Mission Statement

(Adrian Hummel)

In meinem Projekt möchte ich diese Woche nutzen, um ein Thema, bzw. einen Abschnitt einer Geschichte, die ich vor Kurzem begonnen habe, näher zu beleuchten.
Vordergründig geht es um den Anruf eines Vaters an die Lehrerin seiner kleinen Tochter, bei dem er ihr den Tod der Mutter des Kindes mitteilt. In den letzten Jahren hatten weder er noch seine Tochter Kontakt zu der Mutter. Inhaltlich steht dies vor dem Hintergrund, dass der Vater mit der Lehrerin zuvor eine kurze Affäre hatte und dieser Anruf für ihn im doppelten Sinne unangenehm ist: Er möchte ihr keine emotionale „Angriffsfläche“ bieten. Er glaubt, dass sie immer noch an ihm interessiert sei, ausserdem fürchtet er eine Gefährdung des guten Verhältnisses der Lehrerin zu seiner Tochter, fühlt sich durch dieses aber auch emotional „erpresst“ und gezwungen, der Lehrerin gegenüber doch eine gewisse Offenheit an den Tag zu legen, die über das normale Mass einer solchen Mitteilung hinausgeht. Gleichzeitig findet bei ihm eine gedankliche Reflexion statt, in der er über seinen Beruf oder Werdegang sinniert – denn auch er ist Lehrer, der aber eigentlich vor der Geburt seiner Tochter davon träumte, Künstler oder Schriftsteller zu sein.

Die Ausarbeitung dieses Gespräches, bzw. seiner Gedanken dazu, soll zur Figurenzeichnung dienen und den Charakter der Hauptfigur (Vater) teilweise etablieren als emotional hin und her gerissenen Menschen, der sich zwischen den Interessen oder Ansprüchen dreier Frauen gefangen fühlt (tote Mutter, Tochter, Lehrerin), der sich aber auch gewissermassen absichtlich auf diese fixiert, um – wenigstens an diesem frühen Punkt in der Geschichte – der Tatsache aus dem Weg zu gehen, dass er von dieser toten Frau im Leben stets nur seine Wunschvorstellung wahrgenommen hat. Dies gilt übrigens auch für die Lehrerin, die er eher als das Klischee eines „pädagogischen Gutmenschen“ sieht. Ausserdem dient dieses Gespräch als „Hauptprobe“ für die Überbringung der Todesnachricht an die eigene Tochter, die zu dem Zeitpunkt noch schläft und nichts ahnt.

Thematisch ist dies bereits ein komplexes Gefühls- und Beziehungsgeflecht, doch es reizt mich genau dabei die Herausforderung, dieses in einer möglichst kurzen Form wie der eines notgedrungen notwendigen „Pflicht“-Anrufes darzustellen. Also: mit möglichst wenig viel zu sagen oder anzudeuten.
Eine zusätzliche Herausforderung ist die dialogische Form, mit der ich mich in den meisten meiner Texte eher schwer tue, die ich in diesem Fall aber wichtig finde, um die Diskrepanz von Gesagtem und Empfundenem, bzw. Gedachtem, herauszuarbeiten.
Allgemein ist die Geschichte für mich ein „Novum“, insofern ich die letzten Jahre hauptsächlich kurze und kürzeste Texte oder in Episoden schrieb und mich hier zum ersten Mal seit Langem wieder einer stringenten Erzählweise stelle.

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