerade die Kunsthochschule, die Performanzexpert_innen aller Art versammelt, ein prädestinierter Ort zur interdisziplinären Erforschung der Schulmusik als Performativität eigener Art sein kann.

    Der Text von Christian Rolle entfaltet das Bildungspotential des ästhetischen Streits im Unterricht. Die Beschreibung der Charakteristika des ästhetischen Streits wird dafür verknüpft mit Überlegungen zu (angemessenen) Arten des Sprechens über Musik. Die Erörterung der grundsätzlichen Frage, inwiefern musikalische Erfahrungen etwas zur Bildung – verstanden als Transformationsprozess – beitragen können, bietet in den Überlegungen des Autors die Grundlage, um die Voraussetzungen fassen zu können, unter denen ästhetisches Streiten im Musikunterricht sein Bildungspotential entfaltet. Abschliessend wird danach gefragt, wie ästhetischer Streit im Unterricht initiiert werden kann.

    Der Beitrag von Martina Krause-Benz befasst sich mit dem Bildungspotential eines Musikunterrichts, in dem musikbezogene Bedeutung konstruiert wird. Der Begriff «Bedeutung» wird dabei konstruktivistisch fundiert. Der «gemässigte Konstruktivismus» nach Siegfried J. Schmidt (1994) berücksichtigt bei der Bedeutungskonstruktion den sozialen Rahmen, in den das Individuum eingebunden ist. In diesem Zusammenhang muss eine Begründung einer Bedeutungszuweisung immer intersubjektiv nachvollziehbar sein. Damit wird der schulische Musikunterricht gemäss der Autorin zu einem prädestinierten Ort für die Konstruktion von Bedeutung, da Individuen mit unterschiedlichen, bereits erzeugten Bedeutungen von Musik aufeinandertreffen, welche die Bedeutungen der anderen jeweils perturbieren. So können ihr zufolge bestehende Konstrukte erweitert oder verändert und somit Bildungsprozesse angebahnt werden.

    Dorothee Barth fragt in ihrem Text, welchen Beitrag die «Interkulturelle Musikpädagogik» zu dem leisten kann, was sie als Ausbildung einer «stabilen, ausbalancierten kulturellen Identität» bezeichnet. Barth bezieht sich für den Begriff der Identität auf einen (post-)modernen Ansatz, bei dem diese als relationales Konstrukt gesehen wird, welches Momente der Reflexion und der Situierung im sozialen Raum beinhaltet. Kultur versteht Barth im Sinne von geteilten Sinndeutungen gemäss eines bedeutungsorientierten Kulturbegriffes nach Reckwitz (2000). Dieses Verständnis zwingt weder Migrant_innen, sich an traditioneller Musik ihres Herkunftslandes orientieren zu müssen, noch fordert es von Kindern und Jugendlichen der Mehrheitsgesellschaft, ihre eigene musikkulturellen Wurzeln in der «abendländischen Kunstmusik» zu suchen. Schliesslich führt die Autorin aus, wie die referierten Theorien im Unterricht ihrer Meinung nach berücksichtigt werden müssten, um die Schüler_innen zu einer offenen Identitätsbildung mit mehreren musikalisch-kulturellen Zugehörigkeitsgefühlen heranzuführen und dabei zudem zu einem respektvollen Umgang mit anderen Identitäten beizutragen.

    Anne Niessen hat sich als eine der ersten im deutschsprachigen Raum mit dem Nachdenken von Musiklehrpersonen über deren Unterricht bzw. deren Unterrichtsplanung befasst. Ihr Text gibt einen Einblick in eine qualitativ-empirische Studie zu Individualkonzepten von Musiklehrpersonen. Interviews zur Planung von Musikunterricht wurden mit den biographischen Hintergründen der befragten Personen in Beziehung gesetzt. Es zeigt sich, dass einerseits die Individualkonzepte nur im Kontext der jeweiligen Biographie zu verstehen sind und andererseits die Individualkonzepte für die Konstruktion der eigenen Biographie die Funktionen des Strukturierens und Fruchtbarmachens der eigenen Erfahrungen erfüllen. Angesichts der Ergebnisse ihrer Studie formuliert die Autorin die Anliegen, dass in der Ausbildung zur Musiklehrperson biographische Einflussfaktoren stärker und spätere Arbeitsbedingungen früher thematisiert werden sollen, und Probleme, auf die Lehrer_innen beim Unterrichten stossen, in Lerndiskrepanzen umgedeutet werden sollten.

    Olivier Blanchard und Jürg Huber stellen in ihrem Beitrag eine explorative Studie über den Musikunterricht an Sekundarschulen und Gymnasien der Deutschschweiz vor. Es ging bei dieser Arbeit darum, einen Einblick in das Denken von Lehrpersonen bezüglich ihres Unterrichts zu erhalten und Fragen für weiterführende Forschungsprojekte zu entwickeln. Dabei wurden Lehrpersonen, mit ihren Lehrplänen als Befragungsgrundlage, online zu ihrem Musikunterricht befragt. Es zeigte sich, dass Lehrpersonen auf der Sekundarstufe I eine hohe Sensibilität für die Ansprüche, Fähigkeiten und Interessen ihrer Schüler_innen haben und den Unterricht entsprechend nach den Rahmenbedingungen ausrichten. Auf der Sekundarstufe II wird der Unterricht mehr auf die Ziele des Lehrplans ausgerichtet. Dennoch lassen sich auf dieser Stufe kontrastierende Typen von Lehrpersonen beschreiben, die verschiedene methodisch-didaktische Haltungen im Musikunterricht vertreten.

    Nun hoffe ich, mit dieser Ausgabe einen Anstoss für eine Diskussion über mögliche Fragen und eine mögliche wissenschaftliche Ausrichtung der musikpädagogischen Forschung in der Schweiz geben zu können und wünsche allen Leser_innen eine anregende Lektüre.

    Rückmeldungen zu dieser Ausgabe können gerne an Olivier Blanchard (blanchardoli@edufr.ch) gerichtet werden.
    Wir wünschen eine anregende Lektüre!

    Zu den Texten 

    Literatur

    Reckwitz, Andreas (2000): Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms, Weilerswist: Velbrück Wissenschaft.

    Schmidt, Siegfried J. (1994): Kognitive Autonomie und soziale Orientierung. Konstruktivistische Bemerkungen zum Zusammenhang von Kognition, Kommunikation, Medien und Kultur, Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Redaktion
    Olivier Blanchard

    Bild und Layout der Texte
    Anne Gruber

  • n°8_Die «Werkstatt über mich» Zwischen Vergewisserung und Ambivalenz

    Urs Bachmann und Sandra Lippuner

    Die «Werkstatt über mich»

    Zwischen Vergewisserung und Ambivalenz

    Wer «gehört dazu» und wer nicht? Was muss ich tun um dazuzugehören? Was passiert, wenn ich nicht dazugehöre? Die «Werkstatt über mich» ist ein Workshop-Angebot für Biografiearbeit, welches Pflegekindern die Möglichkeiten bietet, ihre Lebensumstände, den Umgang mit Zugehörigkeiten aber auch ihre Differenzerfahrung und biografische Diskontinuität zu formulieren und darzustellen. Die Autor_innen reflektieren ihre praxisbezogenen Weiterentwicklungen der Methode der Biografiearbeit anhand Beispielen aus der «Werkstatt über mich».

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    → Zu der Kurzbiografie von Urs Bachmann

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    Urs Bachmann and Sandra Lippuner

    The «workshop about myself»

    Between affirmation and ambiguity

    Who «belongs» and who doesn’t? What do I have to do to belong? What happens if I don’t fit the norm? The «workshop about myself» offers foster children possibilities to formulate and represent their environment, their way of dealing with «belonging», but also their experience of difference and biographical discontinuity. In the text, the authors reflect on their practice-based development of methods in biographical work, drawing on examples from the «workshop about myself».

     

  • n°8_Aus mit raus oder bin ich rassistisch?

    Eva Lausegger

    AUS MIT RAUS

    oder BIN ICH RASSISTISCH?

    Ausgangspunkt dieses Textes ist die versuchte Abschiebung einer Schülerin unserer Schule, eine Protestbewegung dagegen und ein aus diesen Geschehnissen heraus entwickeltes klassenübergreifendes Kunstprojekt mit den Künstlerinnen Jo Schmeiser und Simone Bader von Klub Zwei. Der Text ist ein persönlicher, kritischer Rückblick auf einen Prozess bzw. ein Projekt im Bereich der Antirassismusarbeit bzw. Abschiebungsgegner_innenschaft, und deren beteiligte Akteur_innen. Es geht um Selbstermächtigung von Schüler_innen und die Handlungsmöglichkeiten einer Schule.

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    Eva Lausegger

    AUS MIT RAUS

    or  AM I RACIST?

    The text deals with an intent to deport a student at our school, the protest movement that mobilized against the deportation, and an art project with students from several courses of the school and the artists Jo Schmeiser and Simone Bader (Klub zwei) which was developed out of these events. Looking back personally and critically on this process, on a project in anti-racism and anti-deportation and on who got involved, the paper is about self-emancipation of students and the possibilities of action within a school.

  • n°8_Beteiligt werden und sichtbar sein. Wer profitiert? Zur Arbeit mit jugendlichen Migrant_innen in Kunstvermittlung und Ausstellung

    Henrike Plegge

    Beteiligt werden und sichtbar sein. Wer profitiert?

    Zur Arbeit mit jugendlichen Migrant_innen in Kunstvermittlung und Ausstellung

    In ihrem Beitrag geht Henrike Plegge verschiedenen Formen der Beteiligung und Sichtbarkeit von jugendlichen Migrant_innen in einem Kunstvermittlungsprojekt am ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe nach. Sie legt dabei die Möglichkeiten und Schwierigkeiten, die eine solche Zusammenarbeit hervorbringen kann, dar und spürt dem institutionellen Interesse an sichtbaren Migrant_innen im Museum nach.

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    Henrike Plegge

    Engagement and visibility. Who benefits?

    Working with young migrants in gallery education and exhibitions

    In her paper, Henrike Plegge discusses different forms of participation and visibility of young migrants in a gallery education project at ZKM | Center for Art and Media in Karlsruhe. She describes the possibilities and challenges of such collaboration and traces institutional interests in visible diversity in the museum.