Basel

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Universitäre Psychiatrische Klinken Basel, „Friedmatt“

Wie Zürich oder Genf verfügte Basel zwischen dem 16. bis 19. Jahrhundert über eine Irrenabteilung im Spital, die hier „Almosen“ genannt wurde. Manche Geisteskranke wurden – wie andernorts – auch im „Schellenwerk“, dem Gefängnis, verwahrt. Bereits 1875 wurde an der Universität Basel ein Lehrstuhl für Psychiatrie geschaffen, an den der deutsche Psychiater Ludwig Wille (1834-1912) berufen wurde. Wille hatte 1864 die Anstalt Münsterlingen geleitet, 1867 die Pflegeanstalt Rheinau und 1873 die Irrenanstalt St. Urban, alle in ehemaligen Klöstern eingerichtet, aufgebaut. 1886 wurde die Irrenanstalt Friedmatt eröffnet. Ludwig Wille stand ihr bis 1904 als Direktor vor und war auch als Forensiker tätig. Die „Friedmatt“ bestand aus Pavillons, es gab Erst- Zweit- und Drittklasse-Patienten, von welchen erstere auch in den Genuss von Zeichen- und Musikunterricht kamen. Unter Willes Direktorium ist besonders deutlich nachvollziehbar, dass es um 1900 eine starke Antipsychiatriebewegung gab: Angehörige beanstandeten das restriktive Besuchsrecht, Bürgerinnen und Bürger fürchteten die Nichtachtung von Bürgerrechten durch willkürliche Einweisungen und die Verhinderung von Entlassung; ehemalige Patienten veröffentlichten Berichte über mangelnde Hygiene, mangelhaftes Essen, gewalttätiges Wärterpersonal. Der heftigen Kritik musste mit allmählichen Reformen begegnet werden. Die Anstalt wurde erweitert, das Pflegepersonal ausgebildet, die Arbeitszeit verkürzt und das Externat gestattet. Unter Prof. Dr. John Staehelin (1891-1969), der 1929 Direktor wurde und seine Ausbildung unter anderem am Zürcher „Burghölzli“ absolviert hatte, wurden die Arbeitsangebote weiter diversifiziert, man stösst auf die Abbildung eines „Kunstgewerbeateliers“ (Staehelin 1933, Abb. 47) und die wissenschaftlichen Labors wurden ausgebaut. Medizinische „Kuren“ wurden ein wichtiger Bestandteil der psychiatrischen Behandlung. In der universitären psychiatrischen Klinik Basel wird eine bemerkenswerte Sammlung von mehreren Hundert Bildern von Patientinnen und Patienten aus den Jahrzehnten nach 1960 aufbewahrt. Es kann vermutet werden, dass auch den Krankenakten im historischen Archiv (Zeitraum 1886-1930) Zeichnungen beigelegt wurden. Ein Einblick ins Archiv war jedoch nicht möglich.

Literatur

Staehelin, John, Die Erfahrungen der verkürzten Arbeitszeit beim Pflegepersonal der Heil- und Pflegeanstalt Friedmatt Basel, in: Personal- und Anstaltsfragen. Beiträge zur Kranken- und Irrenpflege, Heft 4, Bern, Berlin 1930

Ders., Kantonale Heil- und Pflegeanstalt Friedmatt, Basel, Eckhardt & Pesch, Zürich, 1933

Haenel, Thomas, Wille, Ludwig, im Historischen Lexikon der Schweiz

Tölle, Rainer, Ludwig Wille, Kliniker und Reformpsychiater, in: Schweizerisches Archiv für Neurologie und Psychiatrie, Bd. 156 (2005), S. 29-34