Programm 2009

Workshop in Boisbuchet, Frankreich

19. –  26. Juli 2009

Sigga Heimis (SE) / Florian Slotawa (D)

Während das Design heute einen dezidiert künstlerischen Umgang mit Möbeln wiederentdeckt, entstehen in der Gegenwartskunst vermehrt Installationen, in denen die Rolle des Möbels befragt wird. Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Arbeitsweise von Künstlern und Designern wurden in diesem Workshop untersucht. Anhand vorgegebener Materialien und Räume wurden unterschiedliche Situationen mit Möbeln geschaffen. Der Umgang mit Beschränkungen auf der einen und einem offenen Prozess auf der anderen Seite standen dabei im Vordergrund. Zum Beispiel wurde untersucht, welche Ziele man sich setzt, welche kreativen Strategien entwickelt werden, wie man vorhandenes Material interpretiert, wie kooperativ bzw. individuell gearbeitet wird und in welchem Verhältnis Autor und Werk stehen. 23 Teilnehmer aus Asien, Amerika und Europa entwickelten, produzierten und diskutierten möbel-basierte Objekte und Installationen für eine Präsentation in einem leerstehenden Bauernhaus auf dem Gelände der Domaine de Boisbuchet.

Objekt des Designers Stephane Barbier Bouvet aus Lausanne in der Abschlusspräsentation des Workshops

Objekt des Designers Stephane Barbier Bouvet aus Lausanne in der Abschlusspräsentation des Workshops

Sigga Heimis (SE)

Geboren in Reykjavik, Island 1970. Abschluss als Industriedesignerin am Istituto Europeo di Design in Mailand, 1994. Für Ihr Abschlussprojekt wurde sie mit dem Compasso D’Oro ausgezeichnet. Ihr eigenes Design-Büro H&H eröffnete sie 1995 in Island. Von Möbeln über Interieur bis hin zu medizinischen Anwendungen  war Sigga Heimis bisher für verschiedene Unternehmen weltweit als Designerin tätig. Nachdem sie im Jahr 2000 wieder nach Mailand zurück ging, absolvierte sie einen Master-Abschluss  an der Domus Academy und setzte ihre Arbeit für H&H fort. Ab 2001 arbeitete sie für Ikea in Schweden lebt dort. Dort entwarf sie Produkte in allen Bereichen: von Kinder-Möbeln bis hin zu Brotkörben. Als Dozentin lehrte Sigga Heimis u.a. an den Designschulen Eindhoven Design Academy, Royal College of Art in London, Domus in Mailand, University of Art and Design in Helsinki, Parsons in New York, University of Shanghai, Marhi in Moskau. Ihre Arbeiten waren in verschiedenen Design Museen und Ausstellungen vertreten. Sigga Heimis ist aktuell als Design-Managerin bei Fritz Hansen, Dänemark, tätig.

Florian Slotawa (DE)

In einem bewussten Versuch, der überfliessenden Welt der Dinge keine Weiteren mehr hinzuzufügen, benutzt der Berliner Künstler Florian Slotawa (*1972) Objekte und Räume des Alltags, um temporäre skulpturale Assemblagen und Installationen herzustellen. Slotawas Arbeiten laden zur Diskussion über die Kontexte institutionellen Ausstellens, die Grenzen zwischen privaten und öffentlichen Räumen, oder über die Vorstellung von künstlerischen Werten ein.  Slotawas Arbeiten waren in den vergangenen Jahren in verschiedenen Solo- und Gruppenausstellungen zu sehen, etwa im P.S.1, MOMA in New York, der Sies & Höke Galerie in Düsseldorf oder Modern Art in London. Florian Slotawa lehrt ausserdem als Professor an der Berliner Universität der Künste.

Symposium It`s Not a Garden Table 20.-21. November 2009

Das Symposium geht Veränderungen des Werkbegriffes in den Feldern Kunst und Design nach. Im Design bestimmt zunehmend der Betrachter anstelle des Benutzers die Eigenschaften des Artefakts. Die Erscheinung etwa von Möbeln erzählt vielmehr über die Entstehung assoziativer Bildwelten als über die Benutzung des betreffenden Objekts. Im Kunstkontext ist hingegen eine Benutzung von Möbeln längst möglich geworden. Nachdem in den 90er Jahren einige Künstler wie Jorge Pardo tatsächlich funktionierende und benutzbare Möbel produzierten, scheinen aktuelle künstlerische Positionen wie Martin Boyce weniger an tatsächlicher Funktionalität, sondern eher an der visuellen Option einer möglichen Nutzung interessiert. Das Symposium setzte sich mit wechselseitigen Einflüssen aus zeitgenössischem Design- und Kunstkontext sowie philosophischen und soziologischen Konsequenzen auseinander.

Please download all abstracts of the lectures (PDF)

Frédéric Dedelley, Max Borka und Martin Boyce auf dem Podium des Symposiums

Frédéric Dedelley, Max Borka und Martin Boyce auf dem Podium des Symposiums

Abendvortrag am 20. November 2009 in der ETH, Universitätstrasse 6, 8006 Zürich, im Hörsaal CAB G 11

17.00 Alexander García Düttmann, London

An Kunst teilnehmen: Schein und Bewusstsein

Die Teilnahme an Kunst bedarf sowohl des Bewusstseins, dass es sicheben um Kunst handelt – um ein Gemachtes – als auch des Scheins, Kunst sei mehr als ein Gemachtes. Wie kann man den Schein der Kunst erfahren und dabei ihren Kunstcharakter nicht vergessen? Vielleicht ist Design ein Versuch, sich dem zweckmässigen Gegenstand der Kunst anzunähern, indem der Schein erweckt wird, ein Stuhl sei mehr als ein Stuhl. Doch handelt es sich in beiden Fällen um den gleichen Schein? Der Vortrag findet in der ETH, Universitätstrasse 6, im Hörsaal CAB G 11 statt. Eintritt frei.

Podcast anhören (Quicktime)

Anschliessend: Eröffnung der Ausstellung A Stay Between Enclosure and Space von Tatiana Trouvé im migros museum für gegenwartskunst, Zürich.

Symposium 21. November 2009 im migros museum für gegenwartskunst, Limmatstrasse 270, 8005 Zürich Lageplan

10.30

Begrüssung: Heike Munder, Direktorin migros museum für gegenwartskunst

Einführung: Burkhard Meltzer, Tido von Oppeln, Forschungsprojekt ith, ZHdK

11.00

Ronald Jones, Stockholm

Gleichlauf des Verstands oder die Gestaltung von Toastern (in englischer Sprache)

Kreative Disziplinen erleben in der jüngsten Geschichte einenParadigmenwechsel, in dem sich Entwurfsaufgaben in Richtung immaterieller Waren und Konzepte verändern.

Podcast anhören (Quicktime)

12.00 Jennifer Allen, Berlin

Sitz- und andere Möglichkeiten in Kunst und Design
Zwei Bewegungen der Neunziger Jahre – „Esthétique Relationnelle“ und „Cross-Overs“ – haben Kunst und Design näher als zuvor zusammengebracht. Anhand verschiedener Beispiele – Carsten Höllers Double Club, Atelier van Lieshouts Parasiten, Bojan Sarcevics Baumeister-Kollagen – untersucht Allen, wie diese Bewegungen den Werkbegriff der Kunst verändert haben.

Podcast anhören (Quicktime)

13.00 Mittagspause (Essen in der Werkstatt des migros museum für gegenwartskunst – nicht im Eintrittspreis inbegriffen.)

14.00 Lars Frers, Oslo

Design und soziale Kontrolle. Möbel in sozialräumlichen Konstellationen
Frers beschäftigt sich aus soziologischer Perspektive mit der Rolle von Design – unter anderem von Möbeln – im lebensweltlichen Wahrnehmen und Handeln.

Podcast anhören (Quicktime)

15.00 Burkhard Meltzer und Tido von Oppeln, Zürich

Das Werk des Designs und die Lebenswelt der Kunst Das Projekt „Prototyp“ hat zeitgenössische Design- und Kunstpositionen ausgewählt und im Rahmen einer Interviewreise Autoren aus beiden Feldern zu ihren Strategien und Arbeitweisen befragt. Die Ergebnisse des Forschungsteams zeigen einen neu entstandenen Werkbegriff des Designs ebenso auf wie den Umgang mit Lebenswelt in der Kunst.

Podcast anhören (Quicktime)

15.45 Kaffeepause

16.15 Judith Welter, Zürich

Imaginäre und reale Räume – die Funktion von Möbeln in Arbeiten aus der Sammlung des migros museum für gegenwartskunst

Podcast anhören (Quicktime)

17.00 Heike Munder im Gespräch mit Tatiana Trouvé

Innen- und Aussenräume (in englischer Sprache)

Podcast anhören (Quicktime)

17.45 Kaffeepause

18.15 Einführung und Moderation: Max Borka, Brüssel

Ist der Werkbegriff der Kunst ein Experimentierfeld des Designs? Paneldiskussion mit Martin Boyce, Glasgow und Frédéric Dedelley, Zürich (in englischer Sprache)

Podcast anhören (Quicktime)

ReferentInnen

Prof. Dr. Alexander García Düttmann ist Professor für Philosophie und Visuelle Kultur am Goldsmiths College, London. Er forscht im Moment zum Konzept der Teilnahme an Kunst. Wichtige Veröffentlichungen: Das Gedächtnis des Denkens. Versuch über Heidegger und Adorno, Frankfurt am Main 1991; Kunstende, Frankfurt am Main 2000; Der Schein, in: Inaesthetik Nr. 0, Zürich 2008. Prof. Dr. Ronald Jones ist Künstler, Design- und Kunstkritiker sowie Professor für interdisziplinäre Studien am Konstfack University College of Arts, Crafts and Design in Stockholm, Schweden. Er leitet dort das Institut für Experience Design und forscht unter anderem zum interdisziplinären Austausch von Konzepten zwischen Design und Kunst. Jones schreibt regelmässig für artforum, frieze, Parkett und ID Magazine.

Dr. Jennifer Allen lebt in Berlin, wo sie seit 1999 als freischaffende Kunstkritikerin arbeitet. Ihre Texte sind in zahlreichen Zeitschriften erschienen: Parkett, Domus, Artforum, Afterall, Les temps modernes, u.a. Dr. Allen schreibt eine regelmässige Sparte/Kolumne für frieze magazine, Mousse und artforum.com.

Dr. Lars Frers forscht im Moment im Rahmen des „Routes“-Projektes an der Oslo School of Architecture and Design. Wichtige Veröffentlichungen: Pacification by Design – An Ethnography of Normalization Techniques, in: Berking, Frank, Frers, Löw, Meier, Steets and Stoetzer (ed.) Negotiating Urban Conflicts – Interaction, Space and Control, Bielefeld, 2006.

Heike Munder ist seit Ende 2001 Direktorin und Kuratorin des migros museum für gegenwartskunst in Zürich. Davor hat sie die Halle für Kunst Lüneburg e. V. mitgegründet, deren Co-Direktorin sie 1995–2001 war. Seit 2000 verschiedene Lehraufträge an der Universität Lüneburg, Goldsmiths College London, Universität Bern und an der Zürcher Hochschule der Künste.

Judith Welter studierte Kunstgeschichte, spanische Literaturwissenschaften und Religionswissenschaften an der Universität Bern und betreut seit 2005 die Sammlung des migros museum für gegenwartskunst in Zürich.

Tatiana Trouvé ist als Künstlerin mit Raum- und Möbelkonstruktionen sowie architektonischen Eingriffen bekannt geworden. 2007 wurde sie mit dem Prix Marcel Duchamp ausgezeichnet und 2008 mit einer Ausstellung im Centre Pompidou geehrt.

Max Borka arbeitete zwei Jahrzehnte als Journalist für Politik und Kultur wurde dann Direktor der Stiftung „Interieur“ in Kortrijik und organisierte als künstlerischer Leiter erstmals 2005 die Interieur Biennale der „design brussels“. Er ist Autor und Kurator und arbeitet zu Kunst, Design und Architektur. Er lehrt an der Ghent Academy KASK. Aktuelle Publikationen: New Talents, Stand der Dinge, Hansjerg Maier-Aichen (Hrsg.), 2009 und Null, Nieuwe German Gestaltung, kerber artbooks, 2009.

Martin Boyce verweist in seinen raumgreifenden Installationen auf Entwürfe der Moderne, die kritisch mit gesellschaftlichen und ästhetischen Aspekten von Design und Architektur umgehen. In diesem Jahr vertrat Martin Boyce Schottland auf der Biennale in Venedig. Er lebt und arbeitet in Glasgow.

Frédéric Dedelley ist 1964 geboren. Er absolvierte eine Ausbildung als Produktdesigner an der ECAL, Lausanne und am Art Center College of Design (Europe), La Tour-de-Peilz. Seit 1995 betreibt er ein eigenes Atelier für Produkt- und Raumgestaltung in Zürich. Von 2001 bis 2008 war er Professor an der FHNW|HGK Basel, Institut für Innenarchitektur und Szenografie. Seit Herbst 2009 ist er Koordinator der Studienrichtung Objektdesign an der Hochschule Luzern.

Der Titel des Symposiums „It´s not a garden table“ bezieht sich auf eine Arbeit aus dem Jahr 2006 von Xabier Salaberria, San Sebastian, Spanien