15.– 17. Mai 2018
Performative Installation in der Kaskadenhalle, jeweils von 12h-15h wird die Künstlerin anwesend sein.
Eine Arbeit von Ronja Römmelt.
Open Call Studierende
DDK, BA Dramaturgie
Körper, Zeichen, Textur oder: culture is grounded in the human body!
Die zweiteilige Arbeit Körper, Zeichen, Textur oder: culture is grounded in the human body! nimmt im Rahmen des Revisiting Black Mountain eine Anschauung unseres heutigen Hochschuluniversums vor: Wer sind wir – in dieser spezifischen Konstellation von Menschen an diesem Ort im Moment der Aufführung und im hier und jetzt?
Die performative Installation (Kaskadenhalle, Toni-Areal) lädt die Besucher ein, zu sehen und gesehen zu werden, das heisst die Präsenz der Körper zu beobachten und den eigenen Körper Teil der Szenerie werden zu lassen.
Der zweite Teil der Arbeit ist eine Aufführung, die im Rahmen des Revisiting Black Mountain spezifisch für das Toni-Areal und die dort tätigen Personen entwickelt ist. Beide Teilarbeiten lassen sowohl die semiotische als auch die phänomenale Betrachtungsweise des Körpers erfahrbar werden.
Körper, Zeichen, Textur oder: culture is grounded in the human body! eine performative Installation von Ronja Römmelt, 2017, Fotografie: Dominik Zietlow
Körper, Zeichen, Textur oder: culture is grounded in the human body!
„Eine der Dinge, die die Leute jetzt sagen ist: ich wünschte es gäbe einen schwarzen Berg in der Nähe,“[1] oder zumindest ein paar grüne Pflanzen. „Es war nichts vorhanden und es gab die Gelegenheit, etwas Neues aufzubauen,“ in der ehemaligen Toni Molkerei, die im Jahr 2006 zu einer Kunsthochschule umgebaut wurde. „Am selben Tag, als im Herbst 1940 das College öffnete, stieg eine Gruppe Studenten und Lehrer in ihre Autos und einen der Lastwagen und fuhr hinüber nach Lake Eden, um mit den Arbeiten zu beginnen,“ wir betraten die Hochschule als sie fertig gebaut wurde und zum Eröffnungsapéro einlud. „Das College ohne Schlösser und Schlüssel, ohne Vorbedingungen und Verwaltungsvorschriften war… wie eine offene Schale im Universum,“ die einem nur mit gültigem ZHdK Ausweis Zutritt ermöglicht und auch dann nur zu bestimmten Räumlichkeiten. „Wir alle hier sind erschöpft und sehnen uns zutiefst nach Black Mountain (..),“ doch was ist Inhalt dieser Sehnsucht? „Heute sagen die Leute: Es wäre schön, irgendwo ein Black Mountain zu haben, Sie verstehen nicht, dass man es so nur damals haben konnte, dass es nicht wiederholbar ist, weil es sich aus einer bestimmten Konstellation von Leuten an einem bestimmten Ort ergab,“ in einem kleinen Ort in Amerika, im zweiten Drittel des letzten Jahrhunderts. Wer die Menschen am Black Mountain waren, wollen wir an der ZHdK heute wissen und thematisieren davon ausgehend die Zukunft der Lehre!
„Eine Atmosphäre der Unabhängigkeit und Verantwortung lag der gesamten Idee zugrunde,“ was liegt unserer Idee von Kultur zu Grunde? Wer sind wir? Welche bestimmte Konstellation von Menschen an diesem bestimmten Ort? – um über die Zukunft der Lehre nachzudenken.
Die zweiteilige Arbeit Körper, Zeichen, Textur oder: culture is grounded in the human body! nimmt im Rahmen des Re-visiting Black Mountain eine Anschauung unseres heutigen Hochschuluniversums vor: Wer sind wir – in dieser Konstellation von Menschen, an diesem Ort, hier und jetzt?
Die performative Installation (Kaskadenhalle, Toni Areal) lädt den Besucher ein, zu sehen und gesehen zu werden, das heißt die Präsenz der Körper zu beobachten und den eigenen Körper Teil der Szenerie werden zu lassen. Dieser Dualismus im Erlebnis des Besuchers bildet zwei Konzepte ab, die sich dem Begriff Körper auf unterschiedliche Weise nähern: die semiotische und die phänomenale Betrachtung des Körpers. Während der semiotische Körper für den Körper als Bedeutungsträger steht, steht der phänomenale Körper für die leibliche Präsenz. Um die strikte Konzentration auf den Körper zu ermöglichen, entscheidet sich die performative Installation zu einem radikalen Schnitt: Sie beschneidet den Blickwinkel des Besuchers und erlaubt ausschließlich das Betrachten des Körpers – ohne Kopf. Zu diesem Zweck werden zwei Wände t-förmig von oben in die Kaskadenhalle eingebracht, die mit einem Abstand von 1,70 Metern vom Boden enden. Die Wände beeinflussen nicht nur die Blickwinkel, sondern auch die Laufwege. Ein Durchqueren der Halle ist nur rechts oder links der längs eingelassenen Wand möglich, wobei auch die Durchsicht und der Durchgang zur aufsteigenden Treppe am Ende der Halle durch eine weitere frontal angebrachte Wand beschränkt sind. Während der Zeitdauer des Durchquerens der Halle rechts oder links der Wand ergeben sich sowohl seitlich als auch frontal sichtbare Körper-konstellationen. In der performativen Installation wird der Besucher mit einer zufälligen Anzahl von Körpern konfrontiert – einschließlich des eigenen – und aufgefordert, sich mit deren Signalen auseinanderzusetzen. Der semiotische Körper wird in der zweiteiligen Arbeit Körper, Zeichen, Textur oder: culture is grounded in the human body! als Darstellungsmittel der – bewussten oder unbewussten – eigenen Inszenierung verstanden. Diese zeigen sich zum einen an äußerlichen Merkmalen wie zum Beispiel an Körperformen und Haltung, an Kleidung, Make-up oder Frisur. Zum anderen werden sie in der sozialen Zeichenhaftigkeit des Körpers sichtbar, zum Beispiel in Form von Gewohnheiten, Bewegungskompetenzen, Selbstdeutungen, Empfindungsweisen oder Wahrnehmungsstilen.
Der zweite Teil der Arbeit ist eine Aufführung, die im Rahmen des Re-visiting Black Mountain spezifisch für das Toni Areal und die dort anwesende Konstellation von Menschen entwickelt wird. Beide Teilarbeiten lassen sowohl die semiotische als auch die phänomenale Betrachtungsweise des Körpers erfahrbar werden. In der Aufführung Körper, Zeichen, Textur oder: culture is grounded in the human body! wird erfahrbar, dass der Körper nicht nur als Objekt oder Ursprungsort und Medium von Symbolbildungsprozessen wahrzunehmen ist, nicht nur als Oberfläche für und als Produkt von kulturellen Einschreibungen, sondern auch vor allem als leibliches In der Welt Sein. Denn Körper und Leib sind Voraussetzung für unseren Selbst- und Weltbezug: «jeglicher menschliche Zugriff auf die Welt erfolgt mit dem Körper, kann nur als ein verkörperter erfolgen.» Das leibliche In-der-Welt-Sein des Menschen ist Bedingung für die Möglichkeit, dass der Körper als Objekt, Thema, Quelle von Symbolbildung, Produkt kultureller Einschreibungen u.ä. untersucht werden kann. In diesem Sinne ist der phänomenale Leib, das leibliche In-der-Welt-Sein des Menschen Bedingung der Möglichkeit jeglicher kulturellen Produktion und Voraussetzung jegliches kognitiven Verstehens mit welchem man überhaupt über Kultur nachdenken kann.
Auf diese Weise nimmt die zweiteilige Arbeit als Grundbedingung um im Rahmen des Re-visiting Black Mountain über die Zukunft der Lehre nachdenken zu können eine Anschauung unseres heutigen Hochschuluniversums vor – Wer sind wir, hier und jetzt – in dieser bestimmten Konstellation von Menschen, an diesem Ort – einem alltäglichen Aufführungsort – den es vielleicht immer wieder neu zu bestimmen gilt? Denn wir allein sind in einer bestimmten Konstellation von Menschen, die Grundbedingung für den Prozess des gemeinsamen Hervorbringens von Ideen, Vorstellungen, Werten und Kultur an diesem bestimmten Ort.„Eine ehrliche Geschichte des Colleges würde eingestehen, dass es zu unterschiedlichen Zeiten, je nach Qualität, Philosophie, Geschmack und Beteiligung des jeweiligen Lehrkörpers, ein sehr unterschiedlicher Ort sein konnte.“[2] Und damals wie heute gilt: „Es blieb dir überlassen, wie viel oder wie wenig du dich einbringen wolltest.
Fussnoten
[1]Alle Zitate im folgenden Abschnitt sind von Protagonistinnen und Protagonisten des Black Mountain College. Sie wurden folgender Publikation entnommen: Blume, Eugen; Felix, Matilda; Knapstein, Gabriele; Nichols Catherine (2015) (Hrsg.): Black Mountain. Ein Interdisziplinäres Experiment, Spector Books.
[2]Alle Zitate im folgenden Abschnitt sind von Protagonistinnen und Protagonisten des Black Mountain College. Sie wurden folgender Publikation entnommen: Blume, Eugen; Felix, Matilda; Knapstein, Gabriele; Nichols Catherine (2015) (Hrsg.): Black Mountain. Ein Interdisziplinäres Experiment, Spector Books.