Interview mit Miriam Winteregg

Ich habe mich Ende November 2019 mit der wissenschaftlichen Zeichnerin Miriam Winteregg getroffen und durfte ihr zu ihrem Beruf einige Fragen stellen.

Miriam Winteregg ist eine wissenschaftliche Illustratorin aus dem Kanton Basel. Sie ist im Moment vor allem im Bereich der Archäologie als Zeichnerin und Ausgräberin tätig und arbeitet nebenbei auch selbständig als Illustratorin.

Als Kind hat Miriam Winteregg bereits gerne gezeichnet und hat sich schon damals sehr für das, was sie umgab, interessiert. Sie hatte bereits Zeichnungen anhand von Bestimmungsbüchern gemacht, die ihr eine Nachbarin gezeigt hat. So wurde sie auch auf den Beruf der wissenschaftlichen Zeichnerin aufmerksam.

Nach der Matura hat Miriam in Basel den gestalterischen Vorkurs gemacht und hat dann das damals noch vierjährige Studium für Wissenschaftliche Illustration angetreten.

Der Studiengang war damals etwas anders aufgebaut als heute. Miriam erzählte mir, dass sie im Studium viel handwerklich gearbeitet und verschiedene Techniken gelernt haben. Dafür haben sie, im Vergleich zu heute, recht wenig mit dem Computer gearbeitet. Der Unterricht bestand sehr viel aus selbständigem Arbeiten und war nicht so durchstrukturiert wie es heute der Fall ist.

Miriam sagte mir, dass, obwohl diese Art von Unterricht auch seine Vorteile hat, sie gerne ein etwas mehr strukturiertes Studium gehabt hätte.

Auf die Frage, ob sie es schwierig fand, ins Berufsleben umzusteigen, sagte sie, dass sie anfangs recht wenig Ahnung hatte, wie es im Berufsleben so läuft, obwohl sie bereits Praktika gemacht hatte.

«Man wird recht ins kalte Wasser geworfen»

Es gibt nicht viele Festanstellungen und die meisten wissenschaftlichen Zeichner machen sich selbständig.

 

In den letzten zwei bis drei Jahren hat Miriam selbst auch angefangen, nebenbei als Selbständige zu arbeiten. Sie sammelt dabei mit jedem Auftrag neue Erfahrungen. Aber anfangs fand sie es recht schwierig, da sie während dem Studium nicht sehr auf das Berufsleben als Selbständige vorbereitet wurde.

Nach der Ausbildung hat sie sich zuerst mit diversen Blindbewerbungen bei verschiedenen Institutionen beworben und so nach einer Arbeit gefragt. Unter anderem auch beim Zoo Zürich, wo sie dann einen Auftrag bekam. Dort arbeitete sie etwa zwei Monate lang an einem Projekt und danach hat sie wieder angefangen, Bewerbungen zu schreiben. Unter anderem hat sie sich auch bei der Archäologie gemeldet. Im Aargau fing damals gerade ein grosses Grabungs-Projekt an, bei dem sie dann mitarbeitete.

Auch beim Arbeiten auf der Ausgrabung war anfangs alles neu, da sie noch nie zuvor auf einer Ausgrabung gearbeitet hatte. «Es ist ‘learning by doing’», man sammelt einfach mit der Zeit Erfahrungen.

Bei diesem Projekt war Miriam vom Anfang bis zum Schluss mit dabei und hatte da auch gemerkt, dass ihr das Arbeiten auf Ausgrabungen sehr gut gefällt. Das körperliche Arbeiten sei sehr anstrengend, erzählte Miriam, ‘’es ist nicht so wie im Fernsehen, mit dem Pinsel arbeitet man eigentlich nie’’.

Sie hat gemerkt, dass sie das Freilegen von Befunden und die Spuren von vergangen Kulturen sehr fasziniert. Auch die Verbindung zwischen Ausgraben und Dokumentieren fand sie toll.

Danach ging sie zum nächsten Ausgrabungsprojekt und ist so in die Archäologie eingestiegen. Die letzten Jahre ist sie immer hauptsächlich auf den Ausgrabungen gewesen. Dadurch, dass sie in verschiedenen Kantonen und Projekten gearbeitet hat, hat sie auch viele Leute kennengelernt.

Irgendwann hat sie dann angefangen, 80 Prozent zu arbeiten, sodass sie auch ein bisschen Zeit hat, um noch eigene Arbeiten zu machen.

 

Dann bekam sie das Angebot, in Luzern in der Illustration einen Kurs zu leiten. Dort Unterrichtete sie ein paar Jahre lang naturwissenschaftliches Zeichnen. Nach einer Weile gab sie diese Aufgabe wieder ab, weil sie merkte, dass sie sich beim Unterrichten nicht richtig wohl fühlte. Dafür hat sie danach angefangen, sich als Selbständige etwas aufzubauen, wofür sie zuvor keine Zeit hatte.

Sie fing damit an, einzelne Arbeiten für Leute, die sie aus der Archäologie kannte, zu machen. Ab und zu arbeitet sie auch mit einer Grafikerin zusammen, die sie vom Basketballspielen kennt.

Miriam arbeitet zwar heute viel in der Archäologie. Während der Ausbildung hatte sie sich jedoch mehr mit Tieren und Pflanzen beschäftigt. Ihre Abschlussarbeit machte sie über den Fetzenfisch, ein Fisch, der aussieht wie eine Alge.

Als ich Miriam fragte, ob sie heute viel mit dem Computer arbeite, erzählte sie mir, dass bei ihren persönlichen Arbeiten der erste Schritt immer analog sei. Bei Fundzeichnungen in der Archäologie wird die Vorzeichnung meistens in Bleistift und die Reinzeichnung dann mit Illustrator oder in Tusche gemacht, je nach Wunsch der Auftraggeber.

Oft haben Kunden eine Vorstellung wie das Resultat aussehen soll, aber manchmal kann man sie auch ein bisschen von dem überzeugen, was man selbst gut findet. Teilweise wissen die sie auch nicht genau, welche gestalterische Möglichkeiten es gibt.

Manchmal haben die Auftraggeber auch sehr genaue Vorstellungen und man hat nicht so viel Freiraum, um selbst noch etwas einzubringen.

In der Archäologie gibt es für die Fundzeichnungen verschiedene Konventionen, welche man einhalten sollte. Also die Darstellungsweise der Funde ist vorgegeben. Die Konventionen dienen der allgemeinen Verständlichkeit

Teilweise gibt es Unterschiede an den verschiedenen Orten. Es kommt auch darauf an, wie viel Zeit zur Verfügung steht; gewisse Umsetzungen brauchen mehr Zeit als andere.

Die Möglichkeiten in der Gestaltung sind dabei in einem kleinen Rahmen. Es geht bei Fundzeichnungen mehr darum, präzise, objektiv und nüchtern möglichst viele Informationen zu vermitteln und zum Beispiel weniger um Bildkomposition, Emotion oder Aktion.

Miriam sagte, es wäre wahrscheinlich eher störend und würde der Verständlichkeit schaden, wenn man Sachen in eine Zeichnung einbauen würde, die es gar nicht braucht.

Auf die Frage, ob sie in der Archäologie oft mit anderen Zeichnern in Kontakt kommt, sagte Miriam, dass es in der Archäologie eigentlich immer Zeichner gibt, die Teil vom Team sind. Als Zeichner auf einer Grabung zeichnet man aber nicht nur. Man macht immer beides – Zeichnen und Ausgraben.

Ansonsten, erzählte mir Miriam, hätte sie noch mit Zeichnern Kontakt, die sie aus der Ausbildung kenne.

Wenn es um Aufträge mit Archäologischen Funden geht, arbeitet Miriam als Zeichnerin meistens allein. Aber bei anderen Sachen arbeitet sie manchmal mit einer Kollegin, die sie aus der Ausbildung kennt oder mit der Grafikerin.  Es gefällt ihr im Team zu arbeiten, weil es einen Austausch gibt und man so auf neue Ideen kommt.

Ich habe Miriam auch gefragt, wie schwierig sie es findet, Arbeit und Aufträge zu finden. Sie meinte, es sei sehr schwierig, Festanstellungen zu finden, da es davon nicht sehr viele gäbe.

Als selbständig arbeitende Person sind Kontakte extrem wichtig. Ausserdem sei es gut, wenn man etwas anbieten könne, das einem vom Rest abhebe.

Am Anfang muss man viele Bewerbungen schreiben, sagte Miriam. Wenn die Auftraggeber zufrieden seien, spräche sich das irgendwann rum.

Heute muss Miriam für ein Grabungs-Projekt keine Bewerbungen mehr schreiben, da die Auftraggeber auf sie zukommen. Sie geht eigentlich immer nahtlos von einem Projekt zum anderen, ohne dass sie viel Aufwand betreiben muss, um sich zu bewerben.

Miriam arbeitet schon recht lange in der Archäologie und es gefällt ihr nach wie vor sehr. Es ist ein sehr abwechslungsreiches Gebiet.

Um auf Ausgrabungen arbeiten zu können, muss man körperlich fit sein. Das ist auch ein Risiko. Umso wichtiger ist der Versuch, sich mit der Selbständigkeit ein zweites Standbein aufzubauen. Die Selbständigkeit ist zudem eine Herausforderung. Man lernt ständig dazu und versucht gute Lösungen zu finden. In selbständigen Aufträgen besteht ebenso die Möglichkeit in verschiedenste Themenbereiche Einblick zu bekommen.

Motivierend und inspirierend findet es Miriam, neue Kombinationen von Techniken und Werkzeugen auszuprobieren, die gut zusammen funktionieren. Generell findet sie es gut, neue Sachen auszuprobieren, damit man nicht immer beim gleichen bleibt. Ausserdem beobachtet sie gerne. Beispielsweise Tiere, Pflanzen oder Alltagssituationen.

Zum Schluss habe ich Miriam noch nach Ratschlägen/Tipps für angehende wissenschaftliche Illustrator/innen gefragt. Sie sagte, man solle neugierig sein und das machen, was einem Freude macht. Man kann nicht immer das machen, das einem super Spass macht. Manchmal gibt es Phasen, wo es nicht so gut läuft, da muss man dann auch durch. Es ist wichtig, dass man diese Erfahrungen macht.

Aber allgemein sollte man das machen, was man gerne macht, neues ausprobieren und keine Angst haben.

Ich bedanke mich herzlich bei Miriam Winteregg für das interessante Gespräch.

 

www.miriamwinteregg.ch

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