Es funktioniert nicht, dass du einen in der bildenden Kunst verankerten kreativen Prozess visuell vermittelst. Das klappt einfach nicht. Also dieser Entstehungsprozess, die Kreativität, die irgendwie da am Werk ist, das ist immer nur illustrativ, wenn du das schaffst, irgendwie darzustellen. Und es führt immer zu Missverständnissen. Und alles, was die Leute bei diesen ganzen Tagen der Offenen Tür hier sehen und was sie beeindruckt, ist Tanz und klassische Musik. Das sind genau die Sachen, wo du von einem Können eins zu eins sofort beeindruckt bist, wo du sofort die Attribute erkennst, und irgendwas erkennst, was du nicht kannst.
Ja, wobei die halt schon einfach sichtbarer sind. Beim Ballett oben haben sie dieses Riesenfenster – okay, in den letzten Wochen war da immer der Vorhang zu, aber im Prinzip ist es da – und ich könnte mir vorstellen, dass zum Beispiel das, was die Leute in der Scientific Visualization machen, denselben Effekt hätte, wenn man es sehen könnte. Aber die sind so versteckt, das findet irgendwo tief im Bauch des Gebäudes statt …
Das hat ja auch mit den klassischen Aufführungsformaten zu tun, die mit diesen Studiengängen einhergehen. Mit der Darbietung, in einem klassischen Konzertsaal, auf einer Tanzbühne. Dass die Aufführungsformate auch hier die Räume sehr stark beeinflusst haben. Dass es allein drei, vier Riesenkonzerträume sind.
Wobei die Musiker sagen, es sind zu wenige und sie sind zu klein.
Das mag sein, aber sie funktionieren auf dieser Aussenwirkungsebene. Ich stand neulich selber am Abend mal draussen vor dem Konzertsaal. Da haben fünf Leute hintereinander musiziert, man hat keinen Ton gehört, weil die Räume so gut schallisoliert sind, aber das sieht natürlich super aus. Ich würd nicht zu so einem Konzert gehen, aber das hat so eine hypnotisierende Wirkung, den Leuten alleine zuzuschauen.
Ich nehme an, es hat auch mit der Grösse des Werks zu tun. Ich war zum Beispiel bei so einer Führung im Propädeutikum in so einem Atelier, wo sie alle irgendwelche kleinen Gegenstände abmalen mussten. Da musst du halt wirklich ganz nah rangehen, um das zu bewundern, was die da machen. Bei so einem Musiker hörst du es vom anderen Ende des Gangs, und bei den Ballettänzern kannst du auch ziemlich weit weg sein und siehst es immer noch.
Und du unterbrichst den Typen, der zeichnet, weil du ihm im Licht stehst.
Genau. Das ist auch unhöflich, so nah ranzugehen.
Und der bildende Künstler malt ja im Zweifelsfall nicht mal mehr. Der macht nichts, wo du auf Anhieb erkennen könntest, woran der überhaupt arbeitet.
Scientific Visualization, da ja schon. Das ist in der Regel gut zu erkennen, was die machen.
Ja, okay. Aber die arbeiten auch viel am Computer.
War das vorher anders mit der Sichtbarkeit? Hat das jetzt mit dem Umzug zu tun?
Vorher hattest du eh nicht dieses zentrale Gefühl, du kriegst jetzt irgendwas geboten, auch als Besucher, oder würdest jetzt hier irgendwas erleben oder erfahren können. Es waren alles so einzelne Standorte, die allein vom Gebäude und von der Atmosphäre, wie die auch genutzt wurden, total unterschiedlich waren. Du hattest die Gessnerallee, die gibt’s jetzt immer noch, die ist theatergeprägt. Und dann gab’s ein Atelierhaus für die Künstler. Das war auch ein bisschen Klischee, aber es hat funktioniert. Von oben bis unten vollgemalt, die Leute konnten überall alles machen, mit allen Materialien arbeiten. Und wenn dann mal ein Symposium oder so war, haben halt auch Studenten dort vor Ort gekocht. Alles, was man braucht, um dort auch Tage zu verbringen, hast du direkt so in der Hand. Du musst keine weiten Wege machen, da gibt’s Duschen … Man muss sich keine Gedanken über das Gebäude oder irgendwas machen. Den Ort gibt’s hier ganz klar nicht.
Und du hast das Gefühl, jetzt gehen die weniger sichtbaren Künste unter zugunsten von Tanz und Musik?
Ja. Oder die, die halt Räume anders und mehr beanspruchen, als man das in normalen Büroräumlichkeiten kann.
Kommentare von Kathrin Passig
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Danke, Barbara, danke, Thomas! Ist beides im Beitrag korrigiert.
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