Autor: tizianahalbheer

  • n°10_Wie Kunsthochschulen ausgrenzen und normieren – Überlegungen anhand eines partizipativen Forschungsprozesses

    Philippe Saner

    Wie Kunsthochschulen ausgrenzen und normieren – Überlegungen anhand eines partizipativen Forschungsprozesses

    Dieser Beitrag geht, auf Basis von Erfahrungen im Rahmen des partizipativen Ko-Forschungsprozesses im Forschungs- und Hochschulentwicklungsprojekt Art.School.Differences, der Frage nach, ob und inwiefern es gelingen kann, ausgrenzende und normierende Strukturen von Inklusion und Exklusion im Feld der Kunsthochschule zu fokussieren und zu bearbeiten. Die Skizzierung von Aushandlungen und das Nachzeichnen von Interventionen in den Ko-Forschungsprozess durch unterschiedliche Akteur_innen erlauben es, Einblicke in die Konfliktfelder und Machtverhältnisse zu geben, die in das Projekt eingeschrieben sind.

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    Philippe Saner

    How art schools exclude and normalize

    Reflections based on a participative research process

    Based on experiences in the participative co-research-process of Art.School.Differences, an ongoing research and development project at Swiss art schools, this article questions if and how marginalizing and normalizing structures of inclusion and exclusion in the field of art schools can be successfully identified and re-worked. By outlining negotiations and by tracing interventions into the co-research-process by different players this article provides an insight into areas of conflict and power relations inscribed in the project.

  • n°10_Der Geschmack einer anderen Möglichkeit

    Elke Smodics und Nora Sternfeld (Büro trafo.K)

    Der Geschmack einer anderen Möglichkeit

    Mit diesem Text möchten wir aus einer Perspektive der Praxis die schillernde Logik des Geschmacks verfolgen. Wie lässt sich diese zwischen der normierenden Herstellung von Sicherheit einerseits und der Möglichkeit, gerade Sicherheiten zu stören andererseits verstehen? Uns interessieren diese ambivalenten Momente besonders dort, wo die Selbstverständlichkeiten von Geschmacksurteilen in der Vermittlungspraxis selbst dekonstruiert werden sollen.

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    Elke Smodics und Nora Sternfeld (Büro trafo.K)

    The taste of another possibility

    We would like to trace the oscillating logic of taste from a perspective of educational practice. How can this logic be understood, between the normalizing production of certainties on the one hand, and the possibility of disturbing these certainties on the other? We are especially interested in those ambivalent moments, in which the naturalness of judgements of taste are deconstructed in educational practice.

  • Art Education Research °10

    Gut aussehen – Geschmack und Schönheit im Kunstunterricht

    Herausgeber_innen: Simon Harder und Carmen Mörsch

    Die zehnte Ausgabe des ejournal Art Education Research widmet sich dem Thema der Netzwerkveranstaltung Persönlichkeitsverwicklung #3: Gut aussehen – Geschmack und Schönheit im Kunstunterricht. Verantwortet vom Institute for Art Education, fand sie im Juni 2014 an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) statt. Im Zentrum stand einerseits die Frage, wie Geschmacksnormen Kunstunterricht prägen und dabei normierend wirken. Andererseits interessierte, wie Kunstunterricht zu einem Raum werden kann, in dem ebensolche Normen und Normierungsprozesse in den Blick genommen, bearbeitet und möglicherweise verschoben werden können. Dafür wurden Referent_innen mit Schwerpunkten in den Bereichen Kulturwissenschaft, Kunstsoziologie, kritische Kunstvermittlung in Theorie und Praxis, Aktivismus, Politikwissenschaft, DisAbility Studies- und Queer-feministische Theorie oder Kunst eingeladen. Das ejournal No. 10 greift die Fäden auf, welche die Referent_innen mit ihren Inputs gelegt haben. Wir freuen uns, dass wir sie für einen Beitrag zu diesem ejournal gewinnen konnten, in welchem sie ihre Perspektive auf das Thema zu lesen geben und dadurch dessen Relevanz für Kunstvermittlung greifbar machen.

    Im Rahmen der Schweizer Ausbildung zur Lehrperson für das Fach Kunst an Gymnasien, das hier Bildnerisches Gestalten (BG) genannt wird, findet pro Semester eine Netzwerkveranstaltung, eine Kooperationsveranstaltung der vier deutschsprachigen Kunsthochschulen, statt. Diese wechseln sich in der Organisation ab, wobei die ZHdK alle zwei Jahre an die Reihe kommt. Hier hat das am Departement Kulturanalysen und Vermittlung angesiedelte Institute for Art Education (IAE) den Auftrag, im Bereich Kunstvermittlung Forschung und Lehre zu verbinden. Auch diese dritte Netzwerkveranstaltung widmeten Carmen Mörsch als Modulverantwortliche, Nora Landkammer und die beteiligten Dozierenden dem Motto Persönlichkeitsverwicklung und nahmen im Sinne der Arbeitsprinzipien des IAE aus einer herrschaftskritischen Perspektive Hierarchien und Zugehörigkeitskategorien ins Visier, die mitunter durch die Wiederholung von Geschmacksurteilen oder Schönheitsidealen konstruiert, stabilisiert und fortgeschrieben werden. Jugendliche (und nicht nur sie) stehen unter dem Druck gut auszusehen: zum Beispiel in Bezug auf Styles, Körperformen und Körperpraktiken. Kunst wiederum produziert ihrerseits Ein- und Ausschlüsse: ‚Geschmack‘ und ‚Begabung‘ sind nicht angeboren, sondern werden zunächst im Elternhaus erworben (oder eben nicht) und später z.B. in Peergroups verhandelt und weiterentwickelt. An der Netzwerkveranstaltung lieferten deshalb Inputs aus verschiedenen Perspektiven die Verknüpfung von Geschmack, Style, Begabung und sozialer Ungleichheit. Diese Analysen wurden in Lektüregruppen vertieft. Ein Panel mit erfahrenen BG-Lehrpersonen diskutierte zu Geschmack und Bewertung, zum Verhältnis zwischen dem ästhetischen Kanon des BG Unterrichts und jugendkulturellen Stilen und zum BG-Unterricht als potentiellem Raum zur Bearbeitung von Diskriminierungspraktiken wie Lookism [1] oder Modemobbing. Schliesslich wurden in Workshops verschiedene künstlerisch-edukative Bearbeitungsweisen aufgezeigt und für den Kunstunterricht weitergedacht.

    Sowohl während der Paneldiskussion am ersten Veranstaltungstag, als auch im Kontakt mit dem Berufsfeld zeigt sich deutlich, dass ein kultur- und machtkritischer Zugang zum Fach BG im Allgemeinen und zu Geschmack und Schönheit als gesellschaftlich wirkmächtige Distinktionsfunktionen im Besonderen alles andere als selbstverständlich sind. Seidenmalerei, Salzteigfiguren, Makrame, Laminier-Technik, Sonnenuntergänge mit oder ohne Delfine, Marmorieren, Mangafiguren, Malen nach Zahlen, usw.: Die Liste der meist selbstverständlich verpönten Techniken und Motive wäre lang. Die Fragen, weshalb diese Wertung im Berufsfeld beinahe selbstverständlich gültig ist, wem diese Wertung eigentlich dient und auf wessen Kosten sie geschieht, werden sehr selten gestellt. Vielleicht werden sie ähnlich selten thematisiert wie solche, die das scheinbar selbstverständlich gültige kanonisierte Wissen über Kunst in Zweifel ziehen und danach fragen, für wen der Kunstkanon spricht, wer dadurch gehört wird, wessen Perspektiven damit sichtbar werden und welche nicht. Und: Auch repräsentations- und medienkritische Positionen, die sich für den Zusammenhang von Macht und Form interessieren (vgl. z.B. Schade/Wenk 2011: 98ff.), sind im Schweizer Berufsfeld der Lehrer_innen für BG an Gymnasien eher selten anzutreffen. Warum ist das so? Ich möchte eine Vermutung skizzieren: Das Fach BG nimmt im gymnasialen Fächerkanon eine untergeordnete Stellung ein, was sich etwa in der Entlohnung der Fachlehrkräfte ausdrückt. Gleichwohl bietet das Gymnasium als staatliche Institution auch vielen Lehrkräften für BG feudale, oft unbefristete Arbeitsbedingungen. Diese aufzugeben oder zu gefährden überlegt sich eine_r wohl gut. Wenn in diesem Fach Geschmack in Zusammenhang mit «symbolischer Herrschaft» gestellt wird, also mit «Formen und Modi der Herrschaft, die über Kultur, über die Sichtweisen der Welt, über die Selbstverständlichkeiten unseres Denkens und damit über jene gesellschaftlichen Institutionen vermittelt sind, die Kultur produzieren» (Krais/Gebauer 2002: 10), und deutlich wird, «wie das Vermögen des Geschmacks […] für den Gewinn von symbolischen Profiten eingesetzt […][wird], ja noch mehr: dass die Gesellschaft in hohem Maße über Geschmacksurteile funktioniert, insofern Zusammenhalt und Differenzierung sozialer Klassen mit Hilfe geschmacklicher Zustimmung und Ablehnung zustande kommen» (ebd.), so wird dies zuerst eine Verunsicherung der eigenen Perspektive zur Folge haben. Diese jedoch wird auch die Institution erfassen, da diese Auseinandersetzung an den Grenzen des institutionellen Horizonts arbeitet. Das ist für eine_n riskant, da es nicht nur für ihn_sie sondern auch für die Institution bedrohlich sein wird und es einfacher scheint, den_die Störenfried_in aus dem Raum zu schaffen, wie es Sara Ahmed in ihrem Aufsatz Feminist Killjoys (And Other Willful Subjects) in Bezug auf Feminismus eindrücklich beschreibt. Dabei versteht sie Feminismus als komplexes aktivistisches Feld, als einen ‚Welt‘-Zugang und als «object of feeling». Ein_e Feminist_in sitzt am Familientisch: «Someone says something you consider problematic. You are becoming tense; it is becoming tense. […] In speaking up or speaking out, you upset the situation. That you have described what was said by another as a problem means you have created a problem. You become the problem you create» (Ahmed 2010: 1). Zwar wird die Infragestellung von als selbstverständlich geltenden Kategorien wie Geschmack aber auch z.B. Geschlecht beunruhigend, womöglich auch beängstigend sein, und es ist mit Butler davon auszugehen, dass die daraus resultierenden Erkenntnisse nicht auf Beruhigung zielen (vgl. Butler 2001), zumal inkorporierte Kategorien auf dem Spiel stehen, an denen sich unsere Wahrnehmung oder unsere Interaktionen wesentlich orientieren. Doch diese (nicht immer bewusste) Angst darf nicht dazu führen, sich auf eine vermeintlich ‚neutrale‘ Position zurückzuziehen, eine wiederholt im Zusammenhang mit Schule geäusserte Erwartung, da damit bestehende soziale Ungleichheiten dethematisiert, aufrechterhalten, Alternativen verworfen werden, die Kritik bzw. Forderungen ungehört und Bereiche des Unaussprechlichen weiterhin unerhört bleiben. Vielmehr könnte gerade die Sicherheit, die eine institutionalisierte Position zur Zeit verspricht, sowohl der Institution selbst aber auch der von ihr angestellten Einzelpersonen, dazu genutzt werden, das Fach BG aus seiner beinahe vollständigen Entpolitisierung zu lösen und es um politische Dimensionen zu bereichern – gerade durch eine lustvolle Arbeit an der Form, aus der sowohl die Lehrenden, die Lernenden und auch die Institution verändert hervorgehen werden. Das vorliegende ejournal nimmt sich Raum, einer solchen Utopie nachzugehen, denkt dabei Theorie und Praxis als untrennbar miteinander verbunden. Vor diesem Hintergrund zeichnet sich die Komplexität der Thematik ab, der die hier versammelten Texte je exemplarisch, also kontextspezifisch und perspektivisch nachgehen.

    Wir wünschen eine anregende Lektüre.

    Simon Harder für das Redaktionsteam

    Zu den Texten 


     

    [1] Das „anti“-lookism.info.Zine wurde als Pflichtlektüre vorausgesetzt. Es eignet sich zur Verwendung im Unterricht. Online unter: www.lookism.info (25.05.15).

    Literatur
    Ahmed, Sara (2010): Feminist Killjoys (And Other Willful Subjects). http://sfonline.barnard.edu/polyphonic/print_ahmed.htm (25.05.15).

    Butler, Judith (2001): Was ist Kritik? Ein Essay über Foucaults Tugend. http://eipcp.net/transversal/0806/butler/de (25.05.2015).

    Krais, Beate/Gebauer, Bunter (2002): Habitus. Bielefeld: transcript.

    Schade, Sigrid/Wenk, Silke (2011): Studien zur visuellen Kultur. Einführung in ein transdisziplinäres Forschungsfeld. Bielefeld: transcript.

    Abbildungen
    Diese Bilder sind Fotografien von Prozessbildern einer Arbeit von Dominik Bläsi, entstanden im Januar 2015 im Unterrichtsprojekt Zwischenwelt: I am – What am I? von Simon Harder. Sie werden mit beider Genehmigung zu sehen gegeben. Zum Unterrichtskonzept siehe Harder in diesem Journal.


    Redaktion
    Simon Harder und Jo Schmeiser

    Layout der Texte
    Anne Gruber

    Lektorat
    Camilla Franz

  • n°9_Wer hört wie ich und zu welchen gehöre ich? Zum Begriff kultureller Identität im Kontext einer (interkulturellen) Musikpädagogik

    Dorothee Barth

    Wer hört wie ich und zu welchen gehöre ich?

    Zum Begriff kultureller Identität im Kontext einer (interkulturellen) Musikpädagogik

    Die Autorin dieses Textes stellt die Frage, welchen Beitrag die «Interkulturelle Musikpädagogik» zu dem leisten kann, was sie als Ausbildung einer «stabilen, ausbalancierten kulturellen Identität» bezeichnet. Sie bezieht sich für den Begriff der Identität auf einen (post-)modernen Ansatz, bei dem diese als relationales Konstrukt gesehen wird, welches Momente der Reflexion und der Situierung im sozialen Raum beinhaltet. Kultur wird im Sinne eines bedeutungsorientierten Kulturbegriffes nach Reckwitz (2000) als geteilte Sinndeutungen verstanden. Dieses Verständnis zwingt weder Migrant_innen sich an traditioneller Musik ihres Herkunftslandes orientieren zu müssen, noch fordert es von Kindern und Jugendlichen der Mehrheitsgesellschaft, ihre eigene musikkulturellen Wurzeln in der «abendländischen Kunstmusik» zu suchen. Schliesslich führt die Autorin aus, wie die referierten Theorien im Unterricht ihrer Meinung nach berücksichtigt werden müssten, um die Schüler_innen zu einer offenen Identitätsbildung mit mehreren musikalisch-kulturellen Zugehörigkeitsgefühlen heranzuführen und dabei zudem zu einem respektvollen Umgang mit anderen Identitäten beizutragen.

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    Dorothee Barth

    Who hears as I do and to whom do I belong?

    About the notion of cultural identity in the context of an (intercultural) music education

    This paper discusses the question, how the «Intercultural Music Education» can contribute to develop what the author calls a «stable, balanced cultural identity». The term identity, by reference of a (post-)modern approach, is seen as a relational construct and contains moments of reflections and the location in a social context. Culture is understood in the sense of shared interpretations of meaning according to a meaning-based concept of culture (Reckwitz 2000). This understanding neither forces migrant children to orientate themselves on traditional music of their country of origin, nor demands from children and youths of the majority society to seek for their music cultural roots in the works of the «Occidental Art Music». The paper ends with the authors considerations how these concepts should be taken account in music classes to introduce students to an open identity creation with multiple music cultural senses of belonging and to a respectful interaction with other identities.

  • n°9_Zwischen Kanon und Soziokultur. Erkundungen auf dem Feld der Deutschschweizer Schulmusik

    Olivier Blanchard und Jürg Huber

    Zwischen Kanon und Soziokultur

    Erkundungen auf dem Feld der Deutschschweizer Schulmusik

    In diesem Beitrag wird eine explorative Studie über den Musikunterricht an Sekundarschulen und Gymnasien der Deutschschweiz vorgestellt. Es ging bei dieser Arbeit darum, einen Einblick in das Denken von Lehrpersonen bezüglich ihres Unterrichts zu erhalten und Fragen für weiterführende Forschungsprojekte zu entwickeln. Dabei wurden Lehrpersonen, mit ihren Lehrplänen als Befragungsgrundlage, online zu ihrem Musikunterricht befragt. Es zeigte sich, dass Lehrpersonen auf der Sekundarstufe I eine hohe Sensibilität für die Ansprüche, Fähigkeiten und Interessen ihrer Schüler_innen haben und den Unterricht entsprechend nach den Rahmenbedingungen ausrichten. Auf der Sekundarstufe II wird der Unterricht mehr auf die Ziele des Lehrplans ausgerichtet. Dennoch lassen sich auf dieser Stufe kontrastierende Typen von Lehrpersonen beschreiben, die verschiedene methodisch-didaktische Haltungen im Musikunterricht vertreten.

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    → Zu der Kurbiografie von Oliver Blanchard

    → Zu der Kurbiografie von Jürg Huber


    Olivier Blanchard and Jürg Huber

    Between canon an socio-culture

    Explorations on the field of school music in the German speaking part of Switzerland

    This paper presents an explorative study about music classes in «Sekundarschulen» and «Gymnasien» in the German speaking part of Switzerland. The intention of this work was to gain insight into the thinking of music teachers about their teaching and to develop research questions for future projects. Therefore the authors interviewed music teachers online with their respective curricula as the basis of the survey. It emerged that teachers of the «Sekundarschule» have a high sensitivity of the claims, abilities and interests of their students and orient their teaching towards these frame conditions. On the «Gymnasien», music classes agree more strongly with the curricular goals. However, different types of music teachers can be described which represent different didactical and methodological concepts.

  • n°9_Individualkonzepte von Musiklehrenden. Eine qualitative Studie als Beitrag zur musikpädagogischen Grundlagenforschung

    Anne Niessen

    Individualkonzepte von Musiklehrenden

    Eine qualitative Studie als Beitrag zur musikpädagogischen Grundlagenforschung

    Dieser Text gibt einen Einblick in eine qualitativ-empirische Studie zu Individualkonzepten von Musiklehrpersonen. Interviews zur Planung von Musikunterricht wurden mit den biographischen Hintergründen der befragten Personen in Beziehung gesetzt. Es zeigt sich, dass einerseits die Individualkonzepte nur im Kontext der jeweiligen Biographie zu verstehen sind und andererseits die Individualkonzepte für die Konstruktion der eigenen Biographie die Funktionen des Strukturierens und Fruchtbarmachens der eigenen Erfahrungen erfüllen. Angesichts der Ergebnisse ihrer Studie formuliert die Autorin die Anliegen, dass in der Ausbildung zur Musiklehrperson biographische Einflussfaktoren stärker und spätere Arbeitsbedingungen früher thematisiert werden sollen, und Probleme, auf die Lehrer_innen beim Unterrichten stossen, in Lerndiskrepanzen umgedeutet werden sollten.

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    Anne Niessen

    Individual concepts of music teachers

    An empirical study as a contribution to basic research in music education

    This paper gives an insight into an empirical study about individual concepts of music teachers. Interviews about the preparation of music lessons were put in relation with the biographical backgrounds of the interviewees. It is revealed that on the one part individual concepts can only be understood in the context of the respective biography and on the other part individual concepts take an important function in the construction of each biography. On the basis of the results of the study, the author expresses the request that in the training of future music teachers, biographical influences should have a greater significance and working conditions should be given attention to earlier. Furthermore she pleads that the problems teachers encounter at their work should be reinterpreted as learning discrepancies.

  • n°9_Musikpädagogik als kritische Kulturwissenschaft – noch einmal

    Jürgen Vogt

    Musikpädagogik als kritische Kulturwissenschaft – noch einmal

    Diese metatheoretischen Überlegungen über den Status der Musikpädagogischen Forschung behandeln die Frage, was für eine Art von Wissenschaft Musikpädagogik sei. Es wird festgestellt, dass sie sich – zumindest in Deutschland – vermehrt auf empirische Bildungsforschung konzentriert und dabei auf das Methodenrepertoire der empirischen Sozialwissenschaften zugreift. Demgegenüber werden Überlegungen zur Möglichkeit angestellt, Musikpädagogik als kritische Kulturwissenschaft zu sehen. Diese werden anhand des kulturwissenschaftlichen «Umbrella Terms» der «Performanz» erläutert und es wird dabei aufgezeigt, wie gerade die Kunsthochschule, die Performanzexpert_innen aller Art versammelt ein prädestinierter Ort zur interdisziplinären Erforschung der Schulmusik als Performativität eigener Art sein kann.

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    Jürgen Vogt

    Music education as critical cultural sciences – revisited

    This paper contains meta-theoretical considerations about the status of the research in music education. The author states, that music education – at least in Germany – concentrates on «Empirical Education Research» and works with the repertoire of methods oft the empirical social sciences. This is contrasted by reflections on the possibility to see music education as cultural sciences. These are explained on the basis of «performance» as an «umbrella term» of the cultural sciences. It is shown that an university of art, which unifies performance experts of all kinds, can be a predestined place for interdisciplinary research on music classes as a special kind of performativity.

  • n°9_Ästhetischer Streit als Medium des Musikunterrichts. Zur Bedeutung des argumentierenden Sprechens über Musik für ästhetische Bildung

    Christian Rolle

    Ästhetischer Streit als Medium des Musikunterrichts

    Zur Bedeutung des argumentierenden Sprechens über Musik für ästhetische Bildung

    In diesem Text wird das Bildungspotential des ästhetischen Streits im Musikunterricht entfaltet. Die Beschreibung der Charakteristika des ästhetischen Streits wird dafür verknüpft mit Überlegungen zu (angemessenen) Arten des Sprechens über Musik. Die Erörterung der grundsätzlichen Frage, inwiefern musikalische Erfahrungen etwas zur Bildung – verstanden als Transformationsprozess – beitragen können, bietet die Grundlage, um die Voraussetzungen fassen zu können, unter denen ästhetisches Streiten im Musikunterricht sein Bildungspotential entfaltet. Abschliessend wird danach gefragt, wie ästhetischer Streit im Unterricht initiiert werden kann.

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    Christian Rolle

    Aesthetic arguments as a medium of music classes

    About the significance of the argument-based speech about music for aesthetic education

    This paper discusses the educational potential of aesthetic arguments in music classes. The description of the characteristics of an aesthetic argument is linked with reflections on (appropriate) ways of speaking about music. The discussion of the fundamental question how music can contribute to education, which is seen in this context as a transformation process, provides the basics to obtain the preconditions under which aesthetic arguments in music classes can be seen as educational. In conclusion it is discussed how aesthetic arguments in music classes can be initiated.

  • n°9_Musik hat für mich Bedeutung. Bedeutungskonstruktion im Musikunterricht als Dimension musikbezogener Bildung

    Martina Krause-Benz

    «Musik hat für mich Bedeutung»

    Bedeutungskonstruktion im Musikunterricht als Dimension musikbezogener Bildung

    Dieser Text befasst sich mit dem Bildungspotential eines Musikunterrichts, in dem musikbezogene Bedeutung konstruiert wird. Der Begriff «Bedeutung» wird dabei konstruktivistisch fundiert. Der «gemässigte Konstruktivismus» nach Siegfried J. Schmidt (1994) berücksichtigt bei der Bedeutungskonstruktion den sozialen Rahmen, in den das Individuum eingebunden ist. In diesem Zusammenhang muss eine Begründung einer Bedeutungszuweisung immer intersubjektiv nachvollziehbar sein. Damit wird der schulische Musikunterricht gemäss der Autorin zu einem prädestinierten Ort für die Konstruktion von Bedeutung, da Individuen mit unterschiedlichen, bereits erzeugten Bedeutungen von Musik aufeinandertreffen, welche die Bedeutungen der anderen jeweils perturbieren. So können ihr zufolge bestehende Konstrukte erweitert oder verändert und somit Bildungsprozesse angebahnt werden.

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    Martina Krause-Benz

    «Music has a meaning to me»

    Meaning construction in music classes as a dimension of music related education

    This paper discusses the educational potential of music classes in which music-related meaning is constructed. The term «meaning» is based on a constructivist approach. The «moderate constructivism» according to Siegfried J. Schmidt (1994) takes account of the social context, in which each individual is integrated. In this context, a justification of an assignment of meaning needs to be intersubjectively traceable. Music classes in schools become, according to the author, a predestined place to construct meaning, as individuals with different, already constructed meanings of music meet, which may cause a perturbation of the meanings of others. In this way, existing constructs can be broadened or changed and educational processes can be initiated.

  • Art Education Research °9

    Musikpädagogische Forschung: Positionen und Arbeiten aus dem deutschsprachigen Raum

    Herausgeber_innen: Olivier Blanchard und Carmen Mörsch

    Die vorliegenden Ausgabe des e-Journal Art Education Research gibt einen Überblick über das wissenschaftliche Feld der Musikpädagogik im deutschsprachigen Raum mit Fokus auf die für das Institute for Art Education (IAE) der Zürcher Hochschule der Künste interessanten Positionen und Arbeiten.
    Anders als auf der bildungspolitischen Ebene, wo im Rahmen der Entstehung des für alle deutschsprachigen Kantone einheitlichen Lehrplans 21 zurzeit rege diskutiert wird, verzeichnet die Musikpädagogik als wissenschaftliche Disziplin und als Forschungsfeld in der Schweiz bislang wenig Aktivität. Deshalb wurde am Forschungslabor für Künste an Schulen (FLAKS) des IAE zwischen Sommer 2012 und Dezember 2014 das bestehende internationale wissenschaftliche Feld der Musikpädagogik sondiert.
    In diesem Kontext wurde in Kooperation mit dem Master Musikpädagogik der Zürcher Hochschule der Künste die Vortragsreihe «Musikpädagogische Forschung zu Gast an der ZHdK» ins Leben gerufen, bei welcher Forschende aus dem deutschsprachigen Raum ihre Ansätze vorstellen und diskutieren.
    Ebenfalls im Zusammenhang mit dieser Stelle wurde von Olivier Blanchard und Jürg Huber in Zusammenarbeit mit Andreas Bürgisser eine explorative Studie zum schulmusikalischen Praxisfeld in der Deutschschweiz durchgeführt. Ziel dieser Studie war es, sich dem von den Lehrpersonen intendierten Musikunterricht an Deutschschweizer Sekundarschulen und Gymnasien anzunähern und damit den Diskurs um eine Position zu ergänzen, die bislang unberücksichtigt blieb. Die Arbeit wird in der vorliegenden Ausgabe im Beitrag «Zwischen Kanon und Soziokultur» vorgestellt. Dieser gibt Einblicke in persönlichen Haltungen, Zielsetzungen, Fachbegründungen, Fachstrukturen, Methoden, Rahmenbedingungen des Unterrichts und Kulturkonzepte der Lehrpersonen. Auch zeigt sich, dass einige Lehrpersonen eine hohe Sensibilität für die Diversität und die fachliche Heterogenität der Schüler_innen haben und ihren Unterricht teilweise fast ausschliesslich gemäss diesen Faktoren konzipieren.

    Die weiteren Texte dieser Ausgabe zeigen eine Auswahl aus den Positionen, die im Rahmen der Vortragsreihe «Musikpädagogische Forschung zu Gast an der ZHdK» vorgestellt wurden. Sie sollen einen Einblick in die musikpädagogische Forschung im deutschsprachigen Raum geben. Bei der Auswahl war es uns wichtig Arbeiten zu berücksichtigen, die mit Fragestellungen, die am IAE in anderen Bereichen bearbeitet werden, korrespondieren. Dies betrifft Überlegungen, die Musikpädagogik an Fragen und Paradigmen der Kulturwissenschaften anzubinden (Vogt); Überlegungen, konstruktivistische Ansätze für den Musikunterricht fruchtbar zu machen, was eine Kritik am Bildungsverständnis im Sinne von Wissensanhäufung, die in sequentiell organisierten Lernschritten organisiert werden kann, impliziert (Rolle, Krause-Benz); Überlegungen zum Umgang mit der (musik-)
    kulturellen Vielfalt im Unterricht, die damit verbundene Identitätskonstruktion der Schüler_innen und damit eine Kritik am normativen und holistischen Verständnis von «Kultur» (Barth) und schliesslich Überlegungen, die Diversität der Musiklehrer_innen, anstatt durch normative Setzungen in Fachdidaktiken minimieren zu wollen, für den Unterricht produktiv zu nutzen (Niessen).

    Jürgen Vogt steuert in seinem Text metatheoretische Überlegungen über den Status der Musikpädagogischen Forschung bei. Er fragt, was für eine Art von Wissenschaft Musikpädagogik sei und stellt fest, dass sie sich – zumindest in Deutschland – vermehrt auf empirische Bildungsforschung konzentriert und dabei auf das Methodenrepertoire der empirischen Sozialwissenschaften zugreift. Demgegenüber stellt Jürgen Vogt Überlegungen zur Möglichkeit an, Musikpädagogik als kritische Kulturwissenschaft zu sehen. Diese Überlegungen erläutert er anhand des kulturwissenschaftlichen «Umbrella Terms» der «Performanz» und zeigt dabei auf, wie gerade die Kunsthochschule, die Performanzexpert_innen aller Art versammelt, ein prädestinierter Ort zur interdisziplinären Erforschung der Schulmusik als Performativität eigener Art sein kann.

    Der Text von Christian Rolle entfaltet das Bildungspotential des ästhetischen Streits im Unterricht. Die Beschreibung der Charakteristika des ästhetischen Streits wird dafür verknüpft mit Überlegungen zu (angemessenen) Arten des Sprechens über Musik. Die Erörterung der grundsätzlichen Frage, inwiefern musikalische Erfahrungen etwas zur Bildung – verstanden als Transformationsprozess – beitragen können, bietet in den Überlegungen des Autors die Grundlage, um die Voraussetzungen fassen zu können, unter denen ästhetisches Streiten im Musikunterricht sein Bildungspotential entfaltet. Abschliessend wird danach gefragt, wie ästhetischer Streit im Unterricht initiiert werden kann.

    Der Beitrag von Martina Krause-Benz befasst sich mit dem Bildungspotential eines Musikunterrichts, in dem musikbezogene Bedeutung konstruiert wird. Der Begriff «Bedeutung» wird dabei konstruktivistisch fundiert. Der «gemässigte Konstruktivismus» nach Siegfried J. Schmidt (1994) berücksichtigt bei der Bedeutungskonstruktion den sozialen Rahmen, in den das Individuum eingebunden ist. In diesem Zusammenhang muss eine Begründung einer Bedeutungszuweisung immer intersubjektiv nachvollziehbar sein. Damit wird der schulische Musikunterricht gemäss der Autorin zu einem prädestinierten Ort für die Konstruktion von Bedeutung, da Individuen mit unterschiedlichen, bereits erzeugten Bedeutungen von Musik aufeinandertreffen, welche die Bedeutungen der anderen jeweils perturbieren. So können ihr zufolge bestehende Konstrukte erweitert oder verändert und somit Bildungsprozesse angebahnt werden.

    Dorothee Barth fragt in ihrem Text, welchen Beitrag die «Interkulturelle Musikpädagogik» zu dem leisten kann, was sie als Ausbildung einer «stabilen, ausbalancierten kulturellen Identität» bezeichnet. Barth bezieht sich für den Begriff der Identität auf einen (post-)modernen Ansatz, bei dem diese als relationales Konstrukt gesehen wird, welches Momente der Reflexion und der Situierung im sozialen Raum beinhaltet. Kultur versteht Barth im Sinne von geteilten Sinndeutungen gemäss eines bedeutungsorientierten Kulturbegriffes nach Reckwitz (2000). Dieses Verständnis zwingt weder Migrant_innen, sich an traditioneller Musik ihres Herkunftslandes orientieren zu müssen, noch fordert es von Kindern und Jugendlichen der Mehrheitsgesellschaft, ihre eigene musikkulturellen Wurzeln in der «abendländischen Kunstmusik» zu suchen. Schliesslich führt die Autorin aus, wie die referierten Theorien im Unterricht ihrer Meinung nach berücksichtigt werden müssten, um die Schüler_innen zu einer offenen Identitätsbildung mit mehreren musikalisch-kulturellen Zugehörigkeitsgefühlen heranzuführen und dabei zudem zu einem respektvollen Umgang mit anderen Identitäten beizutragen.

    Anne Niessen hat sich als eine der ersten im deutschsprachigen Raum mit dem Nachdenken von Musiklehrpersonen über deren Unterricht bzw. deren Unterrichtsplanung befasst. Ihr Text gibt einen Einblick in eine qualitativ-empirische Studie zu Individualkonzepten von Musiklehrpersonen. Interviews zur Planung von Musikunterricht wurden mit den biographischen Hintergründen der befragten Personen in Beziehung gesetzt. Es zeigt sich, dass einerseits die Individualkonzepte nur im Kontext der jeweiligen Biographie zu verstehen sind und andererseits die Individualkonzepte für die Konstruktion der eigenen Biographie die Funktionen des Strukturierens und Fruchtbarmachens der eigenen Erfahrungen erfüllen. Angesichts der Ergebnisse ihrer Studie formuliert die Autorin die Anliegen, dass in der Ausbildung zur Musiklehrperson biographische Einflussfaktoren stärker und spätere Arbeitsbedingungen früher thematisiert werden sollen, und Probleme, auf die Lehrer_innen beim Unterrichten stossen, in Lerndiskrepanzen umgedeutet werden sollten.

    Olivier Blanchard und Jürg Huber stellen in ihrem Beitrag eine explorative Studie über den Musikunterricht an Sekundarschulen und Gymnasien der Deutschschweiz vor. Es ging bei dieser Arbeit darum, einen Einblick in das Denken von Lehrpersonen bezüglich ihres Unterrichts zu erhalten und Fragen für weiterführende Forschungsprojekte zu entwickeln. Dabei wurden Lehrpersonen, mit ihren Lehrplänen als Befragungsgrundlage, online zu ihrem Musikunterricht befragt. Es zeigte sich, dass Lehrpersonen auf der Sekundarstufe I eine hohe Sensibilität für die Ansprüche, Fähigkeiten und Interessen ihrer Schüler_innen haben und den Unterricht entsprechend nach den Rahmenbedingungen ausrichten. Auf der Sekundarstufe II wird der Unterricht mehr auf die Ziele des Lehrplans ausgerichtet. Dennoch lassen sich auf dieser Stufe kontrastierende Typen von Lehrpersonen beschreiben, die verschiedene methodisch-didaktische Haltungen im Musikunterricht vertreten.

    Nun hoffe ich, mit dieser Ausgabe einen Anstoss für eine Diskussion über mögliche Fragen und eine mögliche wissenschaftliche Ausrichtung der musikpädagogischen Forschung in der Schweiz geben zu können und wünsche allen Leser_innen eine anregende Lektüre.

    Rückmeldungen zu dieser Ausgabe können gerne an Olivier Blanchard (blanchardoli@edufr.ch) gerichtet werden.
    Wir wünschen eine anregende Lektüre!

    Zu den Texten 

    Literatur

    Reckwitz, Andreas (2000): Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms, Weilerswist: Velbrück Wissenschaft.

    Schmidt, Siegfried J. (1994): Kognitive Autonomie und soziale Orientierung. Konstruktivistische Bemerkungen zum Zusammenhang von Kognition, Kommunikation, Medien und Kultur, Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Redaktion
    Olivier Blanchard

    Bild und Layout der Texte
    Anne Gruber