Eine diagrammatische Geografie
knowbotiq hat in Mülheim an der Ruhr, einer vom Kohlebergbau nahezu vollständig unterhöhlten und traumatisierten urbanen Landschaft, ein performatives Untersuchungsfeld mittels dreier Narrative aufgespannt:
– die Stimme eines Bergmannes, der exzessiv seine körperlichen und mentalen Kräfte, seine gesamte Biographie der industriellen Arbeit des Kohlebergbau überantwortet hat
– die Tanzbewegungen von lokalen Jugendlichen mit afrikanischem Migrationshintergrund, die postfordistische Lebensentwürfe als Street Art Tänzer praktizieren und dabei „Afrodizak Afro-Battles“ (Tanzwettbewerbe) entwerfen, in der sie den aggressiven Strassentanz krumping aus der Hip Hop Szene L.As. mit Clubtänzen aus Ghana (azonto) und dem Kongo (shakalewa) verbinden
– das hybride Kostüm einer postkolonialen, black on black(face) Minstrel Figur des Entertainers Bert Williams, der in Zeiten der Harlem Renaissance herrschende rassistische Stereotypen mittels Affirmation kritisch untersuchte.
Diese verschiedenen Akteure/Aktanten nahmen Positionen und Zeitpunkte in einer politischen Landschaft des Dazwischen ein: „displacements“ zwischen physischer und mentaler, zwischen horizontaler und vertikaler Landschaft, zwischen Destruktion, Invasion und Rekonstruktion von Orten und Geschichte, zwischen Montanindustrie und creative industries, gleichzeitig „vergessen“ und „schon wieder möglich“.
knowbotiq interessierte dabei nicht die Überführung des Nichtwissbaren einer politischen Landschaft in Fakten und Genealogien, sondern das Artikulieren ihres opaken und diachronen Potentials hinsichtlich des Verdeckten, Geahnten und Wiederkehrenden (z.B. fracking): Eine monströse Figur, dunkel, formlos mit Hahnenschweif – knowbotiqs Wiedergänger – BlackGhillie, tanzte sich parodierend durch die vom Kapitalismus der Ruhr Kohle AG hinterlassenen Landschaftlichkeiten und ihren “Ewigkeits-lasten“.
Yvonne Wilhelm, Künstlerin, ZHdK
Christian Huebler, Künstler, ZHdK