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«Während [im 19. Jahrhundert] die karnevalistischen Aspekte künstlerischen Handelns in den für ‹seriös› erachteten künstlerischen Darbietungen des bürgerlichen Musiklebens weitgehend verloren gehen, werden sie zu Charaktermerkmalen des Virtuosen. Maskerade, Travestie, Erotisierung, Verführung des Publikums, die Vorstellung vom lebendigen Tod, selbst der karnevalstypische ‹umgekehrte Gebrauch von Sachen› und auch das subversive Lachen gehören zum Bild des Virtuosen und der Virtuosität. Frauen aber haben nichts zu lachen. Da sie für die illusionären Wahrheiten bürgerlicher Ästhetik einstehen müssen – auch für die ‹Wahrheit des Geschlechts› – erscheint virtuose Travestie in ihrem Fall anrüchig. Der Virtuose des 19. Jahrhunderts ist – zumindest biologisch – männlich. […] Die Lektüre von Musen-Almanachen des späten 18. Jahrhunderts, einer Literaturart, die vor allem an eine weibliche Leserschaft gerichtet war, verrät jedoch, dass die ‹authentische Weiblichkeit›, die Frauen zu verkörpern hatten, ihrerseits Maskerade war. Dabei entspricht es möglicherweise nicht allein der Idee bürgerlicher Innerlichkeit, sondern mag auch als Schmeichelei zu verstehen sein, die den Leserinnen die ihnen zugedachte Rolle schmackhaft machen soll, wenn sich – ganz im Gegensatz zum Verständnis des 19. Jahrhunderts – die besondere Qualität der Virtuosität gerade unter Ausschluss der Öffentlichkeit erweist.»
Cornelia Bartsch: Virtuosität und Travestie. Frauen als Virtuosinnen, in: Heinz von Loesch, Ulrich Mahlert, Peter Rummenhöller (Hg.): Musikalische Virtuosität, Mainz 2004, S. 85 f.
Text vorgeschlagen von Ricardo Eizirik, Unterrichtsassistent Master Composition and Theory, DMU.
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