Mitte der 1990er Jahre wird in dem einflussreichen Buch The New Production of Knowledge darauf hingewiesen, wie sehr sich die Wissensproduktion in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch technologische und gesellschaftliche Entwicklungen massgeblich verändert hat (Gibbons et al. 1994). Die AutorInnen beschreiben die traditionell akademische Wissensproduktion als Mode 1, die neu entstehende als Mode 2Mode 1 wird als am newtonschen naturwissenschaftlichen Ideal orientierte Wissensproduktion beschrieben, die nur innerhalb eines akademisch-institutionellen Rahmens produziert werden könne. Die Mode 2-Wissensproduktion hingegen erfolgt in einem konkreten Anwendungskontext, sie ist transdisziplinär, heterogen und weder auf eine bestimmte Lokalität noch auf eine bestimmte akademische Form ausgerichtet. Der Mode 2-Forschungsprozess ist temporär und entsteht dialogisch zwischen Forschungsakteuren und- subjekten. Gesellschaftliche Veränderungen wie Globalisierung und Kommerzialisierung der Forschung sowie die steigende Anzahl von Studierenden sind konkrete Forschungszusammenhänge, die die Mode 2-Wissensproduktion hervorgebracht haben. Gibbons et al. argumentieren, dass eine Beherrschung der Mode 2-Wissensproduktion nur auf derjenigen der Mode 1 basieren kann.
Mode 2 wurde in verschiedenen Fachbereichen heftig diskutiert und kritisiert. Hauptsächlich werden am Konzept des Mode 2 kritisiert, dass es zu pauschalisierend sei und einen Appell an eine höhere Wahrheit romantisiere. Die Kritik stammt insbesondere von AkademikerInnen in traditionellen und in der Gesellschaft fest verankerten Disziplinen. Lob lässt sich vor allem von Forschenden in berufsbezogenen Fächern, von neueren Universitäten und höheren Fachhochschulen, sowie solchen, die sich generell ausserhalb des akademischen Systems befinden, vernehmen (Nowotny 2003: 179). Gibbons et al. hat einen Folgeband mit dem Titel Re-thinking of Science veröffentlicht, in dem sie Stellung zur vielfach geäusserten Kritik am ersten Buch nehmen.
Gegenwärtig wird das Mode 2-Konzept häufig mit Transdisziplinarität gleichgesetzt, dessen Forschungserfolg seit den Nullerjahren, vor allem in den Natur- und Sozialwissenschaften einen zentraleren Stellenwert einnimmt.
Im Diskurs zwischen den Künsten wird das Mode 2-Konzept vor allem im Design und der Architekturforschung für die Darstellung der eigenen Wissensproduktion verwendet (Marais 2011; Dunin-Woyseth 2010). Helga Nowotny, eine der AutorInnen von Mode 2, ist gegenwärtig auf die Forschung in den Künsten konzentriert und konstatiert einen neuen Trend in «practice-based research in and through the arts» (Nowotny 2010: xvii). Nowotny intendiert eine Institutionalisierung der Künstlerischen Forschung an Universitäten und Fachhochschulen und setzt sich damit für eine Förderung der Mode 2-Wissensproduktion in der Kunstausbildung ein.

 

Literatur

Dunin-Woyseth, Halina: Some Notes on Mode 1 and Mode 2: Adversaries or Dialogue Partners? In: Michael Biggs, Henrik Karlsson (Hg.): The Routledge Companion to Research in the Arts. 2010, S. 64-81.

Gibbons, Michael; Limoges, Camille; Nowotny, Helga; Schwarzman, Simon; Scott, Peter; Trow, Martin: The New Production of Knowledge: The Dynamics of Science and Research in Contemporary Societies. London 1994.

Mareis, Claudia: Design als Wissenskultur. Interferenzen zwischen Design- und Wissensdiskursen seit 1960. Bielefeld 2011.

Nowotny, Helga; Scott, Peter; Gibbons, Michael: “Mode 2” revisited. In: Minerva, Vol. 41, 2003, S. 179-194.

Nowotny, Helga; Scott, Peter; Gibbons, Michael: Re-thinking Science: Knowledge and the Public in an Age of Uncertainty. Cambridge 2001.

Nowotny, Helga: Foreword. In: Biggs, Michael; Karlsson, Henrik (Hg.): The Routledge Companion to Research in the Arts. New York 2010.

(vr)

 


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