Magnus Rembold ist der Entwickler der Toni-App. Hier erzählt er, wie es gelang, mit dem Projekt auf die Bedürfnisse der Campus-Nutzer zu reagieren, ein Lehrprojekt und die Auseinandersetzung übers Toni zu befördern.
Magnus, wie entstand die Idee für die ToniApp?
Ich bin seit 12 Jahren an der ZHdK angestellt und unterrichte Game Design und Interaction Design. Ein Modul im Interaction Design im HS 2014/2015 hatte die Orientierung im Toni-Areal zum Thema. Die Ergebnisse überzeugten meinen Vorgesetzten, den Departementsleiter Hansuli Matter, und so beauftragte er mich, das Thema weiterzuverfolgen. Ich sollte eine brauchbare Alltags-App entwickeln:
die ToniApp.
Wie habt Ihr Dozierende und Studierende das Bedürfnis nach Orientierung im Toni-Areal für die Entwicklung der App wahrgenommen bzw. gemessen?
Die Dimensionen des Toni-Areals sind ja eher monströs. Viele Leute haben Orientierungsprobleme, wenn sie die ersten Male ins Haus kommen.
Hast Du das beobachtet oder als Annahme gesetzt?
Das habe ich beobachtet – in Unterhaltungen und in den Führungen, an denen ich teilgenommen habe. Ich selbst bin bei meinen ersten Besuchen verloren gegangen: bin im Kreis gegangen, habe mich in Treppenhäusern verirrt und eingesperrt. Dieses Bedürfnis nach Orientierung haben wir aufgegriffen. Die Studierenden waren zu Beginn des Semesters ja alle in genau derselben Situation.
Seit wenigen Wochen nun ist die Version 0 der ToniApp verfügbar. Wie wird sie angenommen?
Eine jede nullte Version ist dazu da, um einen «Realitätscheck» zu machen und von dort aus die Bedürfnisse zu verfeinern. In diesem Fall wollten wir mit Tramfahrplänen, Menükarten und Ansprechpersonen eine erste Richtung vorgeben und
konkrete Reaktionen einholen. Wir wollen herausfinden, ob wir mit der App richtigliegen. Es ist sicher keine Avantgarde in Interaction Design, sondern ganz bodenständig eine Dienstleistungsapplikation für die Toni-Bewohner.
Welche Auswirkungen hat dieser explizite Dienstleistungsansatz auf die Entwicklung der App?
Die App soll denen, die hier im Gebäude wohnen, studieren, arbeiten und ein- und ausgehen einen Dienst erweisen, sie soll durch die Leute im Haus geprägt werden und sich deshalb der konstruktiven Kritik aussetzen. Seit wir mit der Version 0 draussen sind, tut sich auf den Hauptseite vereinzelt etwas, aber ich habe mir mehr Reaktionen gewünscht.
Wohingegen die Umfrage, mit der ihr die Entwicklung zu Beginn 2015 initiiert habt, über 900 Rückmeldungen bekommen hat! Das ist eine beachtliche Zahl.
Ja, aber nun ist die Partizipation viel anspruchsvoller. Jetzt können die Teilnehmer keine einfachen Häkchen mehr machen, sondern müssten sich qualifiziert äussern. Und wie es so ist: Bei jeder neuen Veröffentlichung einer App-Version erreicht man nur die Leute, die eben zu dem Zeitpunkt bereit sind, sich damit auseinanderzusetzen.
Weshalb habt Ihr Euch für das Verfahren der Umfrage entschlossen? Und wie habt ihr die Fragen entwickelt?
Umfragen mache ich schon länger, da hab ich ein bisschen Erfahrung. Ich möchte etwas über die Bedürfnisse und die Gedankengänge der befragten Menschen herausfinden – die ihre Wünsche oft nicht genau benennen können. Das ist allgemein zu beobachten: Menschen können oft nicht sagen, was sie wollen, bevor sie nicht sagen können: «Dies und das will ich nicht.» Die Umfrage war für uns die Möglichkeit zu testen, was möglicherweise gefordert wäre.
Wie erklärst Du Dir die ungleiche Verteilung der Teilnahme an der Umfrage mit 25% Antworten von Mitarbeitenden und 13% von Dozierenden – im Vergleich zu 60% von Studierenden?
Bei E-Mails über den Verteiler der ZHdK stellt sich immer wieder heraus, dass bei vielen Leuten das Postfach voll ist. Andere sind genervt von der Postmaster-Flut und lesen die Nachrichten gar nicht erst oder legen ihre Prioritäten anders und nehmen bewusst nicht teil. Und wer nicht innerhalb ein, zwei Tagen antwortet, bei dem gerät die Umfrage in Vergessenheit. Die Motivation, an Umfragen teilzunehmen, ist seitens der Studierenden höher als seitens der Mitarbeitenden. Manche haben noch die «Mitarbeiter-Zufriedenheitsumfrage» in Erinnerung, die vor ein paar Jahren stattgefunden hat und deren Aufarbeitung im Schneckentempo voranschreitet. Wozu also wieder bei etwas mitmachen, was eh nicht umgesetzt wird? Das ist eine gute Frage. Wir wollen hier schneller liefern.
Haben Dich die Ergebnisse erstaunt?
In der Tat! Vor allem, dass sich ein Wunsch so deutlich herausgeschält hat: mit der App nutzbare Räume zu finden. Ich befürchte aber, dass wir nicht genau verstanden haben, warum das so viele Leute wichtig fanden.
Welche Wünsche könnt Ihr nicht realisieren?
Den wichtigsten Wunsch, nutzbare Räume zu finden – leider, leider. Das ITZ kann uns nicht so einfach einen Zugriff auf das komplexe Raumreservierungssystem geben. Aber ich hoffe, dass wir weiterhin an einer Lösung arbeiten. Ich bin natürlich auf den guten Willen der Mädels und Jungs vom ITZ angewiesen.
Wie viele Nutzer hat die Version 0?
Ich kann die Zugriffszahlen gerade noch nicht nachvollziehen. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, die üblichen Tracker von Google oder ähnliches einzubinden. Ich finde, wir müssen hier eine schlanke eigene Lösung bringen und die Leute nicht ständig mit Internetüberwachung konfrontieren.
Ab wann ist mit der Version 1 zu rechnen?
Schwierig abzuschätzen. Das Projekt steht und fällt im Augenblick mit mir. Nach dem Semesterende werde ich wieder stärker daran arbeiten können. Was ich aber schon verraten kann: Nachdem sich Mattias Bush aus der Vertiefung Cast in seiner BA-Arbeit mit dem Marktplatz aus der Wunschliste auseinandersetzt, wird eine interne Studi-Agenda der nächste Punkt sein. Wir reagieren damit auf einen Wunsch, der in den freien Rückmeldungen häufig vorkam.
Der zweite Teil des Interviews wird nächste Woche auf diesem Blog erscheinen.