Marco Castellano, Leiter der Abteilung Raum und Bau an der ZHdK, hat sich in den rund zehn letzten Jahren mit dem Umzug ins Toni-Areal beschäftigt. Er war zuständig für die Planung der Büroarbeitsplätze und Atelierräume und hat sich mit übergeordneten Themen wie Signaletik und Gastronomiezonen beschäftigt. Eine Bestandesaufnahme.
Marco Castellano, wie ging es Dir vor, während und nach dem Einzug?
Das Toni-Areal hat mir zuvor doch lange und viele schlaflose Nächte bereitet. So war es natürlich ein grosser Moment, als nach einem Jahrzehnt der Planung das Ding dann dastand und man merkte: es funktioniert einigermassen. Seit dem Einzug sind wir in einer Phase, die ein bisschen anstrengend und mühsam ist, denn es zeigen sich einige «Kinderkrankheiten», die jetzt bearbeitet oder nachbearbeitet werden müssen. Abgesehen davon hatte ich gerade einen Moment, in dem das Toni für mich fertig war: Ich habe das alte Logo der Toni-Molkerei in der Ausleihe aufhängen lassen.
Wie bist Du auf die Ausleihe als Ort für dieses Logo gekommen?
In der Bauphase ist die Diskussion um diesen Schriftzug immer wieder aufgetaucht. Das Signet ist ein Stück Geschichte dieses Hauses: es hat die Toni-Molkerei gegeben, dann die Phase der Zwischennutzungen und jetzt ist es die Hochschule. Am liebsten hätte ich es in der Sammlung gesehen, aber es ist zu gross und hat keinen Platz dort. Gleichzeitig ist die Ausleihe ein wichtiger und zentraler Ort der Hochschule, der – da unten im Keller ruhig ein bisschen Aufwertung erfahren darf. Zudem passt der Mann mit der Milchkanne auf dem Rücken irgendwie gut zur Dynamik der Ausleihe und zu dem, wofür die Ausleihe steht. Zuletzt ist die Ausleihe einer der wenigen Räume mit einer so grossen freien Wand. Wir haben noch mehrere Signets und Materialen übrig, die woanders angebracht werden könnten …
Hast Du das Gefühl, schon im Toni «angekommen» zu sein?
Vermutlich braucht es zwei Jahre, bis alles funktioniert. Das Gebäude ist Neuland. Es gibt hier am Haus Innovationen und neue Techniken, mit denen selbst im schweizweiten Kontext noch nie zuvor jemand zu tun gehabt hat. Auch die Erfahrung, auf die ich seit meiner Anstellung an der ZHdK zurückgreife, zeigt: Immer, wenn ein neuer Studiengang gegründet wurde oder wenn wir innerhalb der alten Standorte gezügelt sind, hat es ein bis zwei Jahre gedauert, bis sich die Lage eingependelt hatte. Das ITZ hat zwar versprochen: Ihr zieht ins Toni ein und werdet direkt so weiterschaffen können wie gehabt. Dennoch müssen sich Arbeitsprozess und alles, was damit einhergeht, erst entwickeln. Das ist ziemlich normal.
Auf welche Resonanz stösst Du in dieser Hinsicht bei Studierenden und Mitarbeitenden?
Mir scheint, als sei generell sehr viel Verständnis und Flexibilität da. Aber das war an der ZHdK eigentlich noch nie das Problem. Andererseits spüre ich auch viel Ungeduld: auch das ist klar. Manches Problem konnte nach vielen Monaten gelöst werden, wieder andere Probleme verschlechtern sich. Beispielsweise diskutieren wir seit Monaten mit Allreal das Thema Lüftung. Bis Ende März sollte eine Überarbeitung der Lüftungsanlage passiert sein. Das heisst, wir doktern schon seit einem Jahr daran herum! Und vielleicht müssen wir uns noch ein weiteres Jahr gedulden, denn vermutlich müssen wir mit der Lüftung einmal alle Jahreszeiten durchleben.
Wie ist Deine Abteilung an die Einrichtungskonzepte herangegangen?
Wir haben gewusst, dass es 1000 Räume verteilt auf fünf Departemente gibt, die wir einrichten müssen. Ich bin mit grossem Respekt an die Aufgabe herangegangen. Einer meiner Leitgedanken und Prioritäten war: Fünf Departemente mit unterschiedlichen Kulturen finden in einem grossen Haus zusammen. Ich wollte keine Sauce, nicht alles gleich machen, mit militärischen Strukturen die fünf Identitäten plattwalzen. Mir war früh klar: ich will unterschiedliche Orte schaffen und die Vielfalt wahren. Das schlägt sich auch im Architekturkonzept nieder. Mit dieser Herangehensweise war es ein sehr schöner Prozess. Wir haben die Einrichtungsplanung im Team selbst gemacht und haben versucht, so gut wir möglich auf die verschiedenen Bedürfnisse einzugehen. Das Möbel dahinter war gar nicht so wichtig. Natürlich haben wir schnell herausgefunden, dass die Musik etwas konservativer ist und das DKV experimentierfreudig. Ein grosser «Change» war es sowieso – für alle. Wir haben dann versucht, verschiedene Büromöbelprogramme einzusetzen und es sollte überall ein bisschen anders aussehen.
Haben die Mitarbeitenden denn Freiheiten gehabt, beispielsweise die Wahl zwischen Einzelkojen versus Grossraumbüro?
Alles in allem war alles ein Frage der Verhandlung im Vorfeld: Insbesondere im Rektorat und im DKV wurde viel zwischen den Grenzen baulicher Realität, Einzelbedürfnissen und Betriebsabläufen diskutiert.
Gehen die Einrichtungskonzepte im Haus auf?
Bis auf ein Büro, wo jetzt wieder eine Zwischenwand eingezogen werden soll, hat sich niemand beklagt. Wir sind übrigens dreissig Leute in unserem Büro, das geht gut, auch wenn es da mit der Konzentration natürlich nicht immer einfach ist.
In welchem Büro wird nachgerüstet?
Das will ich jetzt nicht sagen.
Wie lauten die zahlenmässigen Vorgaben, wenn man ein solches Einrichtungskonzept macht?
Es gibt eine Vorgabe vom Kanton: Grob gesagt etwa 10 Quadrameter pro Arbeitsplatz ab einer 50%-Anstellung. Es ist eine komplizierte Rechnung, in der man zwischen Vollzeit, Teilzeit Dozierenden und Administration unterscheiden muss. Für Studierende gibt’s keine Vorgabe. Daneben gibt es die bauliche Realität des Gebäudes, mit seinen Departementen und all den Räumlichkeiten, die ein solches Haus eben anbieten muss. Im Vergleich zu den Werten und Massen anderer Hochschulen in der Schweiz liegen Gestaltungsschulen in ihrer Grosszügigkeit immer eher hoch. Die ZHAW hat halb soviele Studierende wie wir und braucht nur 1/5 des Raumes, den wir brauchen.
Versuchst Du als Innenarchitekt, das Beste aus der Quadratmeterzahl herauszuholen?
Ich bin da pragmatisch vorgegangen … Die nutzbare Fläche war einfach gegeben – es ging dann darum, die Betriebsstruktur möglichst optimal abzubilden. Wir konnten sowieso immer nur Lösungsansätze aufzeigen; ich habe keine Entscheidungskompetenz.
Auf die räumliche Veränderung haben sich nicht alle Departemente gleichermassen gefreut. Welche Departemente sind glücklicher als erwartet? Welche unglücklicher?
Im Vorfeld habe ich den Widerstand als grösser empfunden als nun, seit wir vor Ort sind. Im Winter gab es seitens der Hochschulleitung so ein Papier, wo Probleme ganz grundsätzlicher Art eingegeben wurden: die Lüftung, Konflikte in Zusammenhang mit Veranstaltungen, aber auch der Master Fine Arts , der unzufrieden ist mit den Ateliers.
Inwiefern wirken sich die neuen Einrichtungskonzepte auf die Kulturen der Departemente aus?
Ich denke es ist eine Wechselwirkung – aber die würde ich nicht überschätzen. Raum hat manchmal auch mit Ruhm zu tun: der Möglichkeit, sich zu repräsentieren. «Also: Das sind wir». Der Umzug brachte vor allem die Chance, etwas im Kollektiv zu machen und sich als Kollektiv zu verändern. Das muss sich von sich aus entwickeln. Für Einige wirkt das Toni-Areal sicher auch einengend.
Wie meinst Du das?
Die Möglichkeiten und Grenzen der Infrastruktur müssen im Betrieb erst noch entwickelt werden. Eine gewisse Lebendigkeit entsteht durch den Gebrauch, es muss erst in Beschlag genommen werden. Das ist aber so angelegt: eine Architektur, die Veränderungen zulässt und in der sich noch allerhand manifestieren wird.
Was ist ein besonders gelungener Ort für Dich?
Oh, da gibt es viele. Der Konzertsaal, aber auch am Stammtisch habe ich enorm grosse Freude.