„… also fuhr ich dort hinauf, und durch eine Tür mit der Aufschrift Nur nach Voranmeldung gelangte ich in ein Untersekretariat, das augenblicklich leer war, von dort durch eine Seitentür mit der Aufschrift Klopfen in einen Saal voller trocknender Mobilmachungspläne, und hier stand ich vor einem Problem, denn zwei Türen führten weiter – die eine mit einem Täfelchen: Nur für Balanceure — die andere mit einem: Kein Durchgang. Nach einigem Nachdenken öffnete ich die zweite, und es zeigte sich, daß ich gut daran getan hatte, denn ich befand mich nun in dem Sekretariat des Oberbefehlshabers, des Kommandeurs Kashenblade. Da ich durch diese Tür kam, fragte mich der diensthabende Offizier nach gar nichts, sondern führte mich ohne weiteres zum Chef.“
(Stanislaw Lem)

Türen sind ein Problem, nicht nur im Toni-Areal. Es gibt Türen mit Badge, Türen mit Schloss, und Räume, die eine Tür mit Badge und eine Tür mit Schloss haben. Es gibt Türen, an denen „Türöffner drücken“ steht, Türen, bei denen das nicht genügt und an denen ein Zettel hängt „Nicht ziehen ! Warten Sie bitte 3 Sekunden. Die Türe öffnet sich selbstständig. Danke Der Hausdienst“, es gibt Türen, bei denen sich nach 3 und auch nach 30 Sekunden Warten nichts tut, und Türen, an denen ein Zettel hängt „Türe von Hand öffnen ( Automat defekt !!! )“. Es gibt Türen mit Klinken und Türen mit Knäufen, Türen, die sich in die eine Richtung mit der Klinke öffnen lassen und in der anderen Richtung nur mit Badge, Türen, die sich nicht aufschliessen lassen und Türen, die sich nicht zuschliessen lassen. Es gibt Bereiche im Haus, die offen zugänglich sind, wenn man von links kommt, und nur mit Badge zugänglich sind, wenn man von rechts kommt. Es gibt Türen, die wirklich defekt sind und Türen, die nur nicht geöffnet werden sollen, weil die Menschen am Empfang sonst frieren. Es gibt Türen, die offen stehen dürfen, Türen, die nicht offen stehen dürfen, Türen, die nicht offen stehen dürfen, aber trotzdem immer offen stehen, und einen Fotobeitrag über die Türen im Toni-Areal. Die Toilettentüren fallen von selbst ins Schloss und machen dabei sehr viel Lärm.

Die Tür ist ein entwicklungsgeschichtlich recht altes Gebäudeelement, älter als WLAN oder elektrisches Licht, die ja beide im Toni-Areal vergleichsweise unauffällig funktionieren. Aber man braucht deshalb nicht anzunehmen, dass es sich um ein einfaches Ding handelt. Die Tür soll das Richtige hineinlassen und das Falsche draussenhalten, und dieses Richtige und Falsche kann so vieles sein, Studierende, Diebe, Dozierende, Feuer, Gäste, Zugluft, Kälte, Wärme, Lärm, Befugte und Unbefugte. Das Techniktagebuch hat mehr Einträge über Türen als über Suchmaschinen oder die ja auch nicht ganz unproblematische Zeitumstellung.

Neben der allgemeinen Vertracktheit des Türenkonzepts und den üblichen finanziellen Ursachen für Haustechnikprobleme gibt es vermutlich einen Toni-Areal-spezifischen Grund für das absonderliche Benehmen der Türen im Gebäude: Die verschiedenen Verwalter und Bewohner haben unterschiedliche Vorstellungen davon, wo der Schieberegler der Hochschulzugänglichkeit zwischen „Möglichst alle, möglichst immer“ und „Nur befugtes Personal, noch besser überhaupt niemand, die Leute machen ja doch nur alles kaputt“ stehen soll. Und die armen Türen müssen es ausbaden. Wenn man sie als Kunstinstallation betrachtet, die von Offenheit oder Geschlossenheit des Toni-Areals handelt – wer mehr gesamtgesellschaftliches Relevanzgetöse anstrebt, kann noch was über die Zugänglichkeit des Studiums an einer Kunsthochschule oder über Ecopop in den Katalog schreiben –, dann funktionieren sie eigentlich sehr gut. Die Ausstellung öffnet und schliesst an 7 Tagen die Woche rund um die Uhr.

„Dies war jahrzehntelang – wohl von 1929 bis ca. 1985 der Schlüssel zum Haupteingang des Kunstgewerbemuseums, Ausstellungsstrasse 60. Mit demselben Schlüssel konnte ich auch die Haustüre meines Hauses an der Schweighofstr. 312 und die Haustüre bei Willy Guhl an den Unteren Zäunen öffnen. – Ueli Müller“ (Exponat des ZHdK-Archivs, zu besichtigen in der Bibliothek)