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Psychiatrische Dienste Solothurn
Werke aus der „Kantonalen Heil- und Pflegeanstalt Rosegg“
Die Anstalt Rosegg wurde 1860 als relativ kleine, ländliche Institution am Fuss des Weissensteins erbaut. Während des 1. Weltkrieges, unter Direktor Greppin (Direktor 1892–1924), war sie mit 440 Patienten auf 360 Betten stark überbelegt. Zur Anstalt gehörten das Pflegeheim Fridau und eine Aussenwohngruppe. 1924 übernahm der Psychiater Moritz Tramer (1882–1963) die Leitung der Heil- und Pflegeanstalt Rosegg und leitete sie bis 1945. Tramer kam aus Ungarn und studierte in Zürich Mathematik, Philosophie und Medizin. Er begründete 1920 zusammen mit Heinrich Hanselmann das Heilpädagogische Seminar und gilt als Begründer der Kinderpsychiatrie. Seine Frau, Franziska Baumgarten Tramer (1889–1970), lehrte angewandte Psychologie, Arbeitspsychologie und Berufsberatung an der Universität Bern. Tramer diversifizierte das Angebot an Werkstätten in der Rosegg und verbesserte damit die Arbeitstherapie. Auf der Grundlage seiner ebenso mathematisch-technischen wie auch psychiatrischen Kenntnisse untersuchte er 1926 Zeichnungen und Pläne von 13 Patienten, die sich für Erfinder hielten. Seine Publikation beruht auf Hunderten von Skizzen, Diagrammen und auch Modellen, die er im Hinblick auf ihr praktisch-kulturelles und kognitives, nicht auf ihr ästhetisch-symbolisches Potential hin untersuchte. Tramer förderte den Gang der Entwicklungen, indem er Literatur empfahl und eine Werkstatt zu Verfügung stellte. Das Fortschreiten der Erfindungen, die sich oft um das Perpetuum mobil drehten, wird in der Publikation beschrieben und abbildet.
Zu den Erfindern gehörte der Zimmermann Robert Gie (1869–?), der sich 1908–1922 in der Anstalt Rosegg aufhielt. Charles Ladame, 1918–1924 Assistenzarzt in der Rosegg und später Direktor der Anstalt Bel-Air in Genf, nahm einige der Zeichnungen Gies mit, die über ihn in die Collection de l’Art Brut gelangten. Erhalten sind zwei Originalzeichnungen und etliche Pausen, die Ladame angefertigt hatte. Die Psychiatrischen Dienste Solothurn besitzen weder die Krankenakten der von Tramer untersuchten Erfinder mehr, noch sind Zeichnungen aus der Wirkungszeit Tramers erhalten geblieben.
Literatur
Dubuffet, Jean, Fascidule 3, Collection de l’art brut, Lausanne (1965) 1999
Luchsinger, Katrin, „Robert Gie“. in: Airloom – Der Luftwebstuhl und andere gefährliche Beeinflussungsapparate. Katalog Sammlung Prinzhorn, Heidelberg 2006, S. 214-238
Flournoy, Henri, „Le symbolisme de la clef“, in: Internationale Zeitschrift für Psychoanalyse, VI Jg, 1920, S. 269-270
Tramer, Moritz, Technisches Schaffen Geisteskranker, München und Berlin, 1926
Tramer, Moritz, Kantonale Heil- und Pflegeanstalt Rosegg und Pflegeheim Fridau, Verlag Eckhardt & Pesch, Zürich, 1932
Weber, Marilène, „Machines et dessins de machines dans l’art asilaire“. In: Fabienne Hulak (Hg.), Pensée psychotique et création de systèmes. La machine mis à nu, Ramonville Saint-Agne 2003, S. 57-103