Zwei Disziplinen teilen sich die Ostseite des 7. Stockwerks im Toni-Areal. Einerseits haben dort die Studierenden des Masterstudiengangs Transdisziplinarität (DKV) ihr Atelier, andererseits sind dort die Tänzerinnen und Tänzer angesiedelt. Manche von ihnen gehören dem Bachelorstudiengang Contemporary Dance an; die anderen, ca. 100 Tänzerinnen und Tänzer aus der ganzen Welt zwischen 11 und 19 Jahren, sind Schüler und Studierende der taZ Tanz Akademie Zürich, an der klassisch-akademischer Tanz gelehrt wird. Ein Gespräch mit einer Tänzerin (18) der taZ über ihr Leben am Campus Toni.
Wie es für Dich, am Toni zu sein?
Wir waren früher am Mediacampus in Altstetten. Dort war unsere Gesamtfläche sehr viel kleiner, die Studios selbst jedoch waren grösser und in ihrem Aufbau besser überlegt. Von mir aus hätten wir nicht umziehen müssen.
Inwiefern «besser überlegt»?
Wenn wir hier am Toni-Areal etwas in der Garderobe vergessen, dann müssen wir den langen Gang hinunterrennen, um es zu holen. Der Campus ist sehr gross. Sehr kalt. Vielleicht verändern sich die Temperaturen auch noch, wir sind ja gerade einmal ein Jahr hier. Die Studios sind insofern nicht so gut geplant als die Flügel keinen Platz haben. Die Studios sind einfach kleiner. Leider. Wir haben zwar eine sehr schöne Aussicht, aber davon haben wir nicht viel. Ich werde demnächst mein Studium abschliessen, und es war schön, für ein Jahr hier am Toni gewesen zu sein, aber ich bin froh, dass ich nicht meine ganze Ausbildung hier verbracht habe.
Man sieht Euch Tänzerinnen und Tänzer oft in Grüppchen, Ihr wirkt vertraut und familiär im Umgang untereinander.
Ja, definitiv, und das geht am Toni ein bisschen verloren. Unsere Umkleide am Mediacampus war gleichsam unser Wohnzimmer – wir hatten Tisch und Stühle. Hier gibt es nur Kästen, die total unpraktisch sind. Wir haben überhaupt keinen Platz in der Garderobe. Und es gibt eine Massendusche, die niemand gern benutzt, weil man einfach nicht gern duscht, wenn alle anderen zuschauen. Das Klo ist 20 Meter entfernt. Insgesamt laufen wir viel mehr als früher. Andererseits ist das gut für unsere Kondition.
Wie empfindet Ihr die Versorgungslage?
Es ist natürlich gut, dass wir all diese Cafés und die Mensa haben und damit einen Ort, wo wir uns setzen können, wenn wir einmal Zeit haben. Die Tage sind recht streng getaktet bei uns. Wir können dort dann eine Kleinigkeit essen … Die Mensa ist zu Stosszeiten zu klein – und es passiert häufig, dass wir erst Pause machen können, wenn die Mensa bereits geschlossen oder das Essen schon weg ist.
Gibt es noch etwas, das Du dem Leben am Campus Toni abgewinnen kannst?
Die Dachterrasse! Und ich finde die Idee, dass wir alle unter einem Dach sind, gut. Dennoch haben wir mit den anderen Studiengängen nichts zu tun – manchmal bekommen wir etwas von den Bachelorstudierenden für modernen Tanz mit, die mit uns auf derselben Etage sind. Das Gebäude ist riesig und die Planung war sicherlich nicht ganz einfach, aber es ist einfach nicht genügend da, damit sich die Leute durchmischen. Insgesamt finde ich es nicht so unglaublich angenehm am Toni, das ist meine persönliche Meinung.
Was meinst Du mit «nicht genügend da»?
Events, oder irgendetwas, das es erleichtert, die anderen zu treffen oder zu sehen, was sie tun. Wir haben doch diese verglaste Fensterfront in unserem grossen Ballettstudio. Sie ist dazu gedacht, dass uns die Leute zuschauen können, aber wir fühlen uns wie Tiere im Zoo. Und leider bleibt uns keine Zeit, um einmal zu gucken, was die anderen eigentlich machen, z.B. die Kunst-Studierenden, die Musiker … Ich habe sogar Freunde, die an der ZHdK Musik studieren. Obwohl wir in demselben Gebäude studieren, kreuzen sich unsere Wege nie! Aber vielleicht hat das auch damit zu tun, dass wir erst seit einem knappen Jahr hier sind.
Inzwischen ist der Vorhang zum grossen Ballettstudio stets zugezogen, wenn Ihr Unterricht habt …
…damit wir uns besser konzentrieren können. Bei uns Grösseren ist nicht so ein Problem wie bei den jüngeren Tanzschülern. Die lassen sich leichter ablenken und sind neugierig, was draussen vor dem Fenster passiert. Bei den anderen Studios sind lediglich die Türen aus Glas. Das ist es einerseits super, weil niemand mehr in ein besetztes Studio hineinplatzt. Zudem lassen sie den Raum grösser wirken. Ich habe nichts gegen die Glastüren, aber ich empfinde es als störend, wenn ich im Studio bin und ständig Leute vorbeirennen, weil ich dann etwas im Augenwinkel flimmern sehe. Manche Leute schauen von Weitem zu – andere haben Kinder dabei, die an die Scheibe klopfen und nicht sehr respektvoll mit der Situation umgehen. Auch von der Dachterrasse kann man in eines der Studios hineinblicken: das ist angenehmer, weil wir die Beobachter dort oben nicht so stark wahrnehmen. Manche sitzen eine ganze Stunde dort und beobachten uns.
Eure Schuhe erzeugen ein einzigartiges Geräusch auf den Fluren des Gebäudes, das nur Ihr so hinbekommt.
Das sind unsere Warm-Up-Boots. Es ist, als trage man eine Daunenjacke an den Füssen. Sie halten die Füsse warm und sind sehr praktisch, weil sie sich über die Spitzenschuhe anziehen lassen und diese vor Dreck schützen. Sie werden auch in den Theatern getragen, weil es dort oft kalt ist. Es gibt sie in allen Farben. Früher am Mediacampus hat man sie nicht gehört, aber hier am Toni sind sie
so laut, dass manche sogar aufgehört haben, sie zu tragen.
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Zudem reagiert dieser Beitrag auf Punkt 50 der Liste der ungeschriebenen Beiträge von Kathrin Passig, in dem sie feststellt, dass sie mit nur einer Person aus dem Departement Tanz gesprochen hat.