Eine Kooperation der Festspiele Zürich und der Zürcher Hochschule der Künste

Kategorie: Interviews

Interview mit Cathérine Hug

Cathérine Hug ist Kuratorin im Kunsthaus Zürich.

 

– Was bedeutet für Sie Dada?
Dada ist die kunsthistorisch betrachtet erste Bewegung, die zunächst europa-, dann weltweit eine Absage an den Nationalismus war. Dada hat auch als erste international organisierte Bewegung die konventionelle Rollenverteilung in Produktion und Verbreitung von Kunst radikal hinterfragt. Aus diesen Gründen war auch die Transdisziplinarität essentiell und sinnstiftend; es näherten sich nicht nur Künstler unterschiedlicher Bereiche wie Literatur, Malerei, Musik und Tanz an, die Künstler selbst begannen, sich in verschiedenen Disziplinen gleichzeitig zu betätigen. Insofern muss man „Dada“ sagen, irgendwann wurde es „Dadaismus“ genannt, aber die Dadaisten waren eben auch gegen jegliche Form von Schubladisierung, Norm und gesellschaftlicher Einengung, also gegen jegliche „Ismen“. Sie waren der Ansicht, dass die bisher geltenden Parameter die Menschheit in die Katastrophe des Ersten Weltkrieges katapultiert haben. Dada ist die erste international organisierte Kunstbewegung, die systematisch gegen die Rolle der Kunst als ein die Staatsmacht affirmierendes Instrument eintrat. Die Dadaisten wollten Kunst als Kritik am System wissen, nicht mehr als dessen Verschönerung oder Dekoration.
 
– Wie bringen Sie Dada in Ihrer Produktion ins Spiel?
Als Kunsthistorikerin interessiert es mich vor allem, die Werke und Dokumente in ihrem historischen Zusammenhang genau unter die Lupe zu nehmen, Dada durch Artefakte sinnlich erfahrbar zu machen. Weil die Erzeugnisse der Dadaisten häufig unscheinbar und auf den ersten Blick vielleicht unspektakulär oder sogar spröde erscheinen, ist es heutzutage eine besondere kuratorische Herausforderung, diese mittlerweile dennoch sehr wertvollen Arbeiten für heutige Verhältnisse „ansprechend“ auszustellen. Dada ist kein Protest der lauten Gesten, aber wenn man genau hinschaut, ist die sowohl als formale wie inhaltliche Sprache nach wie vor von enorm subversivem Potential, und dies insbesondere in einer Zeit wie der unsrigen, wo die Politik wieder in nostalgischen Nationalismus zurückfällt, also genau das, was die Dadaisten bereits vor hundert Jahren kritisierten! Aber um nochmals auf Ihre Frage zurückzukommen, wie ich persönlich Dada in meine Arbeit bringe: Ich habe dieses Jahr zwei Ausstellungen dazu co-kuratiert, zum einen Dadaglobe Reconstructed mit Adrian Sudhalter und zum anderen eine Retrospektive zu Francis Picabia mit Anne Umland, siehe http://www.kunsthaus.ch/fileadmin/templates/kunsthaus/pdf/medienmitteilungen/2016/pm_dadaglobe_d.pdf und http://www.kunsthaus.ch/picabia/de/. Beide Ausstellungen sind dann auch am MoMA in New York zu sehen. Neben Artikeln und Teilnahmen an Symposien möchte ich besonders den Kongress Dada Visual erwähnen, der vom 23. bis 25. Juni auf Initiative von Sorin Alexandrescu vom Center of Excellence in Image Study (CESI) an der Universität Bukarest stattgefunden hat und über 30 internationale Redner und Dada-Experten zu Gast hatte, eine sehr bereichernde Erfahrung, siehe http://arthist.net/archive/12600.
 
–  Wie wirkt Dada in die Zukunft fort?
Man muss da etwas differenzieren: Zum einen stellt sich die Frage, wie das Erbe der Dadaisten von jüngeren Künstlergenerationen rezipiert und zitiert wird. Es gibt Künstler, die sich wörtlich auf Janco, Ball, Picabia, Hennings oder Taeuber-Arp beziehen, weil es ihnen etwas bedeutet und ihnen auf diese Weise eine Hommage, Analyse oder auch Parodie erweisen. Diese Bezüge sind bewusst gewählt. Dann gibt es aber auch die Wirkung einer Kunstströmung auf einer diffuseren, subkutanen Ebene, die sozusagen über Jahrzehnte sickert und einzelne Künstler gar nicht bewusst wahrnehmen. Zum Beispiel der Aspekt der Selbstvermarktung: Die Dadaisten waren die ersten, die ihre Distribution bzw. ihren Verkauf gleich selbst in die Hand nahmen. Sie schalteten Inserate, organisierten Messen, veröffentlichten eigene Zeitschriften, fungierten als Veranstalter von Soireen… Kurzum: sie haben die künstlerische Selbstvermarktung nicht nur als Selbstermächtigungsstrategie für sich entdeckt, sondern sie mittel- und langfristig auch zu einem integralen Bestandteil einer Künstlerkarriere emporgehoben. Heute erscheint uns das völlig normal oder stösst in der heutigen Form verständlicherweise gar auf Kritik. Aber um nochmals auf die Nationalismuskritik zurückzukommen: Aktuell scheint es mir das wichtigste Erbe der Dadaisten zu sein, wenn man sich die aktuellen Entwicklungen in Europa anschaut. Dieses Thema haben der Dichter Robert Menasse und ich auch kritisch in unserer Ausstellung Europa. Die Zukunft der Geschichte letztes Jahr beleuchtet, mit Künstlern des ausgehenden 19. Jahrhunderts über Vertreter der Dada-Zeit bis in die Gegenwart, siehe http://www.kunsthaus.ch/europa/.

 

CathrineHug

Interview mit Daniel Rohr

Daniel Rohr leitet das Theater Rigiblick.
–  Was bedeutet für Sie Dada?
Ich bin noch immer verliebt in Anna Blume, weil sie das schönste Tier ist.
 
– Wie bringen Sie Dada in Ihrer Produktion ins Spiel?
Appaz hat nichts mit ADAD, aber ZAPPA sehr viel mit DADA zu tun.
 
–  Wie wirkt Dada in die Zukunft fort?
Dada wirkt ewig. Und ewig währt am längsten. (Schwitters)

Interview mit Elmar Weingarten

Elmar Weingarten ist Geschäftsführer und Künstlerischer Leiter der Festspiele Zürich. Ein Interview von Selma Olga Pina Wick.

 

– Was bedeutet für Sie Dada?
Dada ist eine Haltung. Es ist konsequentes, befreiendes, kreatives Nein-Sagen. Befreiend deshalb, weil Dada kreatives Denken und Handeln in alle Richtungen einfordert.

 

– Wie bringen Sie Dada in Ihrer Produktion ins Spiel?
Dada ist für die Festspiele eine Zusammenschau dessen, was war und dessen, was Dada im Laufe der Geschichte angestossen hat.

 

– Wie wirkt Dada in die Zukunft fort?
Dada wird als Haltung immer fortwirken, weil es nie zu einem Dadaismus verkommen ist.

Weingartnen_FSZ16_Dadastempel_5

Dada-Hand-Stempel, Zürcher Festspiele 2016

Interview mit Michel Bodmer

Michel Bodmer, dada im Film, Filmpodium.  Ein Interview von Selma Olga Pina Wick.

 

– Was bedeutet für Sie Dada?
Dada ist für mich die Keimzelle von Kunst als anarchische Ablehnung eines Systems, dessen Vernunft und Logik zu den absurden Gräueln von (Welt-)Kriegen geführt hat. Wo Sinn unmenschlich geworden ist, findet die Menschlichkeit Zuflucht im Un-Sinn.

 

– Wie bringen Sie Dada in Ihrer Produktion ins Spiel?
Unsere Filmauswahl spannt den Bogen über fast 100 Jahre, von klassischen Dada-Filmen wie „Ballet mécanique“, „Vormittagsspuk“ und „Entr’acte“ über Variationen wie „Anémic cinéma“ und „L’étoile de mer“ zu Animationsfilmen des Dada-Geistesverwandten Walerian Borowczyk aus den 60er Jahren und schliesslich Anka Schmids „La Dada – König Hirsch“, einer heutigen Hommage an Sophie Taeuber-Arp.

 

–  Wie wirkt Dada in die Zukunft fort?
Dada als aufmüpfiger Geist, der stets verneint, ist auch im postmodernen Zeitalter des „anything goes“ zu spüren, selbst wenn inzwischen weite Teile der Kunstwelt Sinnleere zelebrieren. In den Worten der 80er-Bewegung: Jeder zwecklos ist Widerstand.

Interview mit Juri Steiner

Juri Steiner, dada soulève tout, Landesmuseum Zürich. Ein Interview von Selma Olga Pina Wick.

 

– Was bedeutet für Sie Dada?
Dada est mon dada préféré!

 

– Wie bringen Sie Dada in Ihrer Produktion ins Spiel?
Wir bringen Dada ins Spiel, indem wir in der Sammlung des Landesmuseums auf Spurensuche gehen und die Meerschweinchen Gessners mit denen von Schwitters vergleichen.

 

– Wie wirkt Dada in die Zukunft fort?
Dada wird als historisches Mouvement interessant bleiben und als Haltung frisch.

 

Hier im Hof des Landesmuseums stand der Pavillon der Ausstellung „Dada Universal“. Nun ist er weg. Was bleibt von Dada?

JuriSteiner

(Fotografie: Juri Steiner)