Es ist kurz vor Weihnachten und die Produkte gehen weg wie warme Semmeln. Das Datum für die Präsentation und den Verkauf der «Produkte fürs Toni» könnte nicht besser gewählt sein. Aus dem breiten Rand des Stammtischs in der Eingangshalle ist ein Tresen geworden, auf dem von Studentenhand gefertigte Produkte verkauft werden, die einen Bezug zum Toni-Areal haben. Die Macherinnen der Produkte stehen hinter dem Tresen – die BAE´ler, wie die Studierenden in Vermittlung von Kunst und Design im BA-Studiengang Art Education genannt werden. Dass es an diesem Dezembertag zugig ist, stört keinen: Der Ansturm ist gross, Dozierende (ZHdK & ZHAW), Studis und externe Besucher sind gleichermassen vertreten. «Definitiv ein Vorzug der neuen Location, die Lage des Stammtischs ist einmalig, wir mussten nicht einmal Werbung machen», stellt Studentin Carmen fest.

Als die BAE´ler ihre Aufgabe erhalten, entschliessen sie sich erst einmal zu einer Umfrage: «Welche Bedürfnisse herrschen hier am Campus Toni überhaupt vor?» Die Ergebnisse der Erhebung sind eindeutig: Es mangelt den Bewohnern des Toni-Areals an Gemütlichkeit, an Orten der Stille, an Ruheräumen, an Rückzugsinseln und an Pflanzen. Die Bewohner des Tonis finden es kalt, sowohl was die Temperatur als auch die Atmosphäre betrifft, zudem finden sie es trist und farblos.

Darauf antworten die Studierenden mit ihren Produkten, die für Wärme und Entspannung sorgen: Im Verkauf finden sich Kuscheltiere, eine Hängematte, bepflanzte Blumentöpfe oder eine faltbare Decke, die auch als Kissen oder Cape genutzt werden kann. Das Paket «Hero im Toni» besteht aus einer Tasse, einer Auswahl an acht Teesorten, welche den unterschiedlichen Bedürfnisse und Temperamenten der Studierenden auf den acht Ebenen des Gebäudes entspricht, sowie einer Decke, die am Arbeitsplatz wärmt und in den Pausen als Schal dient. Hier ist der Titel Programm, denn eigentlich haben die Studierenden ihr eigenes Thema, ihr studiengangsübergreifendes Heimweh nach der Herostrassen-Wärme, bestätigt gefunden: in dem in der Allgemeinheit vorherrschenden Eindruck von Kälte am Toni.

Wessen Zuständigkeit ist es denn überhaupt, Gemütlichkeit im Toni zu schaffen? Die der Studierenden, des Rektorats, der Dozierenden? Selina: «Es ist schon an den Studierenden, etwas zu unternehmen. Die Architekten haben das Gebäude ja extra so leer und klar geplant, damit Raum entsteht, in dem etwas passieren kann. Nur ist unser Studium so streng strukturiert – da ist einfach wenig Zeit und Kapazität für solche Engagements … Momentan versuche ich ja schon, eine Pop-Up-Galerie aufzubauen.» Marea fügt hinzu: «Ich glaube zudem, dass die Studis auch Respekt haben und sich nicht trauen, weil sie nicht wissen, ob sie ‹machen› dürfen.»

In den Einzel- oder Doppelgesprächen mit den Studierenden schält sich sehr deutlich heraus, inwiefern ihnen ihre alten Atelierräume in der Herostrasse fehlen. Seit sie im Toni sind, ziehen sie – je nach Projekt – in verschiedenen Werkstätten und Räumen umher. «Früher hatten wir neben unseren Ateliers eine Küche mit zwei Sofas, das hat schon etwas ausgemacht. Es war klar, dass man dort gemeinsam eine Stunde Mittag macht, sich austauscht, herumhängt. Man war auch sofort mit den anderen Semestern bekannt, hat sich mit ihnen angefreundet, voneinander gelernt. Heute bekommen wir ja nicht einmal mehr mit, wer die Neuen sind und wie sie aussehen. Das liegt daran, dass wir – lokal gesehen – keinen zentralen Raum mehr haben.» Carmen schiebt hinterher: «Ja, ich wünsche mir definitiv die Herostrasse zurück.» Und Alina stimmt ebenfalls ein: «Man hat sich einfach leichter gefunden …»

Dass sie keinen gemeinsamen Ort mehr haben, überträgt sich auf die alltäglichen Rituale. Louisa: «Beim Mittagessen hudelt man, dann geht’s schnell zurück, um weiterzuschaffen … Ein stiller Ort wäre toll.» Selina, die sich auch beim SturZ engangiert und gut informiert ist, ist der festen Überzeugung, dass sich alles erst einmal einpendeln muss, «so wie das Heiz- und Lüftungssystem der Schule auch». Und ein Jahr, stellt sie fest, kann das schon einmal dauern. Des einen Leid ist des anderen Freud´: Bis es sich die BAE´ler gemütlich gemacht haben, profitieren die restlichen Toni-Bewohner schon einmal von der Nachbarschaft zu ihnen, die mit ihren Produkten den Winter so viel erträglicher machen.

 

Carmens hat sich von der herrschenden Ungemütlichkeit nicht beeindrucken lassen und die Ökologie in den Vordergrund gerückt: sie hat Glasflaschen mit Bügelverschluss produziert, die das «Toni-Wasser» aus dem Hahn aufwerten.

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Im Übrigen ist bei allen Studierenden die Nachfrage auf die Produkte grösser gewesen als das Angebot. «Die Liste der Nachbestellungen ist lang und wir werden noch eine Weile beschäftigt sein», so das Unisono. Wer Interesse am Erwerb eines Produktes hat, melde sich bei der Redaktion und bekommt den Kontakt.