Meine Interventionen

(mit und ohne weitere Beteiligte)

Die Fluchttreppenhäuser haben eine klar umschriebene Nutzung – einen Zweck. Was ist, wenn in diesen Räumen etwas anderes, unerwartetes passiert? Wenn sich in diesen Räumen andere Dinge zeigen als die erwarteten? Wenn Dinge, die normalerweise einer anderen Privatheit zugeordnet werden uns hier konfrontieren? Auch Dinge die sehr privat sind, womit das Wort HEIM zugeordnet werden könnte?

Die Interventionen geschahen heimlich, waren unangekündigt, flüchtig und undefiniert für Aussenstehende. Zufällig, diese Wege Nutzende, stiessen darauf – oder auch nicht.

Über den ganzen November 2015 verteilt fanden die Interventionen in den Treppenhäusern statt:

Zaghaft fing ich mit einer Standtoilette an, mir diese Räume anzueignen. Erst noch ängstlich zögernd begann ich mit den Installationen. In den Räumen war mir Foucoult’s Panoptikum sehr präsent geworden. Wo wird man überwacht? Ich merkte wie das Gefühl des Beobachtet-Werdens mich anfangs stark ängstigte.

Besonders bei meinem Schlafversuch in einem Treppenhaus, wurde mir nach einer Stunde des Liegens und Einschlafen-Wollens schnell klar, dass ich in dieser unangenehmen Position keine ganze Nacht durchstehen kann. Immer wenn irgendwo jemand auf irgend einem Geschoss durch das „meinige“ Treppenhaus lief, ginge das Licht für eine Viertelstunde im ganzen Treppenhaus an. Den Bewegungsmelder auf „meinem“ Geschoss hatte ich zwar abgeklebt, aber durch die serielle Schaltung des Lichtes, war auch ich immer wieder hellwach. Die Geräusche waren unHEIMlich und die Unberechenbarkeit der Wege der Security wirkte auf mein adrenerges System stimulierend. Links und rechts neben meinem Bett befanden sich Türen, durch die jederzeit eine Person der Security reinkommen konnte. Die Vorstellung, so aus dem Schlaf gerissen zu werden, war nicht sehr angenehm. Zumal meine Mentorin mir am Abend davor erzählte, dass von ihren Studenten schon welche nachts in Gewahrsam genommen wurden. Dies half wenig, mich in den Schlaf zu versenken. Nach einer Stunde des Schlafsuchens gab ich auf und kehrte ins Atelier zurück, um den Rest der Nacht ruhiger schlafen zu können.

Mir fiel schnell auf, dass sich durch die Kargheit und Funktion der Räume ganz andere Raumqualitäten ergaben. Einerseits visuell-ästhetisch, davor allem akustisch, olfaktorisch und gustatorisch empfand ich eine Verstärkung der Eindrücke.

Bei der Badewanne, dem Absintheglacé und dem Essen kamen diese Verstärkungen am intensivsten zum Tragen. Ich war sehr erstaunt, wie anders, wie viel intensiver die Geschmacks- und Geruchserlebnisse waren.

Mit Zunahme der Erfahrung durch die Interventionen in den Treppenhäusern, wurde ich mutiger. Wenn Andere von der schnellen Reaktion des Facility Managements auf irgend welche unbewilligte Aneignungen von Räumen berichteten, so wurden meine Befürchtungen nicht bestätigt. Bei keiner meiner Aktionen gab es Reaktionen von offizieller Seite. Die ganze Arbeit und auch der Blog blieben bis heute geHEIM, unentdeckt oder zumindest unkommentiert.