In der Mensa ist es wie im Inneren eines grossen Pfefferminzkonfekts.
Wenn man genauer hinsieht, handelt es sich nicht um Minzkonfekt und auch nicht um lauter kleine dreieckige Fliesen, sondern um etwas anderes:
Es sind Zementfliesen. Zementfliesen erfreuen sich seit ein paar Jahren wieder grosser Beliebtheit, so wie vorher schon mal im neunzehnten Jahrhundert. Warum sie trotz ihrer Schönheit zwischendrin hundert Jahre aus der Mode gekommen sind, weiss ich nicht. Vielleicht lag es daran, dass sich Zementfliesen schneller abnutzen als Steinzeugfliesen und nicht säurefest sind. Also Vorsicht beim Hantieren mit dem Essig!
Zementfliesen werden nach wie vor in Handarbeit hergestellt. Nicht in der Schweiz natürlich, das wäre zu teuer, aber in Spanien, Portugal und Nordafrika. In diesem Video sieht man ziemlich genau, wie es geht, und hier, wie die Praxis aussieht, und wie lange es dauert, bis eine einzelne Zementfliese fertig ist.
Für Videoanschaufaule: Man braucht eine glatte und leicht geölte Platte, eine Art quadratische Kuchenform und einen metallenen Farbtrennrahmen, der die einzelnen Farbfelder voneinander trennt. Zuerst tropft man eine Paste aus Weisszement, Marmormehl und Farbpigmenten einige Millimeter hoch in die einzelnen Sektionen. Das ist die Farbschicht. Für eine Mensafliese sind sechzehn weisse und sechzehn grüne Dreiecke zu füllen. Dann wird der Farbtrennrahmen mit einer schnellen Bewegung herausgezogen, das Muster bleibt stehen. Darauf kommen einige Millimeter trockenes Mörtelpulver, das seine Feuchtigkeit aus der Farbschicht saugt, und zuletzt eine dritte Lage aus fast trockenem Mörtel. Mit einer hydraulischen Presse wird die Fliese verdichtet. Nach wenigen Sekunden ist sie fest und lässt sich aus dem Rahmen entnehmen. Jetzt muss sie nur noch einige Wochen aushärten.
Eigentlich ist an diesem Produktionsprozess nichts, was sich nicht automatisieren liesse. Es gibt automatische Melkanlagen, automatische Restaurants (mit Ramen-Suppenrobotern und Cocktailrobotern), und sogar die Streifen werden nicht von Hand in die Zahncreme gemacht. Eines Tages wird jemand ein Verfahren zur Herstellung von Zementfliesen entwickeln, vielleicht sogar mit einer Schnittstelle zum Hochladen eigener Fliesenmuster. Und dann wird die Welt derartig von oben bis unten zementgefliest werden, dass die Menschen in die ZHdK strömen werden, um wenigstens ab und zu ihre Augen auf ein paar Quadratmetern schlichtem grauem Beton auszuruhen.