A: Ich finde einen interessanten Aspekt an dem neuen Gebäude, dass wirklich alle sich bemühen, so krasse Wälle hochzuziehen. Alles geht nur noch durch so zentralistische Ösen, und du kommst nirgends hin, wenn du nicht weisst, mit welchen Leuten du reden musst. Ich hab neulich einen Tag lang rumtelefoniert: Es ist wie im Bilderbuch, du wirst fünfmal im Kreis verwiesen, und die einen sagen, nein, du musst da hin, dann kommst du wieder zurück zum Anfang. Dann musst du dich an die Leute erinnern, mit denen du vorher schon mal zu tun hattest, dann geht’s. Du musst die Leute direkt mit Namen anrufen, dann kommst du an irgendwelches Zeug, weil sonst geht einfach gar nichts.
Ich hab grad schon gesagt, es klingt ein bisschen nach Sowjetunion …
A: Ja! Und ich muss die ganze Zeit an so Kafka-Situationen denken. Du hast immer irgendwas, Feuerschutz, Türen … Und ich versteh’s ja auch! Ich mein, wenn du dir vorstellst, der Hausdienst kriegt von fünftausend Leuten gleichzeitig irgendein Bedürfnis gemeldet …
B: Ich hab aber auch das Gefühl gehabt, die Leute sind dann auch froh, wenn sie mal auf diese Art helfen können, unter der Hand …
Du meinst, das ist von der anderen Seite genauso kompliziert?
A: Ja. Das kann echt sein. Ich hatte umgekehrt nämlich auch das Gefühl: Es gibt Leute, mit denen hatte ich vorher schon mal zu tun, und ich werd jetzt immer exklusiv von denen bedient. Es ist nicht so, dass ich’s verlangen würde, ich schreib schon Tickets …
B: Ja, oder die sind auch froh, wenn sie mit den gleichen Leuten wieder zu tun haben.
Wär jetzt eine interessante Frage, ob das einfach angenehmer ist, also auch für die offiziell Zuständigen, das so unter Menschen zu machen? Oder ob es nur rein technisch leichter ist, weil weniger Formulare mit drei Durchschlägen ausgefüllt werden müssen?
A: Ich glaub schon, es ist auch menschlich angenehmer.
Aber wenn das so schwer ist, an die Geräte ranzukommen, dann heisst das ja, es ist sinnvoll, sie für möglichst lang zu bunkern, wenn man sie mal hat, oder? Passiert das auch?
B: Keine Ahnung. Also ich glaube, das ist ein Problem vor allem mit den Räumen, dass die gebunkert werden. Wir haben eine Veranstaltung, wir wissen noch nicht, wo das stattfindet, dann bucht man vielleicht doch zwei, drei Räume, und am Ende sind halt zwei von den dreien nicht wieder freigegeben. Also das Bunkern, das Nichtwiederloslassen, falls doch noch dieser Fall eintritt, damit man den ganzen Aufwand nicht wieder von Neuem angehen muss.
Ich hab letzte Woche mit jemandem darüber geredet, dass das ja vielleicht sogar das Kunstschaffen befördert, wenn man vor so Hindernisse gestellt wird, um die man dann drumherumbasteln muss. Und dass es in dem Fall sinnvoll wäre, noch zehn absurde Regeln zusätzlich zu erlassen, die ganz offensichtlich absurd sind, aber umso strikter durchgesetzt werden.
A: Na-ja. Das ist so, wie wenn die Leute sagen: Ja, damals in der Sowjetunion wurde auch bessere Kunst produziert. Also wirklich.
Ich fand’s interessant, weil ich an der ETH auf Besuch war und dachte, ah ja, klar, die ZHdK versucht auf Augenhöhe zu kommen mit dieser wahnsinnig renommierten Aushänge-Uni der Schweiz. Und deshalb braucht’s auch dieses Gebäude, damit sich das räumlich manifestiert, dass man genauso wichtig ist. Aber bei der ETH hat sich das halt alles zu so einem totalen Alltag verschliffen. Ich weiss nicht, ob’s da am Anfang auch so harte Regeln gab, oder ob damals alles noch lockerer war. Aber das ist fast so eine Wohnzimmeratmosphäre dort. Es gibt Ecken, wo Leute übernachten in den harten Zeiten vor den Abgabeterminen …
Das ist übrigens einer meiner Favoriten im ganzen Haus, der Mann, der hier gerade durchläuft. Der leistet so viel wie zwanzig andere …
B: … so viel wie zwanzig Therapeuten!
A: Der macht alles möglich, wenn man ihn erwischt. Und er fragt genau nicht nach diesen ganzen Formalitäten …
Wie heisst der?
A: René Weber.
Kommentare von Kathrin Passig
In der Sowjetunion
Danke, Barbara, danke, Thomas! Ist beides im Beitrag korrigiert.
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